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| »Kapelle« und »Familie« des Papstes13. Juni 2014 in Chronik, 2 Lesermeinungen Der »Päpstliche Hof« heute »Päpstliches Haus« genannt nimmt eine einzigartige geschichtliche Stellung ein. - Leseprobe 2 aus der Neuerscheinung Der unbekannte Vatikan von Ulrich Nersinger Vatikan (kath.net) Der »Päpstliche Hof« heute »Päpstliches Haus« genannt nimmt eine einzigartige geschichtliche Stellung ein. Kein anderer Hof kann ein höheres Alter und Ansehen vorweisen, keiner hat so sehr die historische und kulturelle Dimension Europas mitgeprägt. Seine Anfänge reichen bis in die ersten Jahrzehnte des 4. Jahrhunderts zurück. Die Geschichte der Aula Pontificia begann am Lateran, erlebte im Exil von Avignon ein kurzes Intermezzo und fand seit der Rückkehr der Päpste nach Rom am Vatikan und am Quirinal ihre Fortsetzung. Einer breiten Öffentlichkeit wurde der Hofstaat des Papstes erst im 20. Jahrhundert ins Bewusstsein gebracht. Durch Wochenschaufilme und Fernsehübertragungen präsentierten sich vatikanische Zeremonien einem immer größer werdenden Publikum. Die Feierlichkeiten hinterließen einen tiefen Eindruck. Man staunte, wenn der Papst, beschützt durch Hellebardiere der Schweizergarde und Offiziere seiner aristokratischen Leibwache, geleitet von Herolden und päpstlichen Kammerherren, umgeben von Angehörigen des Hochadels, auf seiner Sedia Gestatoria (»Tragsessel«) in das Gotteshaus einzog und ein feierliches Pontifikalamt zelebrierte. Auch der Verlauf einer Papstaudienz verfehlte seine Wirkung nicht: Das Durchschreiten der Säle des Apostolischen Palastes, bewacht von den in Galauniform gekleideten Angehörigen der päpstlichen Garden, den weltlichen Geheimen Kammerherren »mit Degen und Mantel«, die in ihrer spanischen Hoftracht dem Besucher das Geleit gaben; den violett gewandeten Würdenträgern der römischen Prälatur, die zum Dienst in den Vorzimmern der päpstlichen Gemächer verpflichtet waren. Während des II. Vatikanischen Konzils mehrten sich die Stimmen, die eine Reform des »Päpstlichen Hofes« verlangten. Der Papst schien den Forderungen entsprechen zu wollen. Erste Andeutungen machte Paul VI. 1965 in einer Ansprache an die Patrizier und Adeligen der Stadt Rom. Ein Jahr später bat er Experten, Vorschläge für eine Reform des »Päpstlichen Hofstaates« zu erarbeiten. Am 28. März 1968 setzte er seine Unterschrift unter das Schreiben Pontificalis Domus. Der Papst wollte seinem Hof, »einer hervorragenden Körperschaft von einzigartiger Würde und Nutzen«, eine neue Ordnung geben, um ihn »den Gegebenheiten der Zeit anzupassen und auf die wirklichen Verhältnisse abzustimmen«. Er wünschte, dass »Unser alter wohlverdienter Hof von jetzt ab nur noch den ursprünglichen und angesehenen Namen Päpstliches Haus tragen soll.« Ämter, die ihre ursprüngliche Funktion verloren hatten, hob der Papst auf. Der »Senator von Rom«, der »Oberstallmeister« und der »Mundschenk Seiner Heiligkeit« verschwanden aus den Verzeichnissen des »Päpstlichen Hofes«. Bezeichnungen und Dienste, die man als unzeitgemäß empfand, wurden gestrichen. So erlosch das Amt eines »Meisters des Heiligen Hospizes«, der sich bei Staatsbesuchen im Vatikan um die Gäste des Papstes zu kümmern hatte. Viele Aufgaben, die anfielen, wurden nun zusammengelegt, die Bezeichnungen hierfür