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14. Oktober 2016 in Kommentar, keine Lesermeinung
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Jeden Freitag auf kath.net BeneDicta: Diesmal ein Kommentar von Isabella Gräfin von Kageneck über Heilung, Befreiung, Hoffnung, Gebet und Umkehr


Linz (kath.net)
„Liebe Muttergottes, ich danke Dir, dass Du meine Gebete 28 Jahre lang nicht erhört hast.“ So steht es auf einer Votivtafel in der Kerzenkapelle im niederrheinischen Wallfahrtsort Kevelaer geschrieben. Diese Tafel ist von hunderten anderen Tafeln umgeben, auf denen geheilte Menschen der Gottesmutter Maria für die Erhörung ihrer Gebete danken. So würde man dies ja auch erwarten. Und doch fällt einem diese eine Tafel sofort ins Auge.

Ehrfürchtig, ja staunend liest man von all den Heilungen, Befreiungen von Nöten auf den anderen Tafeln. Auf der einen Seite gibt es Hoffnung: Ja, es geht doch. Gebete werden erhört. Und doch ist da dieser Zweifel, wenn man doch so inständig um etwas gebeten hat, gehofft hat und dann doch enttäuscht wurde. Wie wichtig ist doch diese eine Tafel, die uns zeigt: Es gibt tatsächlich keine unerhörten Gebete. Zwar wird uns nicht immer alles (sofort) erfüllt, aber Gott erfüllt alle unsere Gebete so, wie sie gut für uns sind. Es gibt nur drei Antworten, wie Gott auf unsere Gebete reagiert: Ja, noch nicht oder ich habe etwas Besseres für Dich. Wie fiel mir doch so Vieles leichter, als ich das begriffen hatte.

Denn dies zu verstehen war keineswegs selbstverständlich für mich. Ich komme zwar aus einer alten katholischen Familie, aus der auch viele Priester hervorgegangen sind. Meine Eltern legten auch Wert darauf, dass ich ein katholisches Mädchengymnasium besuchte. Selbst bin ich aber nie mit meinen Eltern zusammen in die Kirche gegangen. Ich wurde getauft, ich ging zu Kommunion, ja auch gefirmt wurde ich. Aber an einen gemeinsamen Kirchenbesuch wenigstens zu Weihnachten oder Ostern kann ich mich nicht erinnern. Dennoch bin ich meinen Eltern und hier vor allem meiner Mutter sehr dankbar. Denn auch, wenn wir nie in die Kirche gegangen sind, hat meine Mutter mein Herz für Christus, Maria und Gott geöffnet. Jeden Abend betete sie mit mir, erst recht in der Zeit, als mein Vater sterbenskrank im Klinikum lag. Eine Zeit, die unser Leben, wie wir es kannten, völlig verändern sollte. Sie sagte mir immer ganz kindgerecht, dass der liebe Gott mich unendlich lieb habe. So kam es dann auch zu folgender, wie ich finde, schönen Anekdote: an einem Nachmittag begleitete ich (damals etwa vier Jahre alt) meine Mutter zu Einkäufen. Wir kamen an unserer Pfarrkirche vorbei, die glücklicherweise damals noch tagsüber geöffnet war. Meine Mutter ging mit mir hinein und erklärte mir, dass dort „vorne im Tabernakel“ der liebe Gott sei.


Das war mir natürlich erstmal ganz unbegreiflich. Wie sollte denn da vorne in diesen kleinen Kasten der GROSSE LIEBE GOTT passen? Und überhaupt, ich will ihn doch auch mal sehen! Also schrie ich so laut ich konnte durch die ganze Kirche (Gott sei Dank waren wir allein): „Lieber Goohott, ich bin dahaa, komm doch mal raauuhauuss!“. Ich liebe diese Anekdote. Auch heute versuche ich, wenn ich beim Herrn vor dem Tabernakel bin, mit der gleichen kindlichen Begeisterung bei Ihm zu sein. Überhaupt müssen wir als Erwachsene uns mehr denn je auf die Herzenswünsche unserer Kindheit zurückbesinnen. Wir müssen wieder Kind vor Gott werden. Denn wir sind Kindergottes.

Während ich heranwuchs war ich immer gläubig. Ok, als ich etwa 14 Jahre alt war, war ich für ca. zwei Wochen Atheistin. Das war ein Ausrutscher. Aber das Schöne ist, dass Gott dies ja alles zulässt. Er zwingt sich uns nicht auf. Aber er freut sich umso mehr, wenn wir zurückkehren.

Während meiner Jugendzeit bis zum Alter von 25 Jahren im Jahre 2009 führte ich ein nach heutigen Zeitgeist-Maßstäben ganz normales Leben einer jungen modernen selbstbewussten Frau. Ja eigentlich wäre der Zeitgeist, glaube ich, sogar recht zufrieden mit mir gewesen. Glaube ja, aber bloß nicht zu viel. Denn die katholische Kirche hat sie ja doch nicht mehr alle. Abtreibung war für mich ein natürliches Frauenrecht. In die Kirche brauchte ich sonntags auch gar nicht gehen, denn für meinen Glauben brauchte ich das ja nicht. Und überhaupt: Die Predigten sind ja auch alle so schlecht geworden.

