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| Ein Stück Würde zurückgewinnen13. März 2015 in Chronik, keine Lesermeinung Duschen und Friseure - Der Papst denkt an die Obdachlosen. Von Christoph Schmidt (KNA) Vatikanstadt (kath.net/KNA) Sandro hasst Busfahren. Über die römischen Verkehrsbetriebe spricht er wie über einen persönlichen Feind. Der Obdachlose fährt schwarz, denn drei Euro für ein Ticket hin und zurück reißen sofort eine Lücke ins Tagesbudget. «Die Kontrolleure haben mich oft erwischt. Das gab immer Zoff, weil ich die Strafe nicht zahlen konnte.» Aber manchmal braucht er die Busse, erzählt der 46-Jährige. Dann musste er von seinem Schlafquartier am Petersplatz durch die halbe Stadt zu einem Asyl. Das bot ihm einen kurzen Luxus, der für Menschen mit Dach über dem Kopf nicht mehr ist als Tagesroutine vor dem Frühstück: eine warme Dusche. Jetzt kann er fast täglich duschen, so wie gerade eben. Das verdankt er dem Papst und seinem Almosenverwalter, Erzbischof Konrad Krajewski. In einem Bau an den Kolonnaden, gleich unterhalb des Apostolischen Palastes, haben sie Duschkabinen für die Clochards einbauen lassen. Bis zu 8.000 Obdachlose leben nach Angaben der christlichen Gemeinschaft Sant'Egidio auf Roms Straßen. Seit Februar herrscht in den Nasszellen täglich Hochbetrieb von 9.00 bis 15.00 Uhr, ausgenommen nur die Generalaudienzen am Mittwoch und die Sonntage. Jeder Gast bekommt ein Handtuch und Seife. Daneben hat Krajewski auch gleich noch einen kleinen Friseursalon einrichten lassen. Römische Coiffeure greifen hier an zwei Tagen in der Woche zu Schere und Rasiermesser. Ehrenamtlich. Viele haben Shampoo und Arbeitsmaterial gespendet. «Splendido», wunderbar, findet das Sandro. Nach der Dusche hat er sich einen schmissigen Kurzhaarschnitt verpassen lassen. «Die erste richtige Frisur seit langem.» Mit einem Lächeln streicht sich der hagere Mann über den ausrasierten Nacken. Sein Gesicht bleibt zwar gezeichnet vom Alkohol, aber: «Das ist einfach ein neues Gefühl. Eben hätte ich wirklich heulen können vor Freude.» Die Körperhygiene hilft gegen die «Pennerkrankheit», offene Geschwüre auf der Haut. Und mit jeder gekappten Bartstoppel, jeder frischen Dusche sollen die Obdachlosen auch ein Stück Würde zurückgewinnen. Krajewski hofft, dass die neuen Einrichtungen den Gestrandeten helfen, ihr Stigma abzustreifen, wieder ins Leben und einen Job zu finden. Die meisten hier hatten mal eine ganz normale Biografie. Waren vielleicht Angestellte oder Handwerker wie Sandro, der bis vor neun Jahren in einer Autowerkstatt Geld verdiente. Dann kam die Arbeitslosigkeit, dann der Alkohol, dann die Straße. Keiner im Vatikan kennt diese Geschichten besser als Krajewski. «Ich bin fast jeden Abend bei den Obdachlosen», erzählt der 51-jährige Pole. Im Kleinwagen kurvt er um die Vatikanmauern, um Lebensmittel und Medikamente zu verteilen; manchmal unterstützen ihn Schweizergardisten. Wer abends auf den Trottoirs der Via della Conciliazione sein Nachtlager aufschlägt, kennt Monsignore Krajewski. «Ein großer Mann», meint Sandro. Zur Eröffnung der Duschen habe er jeden persönlich begrüßt. Vor eineinhalb Jahren machte Franziskus den früheren päpstlichen Zeremonienmeister zu seinem obersten Wohltäter - und erhöhte das Budget der Almosenamtes deutlich. Statt jährlich eine gab es 2013 schon zwei Millionen Euro Zuwendungen für Bedürftige. Die Zahlen für 2014 sind noch unbekannt. Das Geld stammt zu einem Großteil aus dem Erlös Apostolischer Segensurkunden, die zu Anlässen wie Taufe oder Hochzeit für bis zu 25 Euro erworben werden können. An manchen Tagen gleicht das Almosenamt nahe der Sankt-Anna-Pforte einem Taubenschlag. Die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für die Armut vor der eigenen Haustür sei durch Franziskus deutlich gestiegen, heißt es bei Sant'Egidio. Mehr Freiwillige, auch Kirchenferne, wollten sich engagieren. Nun also auch rund 30 Friseure im Friseursalon des Papstes. So wie Enrico Palmiero, Ende 50, elegante Erscheinung. Zwei Stunden hat er an diesem Montag Haare geschnitten und Bärte rasiert. 30 bis 40 Obdachlose kämen jeweils an den beiden Wochentagen. «Für mich sind das ganz normale Kunden, mit denen man beim Frisieren einen Plausch hält.» Über ihren Weg auf die Straße wolle er sie lieber nicht befragen; er sei aber überrascht, wie gebildet viele sind. «So ein Leben sucht sich eben keiner aus.» Einer der vatikanischen Obdachlosen, Foto im Petersdom - Willy Herteleer verstarb 80-jährig im Dez. 2014 und wurde auf dem Campo Santo Teutonico beerdigt Am Rand des Petersplatzes richtet der Vatikan Duschen für Obdachlose ein, auch eine Friseurmöglichkeit wird dort kostenlos erreichbar sein (engl.) Künstler Timothy Schmalz: Homeless Jesus [Obdachloser Jesus] (C) 2015 KNA Katholische Nachrichten-Agentur GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! 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