Lebensschützerin Bisonette: „Ich war sehr schockiert vom Zwischenfall“

16. Oktober 2018 in Prolife


Marie-Claire Bissonnette im kath.net-Interview: „Ich halte es für wichtiger denn je, jetzt weiterzumachen. Millionen haben das Video gesehen und realisieren jetzt hoffentlich, dass die Pro-Life-Haltung zumindest Achtung verdient.“ Von Petra Lorleberg


Toronto (kath.net/pl) Die kanadische Lebensschützerin Marie-Claire Bissonnette war körperlich angegriffen worden. Ein Mann hatte ihr einen gezielten Fußtritt an die Schulter versetzt, als sie die jährliche Pro-Life-Veranstaltung „Life Chain“ in Toronto/Kanada leitete. Die Veranstaltung wird regelmäßig von tausenden Pro-Life-Aktivisten besucht. Vom Vorfall gibt es ein Video, dieses wurde vielfach auf youtube angeschaut und weltweit verbreitet.

kath.net: Frau Bisonnette, sind Sie schockiert von dem Zwischenfall? Wurden Sie verletzt?

Marie-Claire Bissonnette: Ja, ich war sehr schockiert. Sie können in dem Video sehen, wie Jordan Hunt sich einige Sekunden lang in die richtige Position schob und dann zutrat. Ich hatte keine Ahnung, was kommen würde. Trodzem war ich nicht überrascht über die Gewalt. Zwar ist Getretenwerden ein seltenes Extrem, doch werden Lebensschützer häufig verbal und körperlich angegangen.

Ich hatte hinterher erstmal keine Schmerzen, da mich das Adrenalin antrieb. Einige Stunden nach dem Zwischenfall spürte ich einen leichten Schmerz. Jedenfalls bin ich froh, dass es kein größerer Mann gewesen war, sonst hätte das deutlich mehr geschmerzt.

kath.net: Was genau war passiert?

Bissonnette: Ich stand für Life Chain an einer Straßenkreuzung im stillen Protest ohne graphische Bilder. Hunt kam dazu und fing an, auf unsere Schilder zu kritzeln, deshalb warnte ich andere Teilnehmer, die Schilder zu beschützen. Daraufhin begann er, den Leuten auf den Rücken zu schreiben. Das betraf fünf Personen, darunter ein zehnjähriges Mädchen. Ich nahm daraufhin mein Smartphone heraus und filmte ihn. Was dann passierte, sehen Sie auf dem Video. Er trat mir an die Schulter und mein Smartphone flog mir aus der Hand. Ich fing an zu rufen, dass jemand die Polizei verständigen solle und ich sagte ihm, er soll mich nicht anrühren. Ein anderer Lebensschützer rief die Polizei an. Hunt rannte zwar weg, aber zuvor riss er mir noch das Band von der Brust, das mich als die Leitungsperson kennzeichnete.

kath.net: Ermittelt die Polizei?

Bissonnette: Ja, die Polizei ermittelt. Hunt hat sich selbst der Polizei gestellt. Er wurde auf Kaution freigelassen, aber unter strengen Bedingungen. Er wird angeklagt wegen neun Tätlichkeiten und sieben Fällen von Sachbeschädigung.

kath.net: Welche Reaktionen erlebten Sie sowohl von Lebensschützern wie von Abtreibungsbefürwortern?

Bissonnette: Ich bekam überwältigende Unterstützung durch Lebensschützer weltweit, viele Gebete und viele ermutigende Worte. Jemand schickte mir heute sogar Schokolade zu!

Außerdem bekam ich einige wenige wirklich fiese Nachrichten. Ganz besonders eine: eine Hassbotschaft über meinen verstorbenen Großvater, der ebenfalls Lebensschutzaktivist gewesen war. Das regte mich erst ziemlich auf, aber dann betete ich für den Mann, der mir das zugeschickt hate, denn er ist offenkundig sehr gestört.

kath.net: Sind Sie nun eingeschüchtert oder werden Sie mit Ihren Lebensschutzstatements weitermachen?

Bissonnette: Ich halte es für wichtiger denn je, jetzt weiterzumachen. Millionen haben das Video gesehen und realisieren jetzt hoffentlich, dass die Pro-Life-Haltung zumindest Achtung verdient und dass es ein „zu weit [gegangen] für die Linke gibt.

Wenn die Botschaft, dass [bei Abtreibungen] Babys sterben, wahr ist, ich aber aufhöre, sie weiterzusagen, nur weil ich einen kleinen Tritt an die Schulter bekommen habe, dann Schande über mich. Ich werde zwar nicht immer einen Vollzeitjob in der Pro-Life-Bewegung haben, aber ich hoffe, dass ich immer darüber reden werde. Und so sollte es auch jeder sonst halten.

kath.net: Warum sind Sie eigentlich pro-Life?

Bissonnette: Ich bin pro-Life, weil jeder Mensch vom Moment seiner Empfängnis an beschützt und wertgeschätzt werden sollte. Jeder Mensch ist in allererster Linie ein geliebter Sohn oder eine geliebte Tochter von Christus dem König, und erst dann ein Geschenk an die Menscheneltern, er/sie ist auch keine Last oder eine Wahl. Jede Menschenseele hat das Potential, heilig zu werden, um Gott die Ehre in dieser Welt und in der kommenden Welt zu geben. Dies behindert man nicht, sondern verteidigt es.

Ich bin pro-Life, weil Abtreibung dazu führt, dass Mütter und Väter zu Eltern toter Kinder werden. Wenn dein Kind vor dir stirbt, ist das eine der herzzerreißendsten Erfahrungen der Menschheit. Die Menschen sind aber derart verstrickt in Angst und in die Lügen, dass sie nicht einmal verstehen, was sie machen, oder dass es sie nicht kümmert. Doch wenn ihnen dann klar wird, wie schwerwiegend Abtreibung ist, dann verursacht dies in ihnen unglaublichen Schmerz und manchmal sogar Verzweiflung. Das ist tragisch.

Ich bin pro-Life, weil jede Frau stark genug dafür ist, eine Mutter zu sein, egal unter welchen Umständen. Manchmal sind gerade jene die stärksten und die liebevollsten Mütter, welche sich für das Beste für ihr Kind entscheiden und es in eine Adoptionsfamilie freigeben.

Ich bin pro-Life, weil die Familie die Keimzelle der Gesellschaft ist. Wir brauchen gute, liebevolle und hilfsbereite Familien, um eine sichere und blühende Gesellschaft aufzubauen. Kinder sind kein Feind, sondern die Lösung. Ich könnte noch mehr Gründe nennen, aber ich denke, ich belasse es mal dabei.


kath.net: Papst Franziskus verglich neulich Abtreibung mit Auftragsmord. Wie stehen Sie dazu?

Bissonnette: Ich glaube, man kann das vergleichen, auch wenn es etwas unsensibel ist, es so auszudrücken. Aber genau darum geht es bei der Abtreibung. Die Motivationen und der jeweilige Grad der Schuld mögen unterschiedlich sein, aber Du (oder Deine Regierung) bezahlen jemanden dafür, um eine andere Person zu töten.

Lebensschützerin Marie-Claire Bissonnette


Video des Vorfalls!


Foto(c) Marie-Claire Bissonnette


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