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„Schweigen ist die unerträglichste Erwiderung“ (Chesterton)

12. September 2018 in Kommentar, 14 Lesermeinungen
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US-Kirchenskandal: „Schweigen des Papstes kann als Vorbote eines Manövers gegen Urheber eines vermeintlichen Komplotts oder als unüberbietbarer Ausdruck eines Zustands kollektiver Realitätsverleugnung gedeutet werden.“ Gastkommentar von Martin Hähnel


Eichstätt-Vatikan (kath.net) Man mag es kaum in Worte fassen. Die derzeitige Lage, in der sich die Weltkirche und ihre Hirten befinden, ist alarmierender denn je. Die Haltung der Gelassenheit, die Kurienkardinal Parolin dem Papst vor kurzem im Umgang mit dem Missbrauchsskandal attestiert hat, kann dabei entweder als Vorbote eines taktischen Manövers gegen die Urheber eines vermeintlichen Komplotts oder als unüberbietbarer Ausdruck eines Zustands kollektiver Realitätsverleugnung gedeutet werden (wobei sich beide Interpretationen nicht ausschließen).

Doch legen wir die entscheidenden Fakten nochmals auf den Tisch: Bislang gibt es keine offiziellen Dementis in Bezug auf das Viganò-Dossier (Link zum Originalstatement siehe unten) oder andere Aufdeckungsversuche. Allein die Tatsache, dass sexueller Missbrauch in den letzten Jahrzehnten geschehen und vertuscht worden sind, müsste eigentlich genügen, um zu erkennen und sich einzugestehen, dass in der una sancta ecclesia etwas schiefgelaufen ist und bis heute schiefläuft. Die aktuelle Unübersichtlichkeit und nur schleppend voranschreitende Aufarbeitungspraxis bezüglich der zahlreichen Missbrauchsfälle mag zwar teilweise an der weltumspannenden Größe, Vielgliedrigkeit und damit auch Behäbigkeit des Apparates „Katholische Kirche“ liegen, jedoch war all diesen Einschränkungen zum Trotz die Sachlage und Problemvirulenz nie offenkundiger als jetzt, der Handlungsdruck nie akuter als in diesen Tagen. Die über einen längeren Zeitraum zu betrachtenden, eher langsam durchsickernden Enthüllungen zu den Missbrauchsfällen, auf welche seitens der Kirche nicht selten ebenso zögerlich reagiert wurde, bringen dabei zum Ausdruck, dass bisherige Problemlösungs- bzw. Problemvermeidungsstrategien nicht gelingen.


Alle Opfer haben das Recht, dass diejenigen, welche sich an ihnen vergangen haben, eindeutig benannt und angemessen bestraft werden. Jede Verdeckung ist inakzeptabel, da es die Täter – sowohl die bereits bekannten als auch die noch nicht aufgedeckten – weiterhin schützt und dabei gleichzeitig die Opfer verhöhnt. Denn stellen Sie sich einmal vor, Sie wären ein Missbrauchsopfer. Was würden Sie angesichts der derzeitigen „Reaktion“ des Vatikans (manche sprechen bereits von einem „strategischen Schweigen“) womöglich denken und empfinden? ‚Wer garantiert mir, dass ich oder meine Kinder beim nächsten Kontakt mit einem Geistlichen nicht einem Missbrauchstäter oder jemandem, der einen Missbrauchstäter deckt, gegenüberstehen?‘, ‚Bin ich vielleicht gar nicht missbraucht worden, wenn niemand die Täter und Vertuscher aufspüren und zur Rechenschaft ziehen will‘?‚ ‚Womöglich trage ich sogar selbst eine Mitschuld daran, dass der Papst und bestimmte Kardinäle jetzt so unter Druck geraten?‘ Dass hier Traumatisierungen dieser oder ähnlicher Art entstehen können, ist nicht zu bestreiten.

Folglich begeht jedes Glied der Gemeinschaft, das die Ereignisse, deren Vertuschung sowie auch jede Vertuschung der Vertuschung relativiert, eine große Unterlassungsschuld und versündigt sich damit am Leib der Kirche. Nicht zuletzt schädigt dieses Verhalten auch die gesünderen Teile der Kirche, welche integer leben und handeln (bzw. es versuchen) und nicht in einen Topf mit Missbrauchstätern und ihren Beschützern geworfen werden wollen.

