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| Nachdenkliches zur kommenden Bischofssynode 201514. September 2015 in Kommentar, 7 Lesermeinungen Was kommt am 4.-25. Oktober 2015 auf die Synodenteilnehmer und Papst Franziskus zu? Wie wird das alles nach außen kommuniziert und in alle Welt weitergegeben und aufgenommen? Gastbeitrag von Domherr Dr. Roland Graf Vatikan (kath.net) Die Familiensynode 2014 hat nicht nur im Vorfeld mit der Umfrage des Vatikans zu hitzigen Diskussionen geführt, sondern ist selber kontrovers verlaufen. Dabei muss man zwischen der Diskussion im Plenum der Bischofssynode und der Diskussion in den Medien unterscheiden. Obwohl das Thema Familienpastoral unter vielen verschiedenen Aspekten betrachtet werden muss, drehte sich die Diskussion in der Öffentlichkeit hauptsächlich um zwei Themenbereiche: Geschiedene, die wiederverheiratet sind und gleichgeschlechtliche Beziehungen. Gerade bei letzterem Thema gerät man fast unweigerlich ins Kreuzfeuer der Kritik, wenn man nur schon auf die einschlägigen Stellen im Katechismus der Katholischen Kirche zur Homosexualität verweist (Nr. 2357-2359). Die Kommunikation und Diskussion zwischen den Pro- und Kontraparteien scheint derzeit auf einem Tiefpunkt angelangt zu sein: pro/kontra Anerkennung der Verbindung wiederverheirateter Geschiedener und deren Zulassung zur hl. Kommunion, pro/kontra Anerkennung und Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Kann das gut gehen? Was kommt am 4.-25. Oktober 2015 auf die Synodenteilnehmer und Papst Franziskus zu? Wie werden die Diskussion und die Kommunikation zwischen diesen Pro- und Kontrapolen in der Synodenaula verlaufen? Wie wird das alles nach außen kommuniziert und in alle Welt weitergegeben und aufgenommen? Die Heilige Schrift muss sorgfältig ausgelegt werden Ich gehe davon aus, dass pro und kontra hin oder her wir alle nach wie vor eine gemeinsame Grundlage haben, an der wir uns orientieren. Über die Ehe gibt es nun einmal Worte des Herrn, die wir nicht links liegen lassen dürfen: Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen (Mk 10,6-9). Wie sind diese Worte auszulegen und wie bindend sind sie? Das ist die entscheidende Frage und diese gilt ebenso für eine Stelle im Römerbrief über die ausgelebte Homosexualität, nicht die Neigung dazu (Röm 1,24-27).1 Wie im Allgemeinen die Auslegung von Schriftstellen erfolgen soll, hat das II. Vatikanum im Dokument Dei Verbum erklärt: Da die Heilige Schrift in dem Geist gelesen und ausgelegt werden muß, in dem sie geschrieben wurde, erfordert die rechte Ermittlung des Sinnes der heiligen Texte, daß man mit nicht geringerer Sorgfalt auf den Inhalt und die Einheit der ganzen Schrift achtet, unter Berücksichtigung der lebendigen Überlieferung der Gesamtkirche und der Analogie des Glaubens (DV Nr. 12). Damit stellen die Konzilsväter fest, dass die Heilige Schrift, d.h. dass die Bücher des Alten und des Neuen Testamentes unter dem Beistand des Heiligen Geistes verfasst wurden und auch mit seiner Hilfe gelesen und ausgelegt werden müssen. Das ist ein sehr hoher Anspruch. Mit der Forderung, auf den Inhalt und die Einheit der ganzen Schrift zu achten, ist gemeint, dass man gerade die alttestamentlichen Texte immer unter dem Blick des Neuen Testamentes lesen und auslegen muss. Damit bleibt man vor falschen Interpretationen bewahrt. Die Überlieferung der Gesamtkirche berücksichtigen, heißt, auch zu beachten, was die Kirchenväter in den ersten Jahrhunderten und die lehramtlichen Dokumente im Lauf der Kirchengeschichte über die auszulegenden Schriftstellen gelehrt haben. Ich hoffe, dass die Bischofssynode genau das leisten wird und zwar in beiden zur Diskussion stehenden Themenbereichen. Unauflöslichkeit der Ehe: Ist die Kirche an die Worte des Herrn gebunden? Der Münchner Pastoraltheologe Andreas Wollbold hat in diesem Jahr ein äußerst lesenswertes Buch herausgegeben, das dieser Frage nachgeht.2 Es trägt den Titel: Pastoral mit wiederverheirateten Geschiedenen gordischer Knoten oder ungeahnte Möglichkeiten. Mit größter Sorgfalt versucht er, dem Anspruch des II. Vatikanums gerecht zu werden. Unter Berücksichtigung der relevanten Schriftstellen kommt Andreas Wollbold zum Schluss, dass Jesus eine im Streit der Rabbinerschulen ebenso wie im römischen Kontext einzigartige, selbst für seine Anhänger provokative und sich damit für seine Gegner als Falle scheinbar gut eignende Lehre zu Scheidung und Wiederheirat vorgetragen hat. ... Die Evangelien