Gehört Gewalt zum Islam? Was hat Islamismus mit Islam zu tun?

20. Jänner 2015 in Kommentar


Könnte man dem Problem der Gewalt im Islam dadurch begegnen, dass man die betreffenden Aussagen Mohammeds aus dem Koran nähme? Gastkommentar von Michael Schneider-Flagmeyer


Köln (kath.net/Forum Deutscher Katholiken) In den letzten Tagen war von einem Vorschlag von Wissenschaftlern zu hören und zu lesen, dass man dem Problem der Gewalt im Islam dadurch begegnen könne, dass man die betreffenden Aussagen Mohammeds aus dem Koran nehmen sollte.

Dieser Vorschlag ist nicht neu. Sogar auf der Seite der Bundeskanzlerin, die vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung im Auftrag des Bundeskanzleramtes herausgegeben wird, wird von einem Kommentator vom 20.03.2012 dieser Vorschlag gemacht:

„Im Koran wird über 200 mal das Wort töten im Imperativ verwendet. Diese Suren, die zum Mord gegenüber ‚Ungläubige‘ aufruft können nicht mehr mit dem Recht auf religiöse Freiheit gedeckt werden.“ (Anm. d. Verf.: Wir lassen die Tippfehler des Originals bestehen)

Dann heißt es weiter: „Nur ein Verbot dieser Hasssuren kann am Ende die Lösung für ein friedliches Miteinander verschiedener Kulturen sein“, Link. Dieser Kommentar wurde vom Presseamt der Kanzlerin bis heute so auf der Seite belassen.

Nun haben wir in den letzten Tagen und Wochen viel von der Gewaltlosigkeit im Islam von den Medien und den Politikern gehört, die sich offensichtlich wenig mit der Materie beschäftigt haben.

Die Gewalt, so hören wir, gehe von Islamisten aus, die den Islam missbrauchen und falsch auslegen.

Also ist es an der Zeit, einmal den Blick auf bestimmte Aussagen des Korans zu richten. Folgendes ist entnommen der Seite: Pluspedia: Hass und Gewalt im Koran.

Herangezogen sind die Übersetzungen von Rudi Paret, Moustafa Maher, der den Koran im Auftrag der Azhar-Universität in Kairo übersetzte und die Ahmadiyya-Übersetzung von Sadr ud-Dinh, sowie die von Muhammad Salim Abdullah.

Sure 2 Vers 191: „Und tötet sie (die Ungläubigen), wo immer ihr sie trefft, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben. Denn Verführen ist schlimmer als Töten. Kämpft nicht gegen sie bei der heiligen Moschee, bis sie dort gegen euch kämpfen, dann tötet sie. So ist die Vergeltung für die Ungläubigen.“

Sure 5 Vers 57: Verbot der Freundschaft mit Juden und Christen: „O die ihr glaubt, nehmt euch nicht zu Freunden – unter jenen, denen vor euch die Schrift gegeben ward, und den Ungläubigen -, die mit eurem Glauben Spott und Scherz treiben. Und fürchtet Allah, wenn ihr Gläubige seid.“

Vers 82: „Du wirst sicher finden, dass unter allen Menschen die Juden und die Götzendiener die erbittertsten Gegner der Gläubigen sind. Und du wirst zweifellos finden, das die, welche sagen: „Wir sind Christen“, den Gläubigen am freundlichsten gegenüberstehen. Dies weil unter ihnen Gottesgelehrte und Mönche sind und weil sie nicht hoffärtig sind.“

Dieser Teil des Verses zeigt, die ganze Unlogik islamischen Verhaltens, weil in vielen Ländern des nahen, mittleren und fernen Ostens gerade die Christen aufs schärfste verfolgt werden. Aber hier ergibt sich auch ein wichtiger Ansatz für die Gespräche mit dem Islam.

