Tück kritisiert Theologenvorschlag "Gedächtnismahl ohne Geweihte"

3. April 2020 in Aktuelles


Wiener Dogmatiker in "katholisch.at"-Gastbeitrag: Es besteht der Verdacht, dass "das temporäre Versammlungsverbot in der Corona-Krise als Reformkatalysator instrumentalisiert wird"


Wien (kath.net/KAP) Für die Christen beginnt in diesen Tagen die religiös wichtigste Zeit im Jahr: Die Ostertage. Wie aber diese Tage gottesdienstlich feiern, wenn es keine öffentlichen liturgischen Angebote gibt? Vereinzelt ist in dieser Situation der Ruf nach "priesterlosen Gottesdiensten", also Messfeiern zu Hause ohne Priester, zu hören. Scharfe Kritik an solchen "Do-it-yourself-Messen" übt nun der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück. In einem "Stand.Punkt"-Beitrag für das Portal der Katholischen Kirche Österreich, "katholisch.at", äußerte der Professor für Dogmatik an der Universität Wien den "Verdacht, dass das temporäre Versammlungsverbot in der Corona-Krise als Reformkatalysator instrumentalisiert wird". Die Debatte sei bei aller berechtigten Kritik an einem Klerikalismus "nicht selten auch von antiklerikalen Affektlagen geleitet, die die Wertschätzung für den Dienst der allermeisten Priester vermissen lässt", fügte er hinzu.

Tück bezieht sich dabei auf Vorschläge von Theologen, "die eine Wandlung per Bildschirm, eine Beichte per Telefon oder gleich priesterlose Hausgottesdienste empfehlen". Die Polemik gegen "Privatmessen" münde in eine erstaunliche "Privatisierung" der Messe, wenn forsch gefordert werde, dass jeder Mann und jede Frau im Wohnzimmer die Eucharistie feiern können solle. "Mit der Lizenz zu selbstfabrizierten Gottesdiensten mag für die einen der Traum einer demokratisierten Kirche näher rücken, für andere sind solche Formen einer wildwüchsigen Partizipation von unten der blanke Albtraum", betonte Tück.

Einer der diesbezüglichen Vorschläge kommt vom an der Universität von Fribourg lehrenden Moraltheologen Daniel Bogner. Dessen Plädoyer für ein 'kultisches Gedächtnismahl ohne Geweihte' halte er, Tück, für theologisch nicht haltbar bzw. weder biblisch noch von der Tradition gedeckt. Tücks Kritik richtet sich aber auch gegen den Pastoraltheologen im eigenen Haus, den Wiener Theologen Prof. Hans Pock. Dieser hatte in einem Beitrag für ein neues theologisches Blogportal die liturgischen Richtlinien der Österreichischen Bischofskonferenz zur aktuellen liturgischen Notlage als "vertane Chance" kritisiert und laut Tück "mit Verweis auf die Taufberufung der Gläubigen indirekt die Wandlung von Brot und Wein zuhause mit oder ohne Bildschirm nahegelegt". kath.net hatte berichtet. Auch wenn dies zwar "kalkuliert unscharf gehalten und möglicherweise sogar ironisch gemeint war", so provoziere es doch Widerspruch.

Schließlich seien diese Empfehlungen weder durch biblische Vorgaben noch durch "theologische Normierungen der Tradition" gedeckt, führt Tück weiter aus: Das sakramentale Prinzip der Ordination sei vielmehr "Ausdruck des Gabe-Charakters der Sakramente". Dieses werde ausgehöhlt, wenn nun im Namen der Krisenbewältigung ein "kultisches Gedächtnismahl ohne Geweihte" gefordert werde. "Eine solche Forderung ist traditionsvergessen, latent spaltungsträchtig und ökumenisch problematisch." Nicht nur in der katholischen Kirche und den bischöflich verfassten Kirchen des Ostens, auch in den Reformationskirchen sei die Feier des Herrenmahls in der Regel an die Ordination gebunden.

Weiter sagte Tück, die aktuelle Not sollte als solche ausgehalten und nicht kaschiert werden: "Sakramente sind an körperliche Präsenz gebunden, keine Taufe ohne Wasser, keine Firmung ohne Chrisam, keine Eucharistie ohne Brot und Wein. Das lässt sich nicht überspringen." Unter Hinweis darauf, dass die Gottesdienste, die jetzt nicht stattfinden könnten, in der Regel schlecht besuchte Gottesdienste seien, sagte der Theologe, eine heilsame Unterbrechung routinierter Frömmigkeitspraktiken könne auch bewusst machen, "dass etwas fehlt, wenn die Eucharistie fehlt oder der Zugang zum Bußsakrament nicht möglich ist".

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