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'Gott ist für Maria Himmel geworden'

17. August 2017 in Spirituelles, 1 Lesermeinung
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„Maria bezeugt den Primat der Liebe Gottes mit ihrem Leben und in ihrer Vollendung.“ Predigt zu Maria Himmelfahrt in Maria Vesperbild. Von Kurt Kardinal Koch


Maria Vesperbild (kath.net) Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, hielt zu Maria Himmelfahrt in Maria Vesperbild die Festpredigt. kath.net dankt Kardinal Koch für die freundliche Erlaubnis, seine Predigt in voller Länge veröffentlichen zu dürfen.

Von Jean-Paul Sartre, dem bekannten französischen existenzialistischen Philosophen und erklärten Atheisten wird berichtet, er soll auf seinem Sterbebett von einem Freund gefragt worden sein, ob er nicht doch an ein Leben nach dem Tode glaube. Im Unterschied zu seiner bisher konsequent vorgetragenen Überzeugung, dass mit dem Tod alles aus sei, soll er jetzt kurz vor seinem Sterben mit einem – freilich sehr schwachen - Wort geantwortet haben: „Peut-être“ – „Vielleicht“. Mit dieser Antwort steht Sartre gewiss nicht allein; er steht vielmehr für viele Menschen und selbst Christen in der heutigen Zeit. Sie scheinen in ihrer Deutung des Todes und dessen, was danach kommt, sehr unsicher geworden zu sein.

Österlicher Ernstfall des Glaubens

Nach neueren Untersuchungen dominiert in der europäischen Bevölkerung hinsichtlich des Glaubens an ein ewiges Leben eher ratlose Ungewissheit. Es liegt eine große Vielfalt von Deutungen vor: Für die einen ist mit dem Tode alles aus, andere hoffen über den Tod hinaus, vor allem in der Gestalt von Wiedergeburt und Reinkarnation. Viele können sich unter einem Leben nach dem Tod nur wenig vorstellen. Nicht wenige bringen es kaum weiter als zu einem „peut-être“ Sartres. Solche Untersuchungen und die mit ihnen zu Tage tretende Ungewissheit über ein Leben nach dem Tod zeigen, dass es der christlichen Verkündigung nur noch schwer gelingt, ihre Deutung vom Tod und vor allem von einem Leben nach dem Tod den Menschen der heutigen Zeit zu vermitteln.

Darin unterscheidet sich die heutige Situation der Kirche maßgeblich von derjenigen der frühen Kirche. Vor allem der Apostel Paulus hat den Korinthern, die den Glauben an ihre eigene Auferweckung offensichtlich nicht annehmen wollten, mit aller nur wünschbaren Deutlichkeit ins Stammbuch geschrieben: „Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos“ (1 Kor 15, 13f.). Gleich anschließend betont Paulus ebenso unmissverständlich: „Wenn Tote nicht auferweckt werden, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Wenn aber Christus nicht auferweckt worden ist, dann ist euer Glaube nutzlos und ihr seid immer noch in eueren Sünden“ (15, 16). Dieselbe Überzeugung hat die frühe Kirche in der Kurzformel verdichtet: „Nimm die Auferstehung hinweg, und auf der Stelle zerstörst du das Christentum.“

Mit dem Glauben an die Auferstehung Jesu Christi und die Anteilhabe der Toten an ihr steht und fällt der christliche Glaube. Es handelt sich bei ihm um einen radikalen Ernstfall, gleichsam um die Feuerprobe, die er zu bestehen hat. Die Auferstehung Jesu ist freilich nicht einfach ein historisches Geschehen, das sich vor bald zweitausend Jahren und nur an ihm ereignet hätte. Die Auferstehung Jesu will sich vielmehr ausdehnen auf alle Menschen, wie uns Paulus in der zweiten Lesung von heute vor Augen führt, dass in Christus „alle lebendig gemacht“ werden. Paulus redet dabei von einer Reihenfolge: Christus ist der Erste der Entschlafenen, dann folgen, „wenn Christus kommt, alle, die zu ihm gehören“.


Dass zu diesen „allen, die zu ihm gehören“, an erster Stelle Maria, die Mutter Jesu Christi, gehört, muss sich in der christlichen Glaubenslogik von selbst verstehen. Maria ist doch die radikal Empfangende gewesen, damit Christus in die Welt kommen konnte, sie ist mit ihm den Weg gegangen und ist ihm in seinem ganzen Leben und Sterben nahe gewesen. Sie erhält deshalb als erste Anteil an der Auferstehung ihres Sohnes. Das heutige Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel bedeutet Ostern für Maria, es feiert die erste Konsequenz von Ostern für Maria und lädt uns ein, uns in das Geheimnis dieses Festes zu vertiefen.

