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Der zweite Völkermord an den Armeniern

24. Juni 2016 in Chronik, 1 Lesermeinung
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Wie Papst Benedikt auch 1918 versuchte, die Armenier zu retten. Von Michael Hesemann


Rom (kath.net) Im Sommer 1916 war der Völkermord an den Armeniern zumindest vorübergehend abgeschlossen. Über 1,8 Millionen christliche Bewohner der türkischen Nordostprovinzen waren entweder den Massakern zum Opfer gefallen, auf den endlosen Todesmärschen zu den Konzentrationslagern in der syrischen Wüste gestorben oder dort, eingepfercht wie Vieh, bei extremen Wintertemperaturen, mangelnder Wasser- und Brotversorgung und grassierenden Seuchen elendlich zugrunde gegangen. Wer im Sommer noch lebte, wurde noch tiefer in die syrische Wüste getrieben und dort erschlagen. „Das armenische Problem existiert nicht mehr!“, verkündete der türkische Innenminister Talaat Bey stolz dem deutschen Botschafter.

Doch über 200.000 Armeniern war es gelungen, sich in das Gebiet jenseits der türkisch-russischen Front durchzuschlagen und dort zu überleben. Nach der russischen Februarrevolution 1917 erlaubte die Provisorische Regierung die Rückkehr von 150.000 armenischen Flüchtlingen in die Provinzen Van, Bitlis, Erzurum und Trapezunt. Unter der russisch-armenischen Verwaltung nahm das Leben dort allmählich wieder geordnete Bahnen an.

Erst die Oktoberrevolution, die Machtergreifung der Bolschewisten, machte die Erfolge der russischen Armee an der Kaukasus-Front zunichte. Mit Erlaß vom Januar 1918 befahl Lenin den Rückzug der russischen Truppen aus den osmanischen Kaukasusgebieten, die mit dem Vertrag von Brest-Litowsk vom 3. März 1918 an die Türken zurückgegeben werden sollten. Eine armenische Miliz sollte jetzt die „Sicherheit der Bewohner von Türkisch-Armenien und ihrer Habe“ gewährleisten.

Damit waren die Armenier wieder auf sich selbst gestellt. Die Rückkehrer, die vor den Massakern über den Kaukasus nach Russisch-Armenien geflohen und gerade erst zurückgekehrt waren, mussten die Rache der Türken fürchten, die sie als Verräter brandmarkten. Die Türken zogen ihre Truppen zusammen und vertrieben die armenische Miliz auf die andere Seite des Kaukasus. Dort wiederum nutzten die mit den Türken verbündeten Aserbaidschaner die Gunst der Stunde, um über das jetzt unabhängige, ehemals russische Kleinarmenien herzufallen. Am 3. Mai 1918 begannen in Batum Verhandlungen, deren Verlauf selbst die turkophilen Deutschen befremdete: „Die maßlose türkische Forderung … abzielt auf Gebietserwerb weit über Brester Vertrag hinaus … und auf Ausrottung der Armenier auch in Transkaukasien“, meldete der deutsche Teilnehmer General von Lossow am 15. Mai an das Auswärtige Amt. Wieder einmal schwebten die Christen in höchster Gefahr.

In dieser Situation wurde noch einmal die päpstliche Diplomatie aktiv. Am 14. Februar 1918 ging ein verschlüsseltes Fernschreiben an die Nuntiatur in Bayern, in dem der Nuntius, Erzbischof Eugeno Pacelli, von Kardinalstaatssekretär Gasparri im Auftrag des Papstes gebeten wurde, bei der kaiserlichen Regierung zugunsten der Armenier zu intervenieren. Gleich am nächsten Tag schrieb der Nuntius an Reichskanzler Georg Graf von Hertling (1843-1919, Reichskanzler 1917-18), einen Katholiken:

„Seine Eminenz der Herr Kardinalstaatssekretär hat mir nahegelegt, die hohe Reichsregierung dafür zu gewinnen, dass sie, wie aus eigenem Antrieb, ohne den Eindruck zuzulassen als hätte der hl. Stuhl es angeregt, bei der Ottomanischen Regierung wirksam dahin sich verwende zu verhindern, dass bei einem etwaigen Rückzug der (russischen, d. Verf.) Truppen die christliche Bevölkerung in dem Persischen Grenzgebiete Belästigungen von seiten der Kurden zu erdulden habe.“

