
15. November 2025 in Kommentar
Gastkommentar zu Mater populis fidelis von Lukas Matuschek.
Linz (kath.net)
Welcher Marientitel ist von allen der angemessenste, um diejenige zu beschreiben, die unserem Gott, dem barmherzigen geduldigen und gnädigen Vater, am nächsten steht? Es gibt viele Namen und jeder gibt einen Teil der Schönheit der schönsten Frau wieder. Jeder Titel steht mit Ihrem über alles geliebten Sohn in engster Verbindung. Über das Geheimnis Seiner Menschwerdung und unsere Erlösung zu schreiben und zu meditieren ist eine Freude und die Rettung jeder im Alltag verlorenen Seele. Hierzu ist jeder eingeladen, weil es uns im Tiefsten im Herzen berührt. Es ist die Mitte unserer Kirche – unseren Herrn, den Dreifaltigen Gott, für unsere wunderbare Erlösung durch sein Handeln zu rühmen.
Ich habe tatsächlich mit Freude das Dokument Mater populi fidelis des Glaubensdikasteriums gelesen. Kommentare dazu gehen in verschiedene Richtungen. Treffend fand ich die Feststellung, dass durch den Text über Maria endlich wieder die klare Wahrheit verkündet worden ist, dass nur in Christus unser Heil, unsere Rettung zu finden ist. Entgegen jedem Relativismus, der manchmal in Kleidung diplomatischer Korrektheit daherkommt. Dies wird unsere Mutter sicher auch gefreut haben.
Der Grundgedanke des Dokuments, unsere Erlösung durch das Opfer Christi nicht verschleiern zu wollen, ist sicherlich lobenswert. Wer könnte dem widersprechen. Es freut eigentlich auch die Tatsache, dass die Titel Miterlöserin und Mittlerin aller Gnaden nicht per se widerlegt sind, de facto sogar inhaltlich teils angenommen sind. Auf die Frage ob, Maria Miterlöserin und Mittlerin ist, müsste man mit ja antworten, das richtige Verständnis beider Titel vorausgesetzt. Nur ist es nicht angemessen sie zu benutzen, eben um Missverständnisse zu vermeiden. Insofern ist es ein sehr spitzfindiges Dokument, was wir hier präsentiert bekommen. Ich habe nur wenig Lust mich an dieser Verrenkung aufzuhängen.
In der Einleitung selbst legt der Präfekt uns nahe, dass mit dieser Note das Thema nicht vollends ausgeschöpft werden kann. Insofern scheint es sinnvoll hier weiterzudenken. Und es lohnt sich, weil wie anfangs schon erwähnt, dieses Geheimnis der Erlösung und der Mitwirkung Mariens unser eigenes Glaubensleben geradezu definiert. Denn alles was von Maria gesagt werden kann, kann in schwachen Teilen von unserer Mutter der Kirche gesagt werden und überträgt sich auch auf uns als Glieder des mystischen Leibes unseres Herrn.
Vorab vielleicht noch ein allgemeines Wort über eine rechte Kritik. Tatsächlich glaube ich mittlerweile, dass man nahezu jeden theologischen Text so auseinandernehmen kann, dass nicht viel Gutes übrigbleibt. Oft sind die Sachen, die nicht gesagt werden, ausschlaggebender als die Aussagen selbst. Und in unserer Zeit sind die Themen Sünde, Sühne, Opfer und Gericht oft leider unterrepräsentiert. Vielleicht sollte man deshalb auch lobend erwähnen, dass das unendlich wertvolle Opfer Christi am Kreuz im Text explizit erwähnt wird. Am Ende kann bestimmt jeder Text verbessert werden. Vielleicht ist die Ergänzung von Texten in diesem Sinne auch ein sinnvoller Dienst um einen Text zu vertiefen und fruchtbar werden zu lassen.
Die Frage, die mich aufgrund des Textes umtreibt ist, was passiert, wenn wir Unsere Liebe Frau nicht Miterlöserin und Mittlerin nennen. Wem ist es dann noch gestattet sich an der Erlösung mitzuarbeiten und Gnaden zu erflehen?
