Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Bistum Trier entlässt AFD-Landtagsabgeordneten Schaufert aus einem Kirchengremium
  2. Schweiz: Bischof Bonnemain bei Beerdigung von Bischof Huonder
  3. Das Leben des Menschen ist schutzwürdig oder doch nicht?
  4. Werden Sie Schutzengerl für kath.net für mindestens 2024 und 2025!
  5. Großes Interesse an Taylor Swift-Gottesdienst in Heidelberg
  6. Erzbistum Hamburg verliert 2023 Millionen Euro durch Mitgliederschwund
  7. Eine kleine Nachbetrachtung zu einer Konferenz in Brüssel
  8. Höchstgericht entscheidet über Bibel-Tweet von Ex-Ministerin Räsänen
  9. Deutsche Jugend: GRÜNE PFUI, AFD HUI?
  10. ,Ich habe Pornographie gemacht – jetzt mache ich Rosenkränze!‘
  11. Klarer als die Deutsche Bischofskonferenz!
  12. Meloni: Leihmutterschaft ist ,unmenschliche Praxis‘
  13. Vatikan: Religionsfreiheit durch Urteil gegen Kardinal bedroht
  14. Das Mediennetzwerk Pontifex, gegründet 2005 als "Generation Benedikt", beendet seine Tätigkeit
  15. Der Teufel sitzt im Detail

Römisches Tagebuch vom Petersplatz

24. März 2013 in Kommentar, keine Lesermeinung
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Palmsonntag. Der König der Könige unter den Menschen. Die Schriftstellerin und Journalistin Monika Metternich war auf dem Petersplatz dabei. (Teil 6)


Vatikan (kath.net/mm) Palmsonntag. In Rom heißt das wieder einmal Schlangestehen. Diesmal sind die Straßen sehr weiträumig um den Vatikan herum gesperrt. Die Massen drängen auf den Petersplatz. Die wohl niemandem einsichtigen Sicherheitskonzepte der italienischen Polizei zur Regulierung der Massen geriert wieder Stilblüten en masse.

An der Piazza de Risorgimento gerate ich in das erste dichte Gedrängel. Zum Petersplatz hin geöffnet ist nur ein winziges Mauseloch, während Zigtausende dahinter geduldig warten. Wer zum Peterplatz will, muss sich – beobachtet von fünf herausgeputzten und gelangweilt wirkenden Polizisten - um eine Straßenlaterne herum winden und gemeinsam mit tausenden von anderen durch eine Lücke von etwa 50 Zentimetern drücken. Ein beleibter Herr im Sonntagsstaat bleibt stecken und wird unter Anfeuerungsrufen von hinten angeschubst, damit er passieren kann. Neben mir steckt im Gedränge eine richtige italienische Nonna. Etwa 70 Jahre alt, sonntäglich gekleidet im dunklen Kostüm, die Handtasche krampfhaft am Henkel umklammernd. Zu meiner Überraschung wird sie selbst in diesem klaustrophobischen Gedrängel von den Umstehenden höflich vorgelassen: „Nach Ihnen, Signora.“

Ich stehe mitten in einem Pulk von Römern. Kaum einer von ihnen hat eine der kostenlosen , fliederfarbenen Einlasskarten für die heilige Messe zum Palmsonntag auf dem Petersplatz, wie sie Pilger aus aller Welt selbstverständlich schon rechtzeitig vorher bei ihrem Pilgerbüro bestellt und sich so einen der Sitzplätze garantiert haben. Hier stehen die römischen Bürger, die einfach mit ihrem Bischof den Palmsonntag feiern wollen. So, wie ich auch keine Eintrittskarte für den Kölner Dom beschaffen würde, kommen auch sie „einfach so“. Ausgerüstet mit eindrucksvollen Palmwedeln. Echte Palmzweige, Olivenbaumzweige – jeder der Menschen im Gedrängel hat ein ordentliches Gebinde dabei. Ich selbst habe auf der Piazza de Risorgimento von einem netten Familienvater im dunkelblauen Mantel gegen eine kleine Spende ein Bündel Olivenzweige erworben. Und nun stehe ich, gemeinsam mit der sonntäglich gekleideten Nonna, vielen jungen Leuten mit Sonnenbrille, Knopf im Ohr, Smartphone in der einen und Palmenwedel in der anderen Hand und mit Familien mit Kindern im Kinderwagen – kurz – mit der römischen Bevölkerung vor diesem Mauseloch. In diesem Moment entscheide ich mich, heute eine von ihnen zu sein. Ich stecke meinen Presseausweis ebenso ein wie meine rosa Eintrittskarte und folge ihnen, den normalen Römern, auf den Petersplatz.


