Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. 'Rote Linien dürfen nicht überschritten werden'
  2. Maria 2.0: „Wir machen die Dinge einfach selbst… Das ist eine Art Selbstermächtigung“
  3. Football-Spieler Harrison Butker ermutigt Frauen ihrer Berufung als Mutter zu folgen
  4. St. Michael/Emden: Kirchenbänke verscherbeln, dafür aber neue Stühle für die Kirche kaufen
  5. DBK-Vorsitzender Bätzing: „Wir leben in einem Missionsland“
  6. „Eine Transfrau ist eine Frau. Punkt!“ – Wirklich?
  7. Kann man "Fiducia Supplicans" jetzt einstampfen?
  8. Gericht urteilt: Glockenschlag ist zumutbar
  9. Kirche und Kommunismus: Gedanken über ein Bekenntnis von Papst Franziskus
  10. Papst zu Liturgiestreit in Kerala: "Wo Ungehorsam ist, ist Schisma"
  11. ,Baby Lasagna‘: ,Mit Gott habe ich mich selbst zurückgewonnen‘
  12. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach: "Die Kirchentage sind für mich mittlerweile eher Parteitage..."
  13. Evangelische Theologische Hochschule/Basel ehrt Peter Seewald
  14. Beschleunigen die neuen Vatikan-Normen die offizielle Anerkennung von Medjugorje?
  15. Johannes Hartl wurde in den Deutschen Knigge-Rat berufen

Die Kunst des Reparierens

8. Oktober 2006 in Spirituelles, keine Lesermeinung
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Pater Raniero Cantalamessa über die Möglichkeit, Ehekrisen für neue Sternstunden der Liebe zu nutzen: Kommentar zum Evangelium des XXVII. Sonntag im Jahreskreis.


Rom (www.kath.net/Zenit)
Viele Ehen scheitern, Partner arrangieren sich, und sogar die Bibel kennt Wege der Trennung. Vor diesem Hintergrund stelle Jesus seinen Jüngern das hohe Ideal der Ehe vor Augen, dem sie zu folgen haben, erklärt Kapuzinerpater Raniero Cantalamessa. Anhand der Lesungen des Sonntags (Gen 2,18-24, Hebr 2,9-11; Mk 10,2-12) legt der Prediger des Päpstlichen Hauses dar, wie Eheleute Krisen mit Gewinn überwinden können.

Die zwei werden ein Fleisch sein

Das Thema dieses 27. Sonntag im Jahreskreis ist die Ehe. Die erste Lesung der Heiligen Messe fängt mit Worten an, die weithin bekannt sind: „Gott, der Herr, sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.“

In diesen unseren Tagen sind Trennung und Scheidung das Übel der Ehe, während es in den Tagen Jesu die Entlassung der Frau aus der Ehe war. In gewisser Weise war dies noch schlechter, weil es sich um ein Unrecht gegenüber der Frau handelte, das leider noch heute in bestimmten Kulturen fortbesteht. Der Mann hatte tatsächlich das Recht, die Frau zu entlassen, aber die Frau hatte nicht das Recht, ihren Ehemann abzulehnen.

Im Judentum bestanden in Bezug auf die Entlassung der Frau aus der Ehe zwei Meinungen, die entgegengesetzt waren. Eine von ihnen erlaubte dem Mann, seine Frau aus welchen Gründen auch immer zu entlassen, also je nach Belieben des Ehemanns; entsprechend einer anderen brauchte man wohl schon einen triftigen Grund dafür, der durch das Gesetz festgelegt war.

Eines Tages legte man diese Frage Jesus vor, in der Hoffnung, dass er nun eine Position zugunsten der einen oder anderen Haltung beziehen würde. Aber diese Leute bekamen eine Antwort, mit der sie nicht gerechnet hatten: „Nur weil ihr so hartherzig seid, hat er euch dieses Gebot gegeben. Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen (Mk 10,5-9).“

Das Gesetz des Moses über die Entlassung der Frau aus der Ehe ist aus der Sicht Christi wie eine ungewollte Verfügung, die Gott aber zugelassen hat (wie die Polygamie oder andere Unsitten); aber nur wegen der Herzenshärte und der mangelnden Reife der Menschen.

Jesus kritisiert Moses nicht, weil er dieses Zugeständnis gemacht hat; er erkennt an, dass der menschliche Gesetzgeber die tatsächliche Wirklichkeit nicht unberücksichtigt lassen kann. Aber er schlägt den Pharisäern wieder das ursprüngliche Ideal der unauflöslichen Verbindung zwischen Mann und Frau vor („ein Fleisch“ zu werden), das zumindest für seine Jünger die einzig mögliche Form der Ehe sein soll.

Jesus begnügt sich aber nicht damit, nur das Gesetz nochmals zu bestätigen; er fügt die Dimension der Gnade hinzu, was heißt, dass die christlichen Eheleute nicht nur die Pflicht haben, einander bis zum Tod treu zu bleiben; sie besitzen auch alle Hilfen, die dazu notwendig sind.