Erst einen Monat später, am 18. März, traf über die Königlich Preußische Gesandtschaft in München in Form einer Promemoria die Antwort ein: „Seitens der Kaiserlichen Regierung sind sowohl bei der Türkischen, wie bei der Persischen Regierung Schritte unternommen worden, um die christliche Bevölkerung vor Belästigungen durch die Kurden nach Möglichkeit zu schützen.“

Doch so lange hatte Papst Benedikt XV. nicht gewartet. Am 7. März wurde ihm der am Vortag übermittelte leidenschaftliche Appell dreier armenisch-katholischer Geistlicher, des Erzbischofs Peter Kojunian, des Patriarchalprokuratoren S. Der Abramian und des Generaloberen der Mechitaristen, Pater Giovanni Torossian, vorgelegt. Darin hieß es: „Indem Russland die armenischen Provinzen, die in den letzten Jahren erobert wurden, der Macht und Gnade der türkischen Regierung überläßt, wird der muslimischen Barbarei, der Fortsetzung der Massaker und Deportationen der armenischen Bevölkerung von 1915, die in diesen Regionen bereits begonnen hatte, freie Hand gelassen, sodass ihr schändlicher Plan der vollständigen Zerstörung unserer Nation zur Vollendung kommen kann. Mit großem Schmerz und Sorge hören wir jetzt schon von den Taten der Türken bei ihrer Ankunft in Trabizunt.“


Noch am selben Tag schickte Kardinalstaatssekretär Gasparri ein weiteres chiffriertes Fernschreiben an Erzbischof Pacelli. Darin bat er diesen, sich ausdrücklich im Namen des Papstes beim Außenminister und dem Kaiser für „die armen Armenier“ einzusetzen, denen „die Rückeroberung ihrer Gebiete durch die Türken nach dem Friedensvertrag mit Rußland“ drohe. Wieder wurde der Nuntius aktiv. Am 9. März schrieb er einen zweiten Brief an Reichskanzler von Hertling und bat um eine Intervention zu Gunsten der Armenier. Die Antwort, datiert auf den 14. März, traf nur einen Tag nach der Promemoria in der Nuntiatur ein. Die Kaiserliche Regierung habe sich bereits nach dem Vertragsschluss „mit der Kaiserlich Ottomanischen Regierung wegen der Frage der Behandlung der armenischen Bewohner dieser Provinzen in Verbindung gesetzt. Dabei haben wir uns überzeugen können, dass die türkische Regierung entschlossen ist, die Armenier mit Milde zu behandeln…“

Doch es blieb nicht bei dieser Versicherung. Nein, von Hertling und mit ihm die kaiserliche Reichsregierung ergriffen offen Partei gegen die Armenier: „Die Wiederkehr friedlicher Zustände ist aber selbstverständlich nur möglich, wenn die Armenier sich der türkischen Regierung unterwerfen, ihre jetzt völlig aussichtslos gewordenen poltischen Wünsche aufgeben und loyal zu ihrer Untertanenpflicht zurückkehren.“

Leider würden sie von im Ausland lebenden Komitees aufgestachelt werden, etwa durch den in Paris befindlichen Vertreter des armenischen Katholikos Boghos Nubar Pascha, der die englische Regierung um Entsendung von Offizieren und Mannschaften zur Unterstützung der kämpfenden Armenier gebeten haben soll. Offenbar wollten sich die Armenier nicht erneut wie Schafe zur Schlachtbank treiben lassen. Graf Hertling weiter: „Sollte der Herr Kardinalstaatssekretär Mittel und Wege finden, um dem unverantwortlichen Treiben derer, die die Armenier zum nutzlosen Widerstande aufreizen, entgegenzutreten, so könnte dadurch schweres Unglück von dem christlichen Volke angewandt werden, an dessen Lose Seine Eminenz so warmen Anteil nimmt.“

Das war eine massive Drohung. Die Armenier sollten sich gefälligst ihren einstigen Schlächtern unterwerfen, oder ihnen drohe „schweres Unglück“. Pacelli bestätigte lediglich den Erhalt des Schreibens, leitete eine Übersetzung ins Französische an den Heiligen Stuhl weiter.