Die haben ja gar nichts mit meinem konkreten Leben zu tun. Wofür also dann in die Kirche? Nur, damit ich mich über die ganzen klatschsüchtigen pharisäischen Gebetsschwestern aufregen muss? Die armen Priester sind ja eh auch alle ganz komisch. Müssen sie ja auch sein. Zölibat – so etwas Widernatürliches. Da ist die evangelische Kirche doch viel weiter. Die Beichte hielt ich für ein Relikt aus dem Mittelalter, was uns leider aber auch so in der Katechese beigebracht wurde.
Das waren in aller Kürze so meine Überzeugungen. Bis ich im Jahre 2009 meinen jetzigen Mann, einen im besten Sinne praktizierenden Katholiken, kennenlernte. Es war zu Beginn ungefähr so wie „Papst Benedikt trifft auf Wir sind Kirche“. Die, sagen wir mal, „munteren“ Diskussionen können Sie sich vielleicht vorstellen. Am Ende bin ich aber wirklich, auch Dank mehrerer Gebete, ü b e r z e u g t und eines Besseren belehrt worden – in so vielen Punkten. Welch eine Gnade.

Wie ich zu dieser Zeit also so vor mich hinlebte, bat ich Gott auf einmal darum, dass er mir helfen solle, der Mensch zu werden, den er in mir angelegt hat. Ich erteilte ihm sozusagen Vollmacht über mich. Hm na ja… und dann passierte Folgendes: ich wurde aus einem unbefristeten Vollzeit-Arbeitsverhältnis betriebsbedingt völlig überraschend gekündigt. Moment! Lieber Gott, also so hatte ich das nicht gemeint…! Bis dahin hatte ich alle meine Entscheidungen immer aus dem Motiv der Sicherheit heraus getroffen. Ich komme aus keinem sehr begüterten Elternhaus. Im Gegenteil, seit meinem 16. Lebensjahr habe ich mir alles Geld, was ich für mich brauchte, selbst verdienen müssen. Meine Eltern waren wirklich nicht in der Lage, mich finanziell zu unterstützen, was Ihnen schwerer fiel als mir. Risikofreudig und abenteuerbereit war ich nie, denn ich hatte ja keine Eltern, die mir zur Not helfen konnten. Ja und dann d a s. Eine Kündigung.

Direkt, nachdem ich die Kündigung in Händen gehalten hatte, ging ich zur eucharistischen Anbetung in die Kirche rüber und sagte dort Gott unter Tränen, dass ich Angst hätte. Aber, dass ich, auch wenn ich jetzt noch keinen Sinn darin erkennen könne, Ihm bedingungslos auch jetzt vertraute. Wenig später kam mir dann plötzlich der Gedanke, es doch mal an einer Schule zur versuchen, schließlich hatte ich klassische Schulfächer mit Politik und Geschichte studiert und hatte immerhin drei Jahre berufliche Erfahrung in der Politik. Außerdem spielte ich schon etwas länger mit dem Gedanken, Lehrerin zu werden, wäre aber viel zu ängstlich gewesen, einen derartigen beruflichen Neuanfang zu wagen.

Ich weiß nicht, was mich damals genau bewegte, als ich eines Tages an meinem Schreibtisch saß und mir plötzlich der Gedanke kam, dass ich es doch mal an einer Schule versuchen könnte. Denn so ganz glücklich war ich in meinem alten Job, von morgens bis abends an einem PC in einem Büro zu sitzen, nicht. Gut, ich hatte mit 24 Jahren ein eigenes Büro, an dessen Türe mein Name stand. Aber was bedeutet das schon? Irgendetwas fehlte. Und das sagte ich Gott.

Und dann wurde alles ganz anders…“Gedenkt nicht an das Alte und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues machen; jetzt soll es aufwachsen, und ihr werdet's erfahren, dass ich Weg in der Wüste mache und Wasserströme in der Einöde, dass mich das Tier auf dem Felde preise, die Schakale und Strauße. Denn ich will Wasser in der Wüste und Ströme in der Einöde geben, zu tränken mein Volk, meine Auserwählten.“ (Jes 43, 18-20) Es ist so wahr.

Ich bekam innerhalb von 24 Stunden eine Zusage bei der zweiten Schule, bei der ich mich beworben hatte. Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Ich fühlte mich wirklich etwas wie die Jungfrau, die zum Kinde kam. Aber auch hier sieht man, im Leben eines jeden Menschen gibt es einen oder mehrere Augenblicke, in dem auch zu uns ein Engel kommt, der uns auf ein Abenteuer einlädt und wo durch unser JA etwas Wundervolles geschehen wird. Dieses JA erfordert sehr viel Mut, Glauben und Vertrauen. Es mag unsere Lebenspläne zunächst völlig über den Haufen werfen, aber es ist der einzige Weg zur Glückseligkeit. Der einzige Weg, den wir gehen können zur Ehre Gottes. Der einzige Weg, zu dem wir bestimmt sind und in dem wir Gottes Plan für uns erfüllen.
Was ich alles in diesem Jahr an der Schule erfahren durfte, sprengte alle meine Vorstellungen und Erwartungen. Es war eines der schönsten Jahre meines Lebens, auch wenn es das Jahr war, in dem mein geliebter Vater starb. Ich bin dankbar, dass ich mit Mitte Zwanzig Gott meine Hand ausstreckte und ich spüren durfte, dass er sie freudig ergriffen hat und ich meinen Weg seitdem mit Ihm gehen darf. Deo gratias.

Jeden Freitag kommentieren auf kath.net in der Reihe BeneDicta Gudrun Trausmuth, Inka Hammond, Isabella von Kageneck, Petra Knapp und Linda Noé wichtige Themen über Gott, die Welt und alles, was die Herzen noch so bewegt.


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