Prominente evangelische Christen weiter in AfD-Führung präsent

26. April 2017 in Deutschland


Nach langem Hin und Her war bei Parteitag in Köln von den Delegierten ein Antrag zur Kirchenfinanzierung für das Programm der Bundestagswahl verabschiedet worden


Köln (kath.net/KAP/red) Prominente evangelische Christen wie Beatrix von Storch und Hubertus von Below bleiben weiterhin in der AfD-Führung präsent. Beim turbulenten Parteitag am Wochenende in Köln war es zu einer langen Kontroverse über die Haltung zu den Kirchen gekommen, u.a. mit Rufen nach einem Kirchenaustritt. Dem stellten sich Storch - sie ist Vizeparteichefin - und Below, die den "Arbeitskreis Christen in der AfD" repräsentieren, entgegen.

Mitgetragen wird von den AfD-Christen die Ablöse von Parteichefin Frauke Petry als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl und Ersetzung durch Alexander Gauland und Alice Weidel. Die beiden sollen die AfD als Spitzenkandidaten in die Bundestagswahl führen. Die 38-jährige Unternehmensberaterin Weidel wird dem wirtschaftsliberalen Lager der AfD zugerechnet, der 76-jährige Gauland gilt als Vertreter des nationalkonservativen Flügels.

Die "Christen in der AfD" gibt es seit 2013. Nach einem Treffen dieses Arbeitskreises wird diese Gruppe auch Pforzheimer Kreis genannt. Sie versuchen den schwierigen Brückenbau. "Ich stehe dem kirchenkritischen Kurs, wie ihn Teile der AfD-Delegierten auf dem Parteitag vertreten haben, ablehnend gegenüber", sagte Hubertus von Below am Montag gegenüber der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA. Er betonte aber, dass ihn die Haltung der Spitzenvertreter der großen Kirchen gerade gegenüber den AfD-Mitgliedern ärgere. "Katholische und evangelische Kirche sind gut beraten, mit allen Teilen der Gesellschaft zu sprechen."

Kirchen "demokratiefeindlich"

Nach langem Hin und Her war in Köln von den Delegierten ein Antrag zur Kirchenfinanzierung für das Programm der Bundestagswahl verabschiedet worden. Die AfD will demnach die Bezahlung von Seelsorgern und Bischöfen der beiden großen Kirchen "aus allgemeinen Steuermitteln" abschaffen. Zur Begründung hieß es, die Vertreter der christlichen Kirchen hätten "durch ihre einseitigen, demokratiefeindlichen Stellungnahmen und Handlungen gegen die legitimen Positionen der AfD" jegliches Anrecht auf Unterstützung durch ein demokratisch organisiertes Gemeinwesen verwirkt.

Ein weiter gehender Antrag zur Abschaffung der Kirchensteuer war zuvor am Votum der Delegierten gescheitert, was insbesondere Beatrix von Storch zu verdanken ist. Im Interview mit dem Fernsehsender Phoenix sagte sie, sie glaube, dass viele Deutsche sich eine Veränderung in der Politik wünschen. "Die Mehrheit der Bevölkerung will eine Kursänderung, aber sie sind noch nicht alle bei der AfD. Viele sind noch mit der Faust in der Tasche bei der CDU", sagte sie beim Parteitag.

Zu dem Entwurf des ursprünglich rund 66 Seiten umfassenden Wahlprogramms lagen mehr als 100 Änderungsanträge vor. Die Delegierten entschieden sich dagegen, den Ruf nach einer Freigabe der passiven Sterbehilfe nach Schweizer Vorbild in das Programm aufzunehmen. Keine Mehrheit fand auch eine Initiative nach einem Verbot der Beschneidung bei Jungen.

Kirchenkritik bereits beim Auftakt

Scharfe Kirchenkritik war beim Auftakt des Treffens am Samstag zu hören gewesen. In ihrer Rede kritisierte Frauke Petry die Beteiligung der Kirchen an den Anti-AfD-Demonstrationen. Sie sprach von "hässlichen, abwertenden und polarisierenden Bemerkungen".

Ähnlich äußerte sich Bundesvorstandsmitglied Armin Paul Hampel. Er warf den Kirchen mangelnde Rechtstreue vor, was sich beispielsweise an der Gewährung von Kirchenasyl zeige. Unter dem Beifall der Delegierten rief er zum Kirchenaustritt auf: "In dem Verein sollte keiner von uns mehr Mitglied sein."

Die ökumenisch ausgerichtete "Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen" (ACK) hatte vor dem AfD-Parteitag zu Teilnahme an einer zentralen Kundgebung des Bündnisses "Köln stellt sich quer" aufgerufen. Der christliche Protest stand unter dem Motto "Unser Kreuz hat keinen Haken". Sowohl der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki wie auf der Kölner evangelische Superintendent Rolf Domning hatten die Anti-AfD-Kundgebung begrüßt. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hatte im Vorfeld mehrfach vor den Positionen der AfD gewarnt und vertreten, dass hier eine "rote Linie" überschritten worden sei.

Der Kölner "Sozialpfarrer" Franz Meurer rief dagegen zum Dialog auf. "Wenn man nicht miteinander redet, ist Demokratie für die Katz", sagte er laut KNA.

Schulz-Kritik an Kirchenaustritts-Aufruf

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz erklärte am Dienstag, beim Bundesparteitag der AfD seien die Kirchen "in ungeheuerlicher Art und Weise" angegriffen worden. Schulz äußerte sich in einem Brief an Kardinal Marx, der der KNA vorliegt. Aufrufe zum Kirchenaustritt seien "unerhört", so Schulz. Die AfD habe auf ihrem Parteitag "wieder einmal gezeigt", dass es ihr um "Spaltung, Provokation und rechten Populismus" gehe, schreibt der Politiker weiter. Die SPD lehne wie auch die Kirchen den Versuch ab, "das Zusammenleben innerhalb der einzelnen Religionsgemeinschaften gesetzlich regeln zu wollen".

Schulz dankte den Kirchen in seinem Brief für ihren Einsatz für Weltoffenheit, Solidarität und Toleranz. Nicht erst am vergangenen Wochenende hätten sie sich "in aller Deutlichkeit gegen Ausgrenzung und Hass in jeder Form positioniert; für uns ist das Wirken der Kirchen, der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften durch nichts zu ersetzen", schrieb er.

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