modernisiert; die »Geheimkapläne«, »Ehrengeheimkapläne«, »Leuchterakolythen« und »Türhüter mit der roten Rute« fanden sich als »Kleriker der Päpstlichen Kapelle« wieder. Die geistlichen Ehrentitel wurden drastisch reduziert, sollten aber verbleiben, um verdienstvolle Geistliche in aller Welt auszuzeichnen und enger an den Heiligen Stuhl zu binden. Mit der Bestimmung »Im Päpstlichen Haus gilt kein einziges Amt als erblich« setzte man der Tradition, römischen Aristokraten bestimmte Dienste auf Dauer zu übertragen, ein Ende. Dem Adel der Ewigen Stadt wurden bei den Feierlichkeiten mit dem Papst keine besonderen Plätze mehr reserviert. Den Dienst der vier Palastwachen Nobelgarde, Schweizergarde, Palatingarde und Gendarmerie beschränkte der Papst. Zwei Jahre später sollte die Armee des Papstes noch eine weitere Reform erfahren. »Wie viele Divisionen hat denn der Papst?«, soll Josef Stalin auf der Konferenz von Jalta spöttisch gefragt haben, als der Vorschlag aufgekommen war, den Heiligen Stuhl in die Friedensverhandlungen für ein Nachkriegseuropa einzubinden. Man hätte dem sowjetischen Diktator antworten können, dass der Vatikan zum damaligen Zeitpunkt, gemessen an der Zahl seiner Staatsbürger, das Land mit der größten Streitmacht der Erde war. Eine siebzigköpfige Nobelgarde, bestehend aus Mitgliedern der Adelsfamilien der Ewigen Stadt, an die einhundert Schweizergardisten, fast fünfhundert Mitglieder der Palatingarde, einer Miliz römischer Bürger, und einhundertfünfzig Gendarmen standen dem Papst zur Verfügung, schützten ihn und sein gerade einmal vierundvierzig Hektar großes weltliches Herrschaftsgebiet. Am 14. September 1970 teilte der Papst Kardinalstaatssekretär Jean Villot mit, dass er »nach reiflicher Überlegung und mit großem Bedauern« zu dem Entschluss gekommen sei, die päpstlichen Garden aufzuheben, »mit Ausnahme der altehrwürdigen Schweizergarde«. Die päpstliche Gendarmerie solle aus einer militärischen Formation in ein ziviles Polizeikorps übergeleitet werden. In dem Schreiben bezog sich Paul VI. ausdrücklich auf das II. Vatikanische Konzil, nach dessen Lehre auch die Umgebung des Nachfolgers des heiligen Petrus »den religiösen Charakter seiner Mission, immer inspiriert von einer evangelischen Einfachheit zum Ausdruck zu bringen habe«. »Unsere in der Vergangenheit hochverdienten Militärkorps sind daher nicht mehr zeitgemäß für einen Dienst am Heiligen Stuhl, weil die Notwendigkeiten entfallen sind, für die sie damals errichtet wurden«, erklärte der Papst. Kardinalstaatssekretär Jean Villot informierte am darauffolgenden Tag die Gardekommandanten über den Entscheid des Papstes. Mit seinem Motu Proprio und der Entmilitarisierung des Vatikans hatte Papst Paul VI. eine Zäsur in der Geschichte einer jahrtausendealten Einrichtung des Heiligen Stuhles geschaffen. »Die Reformen Pauls VI. waren für den ältesten Hof der Welt eine Revolution«, stellte der Historiker Hartmut Benz fest. Aber es gab auch laute und heftige Kritik. Reinhard Raffalt, selber der alten Welt zugeneigt, entgegnete den Kritikern der Reformen von 1968 und 1970, Vorwürfe seien nicht zuletzt den Konservativen zu machen, »die die Tradition in Erbpacht genommen hatten und dennoch angesichts der modernen Welt nichts mit ihr anzufangen wussten«, denn »ihnen hätte der verwandelnde Elan der Kirche früherer Jahrhunderte