Institut Johannes Paul II: Studenten veröffentlichen Protest-Brief

31. Juli 2019 in Familie


Studenten: „Warum sollte jemand noch am Johannes Paul-Institut studieren, wenn es anscheinend nichts Neues zu bieten hat im Vergleich zu dem, was in den Lehrplänen der säkularen Universitäten, und zwar oft noch attraktiver und effektiver, zu finden.“


Rom (kath.net) Mit einem Brief an die Leitung des „Päpstlichen Theologischen Institut Johannes Paul II. für Ehe- und Familienwissenschaften“ in Rom reagieren Studenten auf die Entlassungen und Änderungen inmitten ihres laufenden Studiums. Der in mehreren Sprachen veröffentlichte Brief wurde inzwischen von etwa 250 Studenten und ehemaligen Studenten unterschrieben, es kommen weiterhin Unterschriften dazu. kath.net dokumentiert das Schreiben in voller Länge:

Rom, am 24. Juli 2019
An Msgr. Pierangelo Sequeri
Vorstand des Päpstlichen Theologischen Instituts Johannes Paul II.
Zur Kenntnisnahme an Seine Exzellenz Msgr. Vincenzo Paglia
Großkanzler des Päpstlichen Theologischen Instituts Johannes Paul II.

Hochwürdigster Msgr. Sequeri!

In den vergangenen Stunden haben uns viele Studenten ihre große Sorge zum Ausdruck gebracht über die plötzliche Veröffentlichung der Neuen Statuten und der neuen Studienordnung unseres Instituts sowie über die traurige Nachricht, dass zwei Professoren entlassen wurden, deren Lehrstühle im Bildungsangebot des Instituts eine zentrale Rolle spielen. Angesichts der wachsenden Besorgnis, und um unserer Pflicht als Studentenvertreter nachzukommen, wenden wir uns an Sie als Institutsvorstand und damit Garanten für die Fortsetzung des Studiums und der Rechte der Studierenden unseres Instituts.

Wir sind traurig und bestürzt über die Art und Weise, wie wir von den einschneidenden Veränderungen, die uns als Studenten direkt betreffen, in Kenntnis gesetzt wurden, und so möchten wir zunächst unsere größte Sorge zum Ausdruck bringen: den Verlust der Ausbildungslinie und damit der Identität des Päpstlichen Theologischen Instituts Johannes Paul II., die in jedem Fall der Hauptgrund dafür war, dass die meisten Studenten (und ihre Vorgesetzten) dieses Institut für ihre Ausbildung gewählt haben.

Die Identität des Instituts Johannes Paul II

Da Papst Franziskus selbst in seinem Motu proprio Summa familiae cura bereits im ersten Artikel (1) seinen Wunsch ausdrückt, die ursprüngliche Inspiration von Johannes Paul II., d. h. dessen besonderes Lehrangebot in der Kirche, fortzusetzen, sind wir überrascht über die Tatsache, dass sich in der neuen Studienordnung weder eine Vorlesung über die Theologie des Leibes oder über die Lehre von Johannes Paul II. findet noch davon die Rede ist, sondern dass sich alles auf die Einführungsvorlesung „La Communio personarum....“ zu beschränken scheint. Daher stellen sich folgende Fragen:

1. Wie wird diese Identität, die der Mittelpunkt der Lehren Johannes Pauls II. ist, spezifisch gewahrt werden?

2. Wie wird verhindert, dass der „Dialog mit anderen Disziplinen“ – der ja bereits im alten Studienplan vorhanden ist – zu einer bloßen Überlagerung verschiedener Sichtweisen zum gleichen Thema ohne inneren Zusammenhalt wird, wie dies für die interdisziplinären Studien der meisten säkularen Universitäten typisch ist?

3. Warum sollte jemand noch am Johannes Paul-Institut studieren, wenn es anscheinend nichts Neues zu bieten hat im Vergleich zu dem, was in den Lehrplänen der säkularen Universitäten, und zwar oft noch attraktiver und effektiver, zu finden ist?

Dagegen bekundete Johannes Paul II. in seiner Apostolischen Konstitution Magnum Matrimonii Sacramentum, Absatz 8, seine Absicht, dass das Institut „der besonderen Schirmherrschaft der Allerseligsten Jungfrau Maria von Fatima anvertraut wird“. Wir wissen um die enge Beziehung, die unser Institut seit dem Attentat vom 13. Mai 1981 immer mit dieser marianischen Anrufung hatte.

