Warum die 'Orientierungshilfe' auf Kritik stoßen muss

8. September 2013 in Kommentar


Der badische Landesbischof gibt den Medien die Schuld am anhaltenden Protest. Von Klaus-Peter Grasse


Karlsruhe (kath.net/idea) In Baden – aber nicht nur dort – nimmt die Kritik an der familienpolitischen „Orientierungshilfe“ der EKD zu. Eine Initiative um Pfarrer Hans-Gerd Krabbe fordert, dass der Rat der EKD die 160-seitige Schrift als offizielle Handreichung der EKD zurücknimmt und durch eine neue Erklärung ersetzt, die die Kontinuität mit der biblisch-reformatorischen Theologie wahrt und die vom unaufgebbaren Leitbild von Ehe und Familie im herkömmlichen Sinne wertschätzend ausgeht. Krabbe zufolge hat sich die Aktion zu einem „Selbstläufer“ entwickelt: Immer mehr Gemeinden kopieren von der Internetseite www.ekiachern.de diese Forderung, um sie direkt an die EKD zu schicken.

Der Bischof hält die Kritik für überzogen

Was sagt der badische Landesbischof Ulrich Fischer dazu? Er ist der Ansicht, dass Teile der bürgerlichen Presse mit einer „bemerkenswerten Härte“ und „einiger Häme“ den Eindruck erweckt hätten, die EKD habe einen Kurswechsel in ihrer ethischen Bewertung von Ehe und Familie eingeleitet. „Ich halte diese Kritik, die auch in unserer Landeskirche Wirkung entfaltet hat, für überzogen“, schreibt Fischer an die badische Pfarrerschaft. Dabei bedauert er, dass viele, die den Text selbst nicht gelesen haben, einen falschen Eindruck bekommen haben, und räumt Schwächen in der theologischen Argumentation des EKD-Textes ein. An der Kernbotschaft aber hält er fest: Die Ehe sei „eine gute Weisung Gottes für unser Leben“, die sich aber in ihrer heutigen Form „nicht direkt aus biblischen Texten herleiten“ lasse. Für den Bischof ist „nicht nachvollziehbar“, dass die Ehe eine „Schöpfungsordnung“ sei.

Ist die Ehe nicht biblisch-theologisch begründbar?

Damit widerspricht Fischer den ausführlichen Stellungnahmen zahlreicher Theologen. Für sie steht außer Frage, dass sich die Ehe auch in ihrer heutigen Form sehr wohl biblisch-theologisch begründen lässt. Jesus selbst habe den Ursprungsgedanken des Schöpfers bestätigt, dass der Mensch als Mann und Frau geschaffen wurde, einen Auftrag zur Fortpflanzung habe und seine Umwelt zukunftsfähig gestalten solle. Dieser bleibend gültige Ansatz der Ehe ziehe sich durch das ganze Alte Testament. Um es einfach zu sagen: Die Kirche hat am Leitbild Ehe festzuhalten, weil dies dem Zeugnis der Bibel entspricht, und nicht – wie in der „Orientierungshilfe“ dargestellt – weil die Ehe ein Vorbild für verlässliches, verbindliches und monogames Miteinander von zwei Menschen sein kann.

Medienschelte führt nicht weiter

Medien, die darauf hingewiesen oder die Kritik verbreitet haben, gebührt Hochachtung. Sie haben ein Wächteramt wahrgenommen, das man eigentlich von Mitgliedern des EKD-Rates hätte erwarten sollen. Medienschelte hingegen führt nicht weiter. Sie zeigt nur, dass man die Kritik entweder nicht ernst nimmt oder dass man sie nicht versteht.

Hintergrund:
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