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Die Bösen gibt es deshalb, damit sie umkehren

20. Juli 2008 in Spirituelles, keine Lesermeinung
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Kommentar von Raniero Cantalamessa zum Evangelium des 16. Sonntags im Jahreskreis


Rom (kath.net/Zenit.org)
Das Gleichnis Jesu vom Weizen und vom Unkraut steht im Mittelpunkt der Überlegungen des Predigers des päpstlichen Hauses, P. Raniero Cantalamessa OFM Cap., zum kommenden Sonntag (Weish 12,13.16-19; Röm 8,26-27; Mt 13,24-43). Der Kapuzinerpater erklärt, dass sich im Grunde jeder Mensch nach einem letzten Gericht sehnt, bei dem Unschuldige Trost finden und Schuldige die gerechte Strafe.

Der Weizen und das Unkraut

In drei Gleichnissen beschreibt Jesus im Evangelium die Situation der Kirche in der Welt. Das Gleichnis vom Senfkorn, das zum Baum wird, verweist auf das Anwachsen des Reiches Gottes auf Erden. Aus dem Munde Jesu war dies eine gewagte Prophezeiung! Auch das Gleichnis vom Sauerteig im Mehl verweist auf das Wachsen des Reiches, nicht so sehr jedoch in seiner Ausbreitung, als vielmehr in seiner Intensität; es verweist auf die umformende Kraft des Evangeliums, das die Teigmasse „aufgehen lässt“ und sie zum Brot bereitet.

Diese beiden Gleichnisse hatten die Jünger schnell verstanden. Nicht so leicht taten sie sich mit dem dritten über den Weizen und das Unkraut, das Jesus ihnen eigens erklären musste. Der Sämann ist Jesus selbst, das gute Korn die Kinder des Reiches, das Unkraut die Kinder des Bösen, der Acker die Welt und die Ernte das Ende der Welt.

„Das Gleichnis Jesu war in der christlichen Antike Gegenstand eines denkwürdigen Disputs, dem man auch heute Beachtung schenken muss. Es gab die sektiererischen Geister, die Donatisten, welche die Angelegenheit in zu vereinfachter Weise lösten. Auf der einen Seite die Kirche (ihre Kirche!), die nur aus Vollkommenen bestand; auf der anderen Seite die Welt voller Kinder des Teufels, ohne Hoffnung auf Heil. Ihnen widersetzte sich der hl. Augustinus: der Acker ist das Symbol der Welt, aber auch die Kirche; der Ort, an dem eng nebeneinander Heilige und Sünder leben und wo es Raum zum Wachsen und zur Umkehr und vor allem zur Nachahmung der Geduld Gottes gibt. „Die Bösen, so sagte er, gibt es deshalb, damit sie umkehren oder durch sie die Guten sich in der Geduld üben.“

Die Skandale, die ab und zu die Kirche erschüttern, müssen uns also traurig machen, sie dürfen uns jedoch nicht überraschen. Die Kirche ist aus Menschen gemacht, nicht nur aus Heiligen. Auch in einem jeden von uns ist Unkraut, nicht nur in der Welt und in der Kirche, und diese Tatsache sollte uns weniger bereit machen, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Erasmus von Rotterdam sagte zu Luther, der ihn getadelt hatte, trotz der Korruption in der katholischen Kirche zu bleiben: „Ich ertrage diese Kirche in der Hoffnung, dass sie besser wird, da auch sie gezwungen ist, mich in der Erwartung zu ertragen, dass ich besser werde.“


Das wichtigste Thema des Gleichnisses aber ist möglicherweise weder der Weizen noch das Unkraut, sondern die Geduld Gottes. Die Liturgie hebt das durch die Wahl der ersten Lesung hervor, eine Hymne an die Kraft Gottes, die sich als Geduld und Nachsicht offenbart. „Weil du über Stärke verfügst, richtest du in Milde und behandelst uns mit großer Nachsicht; denn die Macht steht dir zur Verfügung, wann immer du willst. Durch solches Handeln hast du dein Volk gelehrt, dass der Gerechte menschenfreundlich sein muss, und hast deinen Söhnen die Hoffnung geschenkt, dass du den Sündern die Umkehr gewährst.“ Die Geduld Gottes ist nicht einfach nur „Geduld“, das heißt ein Warten auf den Tag des Gerichts für uns, um mit größerer Befriedigung zu bestrafen. Sie ist Langmut, Erbarmen, Heilswillen

Das Gleichnis vom Weizen und vom Unkraut eignet sich zu einer weiterführenden Reflexion. Einer der stärksten Anlässe zur Verlegenheit für die Christen und zur Ablehnung Gottes seitens der Nichtgläubigen ist immer die „Unordnung“ gewesen, die in der Welt herrscht. Das Buch Kohelet, das soft den Zweifelnden und Skeptikern Stimme verleiht, merkt an: „Noch etwas habe ich beobachtet unter der Sonne: An der Stätte, wo man Urteil spricht, geschieht Unrecht; an der Stätte, wo man gerechtes Urteil sprechen sollte, geschieht Unrecht… Beides – wie bei allen Menschen. Aber ein und dasselbe Geschick trifft den Gesetzestreuen und den Gesetzesbrecher, den Guten, den Reinen und den Unreinen, den Opfernden und den, der nicht opfert. Dem Guten ergeht es wie dem Sünder, dem Schwörenden ebenso wie dem, der den Schwur scheut“ (Koh 3,16; 9,2). In allen Zeiten wurde der Triumph der Ungerechtigkeit und die Erniedrigung der Unschuld gesehen. „Aber“ – so sagte Bossuet – „damit man nicht glaubt, dass es in der Welt etwas Fixes und Sicheres gibt, ist manchmal das Gegenteil zu sehen, das heißt die Unschuld auf dem Thron und die Ungerechtigkeit auf dem Galgen.“

