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Als Christin enthauptet

16. Dezember 2014 in Interview, keine Lesermeinung
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Ein neuer Roman lässt die heilige Märtyrerin Katharina von Ägypten wieder lebendig werden. kath.net-Interview mit dem Autor und Priester Peter von Steinitz. Von Christian Müller


Münster (kath.net) Christen auf der Flucht – der neue Roman von Peter von Steinitz spielt in der Antike und könnte doch kaum aktueller sein. Auch im Jahr 303 war die Lage für die Christen im Römischen Reich ernst. Katharina flieht mit ihrer Mutter aus der Hauptstadt und begegnet in Alexandria dem Menas, der später zum Märtyrer wird. Die Lage verschlechtert sich weiter, als der Kaiser wechselt. Auch Katharina kommt in den Kerker und wird schließlich enthauptet. Der Überlieferung nach trugen Engel ihre Gebeine zu dem Ort auf dem Sinai, an dem Mose von Gott die Zehn Gebote empfing. Das dortige Katharinenkloster trägt ihren Namen. Die Kirche zählt sie zu den 14 Nothelfern. Für kath.net sprach Christian Müller mit Msgr. Peter von Steinitz, der das Leben der großen Heiligen nun in Romanform wieder lebendig werden lässt.

Müller: Ein katholischer Priester, der Romane schreibt – das ist nicht ganz alltäglich. Wie kamen Sie zu diesem „Nebenjob“?

von Steinitz: Ich war zwanzig Jahre lang Pfarrer an der alten Basilika des hl. Pantaleon in Köln. Nach etwa fünfzehn Jahren kam ich (endlich) auf die Idee, etwas über den Pfarrpatron zu schreiben, da dieser Heilige bei uns in Westeuropa wenig bekannt ist.

Müller: Der hl. Pantaleon – einer der vierzehn Nothelfer …

von Steinitz: Das ist er, und trotzdem ist er nicht annähernd so bekannt und beliebt wie in der Ostkirche, wo man auf Schritt und Tritt den Ikonen des hl. Panteleimon begegnet.

Müller: Ihr neuer Roman handelt nun von einer anderen Nothelferin, der hl. Katharina von Ägypten. Ist die Kategorie des christlichen Romans nicht überholt?

von Steinitz: Oft sind es ja die Medien, die die Vorlieben der Menschen bestimmen. Der Fe-Medien-Verlag jedenfalls macht es sich zum Anliegen, den christlichen Roman zu fördern.

Es lag mir daran, in dem ersten und dann auch in den folgenden Romanen zu demonstrieren, dass junge, normale und sympathische Menschen durchaus Gott suchen und ihn finden, ja sogar, im Falle von Pantaleon und Katharina ihr Leben für ihn hingeben können.

Müller: Kann man die Geschichte der Katharina von Alexandria überhaupt glauben? Einige Historiker behaupten, dass sie nie gelebt habe. Laut Wikipedia wurden schon im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts von kirchlichen Würdenträgern mehrmals Anstrengungen unternommen, Katharina von Alexandrien aus dem Heiligenkalender streichen zu lassen.

von Steinitz: Anscheinend gibt es im Bereich der Philologie immer wieder heftige Kämpfe, wobei Sympathie und Antipathie eine unverhältnismäßig große Rolle spielen.

Im Mittelalter war Katharina nächst der Muttergottes die am meisten verehrte Heilige Europas. Das mag manch einen vielleicht irritiert haben, zumal wenn er im 16. Jahrhundert zu den Gegnern der Heiligenverehrung gehörte.

Übrigens ist Katharina auch in jüngster Zeit, nämlich 1969, aus dem Allgemeinen Römischen Kalender gestrichen worden, wurde dann aber 2002 wieder ‚rehabilitiert’. Das der Wissenschaft geschuldete Argument der erforderlichen historischen Quellen sollte nicht ausschlaggebend sein. Gerade in den turbulenten Zeiten der Christenverfolgung sind sicher wichtige historische Dokumente verloren gegangen.

Müller: Es gibt neben der berühmten Legenda Aurea auch noch weitere Legenden zum Martyrium der hl. Katharina. Aber sind sie ausreichend, um daraus einen Roman im modernen Sinn zu machen?


von Steinitz: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die christlichen Legenden nicht nur immer einen wahren Kern enthalten, sondern dass sie auch im Detail oft überraschend zuverlässig sind. Natürlich ist es keine wissenschaftliche Sprache, die dort verwendet wird.