Der Erlösertod Christi setzt eine Kraft frei – den Heiligen Geist –, der alle Lebensbereiche der Gläubigen durchdringt, und die Ehe gehört auch dazu. Ja, sie wird sogar zur Würde eines Sakraments und zum lebendigen Bild der bräutlichen Verbindung Jesu mit seiner Kirche am Kreuz erhoben (vgl. Eph 5,31-32).

Dass die Ehe ein Sakrament ist, bedeutet nicht nur (wie man gemeinhin denkt), dass sie der Ort für die erlaubte und „gute“ geschlechtliche Vereinigung ist, die außerhalb der Ehe nur sittenwidrig und Sünde sein kann; vielmehr bedeutet die Sakramentalität, dass die Ehe zu einem Weg wird, sich über die Liebe zum anderen mit Christus zu vereinigen; sie wird zu einem wahren Weg der Heiligung.

Diese positive Perspektive hat besonders Papst Benedikt XVI. in seiner Enzyklika Deus caritas est über Liebe und Nächstenliebe aufgezeigt. Der Papst stellt nämlich niemals die unauflösliche Verbindung in der Ehe einer anderen Form von erotischer Liebe entgegen, sondern er stellt sie als die reifste und vollkommenste Form von Liebe nicht nur für Christen, sondern für alle Menschen dar.

„Zu den Aufstiegen der Liebe und ihren inneren Reinigungen gehört es, dass Liebe nun Endgültigkeit will, und zwar in doppeltem Sinn: im Sinn der Ausschließlichkeit — ‚nur dieser eine Mensch’ — und im Sinn des ‚für immer’“, schreibt der Heilige Vater. „Sie umfasst das Ganze der Existenz in allen ihren Dimensionen, auch in derjenigen der Zeit. Das kann nicht anders sein, weil ihre Verheißung auf das Endgültige zielt: Liebe zielt auf Ewigkeit“ (Deus caritas est, 6).

Dieses Ideal der ehelichen Treue ist nie einfach gewesen (Ehebruch ist ein Wort, bei dem das Finstere bis in die Bibel hinein mitschwingt); aber heute hat die permissive und hedonistische Kultur, in der wir leben, die Treue noch unermesslich schwieriger gemacht. Die alarmierende Krise, der die Institution der Ehe in unserer Gesellschaft ausgesetzt ist, kann jeder sehen.

Da gibt es etwa eine Zivilgesetzgebung, wie die der spanischen Regierung, die es zulässt (und indirekt sogar dazu anregt), dass ein Scheidungsverfahren nur wenige Monate nach dem Einzug in den gemeinsamen Haushalt eingeleitet werden kann. Und da gibt es Formulierungen wie: „Ich bin ein solches Leben leid“, oder: „Wenn das so ist, dann bleibt besser jeder für sich!“, die bei den Eheleuten bereits bei der ersten kleinen Schwierigkeit kursieren.

Übrigens: Ich glaube, dass ein christlicher Ehemann auch diese einfache Tatsache, so etwas gesagt zu haben, beichten sollte. Allein so etwas ausgesprochen zu haben, ist ein Vergehen gegen die Einheit und ein gefährlicher psychologischer Präzedenzfall.

Die Ehe leidet unter der allgemeinen Mentalität „des Benutzens und Wegwerfens“. Wenn ein Gerät oder ein Werkzeug nur ein wenig beschädigt ist oder wenn man schon bei einem kleinen Schaden nicht mehr an eine Reparatur denkt (es gibt ja keinen mehr, der dieses Handwerk übernehmen könnte), denkt man eben nur noch an Ersatz. Diese Mentalität ist für die Ehe natürlich tödlich.

Was kann man tun, um diese Tendenz aufzuhalten, die ja Ursache von so großem Übel für die Gesellschaft und von so großer Traurigkeit für die Kinder ist?

Ich habe einen Vorschlag: die Wiederentdeckung der Kunst des Reparierens! Die „Konsum- und Wegwerfmentatlität“ muss durch „Gebrauchen und Reparieren“ ersetzt werden. Fast niemand bietet heute Flicken an. Deshalb wird die Kleidung auch kaum mehr ausgebessert. Aus diesem Grund ist es umso notwendiger, diese Kunst des Reparierens im Hinblick auf die Ehe zu pflegen. Die Risse müssen sofort gekittet werden.

Der heilige Paulus gab dazu den optimalen Rat: „Lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde verführen! Die Sonne soll über euren Zorn nicht untergehen. Gebt dem Teufel keinen Raum“; „vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat“; „einer trage des anderen Last“ (Eph 4,26-27; Kol 3,13; Gal 6,2).

Das Wichtigste, was es hier zu verstehen gilt, ist die Tatsache, dass die Ehe in diesem Prozess der Risse und des Flickens, der Krisen und der Überwindung, nicht aufgerieben, sondern verfeinert und verbessert wird.

