24. Mai 2025 in Aktuelles
Papst Leo XIV. begegnet erstmals den Mitarbeitern der römischen Kurie – eine Ansprache über Dankbarkeit, Erinnerung und den gemeinsamen Auftrag zur Einheit der Kirche. Von Armin Schwibach
Rom (kath.net/as) Papst Leo XIV. hat an diesem Samstagvormittag in der Audienzaula Paolo VI zum ersten Mal seit seiner Wahl die Beamten, Angestellten und Mitarbeiter der Römischen Kurie, des Governatorats der Vatikanstadt und des Vikariats von Rom empfangen. Die Audienz fand in der Audienzaula des Vatikans statt und wurde von zahlreichen Familienangehörigen begleitet.
In seiner Ansprache verzichtete der Heilige Vater auf programmatische Aussagen über zukünftige Reformen oder organisatorische Weichenstellungen. Vielmehr nutzte er diese erste Begegnung für ein Wort des Dankes und der geistlichen Vergewisserung. „Dieses erste Treffen ist nicht der Moment für programmatische Reden“, sagte Leo XIV., „sondern eine Gelegenheit, euch zu danken für den Dienst, den ihr leistet – einen Dienst, den ich gleichsam von meinen Vorgängern ‚erbe‘.“
Dabei blickte der Papst auch auf seinen eigenen Weg zurück: Erst zwei Jahre zuvor sei er, so erinnerte er, als Präfekt des Dikasteriums für die Bischof nach Rom gekommen – berufen vom verstorbenen Papst Franziskus. „Was für ein Wechsel!“ sagte Leo XIV. in sichtlicher Bewegung. „Und jetzt … was soll ich sagen? Nur das, was Simon Petrus dem Herrn am See von Tiberias gesagt hat: ‚Herr, du weißt alles, du weißt, dass ich dich liebe.‘“
„Die Päpste gehen vorüber, die Kurie bleibt“, meinte der Papst mit einer gewissen Ironie. Ein zentrales Thema der Ansprache war die Rolle der Kurie als „Gedächtnis“ der Kirche. Mit eindringlichen Worten betonte Papst Leo XIV., dass es sich bei der Kurie nicht nur um ein Verwaltungsorgan handelt, sondern um eine lebendige Institution, die „die historische Erinnerung des Bischofs von Rom“ bewahre und weitertrage. Die Erinnerung – so der Papst – sei kein bloßer Rückblick in die Vergangenheit, sondern „ein wesentliches Element eines lebendigen Organismus“, das das Heute nähre und den Weg in die Zukunft weise. „Ohne Erinnerung“, so der Papst wörtlich, „verliert der Weg seinen Sinn.“
Darin sah Leo. XIV. auch die geistliche Würde der Arbeit der Kurienmitarbeiter: Wer in der Kurie diene, trage zur lebendigen Gedächtnisarbeit des Apostolischen Stuhls bei und helfe so, den Dienst des Papstes „auf die bestmögliche Weise“ zu erfüllen.
Der zweite Schwerpunkt seiner Ansprache war dem missionarischen Charakter der Kurie gewidmet – ein Anliegen, das Papst Franziskus mit seiner Kurienreform unter dem Leitdokument Praedicate Evangelium besonders hervorgehoben hatte. In diesem Zusammenhang bezog sich Leo XIV. explizit auf die apostolische Exhortation Evangelii Gaudium und nannte die missionarische Umgestaltung der römischen Strukturen eine fortwährende Aufgabe. Die Reform sei nicht Bruch, sondern organische Fortführung, „in der Spur der Vorgänger, besonders des heiligen Paul VI. und des heiligen Johannes Paul II.“
Dabei ließ der Papst auch seine persönliche Biografie einfließen: Als Augustiner war Leo XIV. viele Jahre als Missionar in Peru tätig. Dort, in der Diözese Chiclayo, sei seine pastorale Berufung gereift, sagte er, und „ich werde dem Herrn nie genug für dieses Geschenk danken können“. Dann sei sein Dienst in der Kurie – zunächst als Präfekt, nun als Bischof von Rom – für ihn eine „neue Mission“, die er mit Bereitschaft und Glauben angenommen habe.
In einem dritten, praxisnahen Teil seiner Ansprache wandte sich der Papst dem alltäglichen Leben und Arbeiten in der Kurie zu. Er rief die Anwesenden auf, im Geist der Einheit, des Dialogs und der Nächstenliebe zu handeln. „Jeder kann ein Erbauer der Einheit sein“, betonte er, „durch sein Verhalten gegenüber Kollegen, indem man Missverständnisse mit Geduld und Demut überwindet, sich in die Lage des anderen versetzt, Vorurteile meidet – und auch mit einer guten Portion Humor, wie Papst Franziskus es uns gelehrt hat.“
Erneut griff Leo XIV. dabei ein zentrales Motiv seiner bisherigen Äußerungen auf: Die Kirche müsse eine „missionarische Kirche“ sein – offen, dialogbereit, menschenzugewandt. Dieses Wort, das er bereits in seiner ersten Ansprache als Papst am Abend des 8. Mai ausgesprochen hatte, wiederholte er nun bewusst im Kontext der Kurie: „Wir müssen gemeinsam nach Wegen suchen, wie wir eine missionarische Kirche sein können, eine Kirche, die Brücken baut, den Dialog pflegt und stets offen ist, alle mit offenen Armen aufzunehmen, so wie dieser Platz, alle, alle die unseres Erbarmens, unserer Gegenwart, des Dialogs und der Liebe bedürfen“.
Am Ende seiner Ansprache wandte sich Papst Leo XIV. in stiller Herzlichkeit der Gottesmutter zu. Da das Treffen im Monat Mai stattfand, lud er alle Anwesenden ein, die Jungfrau Maria gemeinsam zu bitten, dass sie die römische Kurie, den Staat der Vatikanstadt und die Familien der Mitarbeitenden segne – besonders „die Kinder, die Alten sowie die Kranken und Leidenden“.
Mit diesen Worten schloss der Papst seine erste Begegnung mit den offiziellen Trägern der vatikanischen Verwaltung. Es war ein Auftakt ohne große Gesten – aber getragen von einem dichten geistlichen Gehalt, von Dankbarkeit, Demut und dem unaufdringlichen Ernst eines Mannes, der seinen Dienst als missionarischen Gehorsam versteht.
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