Bischof Timmerevers will ‚neues Denken‘ der Kirche beim Gender-Thema

26. Juni 2025 in Deutschland


Die Kirche müsse sich ‚in die wissenschaftliche Auseinandersetzung hineinbegeben‘, sagte der Bischof von Dresden-Meißen in einem Interview.


Freiburg (kath.net/jg)
Heinrich Timmerevers, der Bischof von Dresden-Meißen, hat eine Änderung der kirchlichen Lehre im Bereich geschlechtlicher Identitäten und sexueller Orientierungen verlangt, berichtet ein deutsches Medium. „Hier braucht es ein neues Denken, das in der kirchlichen Lehre und im Katechismus der Katholischen Kirche in Worte gefasst wird“, sagte der Bischof wörtlich in einem Interview für die neue Ausgabe der Reihe „Herder Thema“ mit dem Titel „Sichtbar anerkannt. Vielfalt sexueller Identitäten“.

Ein anerkannter Wissenschaftler habe ihm erklärt, dass geschlechtliche Orientierung beim Menschen im Alter von 13 bis 16 Jahren festgelegt sei. Diese sei dann nicht mehr änderbar. Er frage sich, unter welchen Bedingungen die Kirche hier von schwerer Sünde reden könne, „wenn überhaupt“.

Beim Thema Gender sei er in vielen Fragen unsicher, räumte Timmerevers ein. Er hoffe aber, dass sich die kirchliche Lehre im Bereich der Anthropologie und der Geschlechtertheorie ändern werde. Wörtlich sagte er: „Das setzt voraus, dass wir uns in die wissenschaftliche Auseinandersetzung hineinbegeben. Das bedeutet auch, dass es sich in dieser Auseinandersetzung nicht um eine ideologiegetriebene Wissenschaft handelt, sondern wirklich um ein Ringen um Erkenntnis und Wahrheit.“

Es gehe darum, den Menschen in seiner Wirklichkeit als Ganzes wahrzunehmen. Die Gender-Theorie sei keine Ideologie. „Wir sollten uns diesem Prozess des Ringens stellen. Ich finde es schwierig, wenn bezüglich der Gender-Thematik sofort kommt: Das ist Ideologie“, sagte er wörtlich.

Gleichzeitig ist sich der Bischof bewusst, dass das Thema in anderen Regionen völlig anders gesehen wird als von ihm. „Über meine persönlichen Kontakte ist mir deutlich geworden, wie in einigen Ländern Afrikas in diesem Themenfeld gedacht wird“, sagte er wörtlich. Eine konkrete Lösung hat er nicht. „Wie bekommt man das alles zusammen? Wie kann das eine Lehramt das für alle leisten, wie kann die kirchliche Lehre weiterentwickelt werden, die neue humanwissenschaftliche Erkenntnisse einbezieht und den kulturellen Horizont nicht außen vor lässt?“, fragt er.

Orientierung findet Timmerevers in einer Formulierung, die im letzten Satz des CIC verwendet wird: Das Heil der Seelen ist oberstes Gesetz. Dieses Prinzip könne „Schlüssel einer angemessenen theologischen Hermeneutik sein“, sagt der Bischof.

Im selben Interview für „Sichtbar erkannt. Vielfalt sexueller Identitäten“ sagt Ludger Schepers, Weihbischof von Essen und Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) für „queere Pastoral“, die Schöpfungsberichte der Bibel als wissenschaftliche Erklärung zu interpretieren. Wörtlich sagte er: „Die bleibende historische Grundaussage ist: Gott hat alles geschaffen; hat wirklich alles geschaffen – Himmel und Erde. Das ist die Konstante dieser biblischen Aussagen. Und dann gehören alle Menschen dazu: männlich, weiblich und was dazwischen ist, was wir noch nicht wissen, was sich neuen Erkenntnissen entbirgt.“

Weihbischof Schepers warf der Kirche vor, in der Sexualmoral Verbote an die erste Stelle zu setzen. „Sie soll auch sagen, wie es geht; wie gelingende Sexualität vor der Ehe aussehen kann, nicht nur mit Verboten.“ Die Kirche müsse anerkennen, dass Sexualität ein bestimmendes Merkmal des ganzen Lebens sei, forderte er.

 

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