Über Corona müssen wir noch reden…

14. Februar 2025 in Chronik


Fünf Jahre nach der Pandemie ist es breiter Konsens, dass die Schulschließungen und die Schikanen für Ungeimpfte falsch waren. Entschuldigt hat sich keiner dafür, schreibt Rosemarie Schwaiger in einem „Presse“-Gastkommentar.


Wien (kath.net) Es ist nun fünf Jahre her, dass der erste „Lockdown“ verordnet wurde. Eine politische Aufarbeitung der Corona-Zeit ist allerdings nicht in Sicht, kritisiert Rosemarie Schwaiger in einem aktuellen Kommentar in der Tageszeitung „Die Presse“. Im Verhandlungspapier von FPÖ und ÖVP gibt es einen eigenen Punkt dafür. Er heißt „Aufarbeitung und schonungslose Analyse der Corona-Zeit“. 

Das wollen aber viele nicht, ist zu hören. Das Problem sei, dass die zwei Parteien ganz unterschiedliche
Interessen haben, heißt es in dem Kommentar. „Die FPÖ will möglichst viele Details aus den düsteren
Pandemiejahren hervorkramen und sezieren, die ÖVP würde über das leidige Thema am liebsten gar nicht mehr reden. Der Spuk ist ja zum Glück längst vorbei, also Schwamm drüber, finden die Schwarzen.“

Herbert Kickl gehe es wiederum „weniger um Aufklärung als um Abrechnung“. Dass die ÖVP nun wenig Lust auf ein Tribunal hat, sei gut verstehen. „Außerdem türmen sich in Österreich gerade die aktuellen Probleme. Wer möchte da wieder die alten Geschichten aufwärmen?“ Dass eine Corona-Aufarbeitung nötig ist, zeigt eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique Research für das
Magazin „Pragmaticus“.

79 Prozent der Befragten sagen, dass Corona zu einer bis heute anhaltenden Spaltung der Gesellschaft geführt habe. Jeder Zweite (52 Prozent) gibt an, sein Vertrauen in die Politik sei seit der Pandemie gesunken. Diese Zahlen geben der FPÖ recht, schreibt Schwaiger. „Da besteht offenbar noch Gesprächsbedarf.“

Allein die bekannten Fakten würden eine gründliche Aufarbeitung rechtfertigen, ist sie überzeugt.  „Österreich hatte mehr Lockdowns als die meisten anderen Länder der Welt und gab aberwitzige Summen für die Bewältigung der Pandemie aus. Trotzdem waren die Intensivstationen voll, und es starben mehr Menschen an Covid-19 als in vergleichbaren Staaten. Müsste es nicht ein nationales Interesse geben, herauszufinden, warum das so gelaufen ist? Oder reden wir uns lieber ein, das Virus sei in Österreich halt besonders fies und hinterhältig gewesen?“

„Dass die monatelangen Schulschließungen und die Schikanen für Ungeimpfte falsch waren, ist mittlerweile breiter Konsens. Für eine offizielle Entschuldigung der Politik hat es trotzdem nie gereicht. Auch viele Medien hätten Grund, die eigene oft hysterische Berichterstattung kritisch zu beleuchten. Passiert ist das bis auf wenige Ausnahmen nicht.“

Auch die Wissenschaftler müssten ihr eigenes Handeln reflektieren und „die Größe haben, über eigene Fehleinschätzungen nachzudenken“, schreibt die Kommentatorin. „Wäre nur ein Bruchteil der apokalyptischen Vorhersagen mancher Virologen und Epidemiologen eingetreten, hätten wir heute andere Kümmernisse als die zähen Koalitionsverhandlungen.“

Sie zitiert Franz Allerberger, der zu Pandemiebeginn im Beratergremium des Gesundheitsministers saß. „Weil er die drakonischen Maßnahmen kritisch sah und Sars-CoV-2 nicht als Killervirus betrachten wollte, durfte er bei Pressekonferenzen mit dem Ressortchef bald nicht mehr auftreten und wurde auch von den Medien kaum noch kontaktiert.“ Er habe mit seinen Einschätzungen großteils recht behalten. Für die nächste Gesundheitskrise wünsche er sich mehr Transparenz: „Natürlich ist es letztlich immer die Politik, die entscheiden muss. Aber es wäre doch wichtig, im Einzelfall zu wissen, auf welcher Basis – oder auf welchen Rat hin – sie das getan hat.“


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