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Das unsinkbare Schiff

27. Mai 2013 in Kommentar, 5 Lesermeinungen
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Warum die Kirche auch die nächsten 2.000 Jahre überleben wird. Ein Gastkommentar von Rudolf Gehrig


Bad Kissingen (kath.net/www.f1rstlife.de) Es war eine Standardfrage: „Bist du ein Optimist oder eher ein Pessimist?“ Wahrscheinlich erwartete mein Gegenüber die Standardantwort: „Ich bin Realist.“ Umso überraschter war er, als er zur Antwort bekam: „Keins von dem. Ich bin Katholik.“ Katholisch zu sein bedeutet für mich ein realistischer Optimist mit pessimistischen Phasen zu sein, einer, der die Probleme der Zeit realistisch erkennt, dennoch voller Gottvertrauen heiter in die Zukunft blickt und versucht, die pessimistischen Phasen möglichst kurz zu halten.

„Früher“, so sagt Karl Valentin, „war sogar die Zukunft besser.“ Es gibt eine ganze Menge Leute, die das auch in Hinblick auf die Kirche behaupten. Düster sieht es aus mit der Kirche, pflegt man am Stammtisch zu sagen, ganz düster. Nicht wenige sagen das mit einem schadenfrohen Unterton, aber auch unter den Gläubigen gibt es viele, die verunsichert und ängstlich der Zukunft entgegensehen.

Immerhin, diese Vereinigung der Anhänger Jesu hat schon über 2.000 Jahre lang durchgehalten. Es gibt keine vergleichbare global so gut durchorganisierte und große Gemeinschaft wie die Kirche. Doch die Aussage „der Kirche geht es so schlecht wie nie“ ist aus historischem Gesichtspunkt nicht ganz richtig. Seit ihrer Gründung ist die Kirche zu allen Zeiten in Bedrängnis gewesen. Man denke nur mal an die Verfolgungen im Römischen Reich, die Dekadenz im Mittelalter, die Jagd auf das Christentum in der Französischen Revolution, im Kommunismus, im Nationalsozialismus, die schwierigen Zeiten in der DDR, in der 68er-Bewegung oder an die mediale Hetze der Gegenwart – die Kirche war schon immer eine Verfolgte und wird es auch immer bleiben. Warum? „Wie sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen.“ Sagt wer? Der Gründer selbst, Jesus.

Nördlich der Alpen gibt es jedoch einen kleinen Landstrich, auf dem einst die Germanen hausten und den Römern nicht zuletzt im Teutoburger Wald regelmäßig eins auf die Mütze gaben. Mit Bischof Bonifatius kam irgendwann das Christentum in dieses Land, mit Martin Luther die Reformation. Lange Zeit herrschte hier das, was wir „Volkskirche“ nennen; das heißt: Alle sind Christen, viele davon sogar katholisch.

Wir brauchen uns nichts vorzumachen: Diese Volkskirche gibt es nicht mehr. Immer mehr christliche Ehen gehen zu Bruch, viele Priester verlassen ihren Dienst oder wenden sich sogar gegen die Kirche und die Mehrzahl der Gottesdienstbesucher sind bereits in einem gesegneten Alter. Die Kirche wird untergehen, fürchten die einen, freuen sich die anderen. Aber hatte nicht Jesus seinem Schiff einst den Stempel „unsinkbar“ aufgedrückt? Hat er sich etwa verschätzt, wie damals bei der Brotvermehrung, als zwölf Körbe voller Brot übrig blieben?


Nein. Jesus verschätzt sich nie. Alles, was er tut und was er sagt, hat Sinn. So, wie die zwölf Körbe uns von der Liebe Gottes im Überfluss erzählen, ist die Übergabe der Kirchenleitung an Petrus und den nachfolgenden Päpsten ein Beweis für das Vertrauen Jesu, das ebenfalls im Überfluss vorhanden und untrennbar mit der Zusage Gottes verbunden ist, dass Er uns dabei nie alleine lassen wird. Viele dieser Zusagen sind in den Evangelien schwarz auf weiß niedergeschrieben, trotzdem verlässt vielen meiner Schwestern und Brüder im Herrn der Mut, wenn sie die schwindende Zahl der (deutschen) Kirchenmitglieder sehen. Sie wollen das einfach nicht wahrhaben, und so wird weiterhin beim Pfarrfest für 900 Leute gekocht, auch wenn seit Jahren nur noch die Angehörigen der Helfer kommen. Deswegen werden jahrgangsweise die Sakramente gespendet, statt sich wirklich auf die zu konzentrieren, die tatsächlich aus Liebe zu Christus zur Erstkommunion gehen und gefirmt werden wollen. Das sind nicht mehr viele, aber es gibt sie noch. Und es ist ja nicht so, dass wir keine Alternativen hätten! Viele neue Gemeinschaften und geistliche Bewegungen mit ihren unterschiedlichen Charismen bieten Heimat für Menschen unterschiedlicher Herkunft und Prägung. Sie bieten die Chance, die Leute auf neuen Wegen wieder zurück zu Gott und zurück zur Kirche zu führen.