Müller: Wie haben Sie die Legende in Ihren Roman eingearbeitet?

von Steinitz: Die verschiedenen Legenden beschreiben die hl. Katharina als Tochter des Königs Kostus, die in Alexandria den Märtyrertod erleidet. Zunächst galt es, historisch ein wenig zu forschen, wieso es in Alexandria zur Römerzeit einen König gegeben haben soll. Es stellte sich bald heraus, dass dieser König ein König in Zypern war und tatsächlich Kostus II. hieß. Er war allerdings – ähnlich wie Herodes in Palästina – ein König von Römers Gnaden.

Damals – die Geschichte spielt ungefähr um das Jahr 300 – ist die Insel Zypern de facto unter der Verwaltung des römischen Senats. Was wiederum dazu führte, dass dort die Christenverfolgung, anders als sonst im oströmischen Reich nicht sehr heftig war, denn in Rom und im ganzen Westen des Reichs wurde die Diokletianische Christenverfolgung nicht sehr streng durchgeführt.

Müller: Warum begibt sich Katharina dann nach Alexandria, wo sie der Verfolgung doch sehr viel mehr ausgesetzt sein würde?

von Steinitz: Da habe ich – und es war nicht das einzige Mal – etwas erfunden, wozu mich die außerordentliche Schönheit und phänomenale Klugheit der Jungfrau angeregt hat: der König Kostus, der ihr gut gesonnen ist, sie sogar später adoptiert, will ihre Karriere fördern und ernennt sie zur Botschafterin von Zypern am kaiserlichen Hof von Alexandria. Der diplomatische Status gibt ihr außerdem einen gewissen Schutz.

Müller: Aber residierte der oströmische Caesar (der ‚Unter-Kaiser’) nicht in Antiochia oder in Thessalonich?

von Steinitz: Das wechselte. Alexandria bot sich aus verschiedenen Gründen an. In der Tetrarchie, dieser von Diokletian geschaffenen Herrschaft von zwei Kaisern mit dem Titel Augustus und zwei ‚Unterkaisern’ mit dem Titel Caesar, wurde die Hauptstadt des Caesaren je nach der Bedrohung des Reiches möglichst in die Nähe der Außengrenzen gelegt.

So kam übrigens auch die Stadt Trier dazu, eine Hauptstadt des Römischen Reichs zu sein. Alexandria war tatsächlich zu diesem Zeitpunkt von innen her durch häufige Aufstände bedroht. Außerdem bot es als ehemalige Hauptstadt des ägyptischen Ptolemäerreiches viele Voraussetzungen für eine Verwaltungshauptstadt mit Hintergrund.

Müller: In dem umfangreichen Personenverzeichnis zu Ihrem Buch findet man interessante Namen. Da sind z.B. drei Mädchen und später drei Jünglinge. Werden die sich am Ende finden?

von Steinitz: Ja, aber anders als man zunächst denken könnte.

Müller: Wer sind zum Beispiel Teosebia und Zosimus?

von Steinitz: In diesen Personen begegnet Katharina der Gnosis, einer häretischen Strömung, die damals z.T. auch in die Kirche eingedrungen ist. Fast erliegt sie der Faszination dieser Geisteshaltung, die schon den Aposteln Kopfzerbrechen gemacht hatte.

Müller: Und der Zauber des alten Ägyptens?

von Steinitz: Das ist ein sehr interessantes Thema. Das alte ägyptische Reich ist unter Alexander dem Großen beendet worden, lebte aber noch dreihundert Jahre unter der Herrschaft der griechischen Ptolemäer weiter. Später haben sogar noch die römischen Kaiser wie Hadrian und Vespasian sich in Theben als Pharao nach altem Ritual krönen lassen. Darüber hinaus hatten die uralten Mysterien um Isis und Osiris für viele eine enorme Anziehungskraft.

Müller: Auch für Katharina?

von Steinitz: Ja, aber mehr noch für Constantinus. Katharina hat sich ohnehin als Jungfrau Christus anverlobt, dem sie auch treu bleibt. Einen Augenblick lang schwankt sie in ihrem Entschluss, als sie in Alexandria eine liebenswürdige jüdische Familie mit vielen reizenden Kindern kennen lernt. Dann aber sieht sie klar, dass ihr Weg nicht die Ehe ist.

Dazu ist zu vermerken, dass auch bei den Heiden – im Gegensatz zu vielen heutigen Christen – die Jungfräulichkeit als hoher Wert anerkannt wurde. Die Römer glaubten, dass ihr Reich nur Bestand haben würde, wenn es durch die jungfräulichen Vestalinnen gestützt würde. Eine Vestalin hatte übrigens sogar vor dem Kaiser den Vortritt. Natürlich ist diese Auffassung später zur Konvention geworden, aber eine Jungfrau war immer noch etwas, das man respektierte.