Deshalb glauben wir, dass es von entscheidender Bedeutung ist, dieses Institut, das von Papst Franziskus zum Ziel der Verbesserung und Stärkung
neu gegründet wurde, der Muttergottes von Fatima zu weihen. Lehrstuhl für Fundamentalmoral

Im Mittelpunkt unserer Sorge um die Identität des Instituts steht die Abschaffung des Lehrstuhls für Fundamentalmoral. Wir wissen, wie wichtig für den heiligen Johannes Paul II. das Studium des menschlichen Handelns war, sodass er diesen Lehrstuhl dem ersten Institutsvorstand, Kardinal Carlo Caffarra, übertragen hat. Zudem wurde die Tätigkeit dieses Lehrstuhls, insbesondere in dem von Kardinal Scola eingerichteten Forschungsbereich, von Benedikt XVI. ausdrücklich gewürdigt. Aus diesem Grund erweist sich die für die Abschaffung dieses Lehrstuhls offiziell angeführte Begründung als unverständlich, nämlich, dass er Teil des theologischen Grundstudiums sei. Wenn dem so ist, warum gibt es dann weiterhin einen Lehrstuhl für Theologische Anthropologie und sogar einen neuen für Fundamentaltheologie? In den Lehrveranstaltungen von Msgr. Melina ging es nicht nur um die allgemeinen Prinzipien der grundlegenden Moral, sondern sie waren eng mit der Ehe- und Familienmoral verbunden, wie wir in seinem Unterricht erfahren durften. Und warum erscheint dieses Hindernis plötzlich so unüberwindbar, wenn es sich um einen Lehrstuhl handelt, der seit 38 Jahren besteht?

In diesem Sinne möchten wir als Studenten betonen, wie wichtig dieser Lehrstuhl für uns war:
Zweifellos gehört er zu den größten Neuheiten und Schätzen, die das Institut bis heute der Kirche und der Gesellschaft geboten hat. In einer Welt, in der alles zwischen einer relativistischen und einer legalistischen ethischen Sichtweise gespalten zu sein scheint, erlaubt uns die vom Institut gelehrte Sichtweise, die Sittlichkeit als einen Weg der Fülle und Sinnhaftigkeit für den Menschen zu verstehen, wo der Mensch für seine Handlungen verantwortlich ist, aber gleichzeitig immer auf die Hilfe der Gnade und der Tugenden zählt, die ihm helfen, ein gutes Leben zu führen. Diese Moralauffassung, in der die Heiligkeit im Mittelpunkt steht, erlaubt uns, den so vielen schwierigen Fällen in Ehe und Familie mit Hoffnung zu begegnen.

Entlassungen unserer Professoren

Was die unerwartete Entlassung zweier unserer Professoren des Instituts, Msgr. Livio Melina und P. José Noriega, betrifft, so sind wir über mehrere Dinge besorgt und alarmiert:

1. über die für uns plötzliche und unverständliche Art und Weise, in der ohne wirklichen Grund zwei Professoren entlassen wurden, die nicht nur innerhalb des Instituts ein hohes Ansehen genießen, sondern einen internationalen Bezugspunkt darstellen, wie ihre lange akademische Laufbahn zeigt. Insbesondere im Fall von Prof. Melina bedeutet die Kündigung, nach 32 Jahren Lehrtätigkeit, davon 28 als Ordentlicher Professor, und nach Jahren als Vorstand unseres Instituts, das unter seiner Leitung weltweit expandiert hat, nicht irgendein Verdienst von ihm anzuerkennen.

2. über die Tatsache, dass mit der Entlassung eine der tragenden Säulen des Bildungsangebots des Instituts geschwächt wird, wie es die Fundamental- und Spezialmoral sind.

3. über die Tatsache, dass uns die sofortige Entlassung von Msgr. Melina und Prof. Noriega zwei Monate vor Beginn des neuen Studienjahres 2019/20 mitgeteilt wird, für das es bereits einen vom Institut selbst im Juni davor bekannt gegebenen Vorlesungsplan gab, für den sich bereits viele Studierende registriert haben; dabei hat jeder von beiden jedes Jahr eine Pflichtvorlesung, ein Wahlfach und zwei Seminare angeboten und darüber hinaus viele noch laufende Doktorarbeiten betreut. Außerdem leitet Prof. Noriega unter großem Erfolg und Anerkennung die internationale Zeitschrift Anthropotes und die Herausgebertätigkeit des Instituts.

4. dass die hohe Wertschätzung nicht berücksichtigt wurde, die beide Professoren bei den Studenten genießen, wie aus den Beurteilungsbögen für Lehrende sowie aus der Anzahl der Studenten, die sie jedes Jahr als Betreuer ihrer Abschlussarbeit wählen, hervorgeht.

Zur neuen Studienordnung

Aufgrund all dieser Überlegungen und nach Prüfung des Dokuments, das gestern, am 23. Juli, auf der Website des Instituts veröffentlicht wurde, ersuchen wir Sie um eine klare Antwort auf die folgenden Punkte:

1. Was wird mit den anderen akademischen Angeboten unseres Instituts geschehen, wie beispielsweise dem Sonderzyklus Master in Ehe- und Familienwissenschaften, dem Master in Bioethik und Bildung, dem Master in Fruchtbarkeit und Sexualität in der Ehe sowie dem Master und Diplom in Familienpastoral?

2. Wird denjenigen, die Prof. Melina oder Prof. Noriega als Betreuer haben, gewährleistet, ihre Arbeit mit den gleichen Betreuern abschließen zu können?

3. Welche Gewährleistung erhalten jene, die sich bereits für Vorlesungen oder Seminare von Prof. Melina oder Prof. Noriega angemeldet haben?

