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Der 'Fall Limburg' – Versuch einer Zwischenbilanz

18. Oktober 2013 in Deutschland, 41 Lesermeinungen
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Offenbar kann von einer erheblichen Mitschuld der Mitglieder des Vermögensverwaltungsrates ausgegangen werden. Doch der bedrückendste Punkt ist das Thema „Lügen“. Ein Gastkommentar von Michael Schäfer


Limburg-Stuttgart (kath.net) Die Ereignisse im Bistum Limburg und zuvörderst das aus dem Ruder gelaufene Bauprojekt „Haus der Bischöfe / Diözesanes Zentrum“ bewegen nun seit geraumer Zeit die Republik, auch wenn im Augenblick eine gewisse „Windstille“ zumindest in den meinungsführenden Medien eingetreten zu sein scheint.

Nach der zunächst von unnachprüfbaren Berichten und Gerüchten getriebenen ersten Phase in der letzten Woche, schien sich mit der Veröffentlichung wesentlicher Dokumente in der FAS am vergangenen Wochenende (begleitet von in einen Artikel gekleideten Wortmeldungen einiger zentral Beteiligter) ein relativ klares Bild abzuzeichnen: Der Bischof von Limburg hat zielgerichtet an der Öffentlichkeit und seiner Diözesanverwaltung vorbei mehr oder weniger im Alleingang die Kosten für das Bauvorhaben je nach Lesart auf das Fünf- oder gar Zehnfache getrieben. Alleine seine Privatwohnung hat ausweislich der veröffentlichten Kostenaufstellung fast 3 Millionen Euro verschlungen. Größenwahn, ein monströses Lügengebäude, Verstoß gegen das Kirchenrecht (5 Millionen-Meldepflicht), Untreue im strafrechtlichen Sinn. Es war Zeit zum Handeln.

Durch die sukzessive Veröffentlichung weiterer Dokumente in dieser Woche, im Wesentlichen der Sitzungsprotokolle des Vermögensverwaltungsrates des Bischöflichen Stuhls, hat sich das Bild noch einmal deutlich erweitert: Wenn die Dokumente authentisch sind (und bisher gibt es für einen Zweifel hieran keinen wirklichen Anhaltspunkt), kann von einer erheblichen Mitschuld der Mitglieder des Vermögensverwaltungsrates ausgegangen werden. Sie waren keineswegs so unverschuldet unwissend, wie dies Hr. Staatsminister a.D. J. Riebel in seinen diversen Einlassungen dargestellt hat.

Da sich der Bischof von Limburg in Rom befindet und man allgemein auf eine Entscheidung des Papstes oder mindestens der Bischofskongregation wartet, hat sich eine gewisse Zurückhaltung in der Bewertung breit gemacht. Angesichts der mehrfachen Wendungen, die die Angelegenheit in recht kurzer Zeit genommen hat, ist dies sehr verständlich. Dennoch ist eine Sichtung des derzeitigen Sachstands für die Frage möglicher Optionen für die nähere Zukunft eigentlich unabdingbar.

Betrachten wir also einige Aspekte des ganzen Falls auf der Basis des derzeitigen Informationsstandes.

Kostenexplosion

Der zumindest in groben Zügen sichtbar gewordene Verlauf der Planungen und der Durchführung des Bauvorhabens lässt das Thema in einem anderen Licht erscheinen als dies auch weiterhin in den Medien dargestellt wird. Die Verantwortlichen sind zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der nun realisierte Entwurf 5,5 Millionen Euro kosten würde. Die Sitzungsprotokolle legen nahe, dass die sich Abschätzung der Gesamtsumme bereits 2011 auf mindestens 17 Millionen belief, evtl. auch bereits in Richtung der jetzt im Raum stehenden ca. 31 Millionen ging. Das ist sehr viel Geld für relativ wenig Quadratmeter, aber der vielfach verbreitete Eindruck, die Sonderwünsche des Bischofs hätten die ursprüngliche Planung auf das fünf- bist sechsfache getrieben, ist schlicht falsch.


