Immer dieses Fremdeln mit den Medien!

27. April 2016 in Kommentar


Pressestelle des Erzbistums Freiburg versuchte, Liveübertragung eines Vortrages von Erzbischof Burger bei „Freude am Glauben“-Kongress einzuschränken. Doch auch ein „Wir dürfen nicht senden!“ ist Nachricht. kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Geseke (kath.net/pw) Die Kirche und ihr Verhältnis zu den modernen Medien geben in unseren Tagen immer wieder Anlass zum Klagen. Man fremdelt, wenn da eine Kamera oder ein Mikrophon herumstehen. Man scheut zurück, wenn da dieses Internet im Spiel ist. Und man gruselt sich förmlich, wenn man glaubt, nicht kontrollieren zu können.

Dabei hat die Kirche eine lange und erfolgreiche Medientradition. Schon die Apostel bedienten sich der Schrift als Medium, um ihre Verkündigung des Evangeliums über das von Mund zu Ohr gesprochene Wort hinaus verbreiten zu können. Letztendlich diente die Schrift auch der Aufbewahrung der Lehre der Apostel. Man war da sehr sorgfältig. So ist die Bibel bis heute das am besten dokumentierte Schriftgut aus der gesamten Antike. Selbst die Schriften von Cicero sind nicht so gut belegt.

Dieses Fremdeln und Scheuen gilt allerdings nicht für die gesamte Kirche. Amerikanische Bischöfe bloggen und twittern. Der Vatikan hatte schon eine Internetseite, als man in deutschen Ordinariaten noch gar nicht wusste, wie man Internet schreibt. Papst Franziskus twittert, hat einen YouTube – Kanal und postet (oder lässt posten) neuerdings Bilder auf Instagram. Einzelne Bischöfe sind in Deutschland auf Facebook vertreten. Mit Bischof Stefan Oster ist jedoch nur ein Diözesanbischof wirklich auf Facebook aktiv und verbreitet dort, was er tut, was er predigt und was er schreibt. Viele der dort veröffentlichten Texte finden auch an anderen Orten Verbreitung.

An diesen Beispielen wird klar, dass sich auch die modernen Medien für die Verkündigung nutzbar machen lassen. Die Pressestelle des Bistums Essen nutzte im vergangenen Jahr WhatsApp, um die Weihnachtsgeschichte zu erzählen. Der Bischof von Münster sandte eine aus Emoticons bestehende Botschaft an Schüler. Das sind nur zwei von vielen Beispielen. Nicht jede dieser Aktionen findet ungeteilte Zustimmung, nicht jede dieser Aktionen kann unbedingt als gelungen bezeichnet werden. Darauf kommt es nicht an. Im #Neuland muss man auch mal ausprobieren dürfen. Der Misserfolg oder der Fehler sind Quelle des Lernens, schließlich hat es auch nicht jeder frühkirchliche Text in die Bibel geschafft.

Gerade Events, hier sei einmal der weltliche Begriff erlaubt, sind in unseren Tagen immer auch Medienereignisse. Was im realen Leben stattfindet, erlangt nur dann - über die Grenzen des Veranstaltungsortes hinaus - Bedeutung, wenn es auch in den modernen Medien seinen Platz findet.

Dazu gehören inzwischen sogar Patronatsfeste von Diözesen, wie Libori in Paderborn oder Hl. Drei Könige in Köln. Da kommt „das Fernsehen“ und überträgt. Wer allerdings glaubt, hier öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten vorzufinden, wird enttäuscht oder positiv überrascht, je nach Sicht. Beide oben genannten Ereignisse werden vom Domradio aus Köln übertragen. Man kann live im Internet zusehen, wenn der Liborischrein unter Klängen des Liborituschs erhoben wird. Mehr noch, als modernes Medium bietet das Domradio sogar die Möglichkeit, die Videos später in der Mediathek noch einmal anzusehen und sogar in eigene Seiten, z.B. Blogs, einzubinden. So geht Medienarbeit heute. Internet, Fernsehen und soziale Medien greifen ineinander. Da bestimmt nicht der Programmdirektor, wer wann was zu sehen bekommt. Es ist vielmehr so, dass Klicks und Sharings (Teilen in sozialen Medien) die Relevanz bestimmen. Einschaltquoten waren gestern. Einbetten, Teilen, kommentieren, Liken bestimmen die Bedeutung einer Sendung.

In der modernen Medienwelt bestimmt nicht eine Pressestelle, welches Medium welchen Livestream bekommt. Das Medium selbst bestimmt, ob und in welchem Maße Einbettungscodes freigegeben werden. Das ist im System logisch so. Je großzügiger der Umgang mit Einbettungscodes, umso höher die Chance Relevanz zu gewinnen. Das gilt für das Medium ebenso wie für den Event. So geht das heute. Und jeder Versuch sich dagegen zu wehren, kostet unterm Strich Relevanz.

Träger der modernen Medien unserer Tage, sind oft genug innovative und private Initiativen. Das ist in der Kirche nicht anders.

Viele kirchliche Medien sind durch solch eine Initiative von Privatpersonen entstanden. Dazu zählen auch die Blogs, das sei hier mal angemerkt. Sie sind deswegen nicht weniger kirchlich, nur weil sie nicht von Kirchensteuern finanziert werden. Die Taufe und die Firmung der Protagonisten sowie deren Glaube machen die Kirchlichkeit aus, nicht die Mittelzuweisung aus diözesanen oder überdiözesanen Haushalten.

