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Südsudan: 'Die internationale Gemeinschaft hat keinen Respekt vor uns'

24. Juli 2013 in Interview, keine Lesermeinung
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Der katholische Bischof Edward Hiiboro Kussala/Südsudan ist für die Betreuung von 600 000 Katholiken zuständig. Von den Herausforderungen erzählt er „Kirche in Not“ im Interview. Von André Stiefenhofer.


München (kath.net/KIN) Der Südwesten des Südsudans ist beherrscht vom tropischen Regenwald. Dennoch leben 1,3 Millionen Menschen im Bundesstaat West-Äquatoria, in dem der katholische Bischof Edward Hiiboro Kussala seinen Dienstsitz hat. Er ist für die Betreuung von 600 000 Katholiken zuständig und berichtet dem weltweiten katholischen Hilfswerk "Kirche in Not" von seinen vielfältigen Herausforderungen.


Kirche in Not: Herr Bischof Kussala, Ihre Diözese Tambura-Yambio liegt im entlegensten Winkel des Südsudan. Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus?

Bischof Kussala: Unsere pastoralen Aktivitäten sind von der langen Zeit des Bürgerkriegs geprägt. Wir bauen alles wieder auf, sowohl die zerstörten Gebäude als auch die Organisationsstrukturen. Die Kirche ist sehr lebendig, und wir werden in der Gesellschaft für unsere Friedens- und Versöhnungsarbeit geschätzt. In den letzten Jahren konnten wir das 100-jährige Jubiläum des Glaubens in unserer Region feiern, was viele Leute zur Kirche zurückgebracht hat. Die Menschen identifizieren sich mit uns, der Glaube wächst beständig. Außerdem betreiben wir ein umfangreiches soziales Engagement. 80 Prozent der Bevölkerung sind Analphabeten, darum müssen wir Schulen aufbauen. Vor allem für Frauen gibt es bisher fast keine Angebote.

Das Hauptproblem in unserer sozialen Arbeit ist die Finanzierung: Viele ausländische Hilfswerke wollen der Kirche kein Geld geben, weil sie uns nicht vertrauen. Sie denken, dass wir damit einfach nur noch mehr Kirchen bauen. Auch die Regierung unterstützt uns nicht. Darum sind unsere Dienste im sozialen Bereich nur sehr eingeschränkt möglich. Aber jene Projekte, die wir finanzieren können, laufen gut.

Zurzeit habe ich 43 Priester in meiner Diözese. Sie sind sehr aktiv, aber leider fehlen mir die Mittel, sie weiterzubilden. Viele von ihnen waren im Krieg, sind traumatisiert und müde. Sie selbst bekommen nur wenig Unterstützung und betreuen dabei doch so viele Menschen geistlich.

Wir haben viele Berufungen; in meiner Diözese gibt es momentan 85 Seminaristen. Wir könnten noch mehr aufnehmen, wenn wir das Geld dafür hätten. Es ist tragisch, dass Geldmangel so viele Berufungen behindert. Ich glaube, ohne "Kirche in Not" müssten wir vieles in meiner Diözese schließen. Ihr Hilfswerk ist beinahe der einzige Partner, der uns noch hilft.

Kirche in Not: Ihr Hauptproblem in den vergangenen Jahren waren Rebellengruppen, die die Zivilbevölkerung terrorisiert haben. Wie hat sich das entwickelt?

Bischof Kussala: Als der Südsudan gerade dabei war, unabhängig zu werden, bekamen wir Probleme mit den Rebellen der "Lord´s Resistance Army", die von Regierungstruppen aus Uganda genau in meine Diözese hinein vertrieben wurden. Diese Rebellen haben Frauen und Kinder entführt, Menschen ermordet und Häuser geplündert. Die meisten Dörfer in meiner Diözese wurden deswegen verlassen, die Menschen flohen in die Städte. Das hat dort weitere Probleme verursacht, weil immer mehr Menschen sich immer knapperen Raum teilen mussten. Wasser und medizinische Versorgung wurden knapp, Reisen unmöglich, weil es zu gefährlich wurde.


