'Das Geheimnis der Freiheit ist Mut'

13. September 2016 in Kommentar


Warum der Marsch für das Leben so wichtig ist – „Wer Menschen, die für Leben und Freiheit sind, diskriminiert oder ihre Überzeugung diskreditiert, verrät etwas über sich und sein Denken.“ Gastkommentar von Martin Lohmann


Berlin (kath.net) Es gibt Menschen, die finden es gar nicht gut, dass andere Menschen getötet werden. Es gibt Menschen, die sagen ganz Selbstverständliches wie etwa: Jeder Mensch hat ein Recht auf Leben. Und es gibt Menschen, die nehmen das göttliche Gebot, das in manche freiheitlichen Ordnungen seinen Weg gefunden hat, ernst: Du sollst nicht töten. Es ist gut so, dass es diese Menschen gibt. Es ist gut, dass sie immer mehr werden und ganz friedliebend andere dazu einladen, ebenfalls schlicht und ergreifend – in einer Welt voller Terror und Missachtung – Ja zum Leben zu sagen.

Und daher: Die Botschaft des Marsches für das Leben ist eigentlich ganz einfach: Ja zum Leben. Punkt. Darum geht es. Das bedarf eigentlich weder einer Erklärung noch einer Rechtfertigung. Denn es geht darum, Leben zu schützen. Menschen zu helfen. Frauen stark zu machen, damit sie sich entscheiden können für ein Leben mit jenem Kind, das sie schon haben. Es geht also darum, Leben konkret zuzulassen. Aber auch: Feigen Männern Mut zu machen, Verantwortung zu übernehmen – als Väter.

Es geht letztlich darum, Augen und Herzen zu öffnen, dem Verstand eine Chance zu geben und dem Gewissen seinen Platz. Also auch: Wider den Perfektionswahn, der sich zum Beispiel im Praenatest outet. Als gebe es das (immer) perfekte Leben! Als sei das konkrete Leben weniger wert als das ausgedachte vermeintlich perfekte! Da haben Geborene dasselbe Recht wie noch nicht Geborene.

Wer für das Leben ist, ist aufbauend. Wer Ja sagt zum Leben, ist solidarisch. Wir brauchen mehr Solidarität. Mehr Leben. Und weniger Angst. Im Mittelpunkt steht diesmal daher die Erkenntnis: „Kein Kind ist unzumutbar“. Wir wollen das auch deshalb in den Vordergrund rücken, weil wir speziell die Selektionsthematik durch immer verfeinerte Gentests während der Schwangerschaft gefährlich finden. Salopp ausgedrückt: Wir finden uns nicht damit ab, dass nur noch qualitätsgeprüfte Menschen geboren werden sollen und alle anderen im Müll landen.

Man mag sich streiten, mit welchen Mitteln am besten dem Schutz und dem Recht des Lebens gedient ist. Fakt ist aber, dass die Botschaft des jährlichen Marsches für das Leben überall ankommt. Bei denen, die Leben schützen wollen ebenso wie bei jenen, die diese Botschaft – bewusst oder unbewusst – falsch verstehen oder gar falsch verstehen wollen. Und es bleibt wahr, dass Anspruchsvolles, auch wenn es ganz selbstverständlich und logisch ist, niemals nur auf fruchtbaren Boden fällt. Überall dort, wo Freiheit und Verantwortung eine Koalition eingehen wollen, weil sie ohneeinander gar nicht leben oder gelebt werden können, gibt es Widerstand. Das ist irgendwie normal. Aber es muss doch nicht gesetzt sein, dass Gutes und Richtiges bekämpft oder verunglimpft wird.

So gesehen setzt der 12. Marsch für das Leben am 17. September wieder ein gesamtgesellschaftliches Zeichen. Ein Zeichen für Toleranz. Für Liebe. Für Respekt. Für Leben. Für Verantwortung. Für Freiheit. Unabhängig davon, ob man es immer und überall versteht oder man meint, überfordert zu sein. In so vielen Fragen des Alltags erleben wir ja, dass der Mut zum Frieden und zur Hilfsbereitschaft bisweilen stört . So stört auch hier und dort das Bekenntnis zum Leben. Vor allem dann, wenn man den Mut zur Freiheit und zum Bekenntnis, vor allem aber zur gelebten Toleranz mit Intoleranz zu beantworten glaubt oder angewiesen wird. Doch schon Perikles wusste vor 2500 Jahren: Das Geheimnis der Freiheit ist Mut. Und dazu gehört auch der Mut, andere Überzeugungen zu tolerieren. Friedlich. Demokratisch. Gelassen.