Doch Graf Hertling legte nach. In einem erneuten Schreiben an Pacelli vom 18. April 1918, also einen Monat später, zitierte er den Bericht eines „deutschen Beamten, der aus russischer Gefangenschaft befreit“ über Trapezunt nach Konstantinopel gereist war und von den Gräueltaten armenischer Banden gehört habe. Dabei räumte derselbe Beamte aber auch ein: „Auf meinem Reisewege an der Küste konnte ich von armenischen Banden nichts bemerken.“ Dass reine Gerüchte aus türkischen Quellen als „Beweis“ angeführt wurden, zeigte deutlich, wie schwach die deutsche Position war. Tatsächlich lag zu diesem Zeitpunkt dem Auswärtigen Amt ein Telegramm vom 22. März 1918 vor, dass „neuerliche Akte von Rohheiten“ bei der „Rückkehr der Türken nach Trapezunt“ meldete: „Tausende von russischen Nachzüglern wurden erschossen oder lebend verbrannt. Die Armenier wurden unbeschreiblichen Qualen unterzogen; Kinder in Säcke gesteckt und ins Meer geworfen. Die alten Männer und Frauen wurden gekreuzigt und verstümmelt, alle jungen Mädchen und jungen Frauen wurden den Türken ausgeliefert.“

Der Grund für diesen „Nachschlag“ Graf Hertlings war der Brief des Kölner Erzbischofs Kardinal von Hartmanns an den Reichskanzler. Seine Mahnung war deutlich: Würde das Deutsche Reich jetzt nicht intervenieren, sondern weiterhin die türkischen Verbrechen decken, mache es sich mitschuldig an dem bis dahin größten Völkermord der Geschichte.

Am 13. April 1918 antwortete Graf Hertling ihm, und sein Schreiben ist Beweis genug, dass man auch in Berlin befürchtete, dass sich die Verbrechen von 1915 wiederholen könnten. Ja, hieß es jetzt, man habe sich mit der Hohen Pforte „wegen der Frage der Behandlung der Armenier in Verbindung gesetzt und eindringlichst darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, dass beim Einmarsch der türkischen Truppen in die von den Russen geräumten Gebiete Ausschreitungen gegen die armenische Bevölkerung vermieden“ werden sollten: „Nach den bündigen Erklärungen, die der Grosswesier, der Minister des Aeussern und sein Vertreter den deutschen amtlichen Stellen gegenüber abgegeben haben, ist man zu dem Vertrauen berechtigt, dass die türkische Zentralregierung zur Milde gegen die Armenier entschlossen ist und (…) ähnliche Vorgänge, wie sie sich im Jahre 1915 abgespielt haben, zu verhüten wissen wird.“

Pacelli genügt diese Versicherung der deutschen Seite nicht, ihm klangen die Versprechen der Türken wohl zu vage. Kardinalstaatssekretär Gasparri scheint es ähnlich gesehen zu haben und mit ihm der Papst. So wurde zu einem letzten Mittel gegriffen, um den Reichskanzler aufzurütteln und an sein Gewissen als Katholik zu appellieren. Pacelli übersandte ihm vertraulich eine Abschrift des neuen Handschreibens, das Benedikt XV. bereits am 12. März 1918 an Mehmed V. geschickt hatte. Darin wollte der Papst, so wörtlich, dem Sultan nach seinem ersten Appell vom 10. September 1915 „erneut Unsere Befürchtung mitteilen, dass sich die unbeschreiblichen Leiden dieser Unglücklichen wiederholen könnten, die sie bereits in der Vergangenheit erlitten haben. Aufgrund des Friedensvertrages, den die Vertreter Eurer Majestät und die Eurer Verbündeten mit Russland geschlossen haben, ist ein beträchtliches Gebiet erneut unter die Herrschaft der Türkei gefallen, ein Gebiet, das größtenteils von Armeniern bewohnt wird. Möge die unbewaffnete und unschuldige Bevölkerung (dieses Gebietes) verschont und beschützt werden! Es ist eine Gabe der Mächtigen, Großzügigkeit und Barmherzigkeit walten zu lassen. Jetzt, wo es keinen Grund zur Befürchtung mehr gibt und wo die Gründe für jenen militärischen Befehl, den Eure Majestät in ihrem Brief vom 10. November aufzählte, nicht mehr existieren (gemeint ist die Gefahr, dass die Armenier sich mit den Russen verbünden könnten, d.Verf.), wo, im Gegenteil, das Osmanische Reich sich im Norden um weite Gebiete ausdehnt, mögen die armen Armenier reichlich Ihr herrscherliches Erbarmen und Ihre Gnade erfahren!“