Alle, die keine der vorbestellbaren Karten in der Hand haben, bekommen nur einen Stehplatz. Ich habe Glück: Genau hinter dem Obelisken, dessen Umfeld reich geschmückt mit Olivenbäumen und blühenden Bäumen ist, komme ich an der Balustrade zu stehen. Neben mir eine Mutter mit zwei Kindern zwischen acht und zehn. Die beiden haben wundervoll präparierte Palmzweige dabei: Früchte sind in ihnen dekoriert und – kaum traue ich meinen Augen – Würste! Ich fotografiere bewundernd diese Kreationen, die mich ein wenig an meine Heimat erinnern, in welcher Ostereier in kunstvollen Palmsonntagsgebinden verarbeitet werden. Hier sind es nun köstlich duftende Minisalamis, die meinen knurrenden Magen daran erinnern, dass noch ein Frühstück aussteht. Die Eltern freuen sich über mein überdeutliches Interesse. In der Wartezeit auf die Palmsonntagsmesse freunden wir uns ein wenig an. Inzwischen wird Rosenkranz gebetet. Die Römer beten hingebungsvoll mit: „Santa Maria!“ Man merkt, dass es ihr Lieblingsgebet ist.

Als die große Prozession von Menschen mit riesigen Palmwedeln beginnt, sind wir – die Römer und ich – ganz nah dran. Feierlich ziehen sie direkt an uns vorbei, die Jugendlichen, die vielen Menschen mit ihren Palmen, die Bischöfe, Prälaten und Monsignores, schließlich die Kardinäle. Alle tragen sie meterhohe Palmzweige. Ein umwerfend schönes, buntes Bild. Nur auf den Bildschirmen können „wir Römer“ sehen, wie der Papst eintrifft. Wobei ich wohl die einzige bin, die in diesem Moment auf den Bildschirm starrt, einen Moment lang bedauernd, die malerische Szene nicht von vorne betrachten zu können.

Die Römer indes interessieren sich ausschließlich für das Originalgeschehen: „Da! Ich habe den Papa gesehen!“ ruft der Junge mit den Wurstpalmen neben mir. Tatsächlich – einen Zipfel seines roten Gewandes konnte man da erhaschen. Ich stecke meine Kamera ein und werde ganz eine von ihnen – Römer unter Römern. Ich schaue, ich höre, ich feiere mit. Als die große Prozession schließlich vorne am Altar angelangt ist werden die Sicherheitsschranken geöffnet. Die Römer eilen nach vorn bin zu dem Punkt, an dem eine hölzerne Balustrade die kartenlosen Römer von den hermetisch abgegrenzten Sitzreihen der Pilger trennt. Nun sind wir ziemlich weit vorne gelandet, mit perfektem Blick auf den Altar. Wir haben keine Stühle, aber umfallen könnte sowieso niemand, weil die Reihen der Stehenden derart dicht geschlossen sind. Zur Rechten neben mir wieder eine sonntäglich herausgeputzte Großmutter mit ihren Enkeln, zur Linken drei palmenschwenkende junge Leute.

An diesem Sonntag wird zum ersten Mal die Passionsgeschichte verlesen. Und ich fühle mich wie durch Zauberhand zurückversetzt ins Jerusalem des vierten Jahrhunderts. So war es schon vor 1700 Jahren gewesen: In ausdrucksvoller Form wurde schon damals an den heiligen Stätten das Evangelium in verteilten Rollen vorgetragen, wie die französische Nonne Egeria es in frühchristlicher Zeit in ihren Tagebüchern berichtete. Und hier ist es nun ebenso, wie sie es beschrieb: Die Menschen um mich herum gehen richtig mit. „Ohhhh!“ rufen sie, als Jesus vor Pilatus steht. Sie knirschen mit den Zähnen, als die Dornenkrone erwähnt wird. Sie singen empört mit, als der Chor die Worte des Volkes intoniert. Und sie gehen in die Knie, als Jesus am Kreuz stirbt. Ein Schweigen, das Mauern sprengen könnte, füllt den Petersplatz. Als die Diakone schließlich weiterlesen, bricht das große Schnäuzen aus. Selbst hartgesottene Männer hinter mir ziehen gewaltige Taschentücher aus der Anzugtasche.

Nun beginnt Papst Franziskus zu predigen. „Jesus hat in den Herzen viele Hoffnungen geweckt, vor allem bei den bescheidenen, einfachen, armen, vergessenen Menschen, bei denen, die in den Augen der Welt nicht zählen. Er war imstande, das menschliche Elend nachzuempfinden, hat das Gesicht der Barmherzigkeit Gottes gezeigt, hat sich niedergebeugt, um Leib und Seele zu heilen. Das ist Jesus. Das ist sein Herz, das uns alle ansieht, das unsere Krankheiten und unsere Sünden sieht. Die Liebe Gottes ist groß. Und so zieht er in Jerusalem ein, mit seiner großen Liebe, die uns alle betrifft.“ Die Menschen um mich herum stehen ganz still. „Genauso ist es “, schluchzt die alte Dame neben mir.

