„Focus“: „Für Kardinal Marx wird es jetzt ungemütlich“

5. April 2018 in Kommentar


Ein Blick auf das breite Medienecho auf den Bischofsstreit um die katholische Kommunionzulassung evangelischer Ehepartner „in Einzelfällen“. Von Petra Lorleberg


Bonn (kath.net/pl) Breite Medienresonanz findet der Streit zwischen dem DBK-Vorsitzenden Reinhard Kardinal Marx (München) und dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki über die Frage der Zulassung evangelischer Ehepartner zur katholischen Kommuion „im Einzelfall“.

Der „Kölner Stadtanzeiger“, der zur Kenntnis des Originalschreibens gelangt ist, wertet das Schreiben von Kardinal Woelki und sechs weiteren Ortsbischöfen als „Brandbrief“, in einem weiteren Artikel als „Kampfansage aus dem Erzbistum Köln“. Mit unterschrieben haben nach Angabe des „Kölner Stadtanzeigers“ übrigens Erzbischof Ludwig Schick/Bamberg und die Bischöfe Konrad Zdarsa/Augsburg, Gregor Maria Hanke/Eichstätt, Wolfgang Ipolt/Görlitz, Rudolf Voderholzer/Regensburg und Stefan Oster/Passau.

Der „Bayrische Rundfunk“ betont, dass fünf der sieben Bischöfe aus Bayern stammen und gelangt so zu der Überschrift: „Zerwürfnis um Ökumene-Frage - Bayerische Bischöfe brüskieren Marx“. Marx ist ja nicht nur Erzbischof von München, sondern auch der Vorsitzende der Bayrischen Bischofskonferenz.

Denselben Aspekt kommentiert der „Focus“ so: „Für Marx, der auch die Freisinger Bischofskonferenz der bayerischen Bistümer leitet, bedeutet das: Er ist dort fast isoliert.“ Der Streit wecke „böse Erinnerungen: 1999 hatte sich Kardinal Meisner an den Papst gewandt, weil er den Mehrheitsbeschluss der Bischofskonferenz zur Schwangerenkonfliktberatung nicht mittragen wollte. Der Protest hatte Erfolg: Rom zwang die deutschen Bischöfe zum Ausstieg aus der bisherigen Beratungspraxis. Doch damals hieß der Papst Johannes Paul II.“, dass allerdings „Franziskus dem Protest stattgeben wird“, sei „kaum zu erwarten“, prognostizierte der „Focus“ und schloss: „Doch für Kardinal Marx wird es jetzt ungemütlich.“ Außerdem zitiert der „Focus“ Ulrich Ruh, der viele Jahre die „Herder-Korrespondenz“ leitete: „Der Brief ist ein deutliches Misstrauensvotum gegen Kardinal Marx und auch Papst Franziskus“. Denn immerhin entspreche die Zulassung von Protestanten zur Kommunion genau dem Kurs des Papstes: Barmherzigkeit statt dogmatischer Strenge, Einzelfallentscheidungen statt starrer Verbote, so fasst der „Focus“ die Position Ruhs zusammen.

Auch das „Main-Echo“ fragt, ob es zu einem „Zerwürfnis zwischen Marx und Woelki?“ gekommen sei, die „Deutsche Presseagentur“ diagnostiziert einen „offenen Bruch“ in der Bischofskonferenz. Die „Süddeutsche Zeitung“ schwingt sich zu der Überschrift auf: „Woelki will verhindern, dass sich die Konfessionen zu sehr annähern“.

Die „Kölnische Rundschau“ wertet den Interkommunion-Vorstoß der Deutschen Bischofskonferenz mit folgenden Worten: „Es könnte ein Meilenstein in der Ökumene sein“. Nun sei aber das Bild, das der Brief der sieben Bischöfe „von den inneren Zuständen in der Bischofskonferenz zeichnet“, „wirklich bedenklich“: „Ganz offensichtlich gelingt es Kardinal Marx nicht, einen beträchtlichen Teil seiner Amtsbrüder bei wichtigen Entscheidungen mitzunehmen. Ganz offensichtlich bildet sich um Kardinal Woelki ein konservatives Lager heraus, das ähnlich wie einst die Herren Meisner und Dyba einen Oppositionskurs fährt.“

Die „Katholische Nachrichtenagentur“ berichtet zunächst in sachlich wirkendem Grundton, dass Kardinal Marx im „Dissens“ in der Deutschen Bischofskonferenz die „Kritik aus Bischofsbrief an Vatikan“ zurückweise. Dass dann die „Katholische Nachrichtenagentur“ mit dem „Zentralkomitee der Deutschen Katholiken“ und der Initiative „Wir sind Kirche“ gleich zwei Laienstimmen gegen den Woelki-Vorstoß zu Wort kommen lässt, aber keine Pro-Position angefragt hat (wie sie etwa beim „Forum Deutscher Katholiken“ zu erwarten gewesen wäre), zeigt, wo die Sympathien im Beitrag liegen.

Das „Domradio“, das als Medium des Kölner Erzbistums seine Beträge in dieser Sache vermutlich besonders abwägt, übernimmt den etwas einseitig geratenen Beitrag der KNA und bringt inzwischen noch ein Interview unter dem Titel „Kardinal Kasper sieht Handreichung positiv“ mit dem emeritierten Kurienkardinal Walter Kasper, von dem nach vielfältigen Äußerungen in den letzten Jahren wohl niemand eine Unterstützung der Position von Kardinal Woelki erwartet hätte.

Auch im englischen Sprachraum wird bereits berichtet. Der Kirchenexperte Edward Pentin schreibt im „National Catholic Register“, dass seines Wissens bei der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz „nur 13 der 67 deutschen Bischöfe gegen den Vorschlag votiert oder sich enthalten hatten“.

„LifeSiteNews“ titelt kernig: „Deutsche Bischöfe beginnen Bürgerkrieg wegen Interkommunion für evangelische Ehepartner“.

Fazit: Für die Berichterstattung in Deutschland lässt sich feststellen, dass die Mehrheit der Medien wenig bis kein Verständnis für die Anliegen und die Sachargumente der sieben Bischöfe aufbringt. Das deckt sich durchaus mit den Beobachtungen in anderen Fragen: Die Mehrheit der säkularen (und nicht wenige kirchliche, d.h. durch kirchliche Gelder finanzierte) Medien unterstützen grundsätzlich die Aufweichung kernkatholischer Positionen, die Spannbreite reicht vom Ökumene- über das Ehe-Verständnis bis hin zur Positionierung in der Abtreibungsdebatte – man findet häufig quer durch verschiedene Medien und quer durch ihre unterschiedlichen Grundpositionen ein hochverblüffendes Unisono in der Beurteilung innerkatholischer Vorgänge. Der Brandbrief der sieben Bischöfe wird deshalb den Konflikt nicht nur innerkirchlich angehen müssen, sondern muss sich auch mit dem medialen Mainstream auseinandersetzen.

UPDATE
Das Kölner „Domradio“ hat seine Berichterstattung am Spätnachmittag durch ein Interview mit dem Freiburger Theologen Helmut Hoping bereichert, der die Positionen Woelkis unterstützt, kath.net hat berichtet.

Symbolbild: Zeitungen



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