Lebensschützer tun das. Sonst wären sie keine Lebensschützer. Sie machen vom Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland Gebrauch. Sie verurteilen niemanden. Sie respektieren. Selbst jene, die – was beim Recht auf Leben für diejenigen, über die man im Stadium der Vorgeburt angeblich „frei“ zu entscheiden können glaubt, tödlich ist – sich aus Sicht des Lebensrechts falsch entscheiden. Die Teilnehmer des Marsches wollen gleichwohl dazu beitragen, dass die Erkenntnis wächst: Du sollst nicht töten. Und: Sie wollen helfen. Helfen, wo es um Leben und Tod geht. Zum Leben. Zur Toleranz.

Wer gegen diese Botschaft ist, sagt eigentlich vor allem etwas über sich selbst. Wer Menschen, die für Leben und Freiheit sind, diskriminiert oder ihre Überzeugung diskreditiert, verrät etwas über sich und sein Denken. Denn: Das Geheimnis der Freiheit ist Mut. Das des Lebens auch. Mut, Verantwortung zu übernehmen, ist human. Deshalb brauchen wir in unserer Gesellschaft den Mut zum Dialog. Auch dann, wenn das Thema unbequem zu sein scheint und mich und mein Handeln hinterfragt. Eine Radikalisierung hingegen würde mehr zerstören als nur die vielbeschworene Dialog- und Willkommenskultur.

Die Botschaft für das Leben kommt – das offenbaren uns die Erfahrungen der vergangenen Jahre und jeder Marsch für das Leben neue – übrigens auch dort an, wo man sich geradezu panisch dagegen wehrt. Sonst bräuchte man sich ja nicht zu wehren! Man könnte es so formulieren: Ich höre, dass da andere mir zutrauen, Verantwortung zu tragen; doch genau das will oder kann ich nicht (hören)! Aus Angst?

Es ist schon traurig und zugleich offenbarend, wenn diejenigen, die die zugegebenermaßen anspruchsvolle und Verantwortung einfordernde einfache Botschaft nicht hören wollen oder können, absurde Gegen-„argumente“ erfinden, um sich selbst vor sich selbst zu rechtfertigen, dass sie hier nicht mitmachen können. Doch wer ein wenig nachdenkt, wird erkennen müssen, wie sehr die Attacken gegen den Lebensschutz am Anliegen vorbeigehen. Sind sie also vielleicht für jene, die sie erfinden, der Versuch, sich von sich selbst abzulenken, um nicht nachdenken – und eventuell einsehen – zu müssen? Aber das wäre ja nicht neu: Immer haben Extremisten – von links oder rechts, denn auch da tun sie sich wenig - den Respekt verweigert und Leben missachtet. Und wer friedliebende Menschen, die noch das Grundgesetz ernst nehmen, bewirft, verrät unabhängig von seiner äußeren politischen Färbung ein primitives Nazi-Niveau.

Ach ja, man redet auf der Gegenseite viel von „sexueller Selbstbestimmung“. Als sei das der Gegensatz zum Recht auf Leben! Jeder hat das Recht auf seine sexuelle Selbstbestimmung, aber doch nicht auf Kosten des Lebens eines anderen! Und daher ist es eben fatal und tödlich, wenn einfach darunter die Verfügung über das Lebensrecht eines neuen Menschen subsumiert wird, der das „Pech“ hat, zur falschen Zeit im an sich richtigen Bauch seiner Mutter zu sein. Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man folgenden Deal vorschlagen: „Mama, ich lasse Dir Deine sexuelle Selbstbestimmung, dafür lässt Du mir mein Leben. Denn ich will in ein paar Jahren auch meine sexuelle Selbstbestimmung haben.“

Apropos Mainstream: Jede Umfrage unter Jugendlichen bringt seit Jahren das Ergebnis, dass sie sich Familie, Kinder und Treue wünschen. Das bedeutet für die Jugendlichen Glück. Also scheint dies wohl der faktische Mainstream zu sein – auch wenn das medial nicht rüberkommt. Modern und liberal ist übrigens, was zukunftsweisend und freiheitsfördernd ist. Das ist das Recht auf Leben für Alle. Dagegen ist die Tötung von Menschen eine Menschenrechtsverletzung erster „Güte“ – oder mit einem Wort: totalitär. Und das sollte nun wirklich endlich von gestern sein.

