Der große Samstag. Der Karsamstag ist das Schweigen, das Leben trägt

17. September 2025 in Aktuelles


Leo XIV. über das Geheimnis des Karsamstags und die Hoffnung im Schweigen, das Leben trägt. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „An dem Ort, wo man ihn gekreuzigt hatte, war ein Garten und in dem Garten war ein neues Grab, in dem noch niemand bestattet worden war. Wegen des Rüsttages der Juden und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei“ (Joh 19,41-42).

Bei der Generalaudienz setzte Papst Leo XIV. seine Katechesenreihe über Christus, die Hoffnung der Christen, mit einer Betrachtung des Karsamstags fort. Im Mittelpunkt stand das Schweigen des Grabes, das nicht Leere, sondern Verheißung bedeutet. „Der Sohn Gottes liegt im Grab“, so der Papst: „ Aber dieses seine ‚Fehlen‘ ist keine Leere: es ist Erwartung, zurückgehaltene Fülle, Verheißung, die in der Dunkelheit bewahrt wird. Es ist der Tag des großen Schweigens, an dem der Himmel stumm zu sein scheint und die Erde unbeweglich, aber gerade dort erfüllt sich das tiefste Geheimnis des christlichen Glaubens. Es ist ein Schweigen, das Sinn trägt, wie der Schoß einer Mutter, der das Kind birgt, das noch nicht geboren, aber schon lebendig ist“.

Im Blick auf die Bestattung Jesu führte Leo XIV. aus: „Der Leib Jesu, vom Kreuz herabgenommen, wird sorgsam umhüllt, wie man es mit dem tut, was kostbar ist. Der Evangelist Johannes sagt uns, dass er in einem Garten bestattet wurde, in einem neuen Grab, in das noch niemand gelegt worden war (Joh 19,41). Nichts ist dem Zufall überlassen. Dieser Garten erinnert an das verlorene Eden, an den Ort, an dem Gott und der Mensch vereint waren. Und dieses noch unbenutzte Grab spricht von etwas, das noch geschehen muss: es ist eine Schwelle, kein Ende. Am Anfang der Schöpfung hatte Gott einen Garten gepflanzt, nun nimmt auch die neue Schöpfung in einem Garten ihren Anfang: mit einem verschlossenen Grab, das sich bald öffnen wird“.

Der Papst erinnerte daran, dass der Karsamstag ein Tag der Ruhe ist, verwurzelt in der Schöpfung und zugleich Erfüllung des Erlösungswerkes: „Auch der Sohn, nachdem er sein Werk des Heils vollendet hat, ruht. Nicht, weil er müde wäre, sondern weil er sein Werk beendet hat. Nicht, weil er sich ergeben hätte, sondern weil er bis zum Ende geliebt hat. Es gibt nichts mehr hinzuzufügen. Diese Ruhe ist das Siegel des vollendeten Werkes, sie ist die Bestätigung, dass das, was getan werden musste, wirklich zu Ende gebracht ist. Es ist eine Ruhe, erfüllt von der verborgenen Gegenwart des Herrn“.

In diesem Zusammenhang sprach Leo XIV. auch die Lebensweise des Menschen an: „Wir tun uns schwer, innezuhalten und zu ruhen. Wir leben, als ob das Leben niemals ausreichen würde. Wir eilen, um zu produzieren, um zu beweisen, um keinen Boden zu verlieren. Aber das Evangelium lehrt uns, dass stillstehen zu können eine Geste des Vertrauens ist, die wir lernen müssen. Der Karsamstag lädt uns ein zu entdecken, dass das Leben nicht immer von dem abhängt, was wir tun, sondern auch davon, wie wir uns von dem verabschieden können, was wir getan haben“.

Gerade im Schweigen beginne bereits das neue Leben: „Im Grab schweigt Jesus, das lebendige Wort des Vaters. Aber gerade in diesem Schweigen beginnt das neue Leben zu gären. Wie ein Same in der Erde, wie die Dunkelheit vor der Morgendämmerung. Gott fürchtet nicht die Zeit, die vergeht, denn er ist Herr auch der Erwartung. So kann auch unsere ‚nutzlose‘ Zeit, die der Pausen, der Leere, der scheinbaren Sterilität, zum Schoß der Auferstehung werden. Jedes angenommene Schweigen kann die Voraussetzung für ein neues Wort sein. Jede ausgesetzte Zeit kann Zeit der Gnade werden, wenn wir sie Gott anvertrauen“.

Papst Leo XIV. betonte die Gestalt eines Gottes, der den Menschen Raum lässt: „Jesus, in der Erde bestattet, ist das sanfte Antlitz eines Gottes, der nicht den ganzen Raum besetzt. Es ist der Gott, der geschehen lässt, der wartet, der sich zurückzieht, um uns die Freiheit zu lassen. Es ist der Gott, der vertraut, auch wenn alles verloren scheint. Und wir lernen in diesem aufgehobenen Samstag, dass wir nicht in Eile auferstehen müssen: zuerst gilt es zu verweilen, das Schweigen aufzunehmen, uns von der Grenze umarmen zu lassen. Manchmal suchen wir schnelle Antworten, unmittelbare Lösungen. Aber Gott wirkt in der Tiefe, in der langsamen Zeit des Vertrauens.

Zum Abschluss verwies der Papst auf Maria als Gestalt der Hoffnung: „Die christliche Hoffnung entsteht nicht im Lärm, sondern im Schweigen einer von der Liebe bewohnten Erwartung. Sie ist nicht Tochter der Euphorie, sondern der vertrauenden Hingabe. Die Jungfrau Maria lehrt es uns: sie verkörpert diese Erwartung, dieses Vertrauen, diese Hoffnung. Wenn es uns scheint, dass alles stillsteht, dass das Leben ein unterbrochener Weg ist, erinnern wir uns an den Karsamstag. Auch im Grab bereitet Gott die größte Überraschung vor. Und wenn wir das Vergangene mit Dank annehmen, werden wir entdecken, dass Gott gerade in der Kleinheit und im Schweigen die Wirklichkeit verwandelt, indem er mit der Treue seiner Liebe alles neu macht“. Die Katechese schloss mit den Worten: „Die wahre Freude entsteht aus der bewohnten Erwartung, aus dem geduldigen Glauben, aus der Hoffnung, dass das, was in der Liebe gelebt wurde, gewiss zur Auferstehung ins ewige Leben gelangen wird“.

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich begrüße ich alle Pilger deutscher Sprache, besonders die vielen Schüler und Schülerinnen des Abtei-Gymnasium Duisburg-Hamborn. Ich möchte euch alle einladen, täglich eine Zeit der Stille und des Gebets zu finden, um Jesus Christus, unserem Herrn und Gott zu begegnen, und immer mit ihm vereint zu bleiben.

Foto (c) Vatican Media

 


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