Heute sind die Rebellen immer noch in den Wäldern, aber inzwischen haben sich die Menschen zu "Bürgerwehren" zusammengetan, um sich gegen sie zu wehren. Ich habe mich an verschiedene Institutionen gewandt, die uns beschützen sollen. Darum haben wir nun auch viel Militär in unserer Region: Die Armee von Uganda, Truppen der afrikanischen Union und die südsudanesische Armee sind vor Ort. Aber all diese Soldaten waren bisher nicht in der Lage, den Rebellenführer gefangen zu nehmen. Man fragt sich auch, wie sich die Rebellen so lange im Wald halten können. Jemand muss sie doch unterstützen! Diese Situation frustriert die Menschen natürlich, denn solange die Rebellen in den Wäldern sind, können sie nicht in ihre Dörfer zurückkehren und ihre eigene Nahrung anbauen.

Kirche in Not: Der Südsudan ist ein junger Staat mit vielfältigen internen Problemen. Was sehen Sie als Haupthindernis für den Fortschritt?

Bischof Kussala: Zum einen, dass unsere Führung vor allem aus ehemaligen Rebellenführern besteht, die von einer zivilen Regierung recht wenig Ahnung haben. Ein weiteres Problem ist der übermäßige Druck der internationalen Gemeinschaft. Sie hat ihre Agenda und weiß genau, was sie will. Und diesen Willen bringt sie in den Südsudan, sie will uns dazu verpflichten, genau ihren Anweisungen zu folgen. Das hat zur Folge, dass unsere Regierung von einem Thema zum nächsten gehetzt wird und keine Zeit dafür hat, über den Sinn der Vorschläge überhaupt nachzudenken. Das stört den Aufbau des Landes sehr.

Zum Beispiel hat es die Regierung unseres Bundesstaates im letzten Jahr abgelehnt, Dünger aus den USA zu importieren. Unser Land ist sehr fruchtbar, und wir befürchteten, dass die Chemikalien dem Boden schaden könnten. Außerdem wären unsere Bauern dann von teuren Importen abhängig geworden, um regional wettbewerbsfähig zu bleiben. Das Problem lag außerdem nicht an einer angeblich fehlenden Fruchtbarkeit des Bodens, sondern daran, dass die katastrophale Sicherheitslage die Bauern vom Bestellen ihrer Felder abgehalten hat. Statt auf diese Argumente einzugehen, haben die westlichen Entwicklungshilfeorganisationen wütend auf unsere Ablehnung reagiert und gedroht, ihre Fördermittel zu streichen. Dieser Druck nützt uns nichts – nur der amerikanischen Wirtschaft.

Ein weiteres Beispiel für die Einmischung ist, dass sich internationale Unternehmen einfach Land nehmen, um es zu bebauen – ohne das mit den Menschen vor Ort abzusprechen. Ähnliches geschieht in der Erdölförderung: Die Unternehmen kommen, nehmen sich das Öl und lassen ihre giftigen Abfälle zurück. Die internationale Gemeinschaft hat keinen Respekt vor uns. Das zeigt sich auch darin, dass sie uns ihre Vorstellung von Familie aufzwingen will und uns Hilfsgelder streicht, wenn wir nachhaltige Projekte zur Gesundheits- und Familienplanung vorziehen anstatt kurzsichtiger Aktionen. Zum Beispiel: Wieso wird es nicht kritisch hinterfragt, dass allein Kondome unsere Probleme lösen sollen? Kondome müssen importiert werden, ethisch richtiges Verhalten kostet nichts. Warum also werden wir in allen Bereichen in die Abhängigkeit gedrängt?

Kirche in Not: Die Neuevangelisation liegt Ihnen am Herzen. Haben Sie Tipps für uns in Europa, wie wir den Glauben wieder besser erneuern können?

Bischof Kussala: Dafür sind, denke ich, drei Dinge wichtig: Zunächst einmal muss sich die Kirche in Deutschland überhaupt einmal darüber klar werden, dass sie ein echtes Problem hat. Natürlich erkennt man den Glaubensschwund und redet immer wieder darüber. Aber man müsste, wie Papst Benedikt XVI. es ausgedrückt hat, zur "Seele Europas" zurückfinden. Was hat Europa denn überhaupt erst aufgebaut und groß gemacht? Zu Zeiten des heiligen Benedikt kam von den Klöstern noch Entwicklung, ein Vorwärtsdrang. Deshalb nennen wir Benedikt ja auch "Patron Europas": Weil die Kirche etwas hatte, das die Menschen nach dem Krieg brauchten, das dem Frieden und der Einheit diente. Nach jedem Krieg ist es ein guter Rat, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Und diese Wurzel ist der Glaube. Das widerspricht jedem "künstlich" konstruiertem Ansatz für Menschenrechte. Heutzutage wird alles Mögliche zum "Menschenrecht" erklärt, alles ist "richtig". Diese Entwicklung sehen wir in Afrika sehr kritisch und sie macht uns Sorgen. Das Naturrecht muss beachtet und respektiert werden.

