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Tragische Figur mit braunen Rändern

29. Mai 2010 in Österreich, 6 Lesermeinungen
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Vor 125 Jahren wurde Bischof Alois Hudal geboren - Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)


Graz (www.kath.net/KNA)
Für Gegner der katholischen Kirche steht sein Name in einer Reihe mit Kriegsverbrechern und ewig gestrigen Nazi-Sympathisanten. Erst in jüngster Zeit sehen einige Historiker ihn in etwas milderem Licht: Bischof Alois Hudal. Der österreichische Geistliche, der 1963 entmachtet und verbittert nahe Rom starb, wurde vor 125 Jahren, am 31. Mai 1885, in Graz geboren.

Hudal verbrachte die entscheidenden Jahre seines Lebens am deutschsprachigen Priesterkolleg „Santa Maria dell'Anima“ in Rom, wo bis heute Deutsche, Österreicher und andere Deutschsprachige ihre pastorale Heimat in der Ewigen Stadt haben. Dort studierte der kleinwüchsige Sohn eines Schuhmachers für seine zweite Promotion; dort war er Kaplan. Und schließlich wurde er 1923 Rektor jener traditionsreichen Institution, die man in Rom kurz „die Anima“ nennt. Hudal sollte dieses Amt fast 30 Jahre innehaben, bis Papst Pius XII. ihn 1952 mit österreichischer Einwilligung absetzte und er die letzten zehn Jahre seines Lebens, quasi im Exil, vor den Toren Roms verbrachte.

In Hudals Leben und Denken spiegeln sich die dramatischsten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts und seiner politischen Wirrungen wider. Den Ersten Weltkrieg erlebte der karrierebewusste Theologe als Militärgeistlicher. Er hielt aufbauende Ansprachen an die Soldaten, die er 1917 veröffentlichte.


Nach seiner Ernennung zum Rektor der Anima wähnte er sich an der Schlüsselstelle zwischen deutsch-österreichischem Kulturkreis und der Zentrale der römischen Kirche. Hier versuchte er eine waghalsige geistige Annäherung an den großdeutschen Nationalsozialismus, die 1936 in seinem Werk „Die Grundlagen des Nationalsozialismus: Eine ideengeschichtliche Untersuchung“ ihren Niederschlag fand. Noch im Jahr zuvor hatte er für Pius XI., dessen Staatssekretär Rafael Merry del Val ihn entdeckte und förderte, eine Liste der Irrtümer der NS-Ideologie zusammengestellt. Nun aber setzte er sich mit einem Buch zwischen alle Stühle, das - trotz einer Ablehnung der schlimmsten rassistischen Verirrungen der Nazis - an deren Gedankenwelt auch positive Seiten herauszuarbeiten versuchte.

Als Bollwerk gegen Bolschewismus und Liberalismus empfahl Hudal eine Allianz zwischen Katholizismus und völkischer Ideologie sowie einen Präventivschlag gegen die aggressive Sowjetunion durch eine christliche Armee Europas. Mit seinem Vorschlag, den „guten“ Teil der braunen Bewegung mit der Kirche zu versöhnen, stand Hudal damals nicht allein. Auch bei den Deutschnationalen um Franz von Papen gab es solche Ideen. Hudals Buch, das den kirchenfeindlichen Nazis suspekt war, durfte im Reich nur in einer winzigen Druckauflage erscheinen. Verboten wurde es nicht.

Das Buch, das in klarem Gegensatz zur Enzyklika „Mit brennender Sorge“ stand, trug ebenso wie peinliche Gottesdienste mit voller Hakenkreuzbeflaggung in der Kirche der „Anima“ dazu bei, dass Papst und Staatssekretariat sich deutlich von dem „braunen Bischof“ distanzierten und ihn seiner vatikanischen Funktionen enthoben.

Ähnlich zwiespältig war die Rolle Hudals im Zweiten Weltkrieg. So ließ er zu, dass sich während der deutschen Besetzung Roms 1943/1944 Flüchtlinge und Angehörige des Widerstands in der Anima vor dem Zugriff der Besatzer versteckten. Bei der Großrazzia der SS im jüdischen Getto war es Hudal, der mit einem Brandbrief an den deutschen Kommandanten und die SS-Führung einen Abbruch der Aktion erwirkte und damit etwa 4.000 von 5.000 zur Deportation vorgesehenen Juden das Leben rettete.

