Heilig-Jahr-Feier der Kranken und der im Gesundheitswesen Tätigen

6. April 2025 in Aktuelles


Franziskus: Halten wir diejenigen, die schwach sind, nicht fern von unserem Leben, wie es eine bestimmte Mentalität heute leider manchmal tut


Rom (kath.net) Heilig-Jahr-Feier der Kranken und der im Gesundheitswesen Tätigen am fünften Fastensonntag. Die heilige Messe auf dem Petersplatz zelebrierte Erzbischof Salvatore Fisichella, Pro-Präfekt des Dikasteriums für die Evangelisierung. Fisichella verlas die für Papst Franziskus vorbereitete Predigt.

„Mit euch liebe kranke Brüder und Schwestern teile ich in diesem Moment meines Lebens vieles: die Erfahrung der Krankheit, sich schwach zu fühlen, in vielen Dingen von anderen abhängig zu sein, Unterstützung zu benötigen. Das ist nicht immer leicht, aber es ist eine Schule, in der wir täglich lernen, zu lieben und uns lieben zu lassen, ohne etwas zu verlangen und ohne etwas zurückzuweisen, ohne etwas nachzutrauern und ohne zu verzweifeln, dankbar gegenüber Gott und unseren Brüdern und Schwestern für das Gute, das wir empfangen, uns dem überlassend und auf das vertrauend, was noch kommen wird. Das Krankenhauszimmer und das Krankenbett können Orte sein, an denen wir die Stimme des Herrn hören können, der auch zu uns sagt: »Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?« (Jes 43,19). Und so den Glauben erneuern und stärken.“

„Wir lesen diese Texte, während wir die Heilig-Jahr-Feier der Kranken und der im Gesundheitswesen Tätigen feiern, und gewiss ist eine Erkrankung eine der schwierigsten und härtesten Prüfungen des Lebens, wo wir unmittelbar erfahren, wie zerbrechlich wir sind. Sie kann dazu führen, dass wir uns wie das Volk im Exil oder wie die Frau im Evangelium fühlen: ohne Hoffnung für die Zukunft. Aber so ist es nicht. Auch in diesen Momenten lässt Gott uns nicht allein. Wenn wir uns ihm überlassen, können wir gerade dann, wenn unsere eigenen Kräfte versagen, den Trost seiner Gegenwart erfahren. Er selbst, der Mensch geworden ist, wollte unsere Schwäche in allem teilen (vgl. Phil 2,6-8) und er weiß sehr wohl, was es heißt, zu leiden (vgl. Jes 53,3). Deshalb können wir ihm unser Leid mitteilen und anvertrauen und uns seines Mitgefühls, seiner Nähe und Zärtlichkeit sicher sein“.

Die von Erzbischof Salvatore Fisichella verlesene Predigt von Papst Franziskus bei der Heiligen Messe auf dem Petersplatz zur Heilig-Jahr-Feier der Kranken und der im Gesundheitswesen Tätigen

»Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?« (Jes 43,19). Das sind die Worte, die Gott durch den Propheten Jesaja an das Volk Israel im Exil in Babylon richtet. Für die Israeliten ist dies eine schwierige Zeit, es scheint, als sei alles verloren. Jerusalem ist von den Soldaten des Königs Nebukadnezar II. erobert und verwüstet worden, und dem deportierten Volk ist nichts geblieben. Der Horizont scheint verschlossen, die Zukunft dunkel, jede Hoffnung zunichtegemacht. Alles könnte die Verbannten dazu verleiten, sich gehen zu lassen, verbittert zu resignieren, sich nicht mehr von Gott gesegnet zu fühlen.

Doch gerade unter diesen Umständen lädt der Herr dazu ein, etwas Neues zu erkennen, das gerade entsteht. Nicht etwas, das sich in der Zukunft ereignen wird, sondern etwas, das bereits geschieht, das hervortritt wie ein frischer Spross. Worum handelt es sich? Was kann entstehen, ja, was kann bei solch trostlosen und verzweifelten Aussichten bereits aufgekeimt sein?

Das, was da gerade entsteht, ist ein neues Volk. Ein Volk, das, nachdem die falschen Sicherheiten der Vergangenheit zerbrochen sind, das Wesentliche entdeckt hat: zusammenzubleiben und gemeinsam im Licht des Herrn unterwegs zu sein (vgl. Jes 2,5). Ein Volk, das in der Lage sein wird, Jerusalem wiederaufzubauen, weil es fern von der Heiligen Stadt, wo der Tempel nunmehr zerstört ist, und ohne festliche Liturgien feiern zu können, gelernt hat, dem Herrn auf eine andere Weise zu begegnen: in der Umkehr des Herzens (vgl. Jer 4,4), im Handeln nach Recht und Gerechtigkeit, in der Fürsorge für die Armen und Bedürftigen (vgl. Jer 22,3), in den Werken der Barmherzigkeit.

Es ist dieselbe Botschaft, die wir auf andere Weise auch im Evangelium (vgl. Joh 8,1-11) erkennen können. Auch hier geht es um eine Person, eine Frau, deren Leben zerstört ist: nicht durch eine geografische Verbannung, sondern durch eine moralische Verurteilung. Sie ist eine Sünderin und somit weit weg vom Gesetz und zu Ächtung und Tod verurteilt. Auch für sie scheint es keine Hoffnung mehr zu geben. Doch Gott lässt sie nicht im Stich. Vielmehr tritt Jesus gerade in dem Moment in ihr Leben, da ihre Peiniger bereits die Steine in die Hände nehmen, er verteidigt sie und rettet sie aus ihrer Gewalt, indem er ihr die Möglichkeit gibt, ein neues Leben zu beginnen: „Geh“ – sagt er zu ihr – „du bist frei“, „du bist gerettet“ (vgl. V. 11).

