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‚Das Leben ist Erwartung!’

3. Dezember 2006 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Kommentar von Pater Raniero Cantalamessa zum Evangelium des 1. Adventsonntags.


Rom (www.kath.net/ Zenit)
Das Leben ist Erwartung, und Warten ist Leben, erklärt Pater Raniero Cantalamessa OFM Cap., Prediger des Päpstlichen Hauses, anhand der Lesungen des ersten Adventsonntags. Sein Kommentar rüttelt auf, wachsam zu sein und auf die wesentlichen Fragen des Lebens zu antworten.

Das Leben ist Erwartung!

Der Herbst ist die ideale Jahreszeit, um über die menschlichen Fragen nachzudenken. Wir haben das jährliche Schauspiel der Blätter vor uns, die von den Bäumen abfallen. Seit jeher hat man darin ein Bild des Menschen und seines Schicksals gesehen. Eine Generation kommt, eine andere Generation vergeht…

Aber ist das wirklich unser endgültiges Schicksal – miserabler als das der Bäume? Der Baum wird, nachdem er seine Blätter verloren hat, im Frühjahr erneut Blüten treiben; der Mensch jedoch wird, sobald er in die Erde gebettet worden ist, das Tageslicht nie wieder sehen. Zumindest nicht das Licht dieser Welt… Die Lesungen dieses Sonntags helfen uns, auf die beunruhigendste aller menschlichen Fragen zu antworten.

Als Kind habe ich einmal einen Film oder eine Art Abenteuer-Komik gesehen, und ich erinnere mich noch an eine Szene, die sich mir für immer eingeprägt hat: Es ist Nacht, und eine Eisenbahnbrücke ist eingestürzt. Ein Zug kommt ahnungslos mit voller Geschwindigkeit herangerast; der Bahnbeamte stellt sich auf die Schienen und ruft: „Anhalten! Anhalten!“ Er signalisiert mit einer Laterne, die er hin- und herschwenkt, um auf die Gefahr hinzuweisen, aber der Lokführer ist abgelenkt und sieht sie nicht; und so fährt er weiter, bis der Zug im Fluss landet…

Ich möchte nicht übertreiben, aber dieses Bild scheint sehr gut auf unsere heutige Gesellschaft zu passen, die sich im „Rock ‚n’ Roll“ frenetisch weiterbewegt und alle Warnsignale übersieht; Warnsignale, die nicht nur von der Kirche kommen, sondern von vielen Leuten, die glauben, für die Zukunft mitverantwortlich zu sein…

Mit dem ersten Adventssonntag fängt in neues liturgisches Jahr an. Das Evangelium, das uns im Verlauf dieses Jahres, dem Lesekreis C, begleiten wird, ist das Lukasevangelium. Die Kirche benützt die Gelegenheit dieser bedeutsamen Momente, dieses Übergangs von einem Jahr zum anderen, von einer Station zur anderen, um uns alle einzuladen, einen Augenblick innezuhalten und unsere innere Ausrichtung zu bedenken – und uns dabei jene Fragen durch den Kopf gehen zu lassen, auf die es ankommt: „Wer sind wir? Woher kommen wir? Und wohin gehen wir?“

In den Lesungen der Sonntagsmesse stehen alle Verben im Futur. In der ersten Lesung haben wir die Worte von Jeremias vernommen: „Seht, es werden Tagen kommen – Spruch des Herrn –, da erfülle ich das Heilswort, das ich über das Haus Israel und das Haus Juda gesprochen habe. In jenen Tagen und zu jener Zeit werde ich für David einen gerechten Spross aufsprießen lassen…“ (Jer 33,14-15).

Diese Erwartung, die mit dem Kommen des Messias in Erfüllung geht, erhält durch die Evangeliumsstelle einen neuen Horizont, einen neuen Inhalt: nämlich die glorreiche Rückkehr Christi am Ende der Zeiten. „Die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke kommen sehen“ (Lk 21,26-27).

Das sind apokalyptische Töne, ja Bilder einer Katastrophe. Dennoch handelt es sich um eine hoffnungsvolle, trostreiche Botschaft. Sie sagt uns, dass wir eben nicht auf eine unendliche Leere zugehen oder auf eine ewige Ruhe, sondern auf eine Begegnung, der Begegnung mit dem, der uns geschaffen hat und uns mehr liebt, als ein Vater und eine Mutter es tun können.

An einer Stelle des Buches der Offenbarung wird beschrieben, wie man sich dieses Ende der Geschichte als den Auftakt einer Hochzeitsfeier vorstellen muss. Es genügt da wohl, sich an das Gleichnis der zehn Jungfrauen zu erinnern, die mit dem Bräutigam den Hochzeitssaal betreten, oder aber an das Bild Gottes, der an der Schwelle zum anderen Leben auf uns wartet, um sogar noch die letzte Träne abzuwischen, die aus unseren Augen kommt.