In den unübersichtlichen Verhältnissen nach Abzug der deutschen Truppen aus Rom half Hudal Hunderten Wehrmachtssoldaten und SS-Leuten mit falschen Papieren zur Flucht, ohne Ansehen der Person. Einer der bekanntesten Nutznießer war SS-Hauptsturmführer Erich Priebke. Erst ein halbes Jahrhundert später wurde Priebke in Argentinien festgenommen und von italienischen Gerichten wegen Mitwirkung an der Erschießung von 335 Zivilisten verurteilt.

Aus einer Vielzahl von Einzelfällen folgerten später vor allem linksgerichtete Medien, Hudal sei die Schlüsselfigur einer vom Vatikan organisierten „Rattenlinie“ gewesen, über die selbst
Schwerstverbrecher wie der KZ-Organisator Adolf Eichmann nach Südamerika entkommen konnten. Historiker streiten bis heute über die Existenz der Rattenlinie und die Rolle kirchlicher Einrichtungen in diesem mutmaßlichen Netzwerk. Die Presseberichte über Hudals Rolle als Fluchthelfer der Nazis setzten jedoch den Vatikan so sehr unter Druck, dass Pius XII. schließlich mit dem Salzburger Erzbischof gemeinsam die Absetzung Hudals auch als Rektor der „Anima“ durchsetzte.

Im selbst gewählten Exil in Grottaferrata bei Rom verfasste Hudal seine Memoiren mit dem Titel „Römische Tagebücher. Lebensbeichte eines alten Bischofs“. Sie erschienen erst 1976 in Buchform. Darin verteidigt er sein Denken und Handeln und bezeichnet die von ihm Geretteten als „Opfer“ der Alliierten. Seine letzte Ruhestätte fand Hudal auf dem „Campo Santo Teutonico“, dem alten Friedhof der Deutsch-Römer neben dem Petersdom.

(C) 2010 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten.


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Lesermeinungen

 rosenberg 29. Mai 2010 

nationale Verblendung.

Männer wie Hudal tragen ein gerüttelt Maß an Verantwortung, für die ungerechten Vorwürfe der Kommunisten seit 1945, und in den letzten Jahren leider auch von jüdischer Seite, gegen Papst PiusXII. und die Katholische Kirche im WKII. Er ist zwar nicht der einzige der in nationaler Verblendung, auf die braunen Mörder hereinfiel, aber in seiner Ignoranz, die auch vor dem Leiden des Papstes an dieser weltgeschichtlichen Tragödie, nicht Halt machte, fällt er schon unangenehm auf. Die Tragik, dass nun PiusXII. von der Welt verachtet wird, für dass was ein Priester wie Alois Hudal getan hat, dürfte ein gut Teil des Fegfeuerleidens von Alois Hudal ausmachen.


3
 
 mhesemann 29. Mai 2010 
 

Zurecht umstritten

Bischof Alois Hudal war gewiss zurecht die umstrittenste Figur im kirchlichen Rom dieser Zeit. Der Direktor der Anima war das beste Beispiel dafür, dass selbst ein theologisch hochgebildeter Katholik den Versuchungen des Nationalsozialismus erliegen konnte. Aber auch sein krankhafter Ehrgeiz, seine Selbstüberschätzung, sein Opportunismus und seine Profilierungssucht, später gefolgt von einer beträchtlichen Portion Starrsinn, trugen ihren Teil dazu bei.

Nach der Machtergreifung Hitlers glaubte er sich zum Vermittler zwischen deutscher Nation und römischer Kirche berufen. Er sympathisierte mit den Nazis, doch er konnte unmöglich ihre kirchenfeindlichen und antisemitischen Hasstiraden übersehen. So wurde er zweigleisig aktiv. Einerseits beriet er das Heilige Offizium bei der Verurteilung von Rosenbergs Nazi-Katechismus Der Mythus des 20. Jahrhunderts und der Erstellung des Syllabus gegen Rassismus und Totalitarismus, andererseits wurde er mit seinem 1936 erschienenen Buch Die Grundlagen des Nationalsozialismus zum „Hoftheologen der Partei“. Das Buch, das er Hitler als „dem Siegfried deutscher Größe“ widmete, plädierte für eine Christianisierung der NS-Ideologie. Nur mit ihrer Hilfe könne „die gesamte abendländische Kultur den Kampf gegen den Ostbolschewismus“ aufnehmen. Um sich zumindest halbwegs zu rechtfertigen, behauptete Hudal, zwei Flügel der NSDAP ausgemacht zu haben: einen „linken“, um Rosenberg und einen rechten um konservativ-national gesinnte Männer wie Papen. Hitler lobte ihn zunächst, verlieh ihm die goldene Ehrennadel der Partei und dachte zeitweise daran, ihn zum deutschen Gegenpapst zu krönen. Doch kaum hatte jemand es gelesen, verboten die Nazis das Buch, das fortan nur noch (wohl nicht ganz zu Unrecht) als Anbiederungs- und Unterwanderungsversuch galt.