Frauliche Qualität des Himmels

„Maria, aufgenommen in den Himmel. Ihn, den sie aufnahm, er nimmt sie auf. Der Himmel ist Gott.
Maria aufgenommen in die Liebe. Wirft deren Feuer ins Herz der Kirche. Das Feuer ist Gott.
Maria aufgenommen zur Rechten des Kyrios. Er, dessen Magd sie ist, schenkt ihr die Krone. Die Krone ist Gott.“

Dieses dichtende Gebet oder betende Gedicht von Silja Walter, die als Schwester Hedwig im Benediktinerinnenkloster Fahr in der Schweiz als Schriftstellerin gelebt und gewirkt hat, führt uns in die Herzmitte des heutigen Festes ein. Das Gedicht gibt zunächst eine äußerst kurze, ja die kürzestmögliche, aber bedeutungsschwere „Definition“ dessen, was im christlichen Glauben Himmel heißt: „Der Himmel ist Gott.“ In der Tat: was könnte Himmel denn anderes sein als Gott selbst, und was könnte das In-den-Himmel-Aufgenommenwerden anderes sein als bei Gott sein und am Herzen Gottes ausruhen können?

Wenn Gott selbst Himmel ist, dann begegnet der Mensch, der mit dem Himmel in Berührung kommt, nicht nur Gott, sondern in der Offenheit für Gott auch allen Menschen, die in ihrer Vollendung bei Gott leben. Himmel ereignet sich nicht nur zwischen Gott und mir; in der Begegnung mit Gott öffnet sich vielmehr der Himmel auch für die Menschen, die bei Gott leben. Der Himmel kennt weder Isolierung noch Einsamkeit; er ist vielmehr die offene Gemeinschaft aller Heiligen und damit auch die Erfüllung des menschlichen Miteinander, das gerade nicht Konkurrenz zu, sondern Konsequenz aus dem reinen Offensein für das Antlitz Gottes ist. Dies gilt so sehr, dass das Heil des einzelnen Menschen eigentlich erst ganz und voll sein wird, wenn auch das Heil aller Menschen verwirklicht sein wird oder, um es mit den Worten von Papst Benedikt XVI. zu sagen, wenn die Vollendeten „nicht einfach nebeneinander im Himmel, sondern miteinander als der eine Christus der Himmel sind“ .

In diese Gemeinschaft der himmlischen Vollendung gehört in erster Linie Maria, die Mutter Gottes hinein, wie die erste Lesung aus der Offenbarung des Johannes zeigt. Sie eröffnet uns einen Blick in den Himmel und führt uns als großes Zeichen „eine Frau, mit der Sonne bekleidet“, vor Augen. Johannes bringt uns so die mütterliche Qualität des Himmels und damit auch Gottes selbst nahe. Durch die Jahrhunderte hindurch bis auf den heutigen Tag preist die Kirche deshalb Maria als „tota pulchra“, als die ganz Schöne, die ihrerseits bezeugt, dass Gott nicht nur gut und wahr ist, sondern vor allem auch schön, und dass wir allen Grund haben, die Schönheit Gottes und aller Menschen, die an ihr Anteil erhalten haben, dankbar zu preisen.

Vollendung des Dialogs der Liebe

In Maria leuchtet die Schönheit des Planes Gottes mit seiner ganzen Schöpfung und ihrer Vollendung auf, die sich keineswegs zufälligerweise in der Gestalt einer Frau ereignet. Was dieses Zeichen genauer zu bedeuten hat, dafür hat Papst Johannes Paul I. einen hilfreichen Hinweis gegeben. In seinen unter dem Titel „Ihr ergebener“ veröffentlichten fiktiven Briefen hat Albino Luciani auf den Vorwurf von Mädchen einer Schulklasse, die Frau würde in der Katholischen Kirche benachteiligt, mit Blick auf das Geheimnis von Mariens Aufnahme in den Himmel geantwortet: „Die Vollendung des Geschöpfs als Geschöpf vollzieht sich in der Frau, nicht im Mann.“

Maria ist das Urbild und die Siegelbewahrerin der ganzen Schöpfung. Von daher beginnen wir auch den Inhalt des heutigen Festes zu verstehen, dass die Gottesmutter Maria mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen worden ist. Denn wen Christus zu sich nehmen und vollenden will, den will er ganz bei sich haben. Da wird nichts Geschöpfliches liegen gelassen, sondern alles heimgebracht. Auch der Leib wird mit einbezogen in die Vollendung. Denn was wäre uns Menschen nicht eigentümlicher als unsere Leiblichkeit? Auch der Leib soll aufgenommen sein in die ewige Vollendung bei Gott.