4. Obwohl die Lehrstühle von Prof. Melina und Prof. Noriega entfernt wurden, gibt es die Lehrveranstaltung „Moraltheologie der Liebe und der Familie“. Warum können die beiden Professoren nicht in diesem Kurs lehren?

5. Die veröffentlichte Studienordnung beschränkt sich darauf, die Lehrveranstaltungen zu nennen, mit Titeln, die nicht viel über ihren Inhalt aussagen. Wir ersuchen, dass der Inhalt, die Bibliographie und die Namen der Professoren der einzelnen Vorlesungen veröffentlicht werden, damit die Studenten informiert sind und entscheiden können, ob sie nach dem neuen Studienplan studieren wollen oder nicht.

6. Es werden Wahlfächer erwähnt, aber es scheinen nicht einmal ihre Titel auf.

7. Die Unsicherheit durch die Änderungen ist so groß, dass einige Studierende sich erkundigen, wie die bereits eingezahlten Studiengebühren rückerstattet werden können, für den Fall, dass die Situation nicht geklärt würde oder keine zufriedenstellende Antwort auf die Anfragen der Studenten gegeben würde.

Unsere Rechte als Studenten Art. 89, § 1 der neuen Statuten garantieren, dass „Studenten, die in der Geltungsperiode der vorherigen Studienordnung inskribiert waren, den darin vorgesehenen Ausbildungsweg fortsetzen können“, und § 2 besagt: „Die alten Studienpläne werden drei Jahre nach Genehmigung der neuen Studienordnung erlöschen“. Allerdings wurden zwei Professoren, die innerhalb des alten Systems grundlegende Professuren innehaben, entlassen. Wie wollen Sie als Institutsvorstand die Einhaltung der in Kraft getretenen Statuten und die Rechte der Studenten sicher stellen?

In diesem Sinne ersuchen wir:

• dass uns für drei Jahre, der von den Statuten vorgesehenen Übergangszeit, die Fortsetzung der Lehrtätigkeit der Professoren Melina und Noriega garantiert wird, sowohl in den für das Studienjahr 2019/20 bereits genehmigten Kursen als auch bei ihrer Betreuertätigkeit. Andernfalls würde gegen Artikel 89 verstoßen, der den Übergang regelt.

• dass zumindest im selben Zeitraum die Fortsetzung der Lehrtätigkeit aller bisher anwesenden Lehrkräfte garantiert wird, sowohl der ständigen Professoren als auch der Lehrbeauftragten in Voll- oder Teilzeit.

• Wir ersuchen, dass Professor José Granados zumindest für die nächsten drei Jahre des Übergangs als Stellvertretender Vorstand bestätigt wird, damit die Studenten auch auf diese Weise Garantie der Kontinuität der „weitblickenden Intuition“(2) des Gründers, des heiligen Johannes Paul II. erhalten, jener Intuition, die von Papst Franziskus bestätigt wurde.

Auch wenn es nicht direkt mit unserem Studienplan zusammenhängt, ersuchen wir Sie ferner, die Fortsetzung der Arbeit des gesamten nicht lehrenden und administrativen Personals unseres Instituts zu gewährleisten: Auch sie sind es, die uns seit Jahren jeden Tag in einem familiären Geist ein ernsthaftes und ruhiges Studium in einer Atmosphäre des Empfangs und der Einheit ermöglichen.

Abschließend möchten wir noch einmal betonen, dass die Studentenschaft entschieden hat, sich an Sie, Msgr. Sequeri, zu wenden, und zwar sowohl wegen des Vertrauens, das Ihnen als Mann von erwiesener akademischer Reputation bisher immer entgegengebracht wurde, als auch wegen Ihrer Funktion als Vorstand und damit Garant für die Kontinuität des Erbes des Instituts Johannes Paul II. sowie Garant für die Rechte der Studenten.

Wir wären dankbar, wenn Sie uns eine ausreichende und wirklich zeitnahe Antwort auf die Anfragen dieses Briefes geben, damit wir infolgedessen Entscheidungen treffen und unsere akademische und persönliche Zukunft planen können, auch in Absprache, wo nötig, mit unseren Vorgesetzten oder Verantwortlichen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Gott segne Sie und der heilige Johannes Paul II. leite Ihre Schritte.

Marc Adrien
Studentenvertreter Lizenziat und Doktorat

Nicole Haddad
Studentenvertreterin Master


Der Brief findet sich in mehreren Sprachen auf der neuen Website der Studentenvertretung www.appellostudentigp2.com.

Er kann hier von allen unterzeichnet werden, die ihre Unterstützung zeigen wollen:

Zur Unterschrift des Briefs der Studenten


Fußnoten
1 „Es wird sich jedoch gebühren, dass die ursprüngliche Inspiration, aus der das aufgelöste Institut für Studien über Ehe und Familie hervorgegangen ist, auch weiterhin das breitere Betätigungsfeld des neuen Theologischen Instituts fruchtbar macht...“. Papst Franziskus, Motu proprio Summa familiae cura, 08.09.2017
2 Vgl. Papst Franziskus, Motu proprio Summa familiae cura, 08.09.2017


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