Er habe diese „von wahrer Menschenliebe und hehrem Pflichtgefühl getragenen Worte, die Seine Heiligkeit zu Gunsten der Armenier gesprochen hat, mit tiefer Bewegung gelesen“, schrieb Reichskanzler von Hertling anschließend an Nuntius Pacelli. Und schließlich handelte er doch. Am 7. August 1918 berichtete er in einer „Promemoria“ dem Erzbischof: „Vor den in ihr Gebiet einrückenden türkischen Truppen hatten in Südkaukasien Tausende von Armeniern ihre Heimstätten verlassen und sich in die Berge geflüchtet, wo sie mangels jeglicher Zufuhr auf die Dauer dem Hunger preisgegeben waren. Sie wandten sich an uns mit der Bitte, ihnen von der Türkischen Regierung die Erlaubnis zu bewirken, in ihre Heimstätten zurückzukehren und ihre Ernte zu bergen. Nachdem die Türkische Regierung sich anfänglich (…) ablehnend verhalten hatte, hat sie jetzt auf unsere von Österreich-Ungarn unterstützten Vorstellungen zugesagt, sofort mit der Rückführung der armenischen Flüchtlinge in ihre Heimat zu beginnen.“

Doch auch in Konstantinopel war die päpstliche Diplomatie wieder zum Einsatz gekommen. Am 13. und 14. März hatte die türkische Tageszeitung „L’Hilal“ auf ihrer Titelseite über vermeintliche Massaker der Armenier an Türken berichtet, die ganz offensichtlich zur Legitimation neuer Zwangsmaßnahmen dienen sollten. Tatsächlich erfuhr Msgr. Dolci einen Tag später, dass die Regierung jetzt plane, die Armenier der Hauptstadt zu deportieren. Sofort sprach er beim neuen deutschen Botschafter, Johann Heinrich Graf Bernstorff und beim türkischen Außenminister Alil Bey vor. Beide versicherten ihm, dass keine neuen Deportationen geplant seien, zumal bislang nur wenige Armenier in die neubesetzten Kaukasusgebiete zurückgekehrt wären. Dass auch Alil Bey die Räuberpistolen von den „armenischen Banden“, die „schlimmste Grausamkeiten gegen Angehörige der türkischen Rasse“ verübt hätten, wiederholte, ließ bei Dolci allerdings die Alarmglocken läuten. „So hielt ich dem Minister vor, dass die Europäische Presse ernste Besorgnis ausdrückte, dass die Osmanische Regierung ihre Unterdrückungsmaßnahmen gegen die noch im Reich befindlichen Armenier, speziell die Deportationen, fortsetzen könnte und bat erneut im erhabenen Namen des Heiligen Vaters, auf solche Maßnahmen zu verzichten, sollte die Regierung sie geplant haben“, was natürlich energisch bestritten wurde. Als nur 14 Tage später die letzten Armenier aus Angora (Ankara) verschickt werden sollten, wußte Dolci, dass er wieder einmal belogen worden war. Wieder protestierte der Apostolische Delegat, wandte sich an den deutschen Botschafter und den türkischen Außenminister, und hatte dieses Mal sogar Erfolg: Der Militärkommandant, der mit den Deportationen beauftragt worden war, wurde nach Konstantinopel zurückgerufen. Kardinalstaatssekretär Gasparri dankte Dolci im Namen des Papstes für seinen erfolgreichen Einsatz.