Die Antwort auf diesen Skandal hatte schon der Verfasser des Buchs Kohelet gefunden: „Da dachte ich mir: Gott ist es, der den Unschuldigen wie den Schuldigen verurteilt. Denn eine bestimmte Zeit für jedes Geschehen und für jedes Tun gibt es (auch) dort“ (3,17). Das ist es, was Jesus im Gleichnis „die Zeit der Ernte“ nennt. Es handelt sich mit anderen Worten darum, die rechte Sicht angesichts der Wirklichkeit zu finden, die Dinge im Licht der Ewigkeit zu sehen. Es geschieht wie bei gewissen modernen Gemälden, die aus der Nähe betrachtet wie ein wirres Zusammenspiel von Farben ohne Sinn und Ordnung erscheinen, die aber, aus dem richtigen Abstand heraus betrachtet, einen präzisen und mächtigen Plan offenbaren.

Es geht nicht darum, angesichts des Bösen und der Ungerechtigkeit in einer passiven Erwartungshaltung zu verharren, sondern mit allen legitimen Mitteln für die Förderung der Gerechtigkeit und die Unterdrückung von Ungerechtigkeit und Gewalt zu kämpfen. Dieser Bemühung aller Menschen guten Willens fügt der Glaube eine Hilfe und Stütze von unschätzbarem Wert hinzu: die Gewissheit, dass der endgültige Sieg nicht der der Ungerechtigkeit und der Präpotenz sein wird, sondern der der Unschuld.

Der moderne Mensch findet es schwer, die Idee eines jüngsten Gerichts Gottes über die Welt und die Geschichte zu akzeptieren. Darin aber liegt ein Widerspruch: Er selbst es ist ja, der sich der Idee widersetzt, dass die Ungerechtigkeit das letzte Wort haben könnte. In den vielen Jahrtausenden des irdischen Lebens hat sich der Mensch an alles gewöhnt. Er hat sich an jedes Klima angepasst und ist gegen viele Krankheiten immun geworden. An eines hat er sich allerdings nie gewöhnt: an die Ungerechtigkeit. Er spürt nach wie vor, dass sie etwas Unerträgliches ist. Und auf diesen Durst nach Gerechtigkeit gibt das Gericht eine Antwort. Es wird also nicht nur von Gott, sondern auch von den Menschen und paradoxerweise selbst von den „Schlechten“ gewollt. „Am Tag des jüngsten Gerichts“, so sagt der Dichter P. Claudel, „wird nicht nur der Richter vom Himmel herabsteigen, sondern es wird die ganze Erde sein, die sich auf ihn stürzt.“

Wie sehr ändern sich doch die menschlichen Angelegenheiten, wenn sie von diesem Blickwinkel aus betrachtet werden – selbst jene, die wir heute vorfinden! Nehmen wir zum Beispiel das Phänomen des organisierten Verbrechens: Die Mafia, ’Ndrangheta, Camorra hier in Italien, ist in vielen Ländern unter einem Namen verbreitet verbreitet. Vor kurzem hatte das Buch und dann der Film „Gomorra“ den Grad der Verwerflichkeit und der Verachtung der anderen dokumentiert, zu dem die Bosse dieser Organisationen gelangen, aber auch den Sinn der Impotenz und der Resignation der Gesellschaft angesichts solcher Phänomene.

In der Vergangenheit haben wir Mafiosi gesehen, die schrecklicher Verbrechen angeklagt waren und die sich mit einem Lächeln im Gesicht verteidigten, die Richter und Gerichte in der Hand hatten und sich aufgrund mangelnder Beweise behaupteten. So als wäre alles gelöst, wenn man es vor den menschlichen Richtern schafft! Das wahre Gericht wird erst noch beginnen müssen. Auch wenn Ihr Eure Tage in Freiheit beendet – gefürchtet, geehrt, ja sogar mit einer wunderbaren kirchlichen Bestattung –, nachdem Ihr große Spenden für wohltätige Zwecke gegeben habt, so werdet Ihr doch nichts getan haben. Der wahre Richter erwartet Euch, und ihn werdet Ihr nicht täuschen. Gott lässt sich nicht bestechen.

Was Jesus zum Schluss seiner Erklärung des Gleichnisses vom Weizen und vom Unkraut sagt, dürfte also Grund zur Tröstung für die Opfer und Grund zum heilsamen Schrecken für die Gewalttätigen sein: „Wie nun das Unkraut aufgesammelt wird und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen. Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten.“



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