Mit diesen dramatischen und bewegenden Geschichten lädt uns die heutige Liturgie ein, während der Fastenzeit unser Vertrauen in Gott zu erneuern, der uns immer nahe ist, um uns zu retten. Kein Exil, keine Gewalt, keine Sünde und keine andere Lebenswirklichkeit können ihn daran hindern, vor unserer Tür zu stehen und anzuklopfen, bereit einzutreten, sobald wir es ihm erlauben (vgl. Offb 3,20). Ja, gerade wenn die Prüfungen härter werden, umschließt uns seine Gnade und Liebe noch fester, um uns aufzurichten.

Schwestern und Brüder, wir lesen diese Texte, während wir die Heilig-Jahr-Feier der Kranken und der im Gesundheitswesen Tätigen feiern, und gewiss ist eine Erkrankung eine der schwierigsten und härtesten Prüfungen des Lebens, wo wir unmittelbar erfahren, wie zerbrechlich wir sind. Sie kann dazu führen, dass wir uns wie das Volk im Exil oder wie die Frau im Evangelium fühlen: ohne Hoffnung für die Zukunft. Aber so ist es nicht. Auch in diesen Momenten lässt Gott uns nicht allein. Wenn wir uns ihm überlassen, können wir gerade dann, wenn unsere eigenen Kräfte versagen, den Trost seiner Gegenwart erfahren. Er selbst, der Mensch geworden ist, wollte unsere Schwäche in allem teilen (vgl. Phil 2,6-8) und er weiß sehr wohl, was es heißt, zu leiden (vgl. Jes 53,3). Deshalb können wir ihm unser Leid mitteilen und anvertrauen und uns seines Mitgefühls, seiner Nähe und Zärtlichkeit sicher sein.

Aber nicht nur das. In seiner vertrauensvollen Liebe bezieht er uns mit ein, damit wir unsererseits füreinander zu „Engeln“ werden können, zu Boten seiner Gegenwart, so dass das Krankenbett häufig sowohl für die Leidenden als auch für diejenigen, die ihnen beistehen, zu einem „heiligen Ort“ des Heils und der Erlösung werden kann.

Liebe Ärztinnen und Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger, liebes Gesundheitspersonal, wenn ihr euch eurer Patienten annehmt, vor allem der schwächsten, bietet euch der Herr die Möglichkeit, euer Leben fortwährend zu erneuern, indem er es mit Dankbarkeit, Barmherzigkeit und Hoffnung nährt (vgl. Bulle Spes non confundit, 11). Er ruft euch, es in dem demütigen Bewusstsein zu erhellen, dass nichts selbstverständlich und alles ein Geschenk Gottes ist; es mit jener Menschlichkeit zu nähren, die man erfährt, wenn nach dem Ablegen aller Äußerlichkeiten das übrigbleibt, was zählt: die kleinen und großen Gesten der Liebe. Lasst die Gegenwart der Kranken als ein Geschenk in euer Leben treten, um euer Herz zu heilen, um es von allem zu reinigen, was nicht Liebe ist, und es mit dem sanft lodernden Feuer des Mitgefühls zu erwärmen.

Mit euch liebe kranke Brüder und Schwestern teile ich in diesem Moment meines Lebens vieles: die Erfahrung der Krankheit, sich schwach zu fühlen, in vielen Dingen von anderen abhängig zu sein, Unterstützung zu benötigen. Das ist nicht immer leicht, aber es ist eine Schule, in der wir täglich lernen, zu lieben und uns lieben zu lassen, ohne etwas zu verlangen und ohne etwas zurückzuweisen, ohne etwas nachzutrauern und ohne zu verzweifeln, dankbar gegenüber Gott und unseren Brüdern und Schwestern für das Gute, das wir empfangen, uns dem überlassend und auf das vertrauend, was noch kommen wird. Das Krankenhauszimmer und das Krankenbett können Orte sein, an denen wir die Stimme des Herrn hören können, der auch zu uns sagt: »Siehe, nun mache ich etwas Neues. Schon sprießt es, merkt ihr es nicht?« (Jes 43,19). Und so den Glauben erneuern und stärken.

Benedikt XVI. – der uns während seiner Krankheit ein wunderbares Zeugnis der Gelassenheit gegeben hat – schrieb, dass »das Maß der Humanität […] sich ganz wesentlich im Verhältnis zum Leid [bestimmt]« und dass »eine Gesellschaft, die die Leidenden nicht annehmen […] [kann], eine grausame und inhumane Gesellschaft [ist]« (Enzyklika Spe salvi, 38). Es ist wahr: Sich dem Leiden gemeinsam zu stellen, macht uns menschlicher, und den Schmerz zu teilen ist eine wichtige Etappe auf jedem Weg zur Heiligkeit.

Meine Lieben, halten wir diejenigen, die schwach sind, nicht fern von unserem Leben, wie es eine bestimmte Mentalität heute leider manchmal tut, verbannen wir das Leid nicht aus unserem Umfeld. Machen wir daraus vielmehr eine Gelegenheit, um gemeinsam zu wachsen, um Hoffnung zu hegen dank der Liebe, die Gott zuerst in unsere Herzen ausgegossen hat (vgl. Röm 5,5) und die alles überdauert (vgl. 1 Kor 13,8-10.13).

 


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