Login




oder neu registrieren?


Suche

Suchen Sie im kath.net Archiv in über 70000 Artikeln:







Top-15

meist-diskutiert

  1. Klerikalismus im Bistum Passau
  2. Experte: In Liturgie öfter das "Große Glaubensbekenntnis" verwenden
  3. Evangelische bayerische Landeskirche traut Homosexuelle
  4. ‚Die Hölle gibt es wirklich – und viele sind auf dem Weg dorthin‘
  5. "Retter des Stephansdoms" sagte Nein zum Vernichtungsbefehl
  6. Vatikan geht gegen Missbrauch bei "bestellten Messen" vor
  7. Der verkleidete Menschenfreund
  8. Von der Unfähigkeit, ruhig in einem Raum zu bleiben
  9. Gott will, dass wir treu sind!“
  10. Buddhist riet Indonesierin, die „Drei Ave Maria-Novene“ zu beten – Sie wird an Ostern getauft!
  11. „Times“: Bei den Katholiken Großbritanniens läuft eine „stille Erweckung“
  12. EINMALIGE CHANCE! Große Baltikum-Reise mit kath.net - Mit Erzbischof Gänswein!
  13. Christentum im Norden Nigerias „wächst astronomisch“
  14. Wann hat Frau Esken das letzte Mal mit einem Normalbürger gesprochen?
  15. Putin lässt am Palmsonntag Kirchbesucher bombardieren - Mehr als 30 Tote in Sumy

Die Nostalgie nach der Sklaverei

31. Dezember 2014 in Aktuelles, 4 Lesermeinungen
Druckansicht | Artikel versenden | Tippfehler melden


Papst Franziskus feiert die erste Vesper des Hochfests der Gottesmutter Maria. Die Freiheit erschreckt uns, denn sie erwartet von unserer Zeit und unserer Verantwortlichkeit, dass wir sie gut nutzen


Rom (kath.net) Zum Jahresabschluss und Dank für das Jahr 2014 feierte Papst Franziskus der Tradition entsprechend die erste Vesper zum Hochfest der Gottesmutter Maria in der Petersbasilika. Im Anschluss an den Gottesdienst wurde das allerheiligste Sakrament des Altares ausgesetzt und nach einer Zeit der Anbetung das „Te Deum“ angestimmt. Die Feier endete mit dem eucharistischen Segen.


kath.net veröffentlicht die Predigt von Papst Franziskus im Wortlaut:

Liebe Schwestern und Brüder,

das Wort Gottes führt uns heute in ganz besonderer Weise in die Bedeutung von ‚Zeit’ ein, in das Verstehen dessen, dass Zeit nichts von Gott verschiedenes ist, ganz einfach deswegen, weil er sich in der Geschichte hat offenbarenwollen und uns gerettet hat. Die Bedeutung von Zeit, von Zeitlichkeit, ist die Stimmung der Erscheinung des Herrn, also der Offenbarung Gottes, des Mysteriums Gottes, in ganz konkreter Liebe. Die Zeit ist der Bote Gottes, wie es der heilige Pierre Favre ausgedrückt hat.

Die heutige Liturgie erinnert uns an den Satz des Apostels Johannes: „Meine Kinder, es ist die letzte Stunde“ (1 Joh 2:18), es ist dasselbe, was der heilige Paulus in dem Ausdruck „Fülle der Zeit“ (Gal 4:4) ausdrückt. Der Tag heute zeigt uns, wie die Zeit sozusagen von Christus, dem Sohn Gottes und Mariens, berührt wurde und durch ihn neue und überraschende Bedeutung gewann: Sie wurde zur „Zeit des Heils“, zur Zeit der Erlösung und der Gnade.