Ich sehe da unmittelbare Ähnlichkeiten zwischen der Entwicklung einer gelungenen Ehe und dem Weg zur Heiligkeit. Auf dem Weg zur Vervollkommnung durchkreuzen die Heiligen häufig die „dunkle Nacht der Sinne“, in welcher sie auf der Ebene des Gefühls, der Erkenntnis und des Willens eine Krise durchmachen.

Sie erleben Trockenheit, sind leer und tun alles nur noch durch die Kraft des Willens, unter großer Erschöpfung. Man fängt an zu zweifeln, fragt sich, ob man noch auf dem rechten Weg ist oder ob nicht möglicherweise alles ein Irrtum gewesen sei. Alles ist dunkel, zahlreiche Versuchungen stehen auf; nur durch den Glauben kommt man noch voran.

Ist dann etwa alles aus? Ganz im Gegenteil! Dies alles war nichts anderes als eine Reinigung. Nachdem die Heiligen all diese Krisen durchgemacht haben, merken sie, dass ihre Liebe zu Gott viel tiefer und selbstloser geworden ist als jemals zuvor.

Viele Ehepaare können darin ganz leicht ihre eigene Erfahrung wieder erkennen. Auch sie haben in ihrer Ehe die „Nacht der Sinne“ durchgemacht, wo das Überwältigtsein und die Ekstase verschwanden und, wenn überhaupt, nur noch die Erinnerung daran blieb. Andere kennen auch die „Nacht des Geistes“ – jener Zustand, bei dem sogar die Grundentscheidung ins Wanken kommt und es den Anschein hat, dass man gar nichts mehr gemein hätte.

Wenn man es mit gutem Willen und der Hilfe von jemand anderem schafft, diese Krisen zu überwinden, spürt man erst, in welchem Maß der Antrieb und die Begeisterung der ersten Tage eigentlich recht wenig waren im Vergleich zur beständigen Liebe und Einheit, die über Jahre herangereift ist.

Wenn sich Mann und Frau anfangs liebten, weil sie das Glücksgefühl spürten, das ihnen zuteil wurde, dann können sie sich heute möglicherweise mit einer zärtlicheren Liebe lieben, mit einer Liebe, die frei von Egoismus ist und fähig, Mitleid zu lieben: Sie lieben sich nun aufgrund all jener Dinge, die sie zusammen erlebt und durchlitten haben.

[ZENIT-Übersetzung des italienischen vom Autor zur Verfügung gestellten Originals]



Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Ehe

  1. Moderator über seine Ehe mit einer gläubigen Frau: ‚Das beste Gefühl der Welt’
  2. Neigung vor Gott und Zuneigung zum Menschen
  3. Lebenslänglich für zwei Menschen
  4. Einschränkung der Religionsfreiheit – US-Bischöfe warnen vor neuem Ehe-Gesetz
  5. Football-Star Russell Wilson: Warum wir bis zur Ehe enthaltsam waren
  6. Slowenien: Kirche kritisiert Ehe-Neudefinition durch Höchstgericht
  7. Biblische Empfehlungen für Ehemänner
  8. Wie viele Schweizer Katholiken werden ihre Stimme gegen die Fake Ehe erheben?
  9. Papst: Eherichter müssen Wohl der Familie im Blick haben
  10. Die Liebe Gottes als Vorbild für das Liebesleben






Top-15

meist-gelesen

  1. Kirche und Kommunismus: Gedanken über ein Bekenntnis von Papst Franziskus
  2. ,Baby Lasagna‘: ,Mit Gott habe ich mich selbst zurückgewonnen‘
  3. 'Rote Linien dürfen nicht überschritten werden'
  4. St. Michael/Emden: Kirchenbänke verscherbeln, dafür aber neue Stühle für die Kirche kaufen
  5. Kann man "Fiducia Supplicans" jetzt einstampfen?
  6. Maria 2.0: „Wir machen die Dinge einfach selbst… Das ist eine Art Selbstermächtigung“
  7. P. Karl Wallner: „Es gibt keine Pflicht, immer zu Kommunion zu gehen bei der Hl. Messe“
  8. „Eine Transfrau ist eine Frau. Punkt!“ – Wirklich?
  9. Johannes Hartl wurde in den Deutschen Knigge-Rat berufen
  10. CDU-Politiker Wolfgang Bosbach: "Die Kirchentage sind für mich mittlerweile eher Parteitage..."
  11. Football-Spieler Harrison Butker ermutigt Frauen ihrer Berufung als Mutter zu folgen
  12. Vatikan veröffentlicht die Normen zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene
  13. Papst zu Liturgiestreit in Kerala: "Wo Ungehorsam ist, ist Schisma"
  14. Beschleunigen die neuen Vatikan-Normen die offizielle Anerkennung von Medjugorje?
  15. Evangelische Theologische Hochschule/Basel ehrt Peter Seewald

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz