24. November 2004 in Weltkirche
Polemiken rund um die Entstehung der neuen Dreifaltigkeitskirche - ein Hintergrundbericht von Marie Czernin / PUR-MAGAZIN
Der Bischof von Leiria-Fatima, Serafim de Sousa Ferreira e Silva, hat am vergangenen 13. Oktober offiziell die Eröffnung desHeiligsprechungsprozesses der seligen Kinder Jacinta und Francisco Marto angekündigt, nachdem ein zweites Wunder bekannt wurde, das durch dieAnrufung der seligen Seherkinder von Fatima geschehen sein soll.
Am 13. Oktober erinnert die Kirche an jenen bedeutsamen Tag im Jahre 1917, als die Muttergottes den Seherkindern Jacinta, Francisco und Lucia zumsechsten und letzten Mal erschienen war und rund 70.000 Pilger Zeugen eines gewaltigen Sonnenwunders wurden. Jacinta und Francisco starben bald darauf, nachdem sie dem Wunsch der Muttergottes, Sühne zu leisten für die Bekehrung der Sünder und den Frieden in der Welt, nachgekommen waren. Lucia trat hingegen in den Karmel von Coimbra ein, wo sie heute noch in Stille und Zurückgezogenheit lebt.
Wie jedes Jahr war auch dieser 13. Oktober ein besonderer Höhepunkt imWallfahrtsgeschehen von Fatima, wobei mehr als 500.000 Menschen aus allerWelt den riesigen Platz vor der Basilika und der Erscheinungskapelle derCova de Ira überfluteten und 160 Pilgergruppen aus 26 Ländern sich offiziellangemeldet hatten. Neun Bischöfe und 426 Priester aus verschiedenen Ländernnahmen an den Feierlichkeiten teil, die von Kardinal Ivan Dias, demErzbischof von Bombay geleitet wurden. Der indische Kardinal, der früherapostolischer Nuntius in Seoul und in Tirana war, erinnerte in seinerPredigt während der Mitternachtsmesse in einem perfekten Portugiesisch andie Erscheinungen der Muttergottes, besonders an jenen Moment, als sie dendrei Hirtenkindern am 13. Juli 1917 eine schreckliche Vision der Höllegewährte und dazu sagte: "Ihr seht die Hölle, wohin die Seelen der armenSünder gelangen ... denn sie haben niemanden, der für sie betet."
Der Kardinal verlieh den Worten der Muttergottes von Fatima Gewicht underinnerte an die Notwendigkeit des Gebetes und der Buße für "die Bekehrungder Sünder und den Frieden in der Welt." Mehr denn je sei dies heutenotwendig, da "die Sünden und die Sünder zunehmen, das Böse sich als dasGute präsentiert und die Laster als Tugenden zur Schau gestellt werden," soKardinal Dias in seiner Predigt. Der Kardinal zeigte sich jedoch überzeugt,dass "der endgültige Sieg von Gott kommen wird, dank der Gebete derGläubigen und der mächtigen Fürsprache der Muttergottes, die voraussagte:,Am Ende wird mein Herz triumphieren."
Eine gigantische Kerzenprozession bei untergehender Abendsonne hatte vor derMitternachtsfeier den Platz vor der Basilika in ein Lichtermeer verwandelt.Im Hintergrund des weiträumigen Platzes bewegten sich noch im Flutlicht dieBaukräne, die gerade eine neue Dreifaltigkeitskirche entstehen lassen.Verschiedene Polemiken in Bezug auf die Entstehung der neuen Kirche hattenin den vergangenen Monaten zu Missverständnissen geführt, weshalb sich derBischof von Leira-Fatima gezwungen sah, diese Missverständnisse am 12.Oktober, zu Beginn der Feierlichkeiten des Fatima-Festtages, mit eineroffiziellen Erklärung aus dem Weg zu räumen.
Nachdem einige Medien behauptet hatten, dass in Fatima eine Art"interreligiöser Tempel" entstehen würde, in dem sich alle verschiedenenReligionen auf synkretistische Weise zum Gebet versammeln könnten, stellteBischof Serafim klar, dass es sich um eine "Dreifaltigkeitskirche" handelt,"für die der Papst einen Grundstein gespendet hat, der aus dem Petrusgrabstammt." Er präzisierte weiter, dass jene Kirche "ein großer Raum für denkatholischen Kult und für die Evangelisation" sein wird, gemeinsam mitanderen Räumlichkeiten für pastorale Tätigkeiten, wie unter anderem auch fürdie Beichtgelegenheit. "Wir hoffen, dass [die Kirche], so Gott will, am 13.Mai 2007 eingeweiht wird," fügte der Bischof in dieser Stellungnahme hinzu.
Zu der Vermutung, dass in Fatima ein interreligiöser Kultraum entstehenkönnte, kamen die Medien auch deshalb, da man in letzter Zeit in Fatima desöfteren Pilger anderer Religionen antraf. Im April dieses Jahres besuchteeine Gemeinschaft von rund fünfzig Hindus, begleitet von ihrem religiösenFührer, den Wallfahrtsort. Vor der Gnadenstatue der Muttergottes sangen sieein Lied für den Frieden und für Versöhnung. "Es wurde schon zuvor erklärt,dass es sich dabei nicht um eine interreligiöse Feier handelte," betonteBischof Serafim in seiner Stellungnahme und fügte hinzu: "In der Weise, wiesie bei Unserer Lieben Frau von Fatima Zuflucht gesucht haben, bezeugtenunsere Brüder Hindu mit ehrlicher Absicht, dass sie [die Muttergottes] umihre mütterliche Fürbitte für alle Menschen baten." Der Bischof versicherteauch, dass die Priester, die im Wallfahrtsort tätig sind, in Zukunft "mehrAcht geben werden, damit keine zweideutigen Interpretationen entstehenkönnen". Außerdem sprach der Bischof dem Team von Priestern sein "totalesVertrauen" aus und auch, dass die "Doktrin und Gemeinschaft mit der Kirche"gewahrt werde.
Bischof Serafim erwähnte in seiner Stellungnahme außerdem den Besuch desDalai Lama in Fatima am 27. November 2001, der "mit aller Ernsthaftigkeit,nach den Prinzipien der Kirche, die ökumenischen und interreligiösenBeziehungen betreffend" empfangen wurde.
Während der Grundsteinlegung der Dreifaltigkeitskirche am vergangenensechsten Juni, an dem die Kirche dieses Jahr das Dreifaltigkeitsfestfeierte, erbat der Bischof von Leiria-Fatima den Schutz Gottes für das Werk,das "dazu bestimmt sein wird, die wahren Gottesanbeter zu empfangen." DerGrundstein, den Papst Johannes Paul II. für den Bau am 9. März gespendethatte, solle "ein Symbol der Einheit zwischen Fatima und dem Stuhle Petribleiben." Urheber dieses von Polemiken umrankten Projekts ist dergriechisch-orthodoxe Architekt Alexandros N. Tombazis, der die Kirche alseinen großen Rundbau angelegt hat, der dazu dienen soll, den größerenPilgermassen, die Fatima besuchen, gerecht zu werden.
Während der Grundsteinlegung bat Bischof Serafim Ferreira e Silva um "dieFürsprache der allerseligsten Jungfrau Maria und der Seligen Francisco undJacinta Marto", damit "dieses Werk eine dauernde Einladung zum Gebet undSühne, zur Versöhnung und zum Frieden" werde, "wie unsere Liebe Frau in derBotschaft von Fatima dies erbeten hat; es soll eine Verbindung von Kult undKultur werden."
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