All das führt uns, über das Ende des Lebensweges, unseres Weges, nachzudenken. Es gab für uns einen Beginn und es wird auch ein Ende geben, „eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben“ (Koh 3:2). Mit dieser Wahrheit, einfach und fundamental und doch auch verdeckt und vergessen, lehrt uns Mutter Kirche, das Jahr und auch jeden unserer Tage mit einer Gewissenserforschung zu beenden, durch die wir entdecken können, was wirklich geschehen ist; wir danken dem Herrn für all das empfangene Gute und das, was uns gelungen ist, und gleichzeitig bedenken wir unsere Sünden und Fehler. Danken und um Vergebung bitten!
Und genau das machen wir auch heute zum Ende dieses Jahres. Wir loben den Herrn mit dem Hymnus des Te Deum und gleichzeitig bitten wir um Vergebung. Die Haltung des Dankens führt uns in die Demut, zum Erkennen und Annehmen der Gaben des Herrn.


Der Apostel Paulus fasst in seinem Brief, aus dem die Lesung dieser ersten Vesper genommen ist, das grundlegende Motiv unseres Dankes an Gott zusammen: Er hat uns zu seinen Kindern gemacht, er hat uns als Kinder angenommen. Dieses unverdiente Geschenk füllt uns mit Dankbarkeit und Staunen! Man könnte sagen: „Aber sind nicht schon alle Gottes Kinder, dadurch dass wir Menschen sind?“ Sicherlich, Gott ist Vater aller Menschen auf Erden. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass unsere kindliche Beziehung zutiefst verwundet ist; wir sind durch die Erbsünde von ihm entfernt, die uns von unserem Vater getrennt hat. Deswegen hat Gott seinen Sohn gesandt, uns freizukaufen um den Preis seines Blutes. Und es ist ein Freikaufen, denn es ist eine Sklaverei. Wir waren Kinder, aber wir wurden zu Sklaven, auf die Stimme des Bösen hörend. Niemand sonst kauft uns aus dieser Sklaverei frei außer Jesus, der unser Fleisch annahm in der Jungfrau Marie und am Kreuz starb, uns aus der Sklaverei der Sünde zu befreien und die verlorene Kindschaft wiederherzustellen.

Die heutige Liturgie erinnert auch daran, dass am Anfang, vor aller Zeit, das Wort war, und dass das Wort Mensch geworden ist. Deswegen sagt der heilige Ireneus: „Das ist der Grund, weswegen das Wort Mensch wurde und der Sohn Gottes Menschensohn wurde: Weil der Mensch, in die Gemeinschaft mit dem Wort eintretend und so göttliche Kindschaft erlangend, Kind Gottes werde“ (Adversus haereses 3.19.1).

Gleichzeitig ist das Geschenk, für das wir danken, uns Grund zur Gewissenserforschung, einer Revision des eigenen und des gemeinschaftlichen Lebens, Grund uns zu fragen, wie wir eigentlich leben. Leben wir als Kinder oder als Sklaven? Leben wir als in Christus getaufter Mensch, gesalbt durch den Heiligen Geist, losgekauft, frei? Oder leben wir nach einer weltlichen Logik, korrupt, das tuend was der Teufel uns glauben macht dass es nach unserem Interesse sei? Auf unserem Lebensweg gibt es immer die Tendenz, der Befreiung widerstehen zu wollen. Wir haben Angst vor der Freiheit und paradoxerweise ziehen wir unbewusst, mehr oder weniger, die Sklaverei vor. Die Freiheit erschreckt uns, denn sie erwartet von unserer Zeit und unserer Verantwortlichkeit, dass wir sie gut nutzen.

Die Sklaverei dagegen reduziert die Zeit auf den Moment und so fühlen wir uns sicher, sie lässt uns auf diese Weise eine Abfolge von Augeblicken leben, unverbunden mit ihrer Vergangenheit und unserer Zukunft. In anderen Worten verhindert die Sklaverei, dass wir voll und ganz die Gegenwart leben, denn sie nimmt ihr die Vergangenheit und schließt von der Zukunft ab, von der Ewigkeit. Die Sklaverei lässt uns glauben, dass wir nicht träumen können, nicht fliegen, nicht hoffen.

