Papst Leo XIV. wirbt für "gesunden Säkularismus"

30. September 2025 in Aktuelles


Appell an EU-Politiker, Religion und Politik klar unterscheiden ohne sie völlig zu trennen - Dialog zwischen Kulturen und Religionen als Auftrag christlicher Politiker - Rede in voller Länge


Vatikanstadt (kath.net/KAP/red) Papst Leo XIV. hat sich für eine klare Unterscheidung von Religion und Politik in der EU ausgesprochen. In einer Ansprache an EU-Politiker sagte er am Montag im Vatikan: "Die europäischen Institutionen brauchen Menschen, die wissen, wie man einen gesunden Säkularismus lebt." Zur Erklärung dieses Begriffs fügte er hinzu: "Das heißt eine Denk- und Handlungsweise, die den Wert der Religion bekräftigt und gleichzeitig die Unterscheidung - weder Trennung noch Vermischung - vom politischen Bereich bewahrt."

Als Vorbilder dafür nannte er die katholisch-christdemokratischen Gründerväter der Europäischen Union, Robert Schuman, Konrad Adenauer und Alcide De Gasperi. Weiter führt der Papst in seiner auf Englisch vorgetragenen Rede aus, politisch aktive Christen sollten "Männer und Frauen des Dialogs" sein. 

Den Dialog zwischen Kulturen und Religionen voranzubringen, sei ein "Schlüsselziel für christliche Politiker", so der Papst. Dafür sei es nötig, "tief im Evangelium und den daraus resultierenden Werten verwurzelt zu bleiben und gleichzeitig Offenheit, Zuhören und Dialog mit Menschen anderer Herkunft zu pflegen."

Der Papst machte seine Äußerung bei einer Begegnung mit Mitgliedern einer Arbeitsgruppe zu interkulturellem und interreligiösem Dialog des Europäischen Parlaments im Vatikan. Die Arbeitsgruppe wird von der "Europäischen Volkspartei" (EVP) getragen, die Delegation im Vatikan führte EVP-Vorsitzenden Manfred Weber (CSU) an.

kath.net dokumentiert diese Rede von Papst Leo XIV. in voller Länge in eigener Arbeitsübersetzung:

Ich grüße Sie alle und wünsche Ihnen einen guten Morgen.

Wir beginnen mit dem Kreuzzeichen: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Friede sei mit Ihnen allen.

Verehrte Damen und Herren

Ich freue mich, diejenigen unter Ihnen aus dem Europäischen Parlament begrüßen zu dürfen, die die „Arbeitsgruppe für interkulturellen und interreligiösen Dialog“ eingerichtet haben. Ich gratuliere Ihnen zu dieser Initiative und hoffe, dass sie fruchtbar sein wird.

Die Förderung des Dialogs zwischen Kulturen und Religionen ist ein zentrales Ziel christlicher Politiker, und Gott sei Dank gibt es viele Menschen, die in dieser Hinsicht ein gutes Zeugnis abgelegt haben.

Männer und Frauen des Dialogs zu sein bedeutet, tief im Evangelium und den daraus hervorgehenden Werten verwurzelt zu bleiben und gleichzeitig Offenheit, Zuhören und Dialog mit Menschen anderer Herkunft zu pflegen. Dabei stehen der Mensch, seine Würde und unser Beziehungs- und Gemeinschaftswesen stets im Mittelpunkt.

Die Teilnahme am interreligiösen Dialog erkennt naturgemäß den Wert von Religion sowohl auf persönlicher als auch auf sozialer Ebene an. Das Wort Religion selbst bezeichnet den Begriff der Verbundenheit als ursprüngliches Element der Menschlichkeit. Daher kann die religiöse Dimension, wenn sie authentisch und gut gepflegt ist, zwischenmenschliche Beziehungen erheblich stärken und Menschen helfen, in Gemeinschaft und Gesellschaft zu leben. Und wie wichtig ist es heute, den Wert und die Bedeutung menschlicher Beziehungen zu betonen!

Die europäischen Institutionen brauchen Menschen, die einen gesunden Säkularismus leben können, d. h. einen Denk- und Handlungsstil, der den Wert der Religion bekräftigt und gleichzeitig die Abgrenzung – nicht Trennung oder Vermischung – zur politischen Sphäre wahrt. Besonders hervorzuheben sind die Beispiele von Robert Schuman, Konrad Adenauer und Alcide De Gasperi.

Liebe Freunde, ich danke Ihnen für Ihren Besuch. Ich danke Ihnen für Ihre Arbeit zur Förderung des Dialogs zwischen allen Menschen und des Respekts für alle Menschen und bitte Sie und Ihre Arbeit um Gottes Segen. Vielen Dank.

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Foto: Aus dieser Veranstaltung (c) Vatican Media


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