Auch deshalb ist der Marsch für das Leben mit seiner im Schweigen gesagten Botschaft so beeindruckend. Für alle. Denn das Leben braucht kein Gebrüll und keine Gewalt. Das Leben will Frieden. Das Leben will Respekt. Es ist zu hoffen, dass dies in Deutschland mehr und mehr erkennbar wird. Sobald es da ist und so lange es da ist, will das Leben Verantwortung. Keine Missachtung. Keine Verletzung. Kein Niedermachen. Kein Töten.

Es gilt auch heute und morgen: Das Wachsen dieser Erkenntnis kommt allen zugute, auch jenen, die es noch nicht hören wollen oder können. Das Wachsen dieser Erkenntnis ist nichts als gut. Demokraten sollten das ebenso wissen wie alle, die sich für eine freie und humane Gesellschaft einsetzen.

Jetzt, und nicht erst übermorgen, ist die Zeit, dass möglichst viele für einen wirklichen Austausch von wirklichen Argumenten plädieren. Wir brauchen, zum Wohle und Gewinn aller, ein Klima, das Schluss macht mit dem bösen Spiel der Aggression und Verunglimpfung, stattdessen aber Räume für respektvolle Begegnungen schafft. Der Marsch für das Leben ist eine solche Einladung an alle. Jeder, dem das ein echtes Anliegen ist, sollte dies auch zeigen. Durch Respekt. Gerne auch durch angemessenen Widerspruch. Den halten übrigens alle aus, die gute Argumente haben. Argumente brauchen weder Niveauverlust noch Hass. Und der ist nie ein guter Ratgeber. Die Sprache des Schöpfers ist Liebe. Die des Lebens sollte es auch sein.

Lebensschützer helfen. Lebensschützer machen stark. Lebensschützer sind solidarisch. Lebensschützer haben Respekt. Lebensschützer haben Argumente. Lebensschützer müssen friedvoll sein. Lebensschützer sind für Nachhaltigkeit. Lebensschützer werben für eine umfassende Ökologie. Lebensschützer laden ein zum Dialog. Lebensschutz ist einfach nur gut! Und diese Einladung zum Guten gilt für alle.

Herzliche Einladung zum
- Marsch für das Leben, Berlin, 17.09.2016

- Marsch fürs Läbe, Bern, 17.9.2016

Weiterführende Links:

- Berliner Erzbischof Koch nimmt am Marsch für das Leben teil

Regensburger Bischof Voderholzer kommt zum Marsch für das Leben

- Skandal: Evangelische Kirche distanziert sich vom Marsch für das Leben. Wendet sich aber "aus Ehrfurcht vor dem Leben" gegen Massentierhaltung!

- 'Marsch für das Leben'/Berlin 2015: Mehr als 7.000 Teilnehmer, 4 Bischöfe!

- Predigt von Weihbischof Thomas Maria Renz/Marsch für das Leben 2015: 'Aktiver Lebensschutz gehört klar zum Profil der Christen!'

Martin Lohmann: Einladung zum Marsch für das Leben am 17.09.2016 in Berlin - #MarschFürDasLeben


Foto: Papst Franziskus unterstützt Marsch für das Leben/Berlin: ´Es ist sehr, sehr wichtig, was Ihr da macht!´ - Franziskus segnete spontan einen Plastikembryo, stellvertretend für die Lebeneschutzbemühungen in Deutschland


Berlin: Marsch für das Leben 2015 - Aufzeichnung der Kundgebung in voller Länge! (u.a. Statement Weihbischof Heinrich/Berlin)


EWTN Reporter - Interview 2014 mit Generalvikar Michael Fuchs (Bistum Regensburg) zum Marsch für das Leben


Darum unterstützt KIRCHE IN NOT den Marsch für das Leben 2015


Foto oben (c) Martin Lohmann


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