Ein großer italienischer Künstler hat vor einigen Tagen gesagt, dass es für den Herrn einfacher gewesen ist, Israel aus Ägypten herauszunehmen, als Ägypten aus den Herzen der Israeliten. Sie waren materiell aus der Sklaverei befreit, aber während ihres Durchzuges durch die Wüste mit den Schwierigkeiten und dem Hunger begannen sie, sich nach Ägypten zurück zu sehnen, als sie„Zwiebeln und Knoblauch“ aßen (Num 11:5). Sie vergaßen aber, dass sie am Tisch der Sklaverei gegessen hatten. In unseren Herzen verbirgt sich die Sehnsucht nach der Sklaverei, denn sie ist offensichtlich beruhigender, hat mehr Freiheiten und ist weniger riskant. Uns gefällt es, von so vielen Feuerwerken gefangen zu sein, die schön aussehen, aber in Wirklichkeit nur wenige Augenblicke dauern! Das ist die Herrschaft des Moments!

Von dieser Gewissenserforschung hängt für uns Christen die Qualität unseres Handelns, unseres Lebens, unserer Präsenz in der Gesellschaft, unseres Dienstes für das Gemeinwohl und unsere Mitarbeit an öffentlichen und auch kirchlichen Institutionen ab.
Deswegen und auch weil ich Bischof von Rom bin, möchte ich den Blick auf unser Leben hier in Rom lenken, das ein großes Geschenk ist, denn es bedeutet ja, in der ewigen Stadt zu leben. Für einen Christen bedeutet es auch, Teil der Kirche zu sein, die auf dem Zeugnis des Martyriums der heiligen Apostel Petrus und Paulus gegründet ist. Und auch dafür danken wir dem Herrn. Gleichzeitig ist das aber auch eine große Verantwortung. Jesus hat gesagt, dass von jedem dem viel gegeben ist, viel erwartet wird (Lk 12:48). Fragen wir uns also: Sind wir in dieser Stadt, in dieser kirchlichen Gemeinschaft, frei oder sind wir Sklaven? Sind wir Licht und Salz? Sind wir Sauerteig? Oder sind wir erloschen, fade, übel gesinnt, misstrauisch, unbedeutend und müde?

Unbestreitbar verlangen die schlimmen Korruptionsfälle, die in der jüngsten Vergangenheit ans Tageslicht kamen, eine Bekehrung des Herzens für eine geistliche und moralische Wiedergeburt, wie auch für einen erneuerten Einsatz, um eine gerechtere und solidarischere Stadt zu errichten, wo die Armen, die Schwachen und die an den Rand gedrängten das Zentrum unserer Sorge und unseres täglichen Handelns sind. Es braucht eine große und tägliche Anstrengung christlicher Freiheit, den Mut zu haben, in unserer Stadt zu verkünden, dass wir die Armen schützen und nicht uns vor den Armen schützen müssen und dass wir den Schwachen dienen und uns nicht von den Schwachen bedienen lassen müssen!

Die Lehre eines einfachen römischen Diakons kann uns hierbei helfen. Als man den heiligen Lorenzo bat, die Schätze der Kirche zu zeigen, brachte er einfach einige Arme. Wenn man sich in einer Stadt die Armen und Schwachen sorgt, wenn ihnen geholfen wird, dann werden sie zum Schatz der Kirche und zum Schatz in der Gesellschaft. Wenn aber eine Gesellschaft die Armen ignoriert, die verfolgt, kriminalisiert, sie in eine „Mafia“ hinein drängt, dann verarmt sie bis ins Elend hinein, verliert die Freiheit und bevorzugt die „Zwiebeln und den Knoblauch“ der Sklaverei, der Sklaverei des eigenen Egoismus, der Sklaverei der eigenen Kleinmütigkeit. Diese Gesellschaft hört auf, christlich zu sein.

Liebe Brüder und Schwestern, beenden wir das Jahr und bekennen wir, dass es eine „letzte Stunde“ gibt, eine „Fülle der Zeit“. Zum Abschluss dieses Jahres, im Dank und in der Vergebungsbitte, tut es gut, um die Gnade zu bitten, seinen Weg in Freiheit gehen zu gehen, um so die vielen Schäden reparieren zu können und uns vor der Sehnsucht nach der Sklaverei zu hüten, uns nicht nach der Sklaverei zu sehnen.

