27. März 2025 in Spirituelles
Nuntius: „Denken wir beispielsweise an den tragischen Krieg in Ukraine, der seit drei Jahren wegen der Aggression der Russischen Föderation auf dieser Erde seinen Blutzoll fordert und schon viele Opfer, geistliche und materielle Zerstörung brachte.“
Berlin (kath.net) kath.net dokumentiert die Predigt von Nuntius Erzbischof Dr. Nicola Eterović am 23. März 2025 (3. Fastensonntag) in der Apostolischen Nuntiatur in voller Länge und dankt S.E. für die freundliche Erlaubnis zur Weiterveröffentlichung - Ex 3,1-8.13-15; Ps 103; 1 Kor 10,1-6.10-12; Lk 13,1-9
„Ihr werdet alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt“ (Lk 13,3).
Liebe Brüder und Schwestern!
Die biblischen Lesungen dieses dritten Fastensonntags laden uns zur Reflexion ein über die Barmherzigkeit Gottes und über die Notwendigkeit unserer Umkehr. Diese Themen sind in der ersten Lesung aus dem Buch Exodus, in der zweiten Lesung aus dem ersten Brief des heiligen Paulus an die Korinther, wie auch im Abschnitt des Lukasevangeliums präsent, das uns dazu auffordert, das Leben zu ändern, was mit Umkehr gemeint ist.
„Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen“ (Ex 3,7).
Als Mose die Herde seines Schwiegervaters Jitro, des Priester von Midian, weidete, hatte er eine einschneidende Begegnung mit JHWH, der sich ihm auf zwei Weisen näherte. Die erste scheint ein wenig abstrakt, als Er auf die Frage des Mose seinen Namen offenbart, denn JHWH sagt: „Ich bin, der ich bin“ (Ex 3,14). Mit diesem Namen können wir die Zusicherung erfassen, dass er von Ewigkeit und aus sich selbst heraus existiert, im Gegensatz zu den falschen Göttern, die Produkte menschlicher Einbildungskraft sind. Der Name zeigt aber auch die Zugewandtheit von JWHW zu den Menschen. Nach einigen Exegeten könnte der Ausdruck „Ich bin, der ich bin“ auch bedeuten: „Ich bin mit euch und werde mit euch sein“ oder „Ich bin der Ich bin da für euch“. Daher steht dieser Name für das Fundament des menschlichen Vertrauens und Hoffens in den guten und barmherzigen Gott. Das wird noch deutlicher mit dem zweiten Namen, der sich auf das Eingreifen Gottes in die Geschichte bezieht, womit er sie zur Heilsgeschichte formt. Er nämlich erwähnt die großen Persönlichkeiten des Alten Testamentes und ist daher leicht vom Volk zu erfassen: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“ (Ex 3,6). Beide Namen sind komplementär aufeinander bezogen und werden von JHWH gegeben, der sie beide nutzt, um Mose zu lehren und ihm die Hebräer anzuvertrauen: „So sollst du zu den Israeliten sagen: Der Ich-bin hat mich zu euch gesandt“ (Ex 3,14) und Er fährt fort: „So sag zu den Israeliten: Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt“ (Ex 3,15). Eben diese Wirklichkeit ist entscheidend und hervorzuheben. JHWH hat Interesse an seinem Volk; er fühlt mit dessen Leiden: „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihre laute Klage über ihre Antreiber habe ich gehört. Ich kenne sein Leid“ (Ex 3,7). Das Flehen der Israeliten ist zum Himmel gedrungen, und Gott hat es erhört: „Jetzt ist die laute Klage der Israeliten zu mir gedrungen und ich habe auch gesehen, wie die Ägypter sie unterdrücken“ (Ex 3,9). In seiner Barmherzigkeit hat sich JHWH entschlossen zu handeln und seinem unterdrückten Volk zu helfen: „Ich bin herabgestiegen, um es der Hand der Ägypter zu entreißen und aus jenem Land hinaufzuführen in ein schönes, weites Land, in ein Land, in dem Milch und Honig fließen“ (Ex 3,8). Für diese Mission hat er seinen Knecht Mose auserwählt, den er anweist: „Und jetzt geh! Ich sende dich zum Pharao. Führe mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten heraus“ (Ex 3,10).
Das Symbol der Barmherzigkeit Gottes für sein Volk könnte der brennende Dornbusch sein: „Der Dornbusch brannte im Feuer, aber der Dornbusch wurde nicht verzehrt“ (Ex 3,2). Ebenso erschöpft sich Gottes Barmherzigkeit nicht, „denn seine Huld währt ewig“ (Ps 118,1).
„Ihr werdet alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt“ (Lk 13,3).