Denn die Volkskirche ist tot. Übrig geblieben ist mancherorts eine spießige Form des Dorfkatholizismus, der es nicht schafft, über die Ortsgrenze hinauszublicken. Einige besonders engagierte Katholiken haben deshalb schon Möglichkeiten parat, um die Volkskirche wiederzubeleben. Neben Lieblingsthemen wie der scheinbaren Notwendigkeit der Abschaffung des Zölibats und der Aufweichung der katholischen Sexualmoral reden sie seit der Papstwahl auch wieder verstärkt von der Notwendigkeit einer „Dezentralisierung“.

Im letzten Punkt muss ich meinen deutschen Glaubensbrüdern und – schwestern allerdings Recht geben; sie verwenden das Wort „Dezentralisierung“ zwar nur als Begründung für ihre „weg von Rom“-Einstellung, ich halte es aber für dringend notwendig, hier in Deutschland schon mit dem Dezentralisieren anzufangen. „Katholisch“ bedeutet übersetzt „allumfassend“, „weltumspannend“. Wann hören wir endlich auf damit, deutsche „Probleme“ als gesamtkirchlichen Konflikt darzustellen?! Wann hören wir auf, den deutschen, ewiggestrigen Gremienkatholizismus permanent ins Zentrum der Weltkirche zu stellen?!

Für mich ist der Tod der deutschen Volkskirche die Chance auf ein „back to the roots“. Zurück zu den Wurzeln, zurück zur Eucharistie als Zentrum und Mittelpunkt des gelebten Glaubens. Unter dem Druck der öffentlichen Hetze und der zunehmenden Intoleranz gegenüber katholischen Wertvorstellungen werden in Deutschland vermutlich noch viele Gläubige wegbrechen. Die viel beschrieene „Glaubenskrise“ halte ich aber eher für eine heilsame Therapie, die die Kirche vor der Dekadenz und Verwässerung bewahrt. Wenn es in einem ach-so-toleranten Land wie unserem so schwer ist, seinen Glauben zu leben, wird am Schluss nur noch ein kleiner Haufen mutiger Frauen und Männer, Familien und Priester übrigbleiben, die die Kirche authentischer repräsentieren als das Millionenheer von Taufscheinkatholiken und U-Boot-Christen. Und diese unerschrockene Minderheit macht durch ihre Authentizität den christlichen Glauben für die noch spottende Mehrheit anziehender als die unterwürfige Ankündigung, man werde durch „Reformen im Geiste des Konzils“ die Lehre der Kirche „der Lebenswirklichkeit des Menschen“ anpassen.

Wenn der Glaube wieder authentisch gelebt wird, wird die Kirche selbst in Deutschland wieder wachsen, das ist keine neuartige Erkenntnis! Aber warum warten wir darauf, dass unsere Bischöfe, unsere Priester und das fromme Fräulein Maier aus der vorletzten Kirchenbank anfangen, unser Land zu missionieren? Die Neuevangelisierung beginnt bei mir und zwar nicht erst übermorgen oder in drei Jahren, sondern jetzt. Was durch authentischen Glauben möglich ist, hat Jesus vorgemacht; auch er hat klein angefangen! Wie er mit fünf Broten und zwei Fischen letztlich eine ganze Menschenmenge sättigen konnte, so schaffte er es, aus einem Kleinunternehmen mit zwölf Mitarbeitern einen Global Player zu machen, der Milliarden von Menschen Nahrung auf dem Weg zum ewigen Leben gibt.

Bis es soweit ist, dass die Kirche für die Mehrheit wieder attraktiv wird, ist sie in den Augen der breiten Öffentlichkeit halt weiterhin nur ein schwerfälliger Ozeandampfer, der auf den großen Weltmeeren eigentlich nichts mehr zu suchen hat und schon längst hätte untergehen sollen. Andere sehen in ihr weiterhin ein autoritär geführtes Kriegsschiff, das nur auf Zerstörung aus ist und in böser Absicht alles unter Kontrolle bringen will. Und weiterhin wird es unter meinen katholischen Glaubensgeschwistern viele geben, die die Kirche als schnelles, stromlinienförmiges und anpassungsfähiges Sportboot benutzen, auf dem andere keinen Platz haben und das nur dazu da ist, persönliche Eitelkeiten zu befriedigen. Na und?! Sie werden sich noch wundern, denn all das ist die Kirche nicht.

Die Kirche ist für mich stattdessen der Typ im Schwimmbad, über den alle spotten, weil er ein unmodisches T-Shirt trägt und seltsame Badeschlappen anhat. Er steht am Beckenrand, guckt streng und geht einigen manchmal auf die Nerven mit seinem „Einspringen vom Beckenrand verboten“. Eine Nervensäge, eine lächerliche Witzfigur, ein Spießer. Scheinbar. Bis sie erkennen werden, dass das in Wirklichkeit der Bademeister ist, der sie sofort retten wird, wenn sie am Absaufen sind.

