Zum Tod von Laura Dahlmeier – eine Betrachtung aus christlicher Sicht

14. August 2025 in Spirituelles


„Mit ihrer großen Leidenschaft für die erhabene Welt der Berge und Gebirge wurde Laura Dahlmeier insgeheim zu einem lebendigen Fingerzeig auf die unermessliche Erhabenheit des absoluten Geheimnisses…“ Gastbeitrag von Prof. Markus Enders


München-Freiburg (kath.net) Laura Dahlmeier hat dort ihre letzte irdische Ruhestätte gefunden, wo sie immer am glücklichsten war – in der Abgeschiedenheit und Einsamkeit einer Hochgebirgsregion, fernab von aller Zivilisation. 

Die Welt der Bergriesen hat sie fast magisch angezogen und fasziniert, denn in ihr konnte sie ganz bei sich und ganz bei dem Geheimnis ihres Lebens und unserer Welt sein. Auf den Gipfeln der Berge hat sie nach eigenem Bekunden jene Freiheit von allem Engen und Endlichen erfahren und gefunden, die ihr das Leben in der Ebene offensichtlich nicht zu geben vermochte. Sie hat dort jene Verschiebung ihrer irdischen Grenzen, jene Entgrenzung erprobt und erfahren, nach der sie sich sehnte. 

Ist es daher nicht ihre tiefe Sehnsucht nach einer absoluten Erhabenheit und Größe gewesen, die sie immer wieder zum Aufstieg auf entlegene und steile, auf gewaltige und herausfordernde Berge trieb? Und ist es ein Zufall, dass sie in der abgeschiedenen Erhabenheit der staunenerregenden Gebirgswelt des Karakorum von einem Steinschlag aus ihrem irdischen Leben gerissen wurde, an einem besonders steilen und erhaben in den Himmel aufragenden Berg? 

Und schließlich: Ist es ein Zufall, dass sie zuvor testamentarisch verfügte, dass in ihrem Todesfall in den Bergen ihr Leichnam bei Lebensgefahr für das Bergungsteam nicht mehr geborgen werden, sondern in der Welt ihres irdischen Glücks, in der Abgeschiedenheit der Berge, verbleiben sollte?

Mit ihrer großen Leidenschaft für die erhabene Welt der Berge und Gebirge wurde Laura Dahlmeier insgeheim zu einem lebendigen Fingerzeig auf die unermessliche Erhabenheit des absoluten Geheimnisses, wurde sie zu dessen bewunderten Botschafterin für uns Menschen, ohne sich dessen vielleicht selbst auch bewusst zu sein. 

Ihr Tod in der höchsten Gebirgswelt unseres Planeten besiegelt gleichsam diese ihre Mission und verleiht ihr eine bleibende Bedeutung für uns: Denn die erhabene Welt der Bergriesen ist ein irdisches Abbild der zuhöchst ehrfurchtgebietenden, für uns unermesslichen Erhabenheit ihres Schöpfers. 

Doch gerade als dieses Abbild sollte uns die Welt der Bergriesen vor allem zu Demut und ehrfürchtiger Anerkennung ihrer Erhabenheit über unsere irdische Kraft führen. Denn insbesondere die höchsten Berge sind ungleich mächtiger als unser eigenes Vermögen und deshalb sind sie eine große Gefahr für unser Leben, wenn wir sie besteigen und bezwingen wollen. Sollten wir uns daher nicht eher bescheiden mit dem bewundernden Anblick ihrer majestätischen Größe von unten und aus sicherer Ferne?

Autor: Prof. Dr. Dr. Markus Enders ist Professor für Christliche Religionsphilosophie an der Albert-Lugwigs-Universität Freiburg i.Br.

Archivfoto: Laura Dahlmeier 2018 (c) Wikipedia/Martin Rulsch/CC BY-SA 4.0


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