Franziskus erhebt vom Krankenbett aus einen Carabinieri zur Ehre der Altäre: Salvo D´Acquisto

28. Februar 2025 in Chronik


Den Papst und die italienische Premierministerin Meloni vereint die Verehrung des 22-jährigen Polizisten, der unter der Nazidiktatur in Italien das Martyrium durch die SS auf sich nahm, um 22 Zivilisten das Leben zu retten. Von Elmar Lübbers-Paal


Rom (kath.net) Papst Franziskus und die italienische Premierministerin Giorgia Meloni vereint die Verehrung eines 22-jährigen Polizisten, der das Martyrium durch die SS auf sich nahm, um 22 Zivilisten das Leben zu retten. Nun hat der erkrankte Papst aus seinem Krankenzimmer in der Gemelli-Klinik heraus ein Dekret unterzeichnet, welches in Kürze den Ausnahme-Polizisten zur Ehre der Altäre erheben wird.

Vor gut 80 Jahren ließ sich der 22-jährige Carabinieri Salvo D´Acquisto erschießen, um 22 Zivilisten das Leben zu retten. Papst Franziskus lobte bereits bei der Audienz, anlässlich des 80. Jahrestages des Martyriums des Polizisten, seinen heldenhaften Charakter: „Salvo D´Acquisto war ein Kollege von euch, auf den es gut ist zu schauen. Es geht nicht um ein steriles Gedenken, sondern um das heutige Engagement in der Truppe zu erneuern, im Dienst des Guten und der Wahrheit, im Dienst der Gesellschaft. Das Zeugnis von Salvo D'Acquisto stellt heute eine Warnung von großer Aktualität dar und vermittelt eine Botschaft, die mit der Kraft der Liebe aufgeladen ist.“ Und weiter an die Truppe der Carabinieri gerichtet, dankte Franziskus: „Es ist daher schön, dass Sie leidenschaftliche Menschen wie Salvo D'Acquisto sind; Diener des Staates und des Gemeinwohls, die Ungerechtigkeit bekämpfen, die Schwächsten verteidigen und unseren Städten ein Gefühl von Schutz bieten. Die Zuneigung der Italiener zu Ihnen beweist, dass dies nicht nur Worte sind, sondern dank des Beispiels so vieler von Ihnen Realität sind!“

Der am 23. September 1943 von den deutschen SS-Männern getöteten Vizebrigadier Salvo D'Acquisto, wurde bereits das „Motu Proprio“-Dekret des Generalleutnants des damaligen Königreichs Italien am 25.2.1945 posthum die Goldenen Medaille für militärische Tapferkeit verliehen. Im Sitz des Militärordinariats wurde am 4. November 1983 das kirchliche Gericht zur Führung eines Selig- bzw. Heiligsprechungsprozesses eingerichtet. Vor zwei Jahren wurde bekannt, dass der bisherige Postulator, der für die Führung seines Prozesses im Vatikan verantwortlich ist, ausgetauscht wurde. Nach Angaben von Vatikan-Insidern galt das als sicheres Zeichen, dass der Papst mit dem bis dahin langsamen Fortschritt in dieser Causa unzufrieden war und bereits an eine baldige Selig- bzw. Heiligsprechung dachte.

Auch der italienischen Premierministerin Meloni käme eine größtmögliche Bekanntheit und Verehrung des jungen Carabinieri entgegen, ist er doch nach ihrer Ansicht ein „italienischer Held, den wir nicht vergessen wollen“. Meloni wünscht, dass zukünftig jedes Schulkind von der Heldentat des 22-jährigen Polizisten erfährt. Damit fordert sie quasi einen „Heiligenunterricht“ in Schulen, die im Schulalltag jedoch penibel auf die Laizität bedacht sind. Vor wenigen Jahren wurde eine Lehrerin verurteilt und mit Schulausschluss bestraft, nachdem sie mit Kindern in einer Vertretungsstunde einen Rosenkranz geknüpft und das „Ave Maria“ zitiert hatte.