Anders war die Lage an der Kaukasusfront. Als am 14.2.1918 der türkische Vormarsch in die demilitarisierten russischen Provinzen begann, kam es wieder zu Bluttaten. Am 13.3.1918 hatten die Türken bei der Einnahme von Ardahan über 7000 armenische Zivilisten ermordet, bei der Eroberung Batumis am 14.4. und Alexandropols am 15.5. wieder Tausende. Hatte sich noch im Januar 1918 eine „transkaukasische Konföderation“ aus Georgien, Armenien und Aserbaidschan gebildet, zerfiel diese zusehends, je näher die Türken vorrückten. Am 22.4. unterzeichneten die drei Staaten einen Waffenstillstand, fünf Wochen später wurden die „Republik Georgien“ und die „Republik Armenien“ ausgerufen. Dort hatten jetzt armenische Brigaden von insgesamt 20.000 Mann eine Front von fast 400 Kilometern Länge zu verteidigen. Nun erfuhren auch die Regierungen Deutschlands und Österreichs von neuen Morden an Armeniern. Man könne es nicht verantworten, dass „der Brester Vertrag als Freibrief zur Verfolgung der Christen im Kaukasus mißbraucht wird“, hieß es in einem Telegramm des deutschen Auswärtigen Amtes an den Botschafter in Wien vom 26. Mai 1918.

Inmitten dieser Wirren, am 3. Juni, übergab der türkische Außenminister Msgr. Dolci die Antwort des Sultans auf den Brief des Papstes, die auf den 15. Mai datiert war. Auch er enthielt die türkische Lüge, „armenische Banden“ würden in den zurückeroberten Gebieten „die schutzlose muslimische Bevölkerung wie besessen ermorden und bei ihrem Durchzug nichts als Ruinen und Verwüstung zu hinterlassen“, obwohl es bei Einmarsch der Russen in diesen Provinzen praktisch keine muslimische Zivilbevölkerung mehr gab.“

Stattdessen ging das Morden an den Armeniern weiter. Im türkischen Staatsrat plädierte Kriegsminister Enver Pascha dafür, die Armenier „auch im Kaukasus ebenso gründlich (zu vernichten) wie in der Türkei“, wie Innenminister Talaat Pascha dem neuen armenischen Finanzminister Alexander Katisian anvertraute. Noch immer von der pantürkischen Ideologie getrieben, fielen seine Truppen im September 1918 über Armenien her und drangen bis Baku vor, wo sie in einem dreistündigen Massaker etwa 30.000 Armenier niedermetzelten und 10.000 deportierten; Zehntausende waren bereits aus der Stadt geflohen. Dann setzten sie ihren Feldzug bis nach Nordpersien fort. Es war der letzte große Erfolg der osmanischen Armee und „knapp 500.000 Armenier“, so der Historiker Wilhelm Baum, fielen ihm insgesamt zum Opfer. Ein letztes Aufbäumen vor dem Fall, wie wir heute wissen. Auch das hatte die päpstliche Diplomatie bei allem Einsatz nicht verhindern können.

Michael Hesemann ist Historiker und Autor. Vier Jahre lang recherchierte er im vatikanischen Geheimarchiv, sichtete über 3000 Seiten bislang unveröffentlichter Dokumente, dann schrieb er das Buch „Völkermord an den Armeniern“ (München 2015). Im Herbst 2015 präsentierte er seine Studien an der staatlichen Akademie der Wissenschaften der Republik Armenien, die ihm dafür die Ehrendoktorwürde verlieh.

kath.net-Buchtipp
Völkermord an den Armeniern
Mit unveröffentlichten Dokumenten aus dem Geheimarchiv des Vatikans über das größte Verbrechen des Ersten Weltkriegs
Von Michael Hesemann
Hardcover, 352 Seiten; Fotos
2015 Herbig
ISBN 978-3-7766-2755-8
Preis 25.70 EUR

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Lesermeinungen

 resistance 24. Juni 2016 
 

Gewiss findet sich ein Hochhuth, der dem Papst sagt, er hätte mehr tun sollen ...


1
 

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