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Jorge Bergoglios Weg als Jesuit

8. August 2015 in Chronik, 6 Lesermeinungen
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Deutscher Ordenschef: Bergoglio hat "Option für die Armen" schon immer gelebt, hat sich aber erst nach seiner Amtszeit als Ordensprovinzial für gerechte Sozialstrukturen eingesetzt.


München (kath.net/ KAP) Der Jesuit Jorge Bergoglio, heute Papst Franziskus, war in seinem Orden bis zur Wahl zum Nachfolger von Benedikt XVI. lange umstritten. Das berichtet der deutsche Jesuitenprovinzial Stefan Kiechle in einer neuen Publikation über "Papst Franziskus und seine jesuitischen Wurzeln". Als junger Provinzial der Jesuiten in Argentinien habe Bergoglio einen "einzelgängerischen, autokratischen" Führungsstil gepflegt. Auch später als Bischof habe Bergoglio zu seinen Mitbrüdern in Argentinien und in Rom "ein recht distanziertes Verhältnis" gehabt.

Als einen Grund für dieses gespannte Verhältnis führt Kiechle an, dass Bergoglio eine Entwicklung des Jesuitenordens anfangs "nur eingeschränkt" mitgemacht habe. Erst später als Bischof habe er sich für die Praxis und Theologie der Befreiung geöffnet, die sich der weltweite Orden schon einige Zeit vorher angeeignet habe. Kiechle beschreibt diesen Einstellungswandel als "Umkehr", für die Bergoglios innere Lernfähigkeit und die jährlichen jesuitischen Exerzitien "zweifellos eine zentrale Rolle" gespielt hätten.


Bergoglio habe, so der Autor, persönlich schon immer sehr bescheiden gelebt und armen Menschen als Seelsorger geholfen. Insofern habe er immer eine "Option für die Armen" ergriffen, ohne sich allerdings zugleich auch für gerechte Sozialstrukturen einzusetzen. Wie viele Kirchenvertreter habe Bergoglio in Argentinien, als sich die peronistische Bewegung in den 1970er Jahren gespalten habe, zum rechten Flügel und damit gegen die Befreiungstheologie tendiert.

Seine Einstellung habe sich aber spätestens mit seiner Weihe zum Weihbischof in Buenos Aires 1992 verändert, schreibt Kiechle. Bei seinen häufigen Besuchen in Armenvierteln habe Bergoglio gelernt, dass man etwa der Drogensucht nicht mit Appellen allein beikommen könne, sondern auch "strukturell" arbeiten müsse, also mit Gesetzen, Kontrolle und vor allem Bildungsprogrammen. Die "grausame Wirtschaftskrise" Ende der 1990er Jahre, die Millionen Argentinier in die Armut trieb, habe seinen Sinneswandel weiter befördert.

In einem Exkurs geht Kiechle auch auf Bergoglios umstrittene Rolle beim Verschwinden zweier Jesuiten in der Zeit der argentinischen Militärdiktatur ein. Der Vorwurf, dass sich der junge Provinzial damals falsch verhalten habe, sei bis heute "nicht endgültig ausgeräumt" und wohl auch nicht mehr aufzuklären. Es sei aber berührend, wie zumindest einer der betroffenen Patres sich später mit dem Kardinal und Papst bei Begegnungen demonstrativ versöhnt habe. Die Zeugnisse über die damalige Zeit blieben "widersprüchlich und unklar". Aus der Sicht eines in Sicherheit lebenden Mitteleuropäers seien schnelle Urteile aber nicht angebracht.

Foto: (C) K-TV


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