Das Martyrium

Der am 15. April 1920 in Neapel geborene Salvo D'Acquisto meldete sich am 15. August 1939 als Freiwilliger für die Carabinieri und wurde am 15. Januar 1940 offiziell Carabiniere. Mit der 608. Carabinieri-Sektion nahm er ab dem 23. November 1940 tapfer am Kriegsgeschehen in Nordafrika teil, wo er auch verwundet wurde. Um sich fortzubilden, absolvierte er nach seiner Genesung einen Unteroffizierslehrgang in der Central Carabinieri School in Florenz. Dadurch erfolgte sein Einsatz als stellvertretender Brigadier in einer Carabinieri-Station im etwa 30 km von Rom entfernten Torre in Pietra, an der Via Aurelia gelegen. Nach der Kapitulation Italiens hatten die deutschen Besatzer das Sagen. Wehrmachtssoldaten entdeckten eine von italienischen Kämpfern zurückgelassene Munitionskiste. Während des unvorsichtigen Durchsehens explodiert eine Handgranate, wobei ein Soldat starb und zwei weitere schwer verletzt wurden. Die deutschen Einheiten sahen die Explosion nicht als eigenes Verschulden an, sondern zeigten es als einen feigen Anschlag an. Da der Unfallort im Polizeigebiet der Carabinieri-Station von Torre in Pietra lag, wendete sich der deutsche Kommandant der Fallschirmjägereinheit an die dortige Dienststelle der Carabinieri und verlangte, daß man die Hintermänner des Anschlags ausliefere. Da der Leiter der Dienststelle nicht anwesend war, nahm sich Salvo D'Acquisto, als sein Stellvertreter der Aufklärung des Vorfalls an. Nach intensiver Prüfung und Befragung kam er jedoch zu dem Entschluss, dass es sich nicht um einen „Anschlag“, sondern vielmehr um einen tragischen Unfall gehandelt habe. Der deutsche Kommandant blieb jedoch bei seiner Anschlagtheorie. Wenn sich keine Attentäter freiwillig melden würden, sei die Umsetzung des erst vor wenigen Tagen zuvor in Kraft getretenen Repressalienbefehls Kesselrings an der Zivilbevölkerung umzusetzen. Weil es aber kein Anschlag war, konnte D'Acquisto niemanden an die Deutschen ausliefern. Es wurde nicht lange gefackelt und nach einer Blitzrazzia wurden 22 willkürlich ausgesuchte Zivilisten des Anschlags beschuldigt. D'Acquisto musste sie der Form halber kurz verhören. Doch alle Beschuldigten gaben an, unschuldig zu sein. Sie würden auch keine „Hintermänner“ kennen. Nach diesem Ergebnis wurde D'Acquisto von den Deutschen bedrängt und sogar tätlich angegriffen.

Der deutsche Kommandant befahl, dass die 22 Italiener zu erschießen seien. Sie sollen zusammen mit dem Carabinierri Salvo D´Acquisto zunächst ein Massengrab ausheben. Einige bekommen Schaufeln dafür, andere müssen ihre Hände zum Aushub benutzen. Inzwischen steht die Massenerschießung unmittelbar bevor. Doch dann nimmt Salvo D´Acquisto die Schuld des „Anschlags“ allein auf sich. Er hätte den Anschlag allein ausgeführt, ohne fremde Hilfe. Man dürfe mit ihm machen was man wolle, müsse aber die 22 Zivilisten freilassen, forderte er. Damit ist der deutsche Kommandant einverstanden. Es ist 17.15 Uhr am 23. September 1943, als die feindlichen Kugeln den 22-Jährigen Salvo D´Acquisto zu einem Märtyrer werden lassen. Um sicher zu gehen, dass der Carabinieri, der noch vor seiner Erschießung prophezeite: „Wenn ich noch hundert Mal sterbe, werde ich noch hundert Mal wiedergeboren: Gott ist mit mir und ich habe keine Angst!“, auch wirklich tot ist, tritt ein SS-Mann hervor und schießt noch zwei Kugeln auf den leblosen Körper des Carabinieri ab, eine in die Schläfe und eine in sein Herz.

Die italienische Post hat inzwischen die zweite Briefmarke mit dem Bildnis des heldenhaften Carabinieri herausgegeben. Die erste kam bereits 1975 mit einem Wert von 100 Lire heraus.

Zum Abschluss der Audienz, anlässlich des 80. Todestages des heldenhaften Polizisten, richtete Papst Franziskus damals noch eine eindringliche Bitte an die Carabinieri-Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen und nicht wie normale Polizisten dem Innenministerium: „Lasst euch niemals entmutigen, gebt niemals der Versuchung nach, zu denken, dass das Böse stärker ist, dass das Schlimmste nie ein Ende hat und dass euer Engagement nutzlos ist. Schaut auf Salvo D'Acquisto und lasst euch von der Leidenschaft für das Gute anstecken. Und bitte zeigen Sie weiterhin die Nähe zu den Menschen, die diesen feinen Charakterzug von Ihnen immer erkannt haben.“

Fotos: Links Carabinieri mit Papst Franziskus (c) VaticanMedia; Rechts  Salvo D’Acquisto (c) gemeinfrei


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