Vom christlichen Standpunkt aus betrachtet, ist alle menschliche Geschichte eine lange Wartezeit. Vor Christi Geburt ist sein Kommen erwartet worden; nach seinem Tod wird seine glorreiche Rückkehr am Ende der Zeiten erwartet.

Die Zeit des Advents hat uns in der Tat etwas Wichtiges zu sagen – für unser ganzes Leben. Ein großer spanischer Dichter – Calderón de la Barca – schrieb einst ein berühmtes Drama mit dem Titel „Das Leben ist wie ein Traum“. Wahrhaftig ebenso bestimmt lässt sich sagen: Das Leben ist Erwartung!

Und es ist interessant, dass genau das auch das Thema eines berühmten Theaterstücks unserer Tage ist: Samuel Beckets „Warten auf Godot“…

Wenn eine Frau schwanger ist, so sagt man, dass sie ein Kind „erwartet“; die Büros bedeutender Leute verfügen über einen „Warteraum“. Wenn man es sich genauer überlegt, kommt man drauf, dass das ganze Leben ein Wartezimmer ist. Wir selbst werden ungeduldig, wenn wir gezwungen sind, auf einen Besuch zu warten oder aber darauf, eine Erfahrung zu machen. Aber was wäre, wenn wir aufgeben würden zu warten! Ein Mensch, der nicht mehr auf irgendetwas im Leben wartet, ist tot. Das Leben ist Erwartung, aber auch das Gegenteil gilt: Warten ist Leben!

Was unterscheidet das Warten des Gläubigen vom Warten anderer Leute, zum Beispiel von der Haltung derjeniger, die auf Godot warten? Dort wird eine geheimnisvolle Persönlichkeit erwartet, aber es ist nicht sicher, dass sie auch tatsächlich kommt; einige meinen, es gehe um Gott selbst, auf Englisch „God“. Die betreffende Person lässt morgens ausrichten, dass sie am Abend kommt; dann sagt sie, dass sie nicht kommen kann, dass sie aber gewiss des nachts kommen werde; und in der Nacht heißt es dann, sie werde möglicherweise am folgenden Morgen kommen… Und die beiden armen Gesellen sind dazu verurteilt, auf Godot zu warten; sie haben keine Alternative.

Für die Christen ist das nicht so. Der Christ wartet auf jemanden, der bereits gekommen ist und der ihn ständig begleitet. Deshalb wird uns an den beiden Sonntagen nach dem ersten Adventssonntag, an dem über die endgültige Rückkehr Jesu nachgedacht wird, Johannes der Täufer von der Gegenwart Jesu mitten unter uns berichten.

Er wird sagen: „Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt.“ Jesus ist mitten unter uns: nicht nur in der Eucharistie, sondern auch im Wort, in den Armen, in der Kirche… Durch die Gnade lebt er in unseren Herzen, und der Gläubige kann ihn dort erfahren.

Das Leben des Christen ist kein fruchtloses Warten, kein Warten, bei dem die Zeit einfach nutzlos verfliegt. Im Evangelium des heutigen Sonntag sagt Jesus auch, wie die Hoffnung der Jünger beschaffen sein muss; wie sie sich verhalten müssen, um nicht überrascht zu werden, wenn der entscheidende Augenblick da ist: „Nehmt euch in acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren… Wacht und betet allezeit…“ (Lk 34-36).

Auf diese moralischen Verpflichtungen werden wir aber bei einer anderen Gelegenheit zu sprechen kommen. Ich möchte jetzt lieber an eine Kinoszene erinnern. Es gibt im Kino zwei ganz große Erzählungen über einen Eisberg. Die eine ist „Titanic“, die wir ja gut kennen, und die andere bezieht sich auf den Film „Rapa Nui“ mit Kevin Kostner, der schon etwas älter ist.

Es geht dort um die Legende von den Osterinseln, die im pazifischen Ozean liegen. Sie besagt, dass der Eisberg in Wirklichkeit ein Schiff ist, das in einem bestimmten Jahr oder Jahrhundert ganz nahe an der Insel vorbeigefahren sei, um den König beziehungsweise den Held von einem bestimmten Ort ab- und an Bord zu holen, um dann zum Königreich der Unsterblichkeit weiterzureisen.

Es gibt einen Eisberg am Weg eines jedem von uns – der Bruder Tod. Wir können uns vormachen, dass er nicht da wäre, oder einfach nicht an ihn denken, wie es wohl manche jener sorglosen Leute getan haben mochten, die in jener Nacht auf der „Titanic“ beim Feiern waren; oder aber wir können uns vorbereiten und uns mitnehmen lassen in Richtung Königreich der Heiligen. Der Advent sollte auch dazu dienen...

[ZENIT-Übersetzung des italienischen vom Autor zur Verfügung gestellten Originals]



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