In Sure 8 wird beschrieben wie die Ungläubigen im Kampf zu töten und zu verstümmeln sind: „…ich werde die Herzen der Ungläubigen mit Panik erfüllen. Treff sie oberhalb ihrer Nacken (Enthauptung) und schlagt ihnen alle Fingerspitzen ab.“

Sure 8, Vers 39: „Kämpft gegen die Ungläubigen, bis es keine Verfolgung mehr gibt und der Glaube an Gott allein vorherrscht.“ Damit ist gesagt, dass es erst Frieden geben kann, wenn alle Menschen sich zum Koran bekennen oder sich ihm unterworfen haben.

In Vers 55 werden die Ungläubigen dann auf eine Stufe mit den niedrigsten Tieren gestellt: „Die schlimmsten Lebewesen sind nach Gottes Urteil die Ungläubigen, die vorsätzlich nicht glauben wollen.“ (nach Maher)

Sure 9, Vers 5: „Und wenn die verbotenen Monate verflossen sind, dann tötet die Götzendiener, wo ihr sie findet und ergreift sie, und belagert sie, und lauert ihnen auf in jedem Hinterhalt.“ (Nach Ahmadiyya)

Sure 47, Vers 4: „Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt. Die übrigen legt in Ketten.“

Wir wollen es hiermit bewenden lassen. Der angebliche Spruch Mohammeds „Wer seine Religion wechselt, den tötet“, wird von vielen islamischen Theologen in seiner Echtheit bezweifelt.

Natürlich besteht der Koran nicht nur oder vornehmlich aus solchen Suren und Versen. Aber den wahren Frieden gibt es nur mit den Gläubigen.

Man kann also auf keinen Fall sagen, dass die Gewalt nicht im Koran grundgelegt ist. Wer das sagt, der will einfach die Tatsachen verkennen. Und die Islamisten wie z.B. die Salafisten nehmen diese Weisungen aus dem Koran wörtlich und setzen sie in die Tat um.

Dass Islam und Islamismus sich mitunter vermischen, macht uns die Regierung Erdogan vor, die IS Rückzugräume einräumt und sich lange weigerte, gegen die Terroristen vorzugehen. Gerade meldet Spiegel-Online, dass unser Nato-Verbündeter und EU-Bewerber Türkei mit vollem Wissen von Erdogan Al-Quaida mit Waffen in Syrien beliefert habe, um gegen den Erzfeind Assad vorzugehen. Der Staatsanwalt, der das verhindern wollte, wurde laut Spiegel-Online seines Amtes enthoben.

Sollte sich das bewahrheiten, wäre damit endgültig bewiesen, dass Islam und Islamismus an bestimmten Orten fließend ineinander übergehen.

Zu zahlreichen Debatten in der islamischen Theologie hat die Unterscheidung zwischen Islam und Glaube geführt. Bis heute wurde nicht geklärt, wie sich die beiden Prinzipien zueinander verhalten.

Die meisten Theologen der vormodernen Zeit haben aber darauf bestanden, Islam und Glaube auseinanderzuhalten.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte der Kolonialismus dazu, dass sich unter vielen muslimischen Denkern und Aktivisten die Ansicht durchsetzte, den Islam zum Wiederaufstieg der muslimischen Völker zu aktivieren. Sie rückten von der Tendenz ab, den Islam als ein auf die Religion beschränktes System zu sehen. (Siehe Wikipedia: Islam)

So erklärte Hasan al-Banna, der Gründer der ägyptischen Muslimbruderschaft, bei der 5. Konferenz seiner Organisation im Januar 1939: „Wir glauben, dass die Prinzipien und Lehren des Islams umfassend sind und die Angelegenheiten der Menschen im Diesseits und Jenseits regeln. Diejenigen, die annehmen, dass diese Lehren allein die gottesdienstliche oder spirituelle Seite behandeln, sind im Unrecht, denn der Islam ist Bekenntnis und Gottesdienst, Vaterland und Nationalität, Religion und Staat, Spiritualität und Arbeit, Koran und Schwert“.

