Eine Blamage für die Zunft

10. April 2017 in Kommentar


„Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen, was der katholische Theologieprofessor Hans-Joachim Höhn in seinem Standpunkt für ‚katholisch.de‘ schreibt.“ kath.net-Kommentar von Peter Winnemöller


Bonn (kath.net/pw) Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen, was Hans-Joachim Höhn in seinem Standpunkt für das Nachrichtenportal „katholisch.de“ schreibt. Da ist zu lesen, Robert Kardinal Sarah lasse keine Gelegenheit aus, die Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils zu kritisieren. Sein jüngster Vorwurf laute „Geheimnisverrat“, behauptet Höhn. Diesen habe er erhoben in einem Grußwort an eine »Tagung zur Zukunft der ‚Tridentinischen Messe‘«.

Man kann sich das nicht ausdenken, aber ein Hochschullehrer für Systematische Theologie und Religionsphilosophie (Universität Köln) schreibt in wenigen Worten mehr sachliche Fehler als man einem Theologiestudenten in einer ganzen Proseminararbeit durchgehen lassen würde. Aber bitte! Es gibt keinen Grund zum Hochmut. Wir alle machen Fehler und es ist wahrlich nicht einfach, in 1400 Zeichen einen gleichzeitig meinungsstarken und inhaltlich korrekten Beitrag zu schreiben. Wer nie Blödsinn geschrieben hat, werfe den ersten Stein. Kritik ist trotzdem angebracht und dringend nötig.

Natürlich hat das II. Vatikanische Konzil nicht die Liturgie der Kirche reformiert. Der Begriff Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils ist folglich grober Unfug. Während des gesamten Konzils wurde von allen Konzilsvätern die Hl. Messe in der Form gefeiert, die Höhn in Anführungszeichen „Tridentinische Messe“ nennt. Eigentlich war und ist es die römische Messe, doch seien wir nicht kleinlich. In Wirklichkeit hat dieses Konzil eine umfassende Erneuerung der Liturgie in Auftrag gegeben. Begonnen hat dieser Prozess mit dem Missale von 1965. Abgeschlossen ist er noch lange nicht. Derzeit wartet die Edition typica tertia von 2002 immer noch auf die Übersetzung und Einführung in Deutschland.

Die Tagung auf die sich Höhn – vermutlich – bezieht, trägt den Titel „Kölner Liturgische Tagung“ und findet alle zwei Jahre in Herzogenrath statt. Ein Kölner Theologieprofessor könnte das wissen. Die Wortmeldung des Kardinals war ferner kein Grußwort sondern ein verlesener Vortrag. Das nicht zu wissen ist mehr als nur peinlich. Der Leser sieht es und ahnt die Absicht.

Viele Priester nehmen an der Liturgischen Tagung teil. Unter der Hand wird auch mal davon gesprochen, diese Tagung ersetze locker mehrere Priesterfortbildungen. Hochrangige Referenten geben sich dort die Klinke in die Hand. Informativ und lehrreich sind nicht nur die Vorträge, auch der Austausch im Konveniat über Bistumsgrenzen hinweg wird geschätzt. Das übergeordnete Thema ist immer die Liturgie der Kirche, d.h. es geht um die Hl. Messe, die Sakramente und das Stundengebet. Jede Tagung hat ihren Schwerpunkt. Auch Bischöfe und Kardinäle kommen auf der Tagung immer wieder zu Wort. In der Tat spielt die außerordentliche Form des römischen Ritus auf der Tagung die Rolle, die Papst Benedikt XVI. ihr im Motu proprio „Summorum Pontificum“ zuweist. Zehn Jahre „Summorum Pontificum“ war in diesem Jahr der Leitgedanke über der Tagung. Dazu den Präfekten der Kongregation für Gottesdienst und Sakramentenordnung zu hören, war ein Gewinn. Höhn sieht das offensichtlich anders.