Zum anderen müssen wir unsere Tradition und Kultur hochhalten. Wir dürfen nicht der Machbarkeit und der Technologie folgen und dabei die Familie verlieren. Die Technologie muss dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. Wir müssen die Familien wieder stärken. Alle Bestrebungen, die Bedeutung der Familie zu schmälern, sind falsch. Wenn wir "Familie" nur noch als "Zweckgemeinschaft" definieren und "Ehe" als "Lebensvertrag", verfehlen wir das Ziel und verraten unser kulturelles Erbe. Wir sind dazu geschaffen, zusammenzuleben, zu interagieren. Deshalb können wir sprechen, lieben, denken und planen. Der Mensch ist ein soziales Wesen, darum braucht er die Familie. Die Rückkehr zur Familie ist der Schlüssel zur Neuevangelisation. Denn in der Familie wird alles grundgelegt: die Fähigkeit zur Liebe, zur Freundschaft und zur Fürsorge – nicht nur für die Familie selbst, sondern auch für Menschen außerhalb der Familie. Erst lange nach dieser ersten menschlichen Bildung in der Familie kommt die Prägung durch die Schule und den Arbeitsplatz.

Wenn Europa überleben will, muss es darum zur Familie zurückfinden. Selbstverständlich gibt es auch andere Lebensformen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass auch homosexuelle Menschen zu unserer Familie gehören. Sie sind mit ihrer Neigung geboren und dürfen nicht aus der Familie losgelöst werden. Die Menschen denken darüber nicht genug nach. Wir Afrikaner haben nicht viel, wir sind arm, aber wir haben unsere Kultur, unsere Tradition. Wir haben unsere Familie. Und das hilft so viel, wenn die Familie gemeinsam zum Gebet geht, wenn die Eltern ihre Kinder in die Kirche mitnehmen, gemeinsam mit ihnen beten. Die Eltern müssen daran interessiert sein, ihren Kindern den Glauben weiterzugeben und sie damit auf ihre Zukunft vorzubereiten. Wir müssen dazu zurückkehren, unseren Kindern den Glauben als natürlichen Teil des Lebens weiterzugeben.

Und der letzte Punkt ist, dass die Kirche zu den Menschen gehen muss. Die Leute müssen ihren Bischof, ihren Priester, ihre Ordensfrau persönlich kennen – die Kirche muss ansprechbar sein! Wir alle predigen mit unserem Leben, und unser Lebensstil verrät uns. Unsere Spiritualität will gelebt sein. Wenn der Priester, der Bischof oder die Ordensfrauen weit von den Menschen entfernt sind und es schwer ist, sie zu treffen, kann das nicht funktionieren. Es genügt nicht, zu predigen. Die Kirche ist eine Familie. Der Bischof und die Priester sind Teil der Familie, nicht von ihr entrückt. Denn erst die Entfernung schafft Gerüchte und falsche Geschichten. Wir müssen wieder auf die Ebene der Menschen kommen und mit ihnen sprechen, ihnen erklären, wie man in einer Familie lebt. Wir müssen "nahbar" und mutig sein und dürfen uns auf gar keinen Fall unsere Sprache verbieten lassen.

---
"Kirche in Not" bittet um Spenden für die Arbeit der Kirche im Südsudan. Online unter:
Kirche in Not: Spenden online

Oder:
Empfänger: KIRCHE IN NOT
Kontonummer: 215 20 02
BLZ: 750 903 00
LIGA Bank München
IBAN: DE63750903000002152002
BIC: GENODEF1M05

Verwendungszweck: Südsudan

Foto: Bischof Edward Hiiboro Kussala (C) KIRCHE IN NOT


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