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| 'Die Grenze des Tragbaren ist beim EKD-Papier weit überschritten'24. Juli 2013 in Interview, 11 Lesermeinungen Als eindeutige Distanzierung von der biblischen Ehe- und Familienethik im Alten und im Neuen Testament sowie der ethischen Tradition aller Konfessionen bezeichnet Peter Beyerhaus das EKD-Familienpapier im kath.net-Interview. Von Petra Lorleberg Stuttgart-Gomaringen (kath.net/pl) Wir alle sehen in dieser Erklärung eine eindeutige Distanzierung von der biblischen Ehe- und Familienethik im Alten und im Neuen Testament sowie der ethischen Tradition aller Konfessionen, einschließlich der evangelisch-lutherischen Kirche, und auch von allen bisherigen Verlautbarungen der EKD zu diesem Thema. Dies sagt Peter Beyerhaus (Foto), emeritierter evangelischer Theologieprofessor und Gründer der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, im kath.net-Interview. Er hatte zuvor den EKD-Präses Nikolaus Schneider in einem offenen Brief dazu aufgefordert, sich entweder von der Orientierungshilfe zu distanzieren oder sein Amt als EKD-Präses niederzulegen, kath.net hat berichtet. Beyerhaus zeigt sich auch wegen der ökumenischen Implikationen des EKD-Papiers besorgt: Die Präfekten des vatikanischen Einheitssekretariates, der jetzige Kardinal Kurt Koch wie schon sein Vorgänger, Kardinal Walter Kasper, haben beide geäußert, dass nach den bisherigen positiven dogmatischen Konsensbemühungen nunmehr ein neuer Stein des Anstoßes in der auf protestantischer Seite vertretenen veränderten Ethik entstanden ist. Beyerhaus war von 1965 bis 1997 ordentlicher Professor für Missionswissenschaft und Ökumenische Theologie an der evangelischen Fakultät für Theologie der Universität Tübingen gewesen. Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., lehrte 1967-1969 an der katholischen Fakultät für Theologie derselben Universität. Die beiden damals jungen Theologieprofessoren lernten sich kennen, woraus lebenslanger Kontakt und Wertschätzung erwuchs. Die von Beyerhaus vor rund 45 Jahren gegründete Konferenz Bekennender Gemeinschaften versteht sich als Gegenbewegung zu liberalen Tendenzen in der EKD. Im Jahr 2009 hielt Beyerhaus beim Ratzinger-Schülerkreis in Castel Gandolfo in Anwesenheit von Papst Benedikt XVI. einen Vortrag über die Evangelisierung Europas.
Professor Peter Beyerhaus: Aus den Bekennenden evangelischen Gemeinschaften sind außer meinem Offenen Brief an den Ratsvorsitzenden Präses Nikolaus Schneider eine große Anzahl von Reaktionen gekommen, die ausnahmslos die Erschütterung sowohl über den Inhalt der EKD-Orientierungshilfe als auch über deren Zustandekommen und den autoritären Umgang seitens des EKD-Präses und anderer kirchenleitenden EKD-Gremien mit ihr zum Ausdruck bringen. Wir alle sehen in dieser Erklärung eine eindeutige Distanzierung von der biblischen Ehe- und Familienethik im Alten und im Neuen Testament sowie der ethischen Tradition aller Konfessionen, einschließlich der evangelisch-lutherischen Kirche, und auch von allen bisherigen Verlautbarungen der EKD zu diesem Thema. Darüber herrscht eine derartige Einmütigkeit, dass es einer mehrheitlichen Abstimmung in unseren Gremien nicht bedarf. In der Tat sehen wir mit der Orientierungshilfe die Grenze des Tragbaren nicht nur erreicht, sondern weit überschritten. kath.net: Katholiken in Afrika und anderen Ländern äußern sich verwirrt. Erst wurde in den Missionsländern mit viel Energie das christliche Ehe- und Familienbild vermittelt, jetzt wird vieles in Europa in Frage gestellt. Sie sind Missionswissenschaftler. Was bedeutet die Entwicklung in der evangelischen Kirche Deutschlands für die Gemeinschaft der Christen in der Welt? Beyerhaus: Es hat in den Missionskirchen Asiens und Afrikas eines langen geistlichen Erziehungsprozesses gekostet, um ihren Mitgliedern den Unterschied