Im Vatikan löste sein Erscheinen einen Skandal aus. In Sperrschrift distanzierte sich der Osservatore Romano von dem Machwerk und fast wäre es auf dem Index der verbotenen Bücher gelandet, hätte nicht Hudals Bischofswürde und Vorgeschichte als Berater des Heiligen Offiziums das verhindert. Fortan war Hudal im Apostolischen Palast zur persona non grata geworden. Pius XI. verbot ihm, den Anschluss Österreichs ans Reich in der Anima mit einer Festmesse zu feiern, Pius XII. entzog der Anima sogar das päpstliche Protektorat. Als Hudal ihm trotzdem eine Weihnachtskarte schickte, lautete die Aufschrift des Formschreiben Al Collegio ariano dell’Anima (An das arische Kolleg der Anima).

Nur einmal, während der deutschen Besetzung Roms, als es darum ging, Juden zu retten, bediente sich auch Pius XII. der guten Beziehungen des braunen Bischofs zu den Nazis. Am 16. Oktober 1943, der als \"Blutschabbat\" in die Geschichte des römischen Judentums eingehen sollte, schickte er seinen Neffen Carlo Pacelli zu Hudal, denn er wußte, dass der Bischof gute Veziehungen zum deutschen Stadtkommandanten von Rom, General Stahel, unterhielt. Auf Drängen des Papstes überzeugte Hudal den General, bei Himmler einen sofortigen Stopp der Verhaftungen zu bewirken; mit Erfolg; 7000 der 8000 römischen Juden blieben verschont. Aber auch mit einem bitteren Beigeschmack. Statt nach Mauthausen, wo sie als \"Geiseln\" verbleiben sollten, wurde der Zug mit den 1007 bereits Inhaftierten nach Auschwitz geschickt. Trotzdem erreichte Hudal bei Stahel noch etwas Gutes: Die Deutschen druckten Anschläge, die an sämtlichen römischen Klöstern angebracht wurden und diese für Vatikanbesitz erklärten. Das verhinderte deutsche Razzien; und so konnten Tausende Juden in römischen Klöstern überleben.

Doch diese zeitweise Zusammenarbeit Pius XII. mitz Hudal endete schnell. Denn schon als sich dieser nach der Befreiung Roms anbot, „im Namen des Papstes“ die deutschen und österreichischen Kriegsgefangenen in ihren Lagern zu besuchen, erhielt er wieder eine Abfuhr. Im Auftrag Pius XII. teilte ihm Monsignore Montini, der spätere Papst Paul VI., mit, dass er dies gefälligst in seinem eigenen Namen machen solle. Einzig sein Angebot, als Anlaufstelle für österreichische Flüchtlinge zu fungieren, wurde angenommen; schließlich war er der einzige österreichische Bischof in Rom. Doch eben in dieser Stellung avancierte er zum Fluchthelfer für seine braunen Gesinnungsgenossen. Gemeinsam mit dem kroatischen Priester und Theologen Krunoslav Draganovic besorgte er für Nazis und Angehörige der rechtsextremistischen kroatischen Ustascha-Miliz Visa für Argentinien. In seinen eigenen, posthum erschienen Memoiren Römische Tagebücher gibt er unumwunden zu:

„All diese Erfahrungen haben mich schließlich veranlasst, nach 1945 meine ganze karikative Arbeit in erster Linie den früheren Angehörigen des NS und Faschismus, besonders den sogenannten Kriegsverbrechern zu weihen, die von Kommunisten und christlichen Demokraten verfolgt wurden, oft mit Mitteln, deren Methoden sich nur wenig von manchen ihrer Gegner von gestern unterschieden haben; obwohl diese Angeklagten vielfach persönlich ganz schuldlos, nur die durchführenden Organe der Befehle ihrer übergeordneten Stellen und so das Sühneopfer für große Fehlentwicklungen des Systems waren. Hier zu helfen, manchen zu retten, ohne opportunistische und berechnende Rücksichten, selbstlos und tapfer, war in diesen Zeiten die selbstverständliche Forderung eines wahren Christentums, das keinen Talmudhass, sondern nur Liebe, Güte und Verzeihung kennt und Schlussurteile über die Handlungen des eigentlichen Menschen nicht politischen Parteien, sondern einem ewigen Richter überlässt, der allein die Herzen, Beweggründe und letzten Absichten überprüfen kann. Über diese letzte geleistete Hilfe, die mir bald an der römischen Kurie den Titel eines nazistischen, faschistischen Bischofs eintrug – troppo tedesco („zu sehr deutsch“) -, bin ich schließlich als untragbar für die Vatikanpolitik gefallen.“

Das war noch vorsichtig formuliert. Es war auch kein Druck von außen, wie obiger Bericht behauptet, sondern Pius XII. selbst, der wollte, dass den Kriegsverbrechern irdische Gerechtigkeit statt vatikanischer Gnade widerfährt. Als Bischof Hudal 1949 eine Pilgergruppe zu einer Papstaudienz begleitete, teilte ihm ein päpstlicher Kammerdiener mit, seine Anwesenheit im Apostolischen Palast sei unerwünscht. 1950 wurde sein österreichisches Flüchtlingsbüro geschlossen, 1951 wurde er gezwungen, mit Wirkung ab Juli 1952 als Direktor der Anima zurückzutreten. Die letzten elf Jahre seines Lebens verbrachte er als verbitterter alter Mann in seiner Villa in Grottaferrata bei Rom, wo er nicht nur seine \"Römischen Erinnerungen\" schrieb, sondern schließlich auch Rolf Hochhuth empfing, um sich an seinem Widersacher zu rächen. Dass der Dramatiker schließlich dem Pacelli-Papst eine Argumentation in den Mund legte, die viel besser zu Hudal gepasst hätte, wurde zur großen Ironie dieser Geschichte.


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 jakob05 29. Mai 2010 
 

nicht nur

hudal ist für die kirche ein schrecklicher unfall...das gesamte ustasha regime von ante pavelic welches tausende von orthodoxen serben im kz jasenovac ermordet hat, hätte NIEMALS die unterstützung des vatikans erfahren dürfen...krunoslav draganovic war übrigens ein priester welcher aktiv die sog ratlines eingerichtet hat...natürlich war die sovietunion eine bedrohung für die religionen...aber so weit wie hudal hätte man nie gehen dürfen......und auch hier gilt natürlich: die kirche als moralische institution DARF solche dinge nicht entschuldigen!!!!


3
 
 GvdBasis 29. Mai 2010 

Hudal und Hochhuth im Haß vereint

@ FranciscoL. Ja, und dieser Haß hat reichlich Früchte getragen! Hansjakob Stehle stellt den Sachverhalt in \"Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte\" 1989/2 so dar:

Zitat: ... mehrmals vom Vatikan verwarnt, wurde Hudal 1952 seines Postens als \"Anima\"-Rektor enthoben. Bis zu seinem Tod, 1963, lebte er in Grottaferrata bei Rom, wo er nach Wegen suchte, seiner Verbitterung Ausdruck zu geben. Nicht Waldemar Meyer verhalf ihm dazu, dafür jedoch der Schriftsteller Rolf Hochhuth, der den Bischof 1959 aufsuchte und von Hudal für Thema und Tendenz seines umstrittenen Dramas \"Der Stellvertreter\" wesentliche Hinweise erhielt. (Fußnote dazu: So Hochhuth im Gespräch mit dem Verf. am 24. September 1986 in Rom) Zitat Ende.


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 FranciscoL 29. Mai 2010 

Besonders

frustrierend ist die Abneigung,wenn nicht gar Haß gegen Papst Pius XII, die man immer wieder bei der Lektüre des Buches merkt.


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 FranciscoL 29. Mai 2010 

Römische Tagebücher.

Ich las das Buch.Selten habe ich solch eine Verbitterung eines Autoren gespürt.Sehr unsympathisch.

Theologisch war er wohl ein Modernist.Man muß das Buch nur genau lesen,dann merkt man es.Man spürt auch den gescheiterten Ehrgeiz.

Trotzdem natürlich:Er ruhe in Frieden.


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