Über die Sinnhaftigkeit des nun realisierten Konzeptes einer kostenträchtigen Verbindung aufwändig restaurierter historischer Bausubstanz mit einem wertigen modernen Neubau unter der Maßgabe eines hohen künstlerischen Anspruchs sowohl für die einzelnen Gewerke als auch den Gesamtkomplex kann man trefflich streiten. Es sei zumindest erwähnt, dass ein teilweise vergleichbares Bauprojekt des Bistums Eichstätt (der renovative Ausbau von Schloss Hirschberg zu einem Bildungshaus) bereits vor 30 Jahren mehr als 25 Millionen Euro gekostet hat (z. Zt. laufen dort weitere Ausbauarbeiten, die auf 4,2 Millionen Euro geschätzt sind). Vergleichbar sind die Vorhaben auch deshalb, weil der seinerzeitige Eichstätter Diözesanbaumeister auch an der Planung in Limburg beteiligt war. Dass die Kirche bei Bauarbeiten in historischem Bestand und an exponierten Stellen im Sinne der Wahrnehmung kulturellen Verantwortung klotzt und nicht kleckert, war zumindest bis vor kurzem noch allgemeiner Konsens.

Das Argument, dass dies in Zeiten des armen Papstes Franziskus nicht mehr gehe, ist schon deshalb unsinnig, weil das Limburger Bauvorhaben weit vor dessen Amtsantritt begonnen wurde. Auch Franziskus wohnt übrigens in einem gediegen eingerichteten (Fast-)Neubau im Kontext eines durchaus beeindruckenden historischen Ensembles.

Verschwendung

2,92 Millionen Euro alleine für die Bischofswohnung, weitere 350.000 Euro für deren Innenausstattung – alleine diese Zahl, die der vorläufigen Kostenrechnung des Architekten entnommen werden kann, scheint den Bischof von Limburg zu richten.

Auch an dieser Stelle muss zu großer Vorsicht gemahnt werden. Keiner der Medienvertreter, die aus der Kostenaufstellung zitieren, scheint bisher bemerkt zu haben, dass die Zuordnung der Kosten zu den einzelnen Baubereichen nach einem fixen Kostenschlüssel erfolgte (für den Komplex „Bischofswohnung“ ca. 17 Prozent bei den Bauarbeiten und ca. 31 Prozent bei der Innenausstattung). Rückschlüsse auf die tatsächlich für die eigentliche Bischofswohnung verwendeten Mittel lassen sich aus der Aufstellung also keineswegs gewinnen.

Das ändert nichts an den Gesamtkosten, ist für die moralische Bewertung des Bischofs als Bauherrn aber von erheblicher Bedeutung. Das eine ist es, 31 Millionen Euro in ein diözesanes Bauwerk investiert zu haben - etwas ganz anderes, für die eigene Privatwohnung mehr als 3 Millionen Euro verschwendet zu haben. Über das erstere kann man wahrscheinlich streiten, das letztere ist für einen Bischof der katholischen Kirche (zumal im Jahr 2013) ein Unding.

Veruntreuung

Gegen den Bischof von Limburg wurden mehrere Anzeigen wegen Untreue erstattet. Für eine juristische Bewertung dieser Frage ist es sicher noch zu früh. Auf dem Informationsstand vom Wochenende hätte man mit einiger Sicherheit davon ausgehen müssen, Bischof Tebartz-van-Elst habe gute Aussichten, Gefangenenseelsorge „von der anderen Seite“ zu erleben. Die in den letzten Tagen veröffentlichten Dokumente und der sich aus ihnen ergebene Eindruck, dass der Vermögensverwaltungsrat alle wesentlichen Ausgabenentscheidungen gebilligt hat, zwingen auch in dieser Frage zu mehr Zurückhaltung.

