Deutsche Bischöfe sehen nur Finsternis in den USA

31. Jänner 2017 in Kommentar


Man kann über den neuen US-Präsidenten Trump geteilter Meinung sein. Doch dass sein Signal gegen Abtreibung von deutschen Bischöfen mit Schweigen überdeckt wurde, stimmt bedenklich. kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Bonn (kath.net/pw) Der Hype um den neuen US- Präsidenten verschont auch deutsche Bischöfe nicht. In unserer Medienwelt ist zwar schon alles zum neuen Mann in Washington gesagt, aber noch nicht von jedem. So muss auch unser deutsches Episkopat ran.

Besonders an "Make America great again!" störte sich der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki. „America first“ stieß hingegen Bischof Trelle, Hildesheim, übel auf. Etwas differenzierter trat Bischof Schick an die Öffentlichkeit: In einem – leider nur in kommentierter Form vorliegenden – Interview mit Radio Vatikan forderte der Weltkirchenbeauftragte der DBK, man dürfe Trump das Christliche nicht absprechen. Kritisch setzte er sich mit den Äußerungen des US-Präsidenten zur Folter und zum Bau einer Mauer auseinander. Er sagte allerdings auch, man müsse als Katholik differenzieren. Es gelte jeden einzelnen Punkt anzusehen und zu sagen, ob die Kirche da mitgehen könne oder nicht.

Reinhard Kardinal Marx, Vorsitzender der DBK machte seine speziellen Vorbehalte (wir erinnern uns an seinen Ausspruch: „Verbloggung führt manchmal zu Verblödung“) gegen die Nutzung der neuen Medien durch Präsident Trump deutlich. Im Interview mit nordbayern.de (Nürnberger Nachrichten) sagte er, mit Kurznachrichten auf Twitter große Politik zu machen, sei für ihn nicht der öffentliche Diskurs, der weiterführe. So stelle er sich die Öffentlichkeit der Zukunft nicht vor.

Alles in allem sind die öffentlichen Stellungnahmen der deutschen Oberhirten zum US- Präsidenten dann doch eher dürftig. Anderes zu erwarten wäre unredlich. Kein deutscher Bischof ist ein Experte für US- Politik.

Meinung geht vor Kenntnis. Dies ist leider ein Merkmal unserer von Schnelligkeit statt Nachhaltigkeit geprägten Medienwelt, Jeder soll zu allem etwas sagen. Jetzt! Als Gegensatz zur Erwartungshaltung von Medienvertretern könnten sich gerade Bischöfe auf die Themen beschränken, die sie qualifiziert kommentieren können und an anderer Stellte einmal sagen, dass sie lieber auf Fachleute verweisen. Immerhin ist Politik Weltdienst der Laien und nicht Kernkompetenz von Bischöfen.

Als Bürger eines Landes kann ich von gewählten Politikern ein Mindestmaß an professionellem Patriotismus erwarten. Aussagen des US-Präsidenten, die in diese Richtung gehen, derart massiv zu kritisieren, wie dies zwei deutsche Bischöfe glaubten tun zu müssen, ist eher ein Ausdruck von Sprachlosigkeit als von Sachkenntnis. Das wird unter Umständen schnell mal peinlich.

Mehr als nur peinlich ist es geradezu, einen gewählten Staatsmann für direkte Kommunikation mit seinen Wählern – auch nach der Wahl – über die neuen Medien zu kritisieren. Nicht für jeden (Politiker) ist dieses Internet „Neuland“. Angebracht wäre es viel eher, sich einzelne Tweets genauer anzusehen und Aussage sowie Resonanz, d.h. Retweets, Antworten und weitere Interaktionen mit selbigem zu analysieren. Dass dies nicht Aufgabe eines Bischofs ist, sollte auch klar sein. Si tacuisses …

Es gäbe viel zum neuen US- Präsidenten zu sagen. Donald Trump entspricht nun wahrlich nicht dem, was wir aus der Politik gewohnt sind. In manchen Bereichen wirkt er regelrecht erfrischend im Gegensatz zu einer von Spießigkeit geprägten eher linken europäischen Politlandschaft. Die Erfrischung gefriert natürlich zu einem Schauer des Entsetzens, wenn er Folter befürwortet. Der Poltergeist der US- Politik wird zeigen müssen, wohin der Weg seiner Regierung führt. Angst oder Vorverurteilungen sind nicht angebracht. Das gilt für jeden, der sich im öffentlichen Raum mit seiner Meinung bewegt.

Umso erstaunlicher ist es allerdings, dass ein Punkt, der der Kirche ein großes Anliegen ist, von deutschen Bischöfen mit Schweigen überdeckt wurde. Als eine seiner ersten Amtshandlungen hat Präsident Trump ein deutliches Signal gegen Abtreibung gesetzt. Internationale Organisationen bekommen nur dann Entwicklungshilfe von den USA, wenn sie keine Abtreibungsberatung anbieten oder Abtreibungsempfehlungen aussprechen. Der Prolife-Fachmann der US-amerikanischen Bischofskonferenz und Erzbischof von New York, Timothy Kardinal Dolan, lobte dieses Dekret in einer Stellungnahme. (kath.net hat berichtet)

Von deutschen Bischöfen war dazu nichts zu hören. Das konterkariert jegliche Bemühungen, die man den Hirten gerne zugestehen möchte, sich qualifiziert zu einem Präsidenten Trump zu äußern. Es gilt, wie Erzbischof Schick zu Recht betonte, genau zu differenzieren. Das wäre der richtige Anspruch. Auch in Deutschland sollte die Kirche angesichts der hohen Abtreibungszahlen eine deutliche Sprache sprechen. Dass dies nicht geschieht, hat seine Ursache ungesunden Verflechtungen mit der weltlichen Macht. Sie zeigt sich leider in letzter Zeit wieder sehr deutlich, wenn die Bischöfe einseitig die deutsche Regierungspolitik loben. Wo zu kritisieren wäre schweigt man hier leider. Umgekehrt verhält es sich mit der neuen US- Politik. Wo zu reden wäre, schweigt man hier leider.

Und ließe sich auch sonst nichts Gutes an der Politik des neuen US-Präsidenten finden als dies eine Dekret, wäre es dennoch unredlich, diesen Aspekt zu verschweigen.

Foto Peter Winnemöller


Foto Peter Winnemöller (c) kath.net/Michael Hesemann


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