Bleibt noch der Kernvorwurf aufzulösen: Der Geheimnisverrat. Wer den Vortrag des Kardinals gehört oder gelesen hat, kann leicht erkennen, welch einen Unsinn Höhn in seinem Beitrag behauptet. Die Möglichkeit, den Vortrag anzuhören, besteht hier).

Es wird nicht etwa behauptet, die nachkonziliare Liturgiereform habe ein Geheimnis im Sinne eines Staatsgeheimnisses verraten. Vielmehr geht es dem Kardinal um einen Verrat am Geheimnis der Heiligen Messe. Es wird nicht in Wirklichkeit ein geheimer Sachverhalt plötzlich offenbart, so dass ihn nun jeder wissen könne. Bis zum Konzil hatten die Priester den Wohl gehütet und jetzt plötzlich … Nein, wohl eher nicht.

Das Geheimnis der Heiligen Messe ist und bleibt ein göttliches Geheimnis, dem wir Menschen uns nur betend nahen können. Es für uns völlig unverständlich, warum und auf welche Weise Gott Mensch werden konnte, um für unsere Sünden zu leiden und zu sterben. Die Heilige Schrift berichtet in stetigem Erstaunen von diesem Geheimnis. Den Kern des Geheimnisses, welches wir in jeder Heiligen Messe begehen, feiern wir in den kommenden Tagen ganz besonders: Leiden, Tod und Auferstehung Christi. Da gibt es nicht zu verraten, was uns nicht offenbart wäre. Der Priester, der in der außerordentlichen Form zelebriert, ist ebenso wenig ein Geheimniskrämer wie der Priester, der in der ordentlichen Form zelebriert.

Das Mysterium fidei, welches wir in der Hl. Messe feiern, wird zu sehr profaniert, es geht im Lärm und falsch verstandener Feierstimmung unter. Das ist der Kern der Kritik des Kardinals. Nach den Experimenten der 70er und 80er Jahre dürfte das Scheitern der Verflachung der Liturgie doch nur allzu deutlich an den Früchten des Verfalls abzulesen sein. Wo nur noch die horizontale Ebene der Liturgie gesehen wird, wird eben Verrat am Geheimnis verübt. Dieser Kritik sollten wir uns stellen.

In guter Tradition des antirömischen Reflexes vieler deutscher Theologieprofessoren drischt Höhn völlig blind und in offensichtlicher Unkenntnis des Gesagten auf einen Kardinal der römischen Kirche ein, der es wagt, die Lehre der Kirche authentisch und offen zu vertreten. Kardinal Sarah macht sich des schweren Vergehens schuldig, nicht den Kotau vor der deutschen universitären Konzilsromantik zu üben. Diese Sünde kann in diesem Lande nicht vergeben werden.

Ungeachtet dessen wird es auch in zwei Jahren wieder eine Liturgische Tagung in Herzogenrath geben. Möglicherweise könnte sich der Religionsphilosoph Höhn dort mit einem Vortrag über den Begriff „Mysterium“ und seine Verwendung im Kontext der Liturgie mal wirklich dem Dialog mit den Fachkollegen und Priestern aus Praxis stellen, statt auf Internetportalen rumzupesten. Wer weiß …

Von der 18. Liturgischen Tagung berichtete Martin Lohmann exklusiv für kath.net:

- 'Dankbarkeit gegenüber dem unglücklichen Papst' - Mit Bericht über Vortrag von Martin Mosebach

- Nachkonziliare Kirche ohne christliche Wurzeln - Mit Bericht über den verlesenen Vortrag von Kurienkardinal Robert Sarah

- Wenn Zukunft Tradition braucht - Mit Bericht über Vortrag des Erzbischofs von Portland/Oregon, Alexander Sample

- Und immer wieder: Ehrfurcht - Mit Bericht über Vortrag des Freiburger Dogmatikers Helmut Hoping

- Reform der Reform als Zukunft

Foto Peter Winnemöller



Foto oben (c) kath.net/Michael Hesemann


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