und Paulus haben diese Lehre Jesu nicht verschwiegen, sondern ihr einen bedeutenden Platz eingeräumt. Sie wollten sie tradieren und nicht relativieren (S. 60). Die Aussagen der Kirchenväter analysiert er akribisch. Die damalige Umwelt pflegte aufgrund des familiären Gewohnheitsrechtes und der zivilen Gesetzgebung (römisches Scheidungsrecht) eine andere Praxis. Gemäß Wollbold ist die aktuelle Lage durchaus mit der damaligen vergleichbar. Trotzdem ist im Fall von Wiederheirat nach Scheidung sein Befund nach Konsultation der Kirchenväter eindeutig: Von Anfang an lehnte die Kirche die Wiederheirat nach Scheidung ab und trat für den Bestand der Ehe von Getauften ein. Wollbold fügt dem noch einen weiteren Befund hinzu: Die Synode von Illiberis (∼300-302) sowie die Konzilien von Arles (314) und Nizäa (325) lehnen trotz unterschiedlicher geografischer und kirchenpolitischer Lage die zweite Ehe nach Scheidung einhellig ab. Die sorgfältige Analyse der einschlägigen Kanones des Konzils von Trient (1545-1563) ergibt schließlich folgendes Ergebnis: Die Ablehnung der Wiederheirat ist auch im Fall des Ehebruchs klar, ganz zu schweigen von anderen Fällen. Vor allem in der verbindlichen Bekräftigung der Lehre vom Eheband und ihren Konsequenzen stellt das Konzil eine Wasserscheide dar, hinter welche die katholische Kirche nicht mehr zurückgehen kann, etwa unter Berufung auf einzelne patristische Belege wie die des Basilius (S. 118). Wollbolds Untersuchungen können nicht einfach mit dem Hinweis aus der Debatte gefegt werden, das II. Vatikanum habe mit Gaudium et spes die klassische Ehetheologie durch ihren personalistischen Ansatz überholt. Ihre Intention haben die Kirchenväter in Gaudium et spes Nr. 47 formuliert, nämlich die ursprüngliche Würde der Ehe und ihren hohen und heiligen Wert zu schützen und zu fördern. Wollbold lokalisiert in den Konzilstexten zwar in Details gewisse Unschärfen. Doch darauf dürfen niemals Unschärfen der Argumentation zu Ehescheidung und Wiederheirat aufgebaut werden, die schließlich in ausdrücklichem Widerspruch zur Lehre des Konzils stehen (S. 127). Die Vorschläge für die Anpassung der Familienpastoral für die wiederverheirateten Geschiedenen müssen das berücksichtigen. Könnte die Kirche gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkennen und segnen? Die Frage ist bewusst vorsichtig formuliert. In den Fragen des offiziellen Vorbereitungsdokumentes 3 tritt sie in dieser Form nicht auf: Zu gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften Hier geht es tatsächlich um die Pastoral und nicht etwa um eine Änderung der bisherigen Lehre der Kirche. In der Umfrage, welche das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) veröffentlichte und online stellte, tönt es kurz und knapp, aber völlig anders: Wünschen Sie sich, dass die Kirche gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkennt und segnet?4 Diese komplett andere Fragestellung gegenüber dem offiziellen Vorbereitungsdokument, kann beim besten Willen nicht als Vereinfachung abgetan oder sogar als gute Zuspitzung der Frageintention des römischen Fragebogens gelobt werden.5 Es ist unklar, wer für diese Verfälschung verantwortlich ist. In einer Stellungnahme der Schweizer Bischofskonferenz zu einem Weltwocheartikel heisst es, die Kommunikationsstelle der SBK habe den Synodefragebogen formuliert. Das SPI unter der Leitung von Dr. Arnd Bünker habe die Umfrage lediglich ausgeführt und deren Ergebnisse präsentiert. Anfangs Juni berichtete kath.ch, Arnd Bünker habe mit der Umfrage zu «Ehe, Familie und Partnerschaft» den von der katholischen Kirche in der Deutschschweiz gestifteten »Good-News-Preis» erhalten.6 Kath.ch informierte am 12. Juni 2015 über die Preisverleihung wie folgt: Bünker lancierte 2013 eine in der Schweiz viel beachtete kirchliche Umfrage zu «Ehe, Familie und Partnerschaft» und sorgte dafür, dass die vom Vatikan theologisch anspruchsvoll ausformulierten Fragen in einer Alltagssprache an die breite Öffentlichkeit weiter getragen werden konnten, wie der Direktor des Medienzentrums, Charles Martig, bei der Preisverleihung in Zürich ausführte.7 Darf man schüchtern die Frage stellen, ob nicht die Kommunikationsstelle der SBK den Preis hätte beanspruchen können? Die Schlüsselfrage ist allerdings viel wichtiger: Könnte die Kirche gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkennen und segnen? Die unmissverständlichen Aussagen im Römerbrief lassen ein klares Nein von der Bischofssynode