Ansporn und Beispiel sein müssen«, aber »stattdessen sahen sie in unbeweglicher Verzweiflung zu, wie der Verfall der Tradition in der römischen Kirche fortschritt, den sie selbst durch ihre Fantasielosigkeit gefördert hatten«. Das »Päpstliche Haus« unserer Tage besteht aus der » Kapelle« und der »Familie« des Papstes. Zur »Päpstlichen Kapelle« gehören Persönlichkeiten aus dem ganzen Gottesvolk, Kleriker und Laien. Sie nehmen an den feierlichen religiösen Handlungen teil, die vom Papst selber oder in seiner Anwesenheit vollzogen werden. Neben dem Kardinalskollegium und hohen geistlichen Würdenträgern der Römischen Kurie werden zu ihr unter anderem die Generaläbte der Chorherren- und Mönchsgemeinschaften, die Generaloberen der Bettelorden, Domherren der römischen Erzbasiliken und die Pfarrer der Stadt Rom gezählt; als Laienmitglieder sind in ihr das Gremium der hochrangigsten Anwälte des Heiligen Stuhles, die Konsistorialadvokaten, und die Familiaren des Papstes anzutreffen. Der »Päpstlichen Familie« gehören Geistliche und Laien an, die den Papst als Haupt des Apostolischen Stuhles oder als Souverän des Vatikanstaates unterstützen. Zu den geistlichen Mitgliedern der »Familie« werden neben den Kardinälen und höchsten Würdenträgern der Römischen Kurie die Inhaber der päpstlichen Ehrentitel gerechnet. Unter den Laien befinden sich die päpstlichen Thronassistenten, die Angehörigen des Staatsrates der Vatikanstadt, der Kommandant der Schweizergarde, der Präsident der »Päpstlichen Akademie der Wissenschaften« und alle, die besondere Aufgaben in der unmittelbaren Umgebung des Papstes versehen, so die »Edelleute Seiner Heiligkeit« und die Bediensteten der päpstlichen Vorzimmer. Die Leitung des »Päpstlichen Hauses« ist einem Präfekten anvertraut. Der Präfekt, der im Rang eines Erzbischofs steht, begleitet den Papst und assistiert ihm sowohl innerhalb als auch außerhalb des Apostolischen Palastes. Sein Amt ist eine ganz besondere Vertrauensstellung. Symbolisch zeigt sich das in seinem erzbischöflichen Wappen; die eine Hälfte des zweigeteilten Wappenschildes wird vom persönlichen Wappen des Papstes eingenommen. Der Präfekt hat die Angehörigen des »Päpstlichen Hauses« zu feierlichen Anlässen zusammenzurufen und über Ordnung und Verlauf der Feierlichkeiten zu wachen. Er legt die Rangordnung im »Päpstlichen Haus« fest und regelt den Dienst in den Vorzimmern der päpstlichen Gemächer, der sogenannten Anticamera Pontificia. Er bereitet die Besuche des Papstes in der Stadt Rom und innerhalb Italiens vor und ist für ihre Durchführung verantwortlich; Pastoralvisiten im übrigen Ausland organisiert er gemeinsam mit dem Päpstlichen Staatssekretariat. Die Rolle des »Päpstlichen Hauses« wird von vielen unterschätzt, denn ohne die unermüdliche Arbeit seiner Mitglieder wären Begegnungen mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche egal ob es nun Staatsbesuche, Generalaudienzen oder die Reisen des Papstes in andere Länder sind nicht möglich. kath.net-Buchtipp Bestellmöglichkeiten bei unseren Partnern: - Link zum kathShop - Buchhandlung Christlicher Medienversand Christoph Hurnaus: Ulrich Nersinger, Historiker und Autor, überreicht Papst Franziskus sein neuestes Buch: ´Der unbekannte Vatikan´ Ihnen hat der Artikel gefallen? 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