In der zweiten Lesung erinnert der heilige Paulus daran, dass JHWH seinem Volk Barmherzigkeit erwiesen hat, denn „unsere Väter waren alle unter der Wolke, alle zogen durch das Meer und alle wurden auf Mose getauft in der Wolke und im Meer. Alle aßen auch die gleiche geistgeschenkte Speise und alle tranken den gleichen geistgeschenkten Trank; denn sie tranken aus dem geistgeschenkten Felsen, der mit ihnen zog“ (1 Kor 10,1-4). Leider antworteten viele nicht positiv auf die göttliche Güte und wurden deswegen bestraft: „Gott aber hatte an den meisten von ihnen kein Gefallen; denn er ließ sie in der Wüste umkommen“ (1 Kor 10,5). Das sollte auch den Christen als Beispiel dienen: „Das aber geschah an ihnen, damit es uns als Beispiel dient; uns zur Warnung wurde es aufgeschrieben“ (1 Kor 10,11). Der Völkerapostel mahnt uns daher: „Wer also zu stehen meint, der gebe Acht, dass er nicht fällt“ (1 Kor 10,12).
Im heutigen Evangelium ruft uns der Herr Jesus ebenfalls zur Umkehr. Zweimal wiederholt er: „Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt“ (Lk 13,3) und kommentiert damit zwei tragische Ereignisse. Das erste bezieht sich auf den grausamen Mord an einigen Galiläern, vermutlich aus politischen Gründen, weil sie gegen die römische Besatzung rebellierten und „deren Blut Pilatus mit dem ihrer Opfertiere vermischt hatte“ (Lk 13,1). Das zweite Ereignis meint jene, „die beim Einsturz des Turms am Schiloach erschlagen wurden“ (Lk 13,4). Aus beiden Fällen ergibt sich, dass der Mensch ein fragiles Wesen ist, dass sein Leben vorübergeht und er von einem auf den anderen Moment sterben kann. Das entspricht im Übrigen auch unserer Lebenserfahrung. Es genügt an die vielen Kriege weltweit zu denken, um gewahr zu werden, dass jeden Tag, mehr noch jede Stunde viele Menschen gewaltsam sterben. Denken wir beispielsweise an den tragischen Krieg in Ukraine, der seit drei Jahren wegen der Aggression der Russischen Föderation auf dieser edlen Erde seinen Blutzoll fordert und schon viele Opfer oder geistliche und materielle Zerstörung brachte. Diese dramatische Dimension der menschlichen Existenz möge unsere Überlegungen über die wesentlichen Werte des Lebens leiten, die ewig gültig sind, somit auch für das Leben der Ewigkeit, auf dass wir von den überflüssigen Dingen absehen und das Böse und die Sünde meiden. Das nämlich entfernt uns von Gott und bringt uns in Gefahr, geistlich zu sterben, was ein wahres Scheitern des Menschen bedeutet, denn er ist nach dem Bild Gottes geschaffen und berufen, für immer in der Gemeinschaft der Heiligen zu leben. Daher müssen wir den guten und barmherzigen Gott bitten, uns die Gabe der Umkehr zu schenken. Als Christen erflehen wir vom dreieinen Gott, in uns die göttlichen Tugenden von Glaube, Hoffnung und Liebe einzugießen, damit wir unsere Pilgerschaft zur Seligkeit des ewigen Lebens fortsetzen können. In dieser Fastenzeit können wir hierfür die der Kirche anvertrauten Mittel nutzen, vor allem das Sakrament der Versöhnung.
Die uns zur Verfügung stehende Zeit ist nicht unendlich. Daran erinnert uns auch das Beispiel des Feigenbaumes, der seit drei Jahren keine Früchte hervorbrachte. Daher wollte ihn der Besitzer des Weinbergs umhauen. Allein dank der Güte des Winzers ließ in der Besitzer noch ein weiteres Jahr stehen, weil er hoffte, er könne doch noch Früchte tragen. Aus den Worten des Winzers: „Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen. Vielleicht trägt er in Zukunft Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen“ (Lk 13,8-9) können wir die Mittlerrolle unseres Herrn Jesus Christus erschließen. Er bittet Gott voller Barmherzigkeit, er möge mit uns noch Geduld haben. Dabei bleibt Jesus nicht passiv, sondern stärkt uns, vom geistlichen Schlaf aufzustehen und die Erde umzugraben, was bedeutet, er schenkt uns Seine Kraft als Dünger, denn das ist das Geschenk der Gnade des Heiligen Geistes, die Früchte zu unserem Heil und für das unseres Nächsten hervorbringt.
Liebe Brüder und Schwestern, vertrauen wir unsere Reflexionen der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche, damit wir in dieser Fastenzeit die Aufforderung Jesu Christi annehmen, die Warnung und Heilsversprechen zugleich ist: „Ihr werdet alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt“ (Lk 13,3). Amen.
Archivfoto Erzbischof Eterović (c) Deutsche Bischofskonferenz/Marko Orlovic
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