Es muss also umgehend, entschlossen und vor allem auch geschlossen, d.h. jenseits aktueller Grabenkämpfe zwischen sogenannten „Konservativen“ und „Progressisten“ (denn alle sind dem einen, von Gott begründeten natürlichen Sittengesetz unterstellt und verpflichtet), gehandelt werden. Und dies nicht blind in alle Richtungen, sondern gezielt auf die Wurzel allen Übels. Wie könnte eine solche Übelbeseitigung, die zur inneren Reinigung der Kirche führt, ungefähr aussehen? Öffentliches Eingeständnis der Fehler, tiefste Reue und Umkehr, transparente und juristische Verfolgung der Straftaten, psychosoziale Ursachenforschung.


Link zu Bericht und Originalstatement des emeritieren Nuntius im „New Catholic Register“: Ex-Nuncio Accuses Pope Francis of Failing to Act on McCarrick’s Abuse – In a written testimony, Archbishop Carlo Maria Viganò claims Pope Francis withdrew sanctions against Archbishop Theodore McCarrick

Dr. Martin Hähnel ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bioethik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Archivfoto Papst Franziskus



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Lesermeinungen

 Kostadinov 13. September 2018 

@westhouwen

wenn Sie die von Ihnen aufgezählten Verbände noch für katholisch halten, dann kann ich Ihnen auch nicht mehr helfen. Das sind doch mittlerweile Unterorganisationen der Grünen. Und Priesternachwuchs gibt's in der Ecke sowieso nicht. Die Jugendlichen, welche den Glauben wirklich noch ernstnehmen, müssen Sie woanders suchen


3
 
 wedlerg 12. September 2018 
 

Aufklärung ist gut, Aufarbeitung wichtiger, Moral essentiell

Mir fehlt neben der Aufklärung, v.a. die Einordnung und die Konsequenz.

Wir haben in USA hunderte Fälle, davon 80-90% Fälle von homosexuellem Umgang mit älteren Jugendlichen (15-18). Viel mehr Fälle hätten wir, denn die Vorgänge in Priesterseminaren auch mitgezählt würden - was rechtlich nicht geht, moralisch für Christen aber geboten ist.

Dann müssen wir sehen, dass 99% der Priester eben keine Missbrauchstäter sind. Die Frage ist, wie viele haben (homo-)sexuelle Beziehungen und Praktiken. Auch dort werden die Meisten keine Verfehlungen aufweisen.

Dann gilt es zu fragen, wer die christliche Moral aufrechterhalten will und wer sie einreißen will. ich vermute, dass diejenigen, die Missbrauch und sexuelle Praktiken begehen eher den Glauben aufweichen wollen.

Letztlich gilt es diese Kräfte aus dem Priesterstand zu entfernen.

V.a. aber muss die Kirche wieder glaubwürdig die Sexualmoral des Evangeliums verkünden.

Alles andere befördert nur weitere vergehen und Missbrauch.


8
 
 phillip 12. September 2018 
 

Papst Franzisus ist Teil des Programmes einer Verweltlichung der una sancta

Unter Loyalität (Gehorsam) verstehe ich, dass jemand die Werte eines Anderen im Interesse eines gemeinsamen höheren Zieles teilt und vertritt bzw. diese auch dann vertritt, wenn man sie nicht vollumfänglich teilt, solange dies der Bewahrung des gemeinsam vertretenen höheren Zieles dient. Umgelegt auf die Katholische Kirche darf der Papst ohne jeden Zweifel auf die Loyalität und Gehorsam der Gläubigen - und zwar ungeachtet ob Kardinal, Bischof, Priester, Diakon und Laie – vertrauen. Sie und der Gehorsam werden aber dann ihre Grenze finden müssen, wenn die Tradition und die Lehre der Kirche verlassen werden, weil sie einen bloßen „Kadavergehorsam“ nicht umfassen. Ich sehe mich auf Grund der seit fünf Jahren nicht mehr zu verschweigenden Verwirrungs-, Spaltungs- und Änderungstendenzen veranlasst, mein Verhalten mangels Vertrauens in Bergoglio vorerst primär am Wortlaut des NT, der Konzilien, der bis 2012 erlassenen apostolischen Schreiben und den Ausführungen des KKK auszurichten.