Lügen

Dies ist der bedrückendste Punkt der Analyse. Nach gegenwärtigem Sachstand scheint fast kein Zweifel möglich zu sein, dass der Bischof von Limburg (wenn auch nicht als Einziger) die Öffentlichkeit und vor allem die ihm anvertrauten Gläubigen bewusst über die Kosten des Bauvorhabens getäuscht hat. Erschwerend kommt hinzu, dass auch in der Frage der Eidesstattlichen Erklärung bzgl. der Flugtickets die frei zugänglichen Dokumente und Materialien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beweisen, dass er vorsätzlich die Unwahrheit gesagt hat.

Dieser Punkt wiegt schwer und man kann sich eigentlich nicht vorstellen, wie der Bischof sein Amt weiter ausüben können sollte. Das ist keine Frage des Verzeihens und der Barmherzigkeit, sondern der moralischen Autorität. Wie soll ein „öffentlicher Lügner“ – ganz unabhängig von einer möglicherweise erfolgenden ebenso öffentlichen Reue – den christlichen Grundwert der Wahrhaftigkeit auch nur halbwegs glaubhaft verkündigen? Vom Anspruch auf eine auch in diesem Punkt vorbildhafte Lebensführung wird man einen Bischof nicht dispensieren können.

Wie kann es weitergehen?

Daniel Deckers hat dieser Tage in der FAZ völlig zurecht darauf hingewiesen, dass man sich einen schnellen Rücktritt des Bischofs eigentlich nicht wünschen kann. Rücktritte sind oft nur eine andere Form der Vertuschung. Der „Fall Limburg“ bedarf aber ganz im Gegenteil einer umfassenden Aufklärung: der Rolle des Bischofs, aber auch der Rolle vieler anderer Beteiligter, schließlich auch des Systems, das ihn ermöglicht hat. Es ist freilich abzuwarten, ob der Bischof selbst und ganz persönlich einer umfassenden Aufarbeitung über einen längeren Zeitraum gewachsen ist. Jeder, der bereit ist, einen Schritt zurückzutreten, sollte sich ausmalen können, was es für die Psyche eines Menschen bedeutet, in dieser Weise Gegenstand eines öffentlichen Skandals zu sein.

Wie die Zukunft des Bischofs aussehen könnte, hängt von vielen Faktoren ab. Man würde sich wünschen, dass ein authentisch christlicher Weg gefunden wird. Eine in echter innerer Freiheit angenommene „Degradierung“ und eine neue Aufgabe als Pfarrer oder Krankenhausseelsorger könnte – je nach Ausgang aller noch ausstehenden Prüfungen – ein solcher Weg sein.

Bezüglich der Nachfolgeregelung für den Bischof könnte angesichts des Aufklärungsbedarfs auch in der Bistumsleitung unterhalb des Bischofs und der Tatsache, dass Rom mit dem Fall Limburg zur Zeit ohnehin stark befasst ist, wäre wohl die Bestellung eines Koadjutors eine gute Lösung.

Auch wenn die Wellen der öffentlichen Anteilnahme und Empörung weiterhin hochschlagen: die katholische Kirche in Deutschland hat die Möglichkeit, den „Fall Limburg“ gut abzuschließen. Hierzu gehört eine umfassende Aufklärung, die Ableitung angemessener Maßnahmen (wohl nicht nur im Bistum Limburg) und ein dem christlichen Menschenbild gerecht werdender Umgang mit Franz-Peter Tebartz-van-Elst. Dass sie zu einem solchen, durchaus vorbildlichen Krisen-Management in der Lage ist, hat die deutsche Kirche bereits in der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals gezeigt.

Dr. phil. Michael Schäfer war Mitarbeiter am Romano-Guardini-Lehrstuhl der LMU München und arbeitet heute in der Geschäftsführung einer in Stuttgart ansässigen, international tätigen Unternehmensberatung. Er führt den Blog summa-summarum.

Führung durch die Bischofsresidenz in Limburg - Amateurvideo vom 5.9.2013 direkt vor Ort



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