zwischen traditionellem und biblischem Ehe- und Familienverständnis z. B. in der Frage von Polygamie und Monogamie nahe zu bringen. Was die heute so aktuelle Frage der Homosexualität betrifft, gab es bereits in den einheimischen Kulturen eine klare Ablehnung. Ich habe es miterlebt, wie auf der Weltmissionskonferenz in Kapstadt im Jahre 2009 ein anglikanischer Erzbischof aus Ostafrika zu einem Treffen seiner Kollegen aus allen Kontinenten einlud, bei dem ein gemeinsamer Protest gegen die nunmehr in der Mutterkirche, der Church of England, eingeführte Trauung gleichgeschlechtlicher Paare beschlossen wurde. kath.net: Sie haben als Professor der Theologie die ökumenische Bewegung erforscht. Was bedeutet die Orientierungshilfe für den Dialog der evangelischen Kirche mit der Katholischen Kirche oder der Orthodoxen Kirche? Beyerhaus: Nach meinem Eindruck wirkt sich das Erscheinen der Orientierungshilfe schon jetzt als eine schwere Belastung dieses ökumenischen Dialogs aus. Die Präfekten des vatikanischen Einheitssekretariates, der jetzige Kardinal Kurt Koch wie schon sein Vorgänger, Kardinal Walter Kasper, haben beide geäußert, dass nach den bisherigen positiven dogmatischen Konsensbemühungen nunmehr ein neuer Stein des Anstoßes in der auf protestantischer Seite vertretenen veränderten Ethik entstanden ist. Das galt zunächst im Blick auf den damaligen Dialog mit den Anglikanern und schwedischen Lutheranern, und nun auch hinsichtlich der in der EKD zusammengeschlossenen Gliedkirchen. Auch auf orthodoxer Seite nimmt man die Auflösung der Institutionen Ehe und Familie im Westen mit großem Befremden zur Kenntnis. So erklärte dieser Tage der Moskauer Patriarch Kirill bei einem Gottesdienst in Moskau: Viele Staaten, in denen eine Minderheit Gesetze durchdrücke, haben sich zuletzt für die Sünde entschieden. Das ist ein sehr gefährliches apokalyptisches Symptom. (...) Denn das bedeutet, dass das Volk den Pfad der Selbstzerstörung einschlägt." kath.net: Herr Professor, seit 2009 sind Sie Ehrenmitglied der 2006 gegründeten Deutsch-Vatikanischen Gesellschaft. Sie haben einen guten Kontakt zu Papst em. Benedikt XVI. Gibt es bei Themen wie diesen so etwas wie eine Bekenntnisökumene? Kann es sein, dass nicht die kirchlichen Parlamente vor Ort sondern bekennende Christen die ökumenische Gemeinschaft der Zukunft bilden? Beyerhaus: Ja, Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. hat an dem auf evangelischer Seite geführten innerkirchlichen Bekenntniskampf schon als Professor und späterer Erzbischof und Kardinal regen Anteil genommen. Er hat uns durch Grußbotschaften zu unseren Bekenntniskongressen ermutigt. Er selber sah hier den Ansatz zu einer neuen Gestalt von Ökumene. Denn er fand, dass die bisherigen Lehrgegensätze, über die seit dem Zeitalter der Reformation zwischen den Konfessionen heftige Auseinandersetzungen geführt wurden, gegenüber den neuen Gegensätzen, die sich jetzt durch beide Konfessionen ziehen, sehr an Bedeutung verloren haben. Hier müssten glaubenstreue Christen beider Seiten zusammenstehen. kath.net: Haben Sie noch Kontakt zu Papst em. Benedikt XVI.? Beyerhaus: Leider bisher noch nicht wieder. Das letzte intensive Gespräch, das Papst Benedikt und ich miteinander geführt haben, fand im Sommer 2009 in Castel Gandolfo statt, wo ich bei dem alljährlichen Treffen seines Schülerkreises ein Hauptreferat gehalten habe. Ich berichtete ihm von dem gegenwärtigen Bestreben der Bekennenden Gemeinschaften, eine Bekenntnis-Ökumene zu bilden. Das fand seine positive Anteilnahme. Nun hoffe ich, dass diese Gespräche auch mit seinem Nachfolger Papst Franziskus weitergeführt werden können. kathpedia: Peter Beyerhaus Foto Peter Beyerhaus: ratzinger-papst-benedikt-stiftung.de Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! Lesermeinungen
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