12
 
 Zeit f?r die Wahrheit 12. September 2018 
 

Was unser katholische Kirche braucht

sind Arbeiter im Weinberg des Herrn und keine Zuschauer. Die Wölfe sind in den Schafstall eingedrungen und der oberste Hirte schaut zu als ob ihn das alles nichts angeht. Hätte Jesus Christus genauso gehandelt?


11
 
 westhouwen 12. September 2018 
 

Was ist eigentlich mit der Jugend ?

Was mich doch sehr verwundert ist, dass z.Zt. fast ausschließlich über Missbrauch, Homosexualität und mafiöse Strukturen in der Kirche diskutiert wird und sich während dieser Zeit fast unbemerkt die Jugendverbände ( KJG, BDKJ, SKJ, KJÖ . Jugendpastoral d. Schweiz) für die anstehende Jugendsynode im Vatikan positionieren und z.T. zusammenschließen.
Hier entsteht neues brisantes Potential, denn für die weitere Existenz der Kirche sind gerade die heutigen Jugendlichen von enormer Bedeutung.
Die lassen sich nicht mehr mit lapidaren Hinweisen auf Dogmen und Gesetze abspeisen, wie das gelegentlich auch Jugendbischof Oster tut.
Da muss schon deutlich mehr kommen.


21
 
 Raspunatz 12. September 2018 
 

Sehr geehrter griasdigott,
danke für die Antwort. Aber in der Realität gab es wohl ein lange bestehendes "Schweigeverbot bei Missbrauchsfällen" mit der Begründung; das die Kath. Kirche und somit auch das Heilige vor der Welt geschützt werden muss. Nun stellen wir aber fest, dass dies ein fataler Fehler war. Nicht nur deswegen, weil es jetzt hochkocht, sondern vor allem, weil den Opfern (auch vergangener Zeiten) ein weiteres Unrecht zugefügt wurde und das von der Kirche persönlich. Nur ein Opfer kann ermessen, was am Ende fataler war. Der sexuelle Übergriff oder die anschließende Verleugnung der Opfer. So etwas kann das eigene Weltbild ( auch von dem Begriff Wahrheit und Liebe) zum Einsturz bringen und alles verdrehen.


6
 
 griasdigott 12. September 2018 

@Raspunatz

Höchste Autorität hat die Hl. Schrift!

Wichtig auch, was der KKK sagt:

1897-1904 kann man bestimmt googeln, falls sie keinen KKK haben.

Stichworte Autorität :

Notwendige Sorgfalt auf das allgemeine Wohl

Ein Gesetz, das von der Vernunft abweicht, ist ein ungerechtes Gesetz, hat das Wesen einer Gewalttat

Die Autorität wird nur dann rechtmäßig ausgeübt, wenn sie das Gemeinwohl der betreffenden Gemeinschaft anstrebt und sittlich erlaubt teilweise Mittel anwendet, um es zu erreichen. Falls Behörden ungerechte Gesetze erlassen oder der sittlichen Ordnung widersprechende Maßnahmen ergreifen, können solche Anordnungen das Gewissen nicht verpflichten; in diesem Falle hört die Autorität ganz auf; an ihre Stelle tritt grässliches Unrecht (PT51)

Man darf Gehorsam nicht als Kadaver-Gehorsam verstehen!


11
 
 scheinfrager 12. September 2018 
 

Sorry, Irrtum:

"Es muss also umgehend, entschlossen und vor allem auch geschlossen, d.h. jenseits aktueller Grabenkämpfe zwischen sogenannten „Konservativen“ und „Progressisten“ (denn alle sind dem einen, von Gott begründeten natürlichen Sittengesetz unterstellt und verpflichtet)"

die Grabenkämpfe werden und können auch nicht aufhören, gerade weil keine Einigkeit besteht, dass alle DEM natürlichen Sittengesetz verpflichtet sind.

Denn Einigkeit, dass man DEM Sittengesetz unterstellt ist, setzt voraus, dass man sich auch über den Gesetzesinhalt im Wesentlichen einig ist.

Ist man sich aber nicht; