Sprachübungen

13. Dezember 2004 in Schweiz


"Werden da wirklich nur Synonyme gesucht, andere Ausdrücke, die das liturgische Geschehen verständlicher machen sollen, oder werden nicht vielmehr heimlich andere Inhalte vermittelt?" - Eine Glosse von Martin Meier


Im Unterrichtsfach Deutsch müssen die Schüler gelegentlich zu vorgegebenen Wörtern Synonyme herausfinden, das heisst Wörter, die das Gleiche bedeuten wie die Begriffe, die auf dem Sprachübungsblatt stehen. Gelegentlich gilt es auch, einen zusammenhängenden Text in der gleichen Art zu verändern. Schaut man sich in gewissen pfarramtlichen Büros um, so scheint es, als ob deren Vorsteher diese Sprachübungen so lieb gewonnen hätten, dass sie nicht mehr davon loskommen. Oder wie soll man sich sonst erklären, dass es, allen Anmahnungen "Roms" zum Trotz, Priester gibt, die einen enormen Aufwand an Zeit und Energie dazu ver(sch)wenden, die vorgegebenen und -geschriebenen liturgischen Texte sprachlich auf immer raffiniertere Art zu verändern? Da herrscht etwa Christus plötzlich nicht mehr, sondern er wirkt nur noch. Aus dem ewigen Leben, zu dem er uns führen soll, wird das Leben schlechthin. Den Aposteln reichte er Brot und Wein nicht, sondern er gab es ihnen. Der eucharistische Kelch ist nicht mehr der Kelch des Heiles, sondern derjenige des Segens. Aus der Nacht, da er verraten wurde und sich aus freiem Willen dem Leiden unterwarf, wird die Nacht vor dem Osterfest. Man könnte diese Aufzählung beliebig weiterführen.

Und allmählich fragt man sich: Werden da wirklich nur Synonyme gesucht, andere Ausdrücke, die das liturgische Geschehen verständlicher machen sollen, oder werden nicht vielmehr heimlich andere Inhalte vermittelt? Sind unsere mündigen Christen wirklich so ungebildet, dass man das erhabene Wort reichen durch das banale geben ersetzen muss, oder wird diese Änderung nicht viel mehr vorgenommen, um das ganze eucharistische Geschehen zu banalisieren?

Sprachübungsblätter zur Synonymbildung gehören an die Schule. Dort machen sie Sinn. Ein Priester sollte seine kostbare Zeit anderen Beschäftigungen widmen.


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