24. Oktober 2019 in Kommentar
Weiterhin gibt es Rätselraten, was die umstrittenen Figuren nackter schwangerer Frauen bedeuten, die bei einer Papstzeremonie und in römischen Kirchen aufgetaucht waren. Sind es Pachamama-Statuen? Kommentar von Petra Lorleberg
Vatikan (kath.net/pl) Holzfiguren, die nackte schwangere Frauen darstellen und die sogar in der Gegenwart von Papst Franziskus ungeniert liturgisch verehrt werden, sorgen derzeit für heftige Diskussion in der katholischen Kirche. Umstritten ist die Bedeutung dieser Figuren und die Frage ist: dürfen Christen solche Figuren überhaupt verehren eine Frage, die bekanntermaßen in einer monotheistischen Religion wie dem Christentum sofort den Rang einer Grundsatzfrage erreicht. Mit der Nacht- und Nebelaktion, bei der einige dieser Figuren aus einer vatikannahen Kirche entfernt und in den Tiber geworfen wurden, hat die Diskussion einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Der Vatikan hat postwendend Strafanzeige wegen Diebstahl gestellt. Unterstützer der Aktion argumentieren andererseits, dass die Figuren die Kirche entweiht hätten. Was ist davon zu halten?
Es ist umstritten, was diese Holzfiguren darstellen sollen. So gibt es Stimmen, dass es sich um die Muttergottes vom Amazonas handle. Allerdings finden sich unter diesem Namen zumindest bei schneller Suche im Internet keine Darstellungen nackter Schwangerer, allenfalls Mariendarstellungen, die häufig noch europäische Bildsprache erkennen lassen und deren Gipfel der Nacktheit höchstens die Darstellung des Stillens ist. Außerdem hatte nach der Gebetsvigil in den Vatikanischen Gärten mit diesen Figuren in Anwesenheit von Papst Franziskus der Priester Giacomo Costa, ein offizieller Pressebeauftragter der Amazonien-Synode, bei einer Pressekonferenz des Vatikans gesagt: Es handelt sich nicht um die Jungfrau Maria Es gibt nichts zu wissen. Es ist eine indigene Frau, die das Leben repräsentiert. Es ist eine weibliche Figur und sie sei weder heidnisch noch heilig, kath.net hat berichtet
Was übrigens nirgends thematisiert wird, ist die ökumenische Dimension des Vorfalls. Es dürfte möglicherweise bereits zu interner Kritik aus den orthodoxen Geschwisterkirchen gekommen sein. Noch schwerer wiegt die Befürchtung, dass Christen aus evangelischen Traditionen in den Figuren tatsächlich eine Bestätigung für den alten Vorwurf des Götzendienstes sehen müssen in Zeiten, wo man auf ökumenische Befindlichkeiten zu Recht großen Wert legt, mag es verwundern, dass man hier in nahezu vernarbte Wunden von neuem derart viel Salz streut. Man kann sich lebhaft vorstellen, was die Angehörigen der in Lateinamerika stark wachsenden (und der katholischen Kirche erfolgreich Mitglieder abwerbenden) Frei- und Pfingstkirchen zu den in ihrer Terminologie vermutlich Götzenbilder titulierten Statuen sagen werden. Eine erste Vorstellung davon hat bereits der freikirchliche Rechtsanwalt und Häuptling des Macuxí-Stammes, Jonas Marcolino Macuxí, gegeben. Er kritisierte die Zeremonie schlicht als heidnisch, kath.net hat berichtet.
Das Problem dabei sind nicht die Figuren an sich. Niemand würde sich daran stören, wenn die Holzstatuen in den Vatikanischen Museen ausgestellt würden. Das Problem entstand erst durch den kultischen Gebrauch der Figuren: vor den Figuren wurde hingekniet, gebetet und etwas Weihrauchähnliches verbrannt, sie wurden in einer Prozession in den Petersdom hineingetragen, sie fanden sich vor dem Altar einer katholischen Kirche.
Natürlich haben wir auch in genuin christlichen Traditionen hohe Wertschätzung und kultische Verehrung von Bildern und Statuen. Allerdings ist dann immer geklärt, was genau da verehrt wird und die Verehrung zielt auf eine konkret benennbare historische Person, die als bereits in der Gottesschau lebend angesprochen wird. Eine abstrakte Verehrung etwa des Lebens oder der Fruchtbarkeit oder der Erde hat im Christentum keinen breiteren Raum gewonnen, da Christen keine Personifizierung von Naturphänomenen und keine animistischen Vorstellungen der Beseeltheit etwa von Bäumen oder von der Erde pflegen. Und gemäß jüdisch-christlicher Lehre wäre eine kultische Verehrung einer als Göttin gedachten Pachamama Mutter Erde tatsächlich Götzendienst.
Der Vatikan und hohe Kurienmitarbeiter hüllen sich bisher darüber in Schweigen, was die ungewöhnlichen (und für Christen, die in der europäischen Bildsprache zuhause sind, durchaus anstößigen) Holzstatuen genau dargestellt wird. Es gibt wiederum Katholiken, die dieses Schweigen des Vatikans als allzu beredet einordnen. Deshalb sollte die Symbolik der umstrittenen Frauenfiguren dringend offiziell geklärt werden jede andere Informationspolitik seitens des Vatikans als letztem Verantwortungsträger würde eine tiefe Verwirrung unter den Christen aller Konfessionen nach sich ziehen. Es geht immerhin um den Vorwurf des Götzendienstes falls dieser zu Recht bestünde, könnten Christen Lk 19,40 zitieren: Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.
Link zur Pressemeldung von Repam: Lamentamos profundamente y a la vez denunciamos que en los últimos días, hemos sido víctimas de actos de violencia (spanisch)
Papst Franziskus wird eine der rätselhaften indigenen Holzfiguren nackter schwangerer Frauen geschenkt
Die rästelhaften Holzfiguren nackter schwangerer Frauen bei der offiziellen Zeremonie in den Vatikanischen Gärten
Beten die Teilnehmer vor den Holzfiguren nackter schwangerer Frauen?
Die offizielle Veranstaltung in voller Länge: Papst Franziskus - Franziskusfest in den Vatikanischen Gärten - Mit Amazonasindianern - Im Mittelpunkt: Statue einer schwangeren nackten Frau
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