US-Erzbischof Sample: „Tief in unserem Inneren wissen wir es. Wir wissen, was Abtreibung ist“

19. März 2025 in Prolife


Deutliche bischöfliche Reaktion nach Ausrufung eines „Tages der Würdigung von Abtreibungsanbietern“ in Oregon: „Die moderne Kultur fordert nicht nur Toleranz gegenüber Abtreibung, nicht nur Rechtsschutz, sondern deren Feier.“ Von Petra Lorleberg


Portland (kath.net/pl) kath.net dokumentiert die „Pastorale Lehre über die Heiligkeit des Lebens“ von Erzbischof Alexander K. Sample vom Erzbistum Portland (US-Bundesstaat Oregon) in voller Länge. Der Erzbischof reagiert damit auf die Proklamation zur Unterstützung des „Abortion Provider Appreciation Day“ [Tag der Würdigung von Abtreibungsanbietern], den die Gouverneurin von Oregon, Tina Kotek (Demokratische Partei), am 10. März 2025 unterzeichnete hatte – Arbeitsübersetzung © kath.net

Die Feier des Todes

Es gibt Momente, in denen Worte zu kurz greifen. Wenn der Verstand in den Abgrund starrt und keinen Boden mehr findet. Wenn nur noch eine Art fassungsloses Schweigen bleibt – ein Schweigen jener Art, die man empfindet, wenn man erkennt, wie weit eine Kultur von der Realität abdriften kann.

Der „Abortion Provider Appreciation Day“ ist einer dieser Momente.

Nicht nur der Akt der Abtreibung selbst, sondern sogar ihre WÜRDIGUNG. Die Idee, dass diejenigen, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, unschuldiges, ungeborenes Leben zu beenden, öffentlich geehrt werden sollten. Danke – Applaus.

Das ist nicht nur moralische Verwirrung. Es geht um etwas Tieferes. Eine Art spiritueller Blindheit, die so tiefgreifend ist, dass das, was eigentlich selbstverständlich sein sollte – das Wunder und der Wert eines menschlichen Lebens – völlig verschleiert wird.

Die große Täuschung

Die moderne Welt ist ein Meister der Euphemismen [sprachliche Beschönigungen]: Wir sagen nicht „Töten“ –wir sagen „Wahl“. Wir sagen nicht „ein Leben beenden“ – wir sagen „reproduktive Freiheit“. Diese Worte sind sorgfältig gewählt nicht um zu enthüllen, sondern um zu verschleiern. Nicht um die Wahrheit zu sagen, sondern um sie schmackhafter zu machen.

Denn tief in unserem Inneren wissen wir es. Wir wissen, was Abtreibung ist. Wir wissen, was sie bewirkt. Und wir wissen, dass keine noch so großen Slogans oder juristischen Fachbegriffe etwas Falsches wiedergutmachen können.

Und doch besteht die moderne Kultur darauf, Tragödien in Triumphe zu verwandeln. Sie fordert nicht nur Toleranz gegenüber Abtreibung, nicht nur Rechtsschutz, sondern deren Feier. Die Abtreibung muss geehrt und verehrt werden.

Warum? Weil die Moderne das Wunder des Lebens gegen Machtstreben eingetauscht hat. Wenn ein Baby unbequem ist, muss es weg. Wenn es die Autonomie beeinträchtigt, muss es geopfert werden. Ein Leben ist kein Geschenk mehr. Es ist ein Hindernis, eine Last, ein Problem, das gelöst werden muss.

Eine Welt ohne Wunder

Das passiert, wenn eine Kultur ihren Sinn für das Heilige verliert. Wenn sie die Existenz nicht mehr als Wunder betrachtet, als etwas Gegebenes, etwas, das man mit Dankbarkeit annehmen muss. Stattdessen wird Leben zu einer Transaktion reduziert. Zu einer Ware, die verwaltet werden muss. Und, wenn nötig, verworfen wird.

Die Sprache von „Rechten“ und „Freiheit“ in diesen Gesprächen klingt edel. Doch wenn man die Rhetorik weglässt, was bleibt noch übrig? Eine Welt, in der die Starken über das Schicksal der Schwachen entscheiden. In der die Mächtigen die Macht haben, die Machtlosen zu beseitigen. In der der Wert des Menschen an Bedingungen geknüpft ist – basierend auf Fähigkeiten, Autonomie und Willkür.

Das ist kein Fortschritt. Das ist Zusammenbruch. Eine Rückkehr zum ältesten, dunkelsten Impuls der Menschheit: Macht geht vor Recht. Doch Nachfolger Jesu haben sich dieser Flut immer widersetzt und einfach gesagt: Nein. Selig sind die Armen. Selig sind die Sanftmütigen. Selig sind die Machtlosen.