Umso verwunderlicher ist es, wenn gerade kirchliche Pressestellen mit derartigen Initiativen so erkennbar fremdeln. Es liegt dem wohl der Irrtum zu Grunde, dass alles, was sich katholisch nennen dürfen soll, von Kirchensteuermitteln bezahlt und von Angestellten der Kirche gesteuert werden muss. Das ist gerade in der Kirche nicht der Fall. Hier unterscheidet sich die Kirche deutlicher wie an kaum einer anderen Stelle von jedem weltlichen Unternehmen. Nicht Arbeitsvertrag und Dienstposten sind es, die in der Kirche Kompetenzen verleihen. Vielmehr sind es die Charismen, die den einzelnen gegeben sind, die ganz gleich ob als Angestellter oder im Ehrenamt zu bestimmten Dingen befähigen. Während an so vielen Stellen in der Kirche heute Charismen und Ehrenamt so betont werden, tut man im Mediensektor so, als sei das völlig ohne Bedeutung.

So erscheint es völlig unverständlich, wenn sich Pressestellen plötzlich als Zensoren geben, statt eine offensive Medienarbeit zu machen. Wenn ein (Erz-)Bischof auf einer öffentlichen Veranstaltung spricht, die live übertragen wird, ist es denkbar unangemessen, hier selektiv vorzugehen. Es käme wohl kaum eine Pressestelle auf die Idee, eine Liveübertragung auf ARD zu genehmigen und dem ZDF die Übernahme des Bildmaterials verbieten zu wollen. Abgesehen davon, dass eine solche Maßnahme auf Grund der Pressefreiheit wirkungslos wäre, würde man sich schon mit dem Versuch lächerlich machen. Bei privaten kirchlichen Medieninitiativen ist das allerdings leider ein schon fast alltägliches Problem, mit Ausgrenzungsversuchen leben zu müssen. So wurde (kath.net hat berichtet) von der Pressestelle des Erzbistums Freiburg versucht, die Liveübertragung eines Vortrages von Erzbischof Burger auf dem Kongress „Freude am Glauben“ zu verhindern oder zumindest erheblich einzuschränken. Der Versuch ging fehl und letztendlich wurde der Vortrag des Erzbischofs auf mehreren Kanälen live mit Bild und Ton von bonifatius.tv übertragen. Auch kath.net hat dem Stream in kathtube.com einbinden können.

Derartige Versuche, die nichts anderes als Zensur(-versuche) darstellen, sollten einfach der Vergangenheit angehören. Solche Kleinkriege gegen private katholische Medieninitiativen sind nicht nur lächerlich und geben kein gutes Bild der Kirche in den Medien, sie führen auch zu nichts.

Am Ende bekommt nämlich jedes Medium seine Nachricht. Und auch ein „Wir dürfen nicht senden!“ ist Nachricht. Bei so einer Nachricht schießen die Klicks förmlich durch die Decke. Eine solche Nachricht verbreitet sich durch die sozialen Medien wie ein Lauffeuer. Der Shitstorm ist gewiss und er ist in dem Falle hausgemacht.

Gerade für das (gute) Bild der Kirche in den Medien sind eben genau die Pressestellen kirchlicher Dienststellen (z.B. der Bistümer) verantwortlich. Während man dort leider nur zu oft weltliche Medien umgarnt, die dann nur ausnahmsweise ein objektives Bild von der Kirche und ihrer Verkündigung liefern, kanzelt man die eigenen Leute ab.

Um nun eben ein besseres, ein objektives Bild von Events und Veranstaltungen zu bekommen, gibt es nichts vernünftigeres, als den Originalton und das Originalbild auf so vielen Kanälen wie möglich zu verbreiten. Das sollte man auch in einer kirchlichen Pressestelle einsehen. Das sollte man auch dann einsehen, wenn ein Medium nicht zu den bevorzugten Medien des Pressesprechers gehört.

Gerade moderne und innovative Medienprojekte mit ihrer breiten Präsenz in den sozialen Medien erreichen die Menschen, die sich z.B. für einen Kongress „Freude am Glauben“ viel eher als klassische Medien. Engagierte Katholiken wissen heute längst, dass ihre Themen in den meisten klassischen Medien nur noch am Rande und zumeist verzerrt vorkommen. Darum suchen sie bewusst ihre Nachrichten in privaten Portalen, bei privaten Sendern und in Blogs. Da ist das Unverständnis groß, wenn ausgerechnet kirchliche Dienststellen hier fremdeln.

Der Kongress „Freude am Glauben“ wurde nun im zweiten Jahr von bonifatius.tv gestreamt und der Stream von mehreren Sendern und Internetportalen verbreitet. Noch nie war das Medienecho auf den Kongress so groß, wie in diesen beiden Jahren. Auch das sollte man beachten. Die Präsenz im Internet, womöglich live mit Bild und Ton, verleiht gleich wesentlich mehr Relevanz. Und diese Relevanz führt zu mehr öffentlicher Wahrnehmung.

Aber es könnte ja sein, dass man gerade davor Angst hat.

Katholische Presseschau von KIRCHE IN NOT: Mai 2016 (mit Peter Winnemöller)


Foto oben (c) kath.net/Michael Hesemann


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