Hier scheint uns eines der wesentlichen Probleme zu liegen. Die Aufforderung im Koran, keine Freundschaft mit Christen und Andersgläubigen zu schließen, wurde Gott sei Dank von sehr vielen Muslimen nicht befolgt. Es gab und gibt sehr feste und treue Freundschaften zwischen Christen und Juden und Muslimen. Sehr viele sind sich der Tatsache bewusst, dass „wir alle Abraham (Ibrahim) zum Vater“ haben.

Wenn also heute gefordert wird, dass die Muslime die oben angeführten und andere Gewaltsuren aus dem Koran streichen, dann würde das eine Verneinung des Korans als das von Gott an Mohammed geoffenbarte Wort bedeuten. Damit wäre der Islam als Offenbarungsreligion („Religion des Buches“) nach eigenem Selbstverständnis erledigt. Es muss also einen anderen Weg geben, das Ziel des Friedens zwischen den drei monotheistischen Religionen zu erreichen und die Muslime zu einer Exegese zu bringen, die den Islam zukunftsfähig macht; denn die heute vorherrschende und praktizierte Form des Islam in den meisten islamischen Ländern ist nicht zukunftsfähig.

Das Dilemma wird von sehr vielen islamischen Gelehrten gesehen, wie ja auch die Teilnahme der OIC an den Protesten gegen die Pariser Morde bezeugt. Dass der Weg zu dem genannten Ziel steinig und dornig ist, ist jedem klar, der sich mit diesen Problemen beschäftigt.

Die katholische Kirche führt seit vielen Jahren einen intensiven Dialog mit Vertretern des Islams.

Richtig Fahrt hat dieses Unternehmen genommen mit der berühmten Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI., die von ignoranten, nur den Skandal suchenden Journalisten herabgewürdigt wurde, aber von ca. 100 Islamgelehrten mit einem positiven Brief beantwortet wurde. Seit dieser Rede haben Papst Benedikt und sein Nachfolger immer wieder gefordert, dass der Islam sein Verhältnis zur Gewalt und zur Ratio klären muss. Wie schwierig dieser Prozess ist, zeigte jüngst bei dem von Papst Franziskus initiiertem gemeinsamen Friedensgebt in den vatikanischen Gärten, bei dem ein islamischer Geistlicher aus der Reihe scherte, kath.net hat berichtet.

Aber was wäre die Alternative? Krieg mit dem Islam? Der amerikanische Politologe Samuel P. Huntington gibt zur Gewaltproblematik im Koran zu bedenken: „Der Koran und andere Formulierungen muslimischer Glaubenssätze enthalten nur wenige Gewaltverbote und die Vorstellung der Gewaltfreiheit ist muslimischer Lehre und Praxis fremd.“

Er hat in seinem berühmten Buch den „clash of civilizations“ angekündigt und wir meinen, dass es nun allerhöchste Zeit ist, dass unsere Politiker und führenden Medienleute aufhören, von der Gewaltlosigkeit des Islam zu schwadronieren und die Mahner in die braune Ecke zu stellen.

Einer der wichtigsten Mahner war der weltweit hochangesehene, kluge und erfahrene , kürzlich hochbetagt verstorbene Peter Scholl-Latour, der immer wieder darauf hinwies, dass die größte Gefahr für uns nicht von Putins Russland ausgehe, sondern von der Ländern des Islam. Selbst Putins Russland wird vom IS mit wüsten Ankündigungen bedroht. Diese Terrororganisation ist im Begriff, sich über die ganze islamische Welt auszubreiten, wie berichtet wird.

Unsere Politiker, Medienleute und mancher Kirchenmann muss endlich aufwachen. Dem Terror ist entschieden mit allen rechtsstaatlichen Mitteln – und das sind nicht wenige – zu begegnen, auch mit den Waffen. Den islamischen Staaten muss immer wieder in Verhandlungen klarmacht werden, dass sie mit dem derzeit weltweit mehrheitlich praktiziertem Islam keine Zukunft haben. Das Gespräch mit den Islamgelehrten sollte geduldig weitergeführt werden unter der Führung des Heiligen Stuhls.

Und wir Christen sollten nicht vergessen, dass das Gebet eine viel größere Macht ist als alle Gewalt.


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