Es nervt mich einfach, wenn sowohl links als auch rechts nur vom Sterben der Kirche geredet wird. So verständlich wie der Pessimismus aus menschlicher Sicht auch ist, so beleidigend ist er doch aus göttlicher Perspektive. Die Kirche ist kein Kleintierzuchtverein, dessen Mitglieder die Satzung nach Belieben basisdemokratisch ändern können! Die Kirche ist das Erbe Jesu, hervorgegangen aus einem alten und einem neuen Testament. „Die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ – das hat uns Jesus versprochen.

Ein Bekannter meinte spöttisch: „Jesus würde sich im Grab umdrehen, wenn er sähe, was ihr aus seiner Kirche gemacht habt!“ Sicherlich nicht. Denn er ist auferstanden, er liegt schon lange nicht mehr Grab. Er allein weiß, ab wann die Kirche auf Erden nicht mehr existieren wird; das wird der Tag sein, an dem der Herr wiederkommt und wir, die kämpfende Kirche auf Erden, übergehen werden zur triumphierenden in der ewigen Gemeinschaft mit Gott im Himmel. In der Zwischenzeit brauchen wir uns um die Katholische Kirche keine Sorgen zu machen. Sie wird nicht sterben. Selbst wenn es noch weitere 2.000 Jahre dauert.

Von Rudolf Gehrig (Foto) erscheint in Kürze:
YOUCAT - Update! Beichten!
Rudolf Gehrig
Broschiert, 27 Seiten
2013 Sankt Ulrich Verlag
ISBN 978-3-86744-173-5
Preis: 5.20 EUR

Das Buch ist noch nicht erschienen. Vorbestellungen sind bei unseren Partnern bereits möglich:

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Lesermeinungen

 Scotus 28. Mai 2013 

Danke und Respekt!

Zunächst möchte ich mich @Marienzweig anschließen und für die ermutigenden Worte danken!

Und gleichzeitig möchte ich meine Freude zum Ausdruck bringen, dass es auch junge Menschen - wie Rudolf Gehrig und viele andere - gibt, die aus der Tiefe unseres Glaubens leben und daraus schöpfen können. Allein das ist ein Zeichen der Hoffnung.

Aber der gesamte Text ist ein Zeugnis der ganz großen Hoffnung! - Danke, und allergrößte Hochachtung!


0
 
  28. Mai 2013 
 

Mutmach-Worte

Dies ist ein Artikel, der verzagten Herzen Mut macht. Er stärkt die seelischen Abwehrkräfte.

Vor drei Tagen schaute ich als Ortsfremde durch die Glastür der Kapelle eines Klosters und sah, wie ein Priester, zwei Ordensfrauen und ganz wenige Einzelpersonen gerade eine abendliche Vesper beteten.
Ich traute mich nicht hinein, weil ich nicht stören wollte, aber das, was ich sah, erinnerte mich an die Anfänge der Kirche.
Zahlenmäßig klein und unbedeutend, doch glaubensstark wirkte diese Gruppe Beter unglaublich faszinierend und authentisch auf mich und ich hatte das Gefühl, den Weg der zukünftigen Kirche sehen zu können: Allmählich wieder zurück zu den Anfängen!

Mit ruhiger Klarheit sehen, was ist; sich dennoch nicht unterkriegen lassen, mutig und zuversichtlich unseren Glaubensweg gehen, Profil zeigen, das umzusetzen versuchen, wofür wir stehen und sich stets an die Zusage Jesu halten, dann ist schon viel getan.

Einen Dank an den Autor dieses Top-Artikels, Rudolf Gehrig!


1
 
 Anfaenger 27. Mai 2013 

Ja, düster sieht es aus mit der Kirche

wenn, wie in unserem Bistum, ein beileibe nicht als konservativ bekannter Bischof öffentlich an seine Seelsorgenden appellieren muss, doch bitte ein bisschen mehr Disziplin zu zeigen! Die Tage jeder anderen Organisation wären in einem solchen Fall sicherlich gezählt. Aber siehe, unsere Kirche lebt immer noch!

PS: Erklären sollte man uns eigentlich noch den Begriff "Seelsorgende". Um was sorgen sich diese Leute, welche gar nicht mehr an die unsterbliche Seele glauben und das ewige Heil, wenn überhaupt, nur noch als Automatismus für alle sehen?


4
 
 girsberg74 27. Mai 2013 
 

Wieso die "nächsten 2000 Jahre"?

Hört dann die Welt zu bestehen auf?


2
 
  27. Mai 2013 
 

Super!

Ein hervorragender, frohmachender Artikel - insbesondere allen (auch im geistlichen Amte) zu empfehlen, die unsere Kirche "an die Wand fahren" sehen oder sahen, weil der Papst (damals noch Benedikt XVI., heute unser lieber Heiliger Vater Franziskus) sich weigert(e), ihnen und ihren angeblich (über-) lebensnotwendigen Pseudoreformvorschlägen für die Kirche zu willfahren. Herzlichen Dank an den Autor (auch an alle Mitstreiter der "Jungen Federn" in der TP!), dessen Buch (selbstverständlich) schon vorbestellt ist und sehnlichst erwartet wird!


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