erwarten. Bischof Markus Büchel erklärte seinen Seelsorgern in einem Brief: Unser heutiges Wissen um die Homosexualität als Anlage und nicht frei gewählte sexuelle Orientierung war zur Zeit der Bibel gar nicht bekannt.8 Wieviel gesichertes Wissen gibt es denn über diese Anlage? Es gibt die Hypothese, wonach während der Entwicklung epigenetische Vorgänge für die sexuelle Orientierung eine gewisse Rolle spielen. Demnach würden während der Entwicklung in bestimmten Abschnitten der Erbsubstanz Gene fälschlicherweise oder zum falschen Zeitpunkt aktiviert oder deaktiviert.9 Es gibt auch immer wieder Studien, die sich der Frage widmen, ob es ein Gen oder eine Kombination von Genen gibt, die als Hauptfaktor für männliche Homosexualität verantwortlich gemacht werden könnten.10 Eine solche Publikation wurde auf der Webseite des Fachmagazins Science recht kritisch besprochen.11 Über die Ursache weiblicher Homosexualität gibt es noch weniger Anhaltspunkte über genetisch bedingte Faktoren in der Fachliteratur. Ich würde wirklich gern erfahren, ob es wissenschaftlich unabhängige Publikationen gibt, die zum Schluss kommen, dass ein bestimmtes Gen oder eine Kombination davon für die Anlage zur männlichen bzw. weiblichen Homosexualität hauptverantwortlich gemacht werden kann. Das ist keineswegs als Polemik zu verstehen, sondern wissenschaftliches Interesse. Es fällt auf, dass in der Dokumentation über die gemeinsame Tagung, welche auf Einladung der Präsidenten der Französischen, Deutschen und Schweizer Bischofskonferenz zu Fragen der Ehe- und Familienpastoral am 25. Mai 2015 an der Universität Gregoriana in Rom stattfand, kein Referent eine aussagekräftige wissenschaftliche Studie über die Anlage für die sexuelle Orientierung erwähnte oder in einer Fußnote darauf hinwies.12 Das wird einfach als gegeben dargestellt.13 Um über die Pastoral mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften vernünftig sprechen zu können, müssten die wissenschaftlich gesicherten Fakten über die Entstehung der Homosexualität berücksichtigt werden. Die Teilnehmer der Bischofssynode müssten die entscheidenden Faktoren kennen, bevor überhaupt die Synode beginnt. Überzogene Forderungen könnten zu Kirchenaustritten führen Manche Theologen verlangen von der nächsten Bischofssynode, dass die Kirche gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkennen und segnen soll. Das ist unter der Berücksichtigung der vorhergehenden Überlegungen eine völlig überzogene Forderung, die im Anschluss zur Bischofssynode aufgrund der absehbaren Enttäuschung bei vielen Gläubigen zu zahlreichen Kirchenaustritten führen könnte. Auch eine Bischofssynode kann sich von der genannten Anforderung des II. Vatikanischen Konzils nicht entbinden. Sie kann sich nicht einfach der Macht des Faktischen beugen, sondern muss die Problematik wissenschaftlich sorgfältig reflektieren und darauf basierend ihre Ratschläge präsentieren. Dabei ist zu beachten, dass es in erster Linie bei dieser Familiensynode um die Pastoral geht, den Umgang der Hirten mit jenen, die eine entsprechende Neigung haben oder in einer Partnerschaft leben. Bei der Pastoral geht es immer darum, den Weg ins Himmelreich aufzuzeigen. Unter Umständen, das tut Jesus in den Evangelien oft, ist damit der Aufruf zur Umkehr verbunden. Ist es denkbar, dass die Kirche egal um welches Thema es sich handelt einen Weg gutheißt, der nach sorgfältiger Analyse der Heiligen Schrift mutmaßlich nicht zum Himmelreich führen könnte? Wir sind in einer schwierigen Situation und die Bischöfe sind um ihre Aufgabe nicht zu beneiden. Daher wollen wir die Muttergottes, die unsere Fürsprecherin im Himmel ist, darum bitten, dass alle, die sich mit den Fragen betreffend der Familienpastoral beschäftigen, mit dem Heiligen Geist gestärkt werden. Bitten wir darum, dass die Bischofssynode zusammen mit Papst Franziskus in Treue zur Heiligen Schrift und mit Hilfe des Heiligen Geistes die pastoralen Wegweisungen für unsere Zeit diskutieren und festlegen, so dass möglichst viele Gläubige das Ziel der Gemeinschaft mit Gott erreichen. Dieser Artikel erscheint Ende September im HLI-Report Nr. 91, dem Publikationsorgan von HLI-Schweiz (www.human-life.ch). Der Verfasser Dr. Roland Graf ist Domherr im Bistum Chur und Präsident a.i. von HLI-Schweiz Fußnoten Ihnen hat der Artikel gefallen? Bitte helfen Sie kath.net und spenden Sie jetzt via Überweisung oder Kreditkarte/Paypal! Lesermeinungen
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