Als der Papst sagt: „Seid niemals traurige Menschen: ein Christ darf das niemals sein! Lasst euch niemals von Mutlosigkeit überwältigen!“ recken alle um mich herum ihre Palmwedel in die Höhe, so strahlend und froh, dass mir einen Moment lang die Tränen kommen. „Und, bitte“, spricht Papst Franziskus weiter und schaut in die Menge, „lasst Euch die Hoffnung nicht nehmen! Lasst Euch die Hoffnung nicht nehmen! Die Hoffnung, die uns Jesus gibt.“ Applaus erfüllt den ganzen Petersplatz.

Und noch einmal wird es Palmsonntag ganz wie damals, als Jesus in Jerusalem auf dem Esel durch die Massen ritt. Kommunionausteilung. Die Priester schwärmen aus auf den Petersplatz, um Christus, den Herrn, zu den Menschen zu bringen. Nur für uns, das sehe ich gleich, gibt es keine Chance. Wir stehen mitten in dem Gedrängel, durch hölzerne Absperrungen abgeteilt, unerreichbar für die Priester. Ich resigniere sogleich, denke kurz: „Wie schade“ und füge mich in mein Schicksal. Nicht so „meine“ Römer um mich herum. Die alte Dame neben mir gibt den Startschuss. „Hierher, Padre!“ ruft sie und streckt ihren riesigen Palmwedel so weit hoch, wie sie nur kann. „Hier, kommt hierher!“ rufen auch meine jugendlichen Nebensteher und heben ihre Palmzweige. Ein Meer von Palmzweigen erhebt sich plötzlich rund um mich – sie alle wollen ihrem Herrn wahrhaft nahe sein. Ein Priester wird aufmerksam auf die Not derer, die da abgeschlossen stehen. Wie auch immer er es geschafft hat, die hermetischen Barrikaden zu überwinden – plötzlich ist er da. Er bringt den Herrn, den König. Die Palmzweige sinken. „Corpus Christi.“ - „Amen. Amen. Amen.“

kathTube-Video der Papstpredigt:


Die Palmprozession mit Papst Franziskus auf dem Petersplatz


Foto: (c) kath.net/Monika Metternich


Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Palmsonntag

  1. „Sich nicht zu begegnen ist Akt der Nächstenliebe“
  2. Der Einzug Jesu in Jerusalem
  3. Der dritte Schrei
  4. Kein 'Porsche' unter den Reittieren: Jesu Palmsonntags-Esel
  5. Hosanna dem Sohne Davids!
  6. Woelki hat große Sympathie für Esel
  7. 'Palmsonntag: „Herrschaft der Liebe und der Hingabe'
  8. Nicht vom Geschwätz der vorherrschenden Meinung einschüchtern lassen
  9. Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!
  10. Ein Plan der Liebe für jeden Menschen







Top-15

meist-gelesen

  1. Werden Sie Schutzengerl für kath.net für mindestens 2024 und 2025!
  2. KOMMEN SIE MIT! EINMALIGE REISE - 13. Oktober 2024 in Fatima + Andalusien!
  3. Eine kleine Nachbetrachtung zu einer Konferenz in Brüssel
  4. ,Ich habe Pornographie gemacht – jetzt mache ich Rosenkränze!‘
  5. Schweiz: Bischof Bonnemain bei Beerdigung von Bischof Huonder
  6. Der Teufel sitzt im Detail
  7. Das Mediennetzwerk Pontifex, gegründet 2005 als "Generation Benedikt", beendet seine Tätigkeit
  8. "Ich verzeihe dir, du bist mein Sohn. Ich liebe dich und werde immer für dich beten"
  9. Der Mann mit Ticketnummer 2387393
  10. Frankreich: „Inzwischen bedeutet Katholizismus, seinen Glauben erklären zu können“
  11. Taylor sei mit Euch
  12. Bistum Trier entlässt AFD-Landtagsabgeordneten Schaufert aus einem Kirchengremium
  13. Großes Interesse an Taylor Swift-Gottesdienst in Heidelberg
  14. Krakau: Einleitung des Seligsprechungsprozesses der mit 25-Jahren ermordeten Helena Kmieć
  15. Höchstgericht entscheidet über Bibel-Tweet von Ex-Ministerin Räsänen

© 2024 kath.net | Impressum | Datenschutz