Eine Theologie des Todes

Täuschen Sie sich nicht – dies ist eine spirituelle Frage. Das war schon immer so. Denn im Kern geht es bei Abtreibung nicht nur um Politik, Recht oder gar Ethik. Es geht darum, wie wir die Realität selbst sehen.

Ist das Leben ein Geschenk? Oder ein Unfall?

Ist ein Baby etwas, das man mit Ehrfurcht empfangen sollte? Oder etwas, das man nach Belieben verwerfen kann?

Ist Liebe die Grundlage des Universums? Oder ist einfach nur Macht seine Grundlage?

Die Moderne hat sich für Letzteres entschieden. Sie hat ein ganzes System – rechtlich, medizinisch, ideologisch – auf der Prämisse aufgebaut, dass manche Leben mehr zählen als andere. Dass manche entbehrlich sind. Dass die Starken die Bedingungen der Existenz diktieren können.

Und doch bleibt die Wahrheit bestehen. Sie lässt sich nicht vollständig auslöschen. Das ungeborene Kind ist nicht nur Gewebe. Nicht nur eine Unannehmlichkeit. Sondern eine Präsenz. Eine Realität. Ein Leben.

Und dies ist der Grund, dass, egal wie lautstark Abtreibung gefeiert wird, sich dabei etwas… falsch anfühlt. Das Bedürfnis, sie als gesellschaftliches Gut, als moralische Notwendigkeit darzustellen, offenbart die Schuld unter der Oberfläche. Wäre Abtreibung wirklich nichts, müsste sie niemand rechtfertigen. Niemand müsste sie feiern. Die Tatsache, dass sie als Fortschritt ritualisiert werden muss, ist in sich selbst ein Eingeständnis ihrer Düsternis.

Ein anderer Weg

Doch das ist das Problem mit der Dunkelheit – sie hat nicht das letzte Wort.

Denn im Evangelium geht es nicht um Verurteilung. Sondern es geht um eine Einladung. Selbst für diejenigen, die Abtreibung gefeiert haben. Selbst für diejenigen, die daraus profitiert haben. Selbst für diejenigen, die sich selbst davon überzeugt haben, dass Abtreibung moralisch irgendwie gut ist.

Gnade ist immer noch da. Vergebung ist immer noch möglich.

Jesus ruft immer noch: Tut Buße. Öffnet eure Augen. Tretet aus der Lüge heraus und ins Licht.

Und vor allem: Entscheidet euch für das Leben. Nicht nur biologisch, sondern auch spirituell. Entscheidet euch dafür, die Realität so zu sehen, wie sie wirklich ist. Entscheidet euch dafür, das Geheimnis, die Schönheit, das Wunder der Existenz selbst anzunehmen.

Denn das Leben – jedes Leben – ist ein Geschenk. Und eine Welt, die das vergisst, hat ihre Seele verloren.

Mit freundlichen Grüßen in Christus
Alexander K. Sample
Erzbischof von Portland

Das Erzbistum Portland lieferte in der Presseaussendung als Hintergrundinformationen noch folgende Eckdaten:
Am 10. März 2025 unterzeichnete die Gouverneurin von Oregon, Tina Kotek, eine Proklamation zur Unterstützung des „Abortion Provider Appreciation Day“ und bekräftigte damit das Engagement ihrer Regierung für den uneingeschränkten Zugang zu Abtreibungen in allen Stadien der Schwangerschaft im Bundesstaat.

Laut den endgültigen Aufzeichnungen der Oregon Health Authority (OHA) aus dem Jahr 2023 ist die Abtreibungsrate in mehreren Kategorien dramatisch gestiegen:
- Höchste Anzahl an Abtreibungen seit 2009: Oregon verzeichnete 2023 10.075 Abtreibungen, ein Anstieg von 16,2 % gegenüber 2022.
- 165 % mehr Spätabtreibungen: Abtreibungen, die in der 23. Schwangerschaftswoche oder noch später durchgeführt wurden, stiegen von 85 im Jahr 2022 auf 225 im Jahr 2023.
- 60 % mehr Frauen aus anderen Bundesstaaten, die einen Schwangerschaftsabbruch wünschen: 1.661 Frauen reisten 2023 für einen Schwangerschaftsabbruch nach Oregon, verglichen mit 1.036 im Jahr 2022.

On March 10, 2025, Oregon Governor Kotek declared “Abortion Provider Appreciation Day.”

In response, I invite you to read my Pastoral Teaching on the Sanctity of Life.https://t.co/DCwQXduifS pic.twitter.com/R9yK5pMZKj

— Archbishop Sample (@ArchbishpSample) March 14, 2025

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