'Ernste Fehler' und 'Traurigkeit und Schande'

12. April 2018 in Weltkirche


Papst Franziskus hat in einem Brief an die Bischöfe von Chile eigene Fehler im Umgang mit den sexuellen Missbrauchsfällen bei chilenischen Klerikern eingeräumt - Umstrittener chilenischer Bischof Barros ist aber weiter im Amt


Vatikanstadt-Santiago (kath.net/KAP/red) Papst Franziskus hat die Bischöfe Chiles nach Rom gerufen, um mit ihnen über die Konsequenzen für die katholische Kirche aus einer Missbrauchskrise zu beraten. Die Protokolle eines Teams von Sonderermittlern hätten in ihm "Schmerz und Scham" ausgelöst, erklärte er in einem in der Nacht auf Donnerstag in Rom und in Chile veröffentlichten Schreiben an die Chilenische Bischofskonferenz. Ein Termin steht noch nicht fest.

In dem Brief dankte Franziskus Charles Scicluna, dem Erzbischof von Malta, und dem spanischen Priester Jordi Bertomeu Farnos, einem Rechtsexperten der Glaubenskongregation, für ihre "immense Arbeit". Beide hätten sowohl in New York als auch in Santiago de Chile 64 Zeugen gehört und die Ergebnisse in einem 2.300 Seiten umfassenden Bericht festgehalten. Die beiden Ermittler seien erschüttert gewesen angesichts von so viel Schmerz. Besonders schockierend seien die Berichte über den Missbrauch Minderjähriger "durch mehrere Geistliche Eures Landes", so der Papst in dem Schreiben an die Bischöfe Chiles.

Er halte die Zeugenaussagen für glaubwürdig, so Franziskus. Zugleich räumte er eigene schwerwiegende Fehler bei der Beurteilung der Situation ein. Dafür sei ein Mangel an wahrheitsgemäßen und ausgewogenen Informationen verantwortlich gewesen. "Ich bitte um Vergebung bei allen, die ich verletzt habe", so der Papst wörtlich. Er sei jedoch überzeugt, dass die gegenwärtigen Probleme auch eine Chance seien, "das Vertrauen in die Kirche wiederherzustellen".

Die Chile-Reise des Papstes im Jänner war überschattet von einer Kontroverse über den Umgang mit sexuellem Missbrauch durch Kleriker. Die Debatte konzentrierte sich besonders auf Bischof Juan Barros (61), Leiter der südchilenischen Diözese Osorno. Barros wird beschuldigt, von sexuellen Vergehen des Priesters Fernando Karadima gewusst zu haben. Der heute 87-jährige Karadima, einst einer der prominentesten Geistlichen Chiles, wurde 2011 wegen Missbrauchs verurteilt. Barros zählte zu seinem geistlichen Schülerkreis.

Der Papst ernannte Militärbischof Barros Anfang 2015 zum Diözesanbischof von Osorno. Dadurch geriet auch Franziskus selbst in die Kritik. Die Debatte über Barros und dessen Auftritte bei Veranstaltungen mit dem Papst begleitete den jüngsten Aufenthalt von Franziskus in Chile. Damals nahm das Kirchenoberhaupt den beschuldigten Geistlichen in Schutz: Es gebe "keinen einzigen Beweis" gegen ihn, sagte der Papst. Im März entsandte er die Ermittler nach Chile und in die Vereinigten Staaten.

Selbst der päpstliche Berater für Missbrauchsfälle in der Kirche, der US-Amerikaner Sean Kardinal O'Malley, kritisierte im Januar den Papst scharf und sagte, dieser bereite Missbrauchsopfern großen Schmerz.

LINK: Chile: Papst war Kontroverse um Bischof Barros bekannt

Archivfoto Papst Franziskus


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