Müller: Wer ist dieser Constantinus?

von Steinitz: Constantinus ist ein ganz junger Mensch, der, künstlerisch hochbegabt, sich einer Bildhauerzunft, der ‚Isis-und-Osiris-Bruderschaft’ anschließt, weil er Näheres über die altägyptischen Mysterien erfahren will, nachdem auch er sich mit der Gnosis beschäftigt hatte. Er ist eigentlich getaufter Christ, aber er hat sich vom Glauben abgewandt, weil ihm die Geschichten um Jesus, Maria und Josef zu simpel waren. Er sucht das Erhabene und Außergewöhnliche, kehrt aber am Ende zum einfachen Leben à la Nazareth zurück, als er Jesus Christus persönlich erfährt, der alle Sehnsucht seines jungen Herzens stillt.

Müller: Warum haben Sie Ihrem Buch den Titel ‚Katharina von Ägypten’ gegeben?

von Steinitz: Der Roman führt später die Idee von der Botschafterin weiter. Warum sollte sie bei ihrer außerordentlichen Begabung nicht noch Größeres erreichen? Der römische ‚Präfekt von Alexandria und Ägypten’ fördert sie und wiegt sich in der trügerischen Hoffnung, dass der Führende Kaiser Diokletian beim nächsten Regierungswechsel Katharina als Caesarin ernennt. Frauen als Herrscherinnen hat es ja in dieser Gegend des Reiches des öfteren gegeben. Ausschlaggebend ist dabei für ihn und für viele in Alexandria, dass der designierte Caesar Maximinus Daia bei allen verhasst ist und seine Machtübernahme verhindert werden soll. Katharina ist realistisch genug, sich nicht allzu viel von dem Manöver zu versprechen.

Müller: Sie wird also nicht Königin von Ägypten?

von Steinitz: Diokletian lehnt das, wie zu erwarten war, rundheraus ab. Aber dann wird sie in einem geistigen Sinne Königin.

Der neue Caesar Maximinus Daia begehrt sie und will sie als Herrscherin an seiner Seite. Allerdings unter der Bedingung, dass sie ihrem Glauben abschwört. Das lehnt sie ab. Als er trotz weiterer Versprechungen und Drohungen sein Ziel nicht erreicht, lässt er sie foltern und in den Kerker werfen. Und hier sieht sie sich plötzlich umgeben von einem ganzen Volk, von Menschen, die wie sie um Christi willen dem Tod ausgeliefert werden.

All die vielen Menschen, denen sie in besseren Zeiten geholfen hat, die drei Jungfrauen, sogar die Kaiserin Iulia, viele Soldaten mit dem General Menas und dem Centurio Porphyrios, die fünfzig Gelehrten der Akademie von Alexandria, die sie von ihrem Christenglauben abbringen sollten, und die im Gegenteil von ihr zum Glauben geführt wurden.

Sie alle blicken zu ihr auf als zu ihrer geistigen Führerin. Sie kümmert sich um jeden, stärkt und tröstet sie alle. Das kann sie, weil sie in den Wochen der Kerkerhaft eine besondere Nähe zu Christus erfahren hat.

Müller: Ist Ihre Schilderung des Martyriums nicht ein wenig zu drastisch?

von Steinitz: Hier könnte man sagen, was der hl. Johannes Paul II. nach der Vorführung des Films ‚Die Passion’ äußerte: „It is as it was“. Das Martyrium ist grausam. Aber immer wieder sieht man die Hand Gottes. Das Rad, auf dem sie zu Tode gefoltert werden soll, zerbricht auf spektakuläre Weise. Der Kaiser selbst gerät in einen Todesrausch und fällt hinten herüber. Schließlich wird Katharina enthauptet.

Müller: Erinnert ein wenig an den ‚Islamischen Staat’. Aber dann geschieht ein Wunder, das man dem heutigen aufgeklärten Menschen eigentlich nicht vorsetzen kann: Engel tragen den Leichnam auf den Sinai.

von Steinitz: Es ist ein Wunder, aber ein sehr angebrachtes: Katharina hatte nämlich Gott darum gebeten, dass ihre Jungfräulichkeit auch nach ihrer Ermordung nicht von den brutalen Henkern angetastet werden möge. Zur maßlosen Verblüffung der Schergen ist ihr Leib sofort nach der Exekution verschwunden.

Das Katharinenkloster am Sinai, wo sie nach ihrer Auffindung bestattet wurde, ist bis auf den heutigen Tag unberührt geblieben, obwohl es oft – wie auch heute wieder – in heiß umkämpftem Gebiet lag. Dort wird sie heute von Christen und Muslimen verehrt.

Die Fragen stellte Prof. Dr. Christian Müller, Wirtschaftswissenschaftler der Universität Münster.

kath.net-Buchtipp:
Katharina von Ägypten
Von Peter von Steinitz,
Fe-Medien-Verlag, 496 S.
ISBN 978-3-86357-107-8
Preis 15,40 €

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