Maria ist durch Gottes Gnade unbefleckt, damit eine von nur vier Menschen, die in diesem Zustand aufwuchsen – Adam, Eva, Maria und Ihr Sohn. Was Eva durch Ungehorsam verlor, gewann Maria durch Ihr Vertrauen. In Zusammenarbeit mit der Fülle der Gnade wählte Maria aus Ihrem freien Willen heraus die Tugend. Folglich war sie von der Strafe für die Sünde ausgenommen, und gebar Jesus im Zustand der Jungfräulichkeit schmerzenslos, und wurde mit dem Leib in den Himmel aufgenommen, ohne den Tod bleibend zu schmecken. Insofern war das Schmerz des Mitleides unterm Kreuz für Maria nie eine Strafe für Ihre eigenen Sünden, die sie ja nie berührt hatte. Was wäre dann der Zweck Ihrer Leiden? Ihr Verdienst der Liebe ist sicher nicht unbeantwortet geblieben, sondern wurde von Gott als Gabe angenommen. Und da sie nicht Ihre eigene Schuld reinwaschen konnte, bleibt nur der Schluss, dass Ihr Opfer mit dem Opfer Ihres Sohnes vereinigt worden ist. Das unendlich wertvolle Opfer Ihres Sohnes hätte ausgereicht, wurde aber aus Liebe um ein endliches Opfer erweitert. Es geht um den Unterschied zwischen den Titeln Redemptor und Salvator – Erlöser und Retter. Maria hat uns nicht errettet, die Ehre gebührt einzig und allein Ihrem Sohn. Aber Sie hat sich am Preis für unsere Erlösung beteiligt.
In sehr viel schwächerer Form dasselbe passiert, wenn wir im Stand der heiligmachenden Gnade und damit frei von Sünde, unser irdisches Opfer in der Heiligen Messe unter Seinem Kreuz mit dem Leib und dem Blut Christi verbinden und Gott aufopfern. Exakt davon spricht Paulus in Kolosser 1,24.
Wenn Maria nicht Miterlöserin ist, dann erscheint unser Opfer und das geistliche Opfer der Kirche in Verbindung mit dem reinen Opfer Christi in der Eucharistie nicht als wirkliche Kommunion. Auch das Opfer der Märtyrer ist dann in gewisser Weise angefochten. Es ist die Frage ob wir, immer auf Basis von Gottes Gnade - durch Ihn, in Ihm, aber auch mit Ihm - für uns, aber vor allem für andere Verdienste bei Gott erlangen können. Die Verdienste von denen Jesus explizit in Gleichnissen spricht. Es scheint mir daher unangemessen die Allerheiligste Jungfrau nicht Miterlöserin zu nennen.
Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Titel Mittlerin aller Gnaden. Hier ist der Gedankengang relativ einfach. Es gibt zwei Zustände eines Menschen in Relation zum ewigen Vater. Entweder wir sind von ihm abgeschnitten mit unserem Erbteil auf uns allein gestellt als verlorene Söhne. Oder wir sind in seinem Haus, meist ohne wirklich zu verstehen, welch Große Gnade es ist, bei Ihm zu sein. Maria versteht diese Gnade sehr wohl, und die Verheißung, die der barmherzige Vater uns ins Herz legt - Mein Kind, alles was mein ist, ist dein. So sehr hat Gott uns geliebt, dass Er seinen Sohn, sich selbst uns hingab. Ein Geheimnis, das unser Herz erbeben lässt, in Anbetracht unserer Herzenskälte. Sie aber, unsere Mutter versteht es wohl. Und auch die Kirche hält alle Schätze seiner Gnade, sodass nur durch Sie die Menschheit Ihren Retter finden kann. Nicht weil Gott nicht neben der Kirche retten könnte, sondern weil Er sich ganz seiner Braut hingibt.
Der Relativismus ist nicht nur ein Zeichen des Unglaubens, sondern auch das Unvermögen, die Alles übersteigende Liebe Gottes zu uns, zu Seiner Kirche wirklich zu verstehen. Insofern scheint es mir unangemessen Maria nicht die Mittlerin aller Gnaden zu nennen.
Eine theologisch scheinbar paradoxe Situation. Die Art und Weise unserer Erlösung ist Sein Mysterium, das man nur im Gebet berühren kann. Er selbst muss sich offenbaren. Und der Geist und die Braut sprechen: Komm!
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