Die heilige Jungfrau, die heilige Mutter Jesu, stand wirklich im Herzen der Zeit Gottes, als das Wort, das von Anfang an war, einer von uns wurde, in der Zeit. Sie die der Welt den Erlöser geschenkt hat helfe uns, ihn mit offenem Herzen aufzunehmen, um wirklich als freie Kinder Gottes leben zu können.





Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal!

 





Lesermeinungen

Um selbst Kommentare verfassen zu können müssen Sie sich bitte einloggen.

Für die Kommentiermöglichkeit von kath.net-Artikeln müssen Sie sich bei kathLogin registrieren. Die Kommentare werden von Moderatoren stichprobenartig überprüft und freigeschaltet. Ein Anrecht auf Freischaltung besteht nicht. Ein Kommentar ist auf 1000 Zeichen beschränkt. Die Kommentare geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
kath.net verweist in dem Zusammenhang auch an das Schreiben von Papst Benedikt zum 45. Welttag der Sozialen Kommunikationsmittel und lädt die Kommentatoren dazu ein, sich daran zu orientieren: "Das Evangelium durch die neuen Medien mitzuteilen bedeutet nicht nur, ausgesprochen religiöse Inhalte auf die Plattformen der verschiedenen Medien zu setzen, sondern auch im eigenen digitalen Profil und Kommunikationsstil konsequent Zeugnis abzulegen hinsichtlich Entscheidungen, Präferenzen und Urteilen, die zutiefst mit dem Evangelium übereinstimmen, auch wenn nicht explizit davon gesprochen wird." (www.kath.net)
kath.net behält sich vor, Kommentare, welche strafrechtliche Normen verletzen, den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen, zu entfernen. Die Benutzer können diesfalls keine Ansprüche stellen. Aus Zeitgründen kann über die Moderation von User-Kommentaren keine Korrespondenz geführt werden. Weiters behält sich kath.net vor, strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.


Mehr zu

Franziskus Papst

  1. Genesung in kleinen Schritten: Papst geht es etwas besser
  2. Vatikan kündigt nach fünf Wochen ersten Auftritt des Papstes an
  3. Papst will Aschermittwochs-Bußprozession selbst leiten
  4. Vom Argentinier zum Römer: Franziskus über seinen Start als Papst
  5. Fußballbegeisterter Papst mit zwei linken Füßen
  6. Papst will keine Ordensfrauen mit "Essiggesicht"
  7. Papst besucht an Allerseelen Gräber ungeborener Kinder
  8. Dilexit nos
  9. Belgien: Nach Papstaussagen zu Abtreibung und Frauen wollen sich nun 520 Personen ‚enttaufen’ lassen
  10. ‚Trans-’ und ‚Intersex-Katholiken’: Papst soll Verbot von ‚Geschlechtsänderung’ aufheben






Top-15

meist-gelesen

  1. EINMALIGE CHANCE! Große Baltikum-Reise mit kath.net - Mit Erzbischof Gänswein!
  2. Eine wichtige BITTE an Ihre Großzügigkeit! - FASTENSPENDE für kath.net!
  3. Klerikalismus im Bistum Passau
  4. Der verkleidete Menschenfreund
  5. „Times“: Bei den Katholiken Großbritanniens läuft eine „stille Erweckung“
  6. "Retter des Stephansdoms" sagte Nein zum Vernichtungsbefehl
  7. Christentum im Norden Nigerias „wächst astronomisch“
  8. ‚Die Hölle gibt es wirklich – und viele sind auf dem Weg dorthin‘
  9. Buddhist riet Indonesierin, die „Drei Ave Maria-Novene“ zu beten – Sie wird an Ostern getauft!
  10. Gott will, dass wir treu sind!“
  11. Vatikan geht gegen Missbrauch bei "bestellten Messen" vor
  12. Putin lässt am Palmsonntag Kirchbesucher bombardieren - Mehr als 30 Tote in Sumy
  13. Wann hat Frau Esken das letzte Mal mit einem Normalbürger gesprochen?
  14. Neuer Blitz-Auftritt des Papstes nährt Spekulation um Osterfeier
  15. Experte: In Liturgie öfter das "Große Glaubensbekenntnis" verwenden

© 2025 kath.net | Impressum | Datenschutz