Von daher wird nochmals deutlich, dass unser christlicher Glaube die Vollendung des Menschen bei Gott in erster Linie von Maria aussagt. Silja Walter hat diesen spezifischen Grund wiederum äußerst kurz und prägnant zum Ausdruck gebracht: „Ihn, den sie aufnahm, er nimmt sie auf.“ Maria hat Gott in sich aufgenommen und hat ihm ihren Leib als Wohnung in unserer Welt zur Verfügung gestellt. Ihr Leib ist gleichsam zum lebendigen Tabernakel geworden, in dem das Allerheiligste in unserer Welt gegenwärtig geworden ist. Was Maria für Gott getan hat, genau dies hat Gott nun bei ihrer Aufnahme in den Himmel an ihr verwirklicht. Er hat sie mit Seele und Leib bei sich aufgenommen. Damit wird vollends sichtbar, dass Mariens Aufnahme in den Himmel und überhaupt das ewige Leben ein großartiges Geschenk der Liebe Gottes ist.

Das ewige Leben bei Gott, das uns mit dem heutigen Fest auch als unsere Bestimmung vor Augen gestellt ist, haben wir Menschen nicht aus uns selbst, sondern nur aus der Gnade Gottes. Ewiges Leben steckt nicht einfach in uns Menschen und ist nicht einfach eine natürliche Möglichkeit des Menschen, sondern beruht auf der persönlichen Beziehung zu Dem, Der allein ewig ist und ewiges Leben schenkt. Wir Menschen können deshalb nicht total untergehen, weil wir von Gott angenommen und geliebt sind. Wie bereits alle menschliche Liebe Ewigkeit will, so will sie auch Gottes Liebe, und er will sie nicht nur, sondern wirkt sie und ist sie.

Ostern für Maria und die Kirche

Diesen Primat der Liebe Gottes bezeugt Maria mit ihrem Leben und in ihrer Vollendung. Deshalb steht sie in keiner Weise zwischen den Konfessionen, sondern führt uns gerade im Jahr des Reformationsgedenkens in die gemeinsame Mitte unseres Glaubens hinein. Sie vollzieht dies vor allem mit ihrem großartigen Loblied des Magnifikat, mit dem sie ihr Herzensanliegen besingt, dass Gott groß gemacht werde: „magnificat“. Maria wollte Gott groß machen, weil sie darum gewusst hat, dass der Mensch nicht klein wird, wenn Gott groß gemacht wird, dass der Mensch vielmehr an der Größe Gottes Anteil bekommt. Weil Maria sich als Magd des Herrn gewusst hat, hat der Herr ihr die Krone geschenkt, die wiederum Gott selbst ist.

Diese Krönung ist das innerste Geheimnis des Glaubens, das wir heute feiern, das sich an Maria bereits erfüllt hat und auf das auch wir auf unserer irdischen Wanderschaft zugehen. Denn in der Vollendung Mariens dürfen wir heute auch unsere eigene Vollendung vorweg schauen. Das heutige Osterfest für Maria ist auch das Fest der ganzen Kirche. Es ist wirklich unser aller Fest. Bitten wir auf die Fürsprache der Gottesmutter Maria den lebendigen Gott, dass wir das Geheimnis des heutigen Festes immer tiefer erfassen und als Geheimnis auch unseres Lebens wahrnehmen. Dann werden wir auf den mit dem heutigen Fest uns geschenkten Vorausblick auf unsere eigene Anteilhabe an der österlichen Vollendung nicht bloß mit einem „peut-être“ à la Sartre antworten, sondern mit einem beherzten und frohen „Amen. Halleluja“.

Erste Lesung: Offb 11, 10a; 12, 1-6a. 10ab
Zweite Lesung: 1 Kor 15, 20-27a
Evangelium: Lk 1, 39-56

Archivfoto Kurienkardinal Koch


Foto Kardinal Koch (c) kath.net/Petra Lorleberg


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Lesermeinungen

  17. August 2017 
 

Augustinus

Das Gewebe der wahren Liebe ist gott
in uns und wir in Gott , auch schon
hier ,besonders in der Liebe zwischen
Mann und Frau ;denn die Liebe wird
lauter sein zwischen Leib und Seele.Sie
zeigt uns bedeutsam den Weg zumMenschen.
Und dann wird die Armut reich,weil die
Augen diesen göttlichen Glanz haben
und den Geist der Person .Wenn wir auf
einander zu gehen ,sind wir Gott so nahe.Die Liebe spricht dann und wird
immer unaussprechlicher ,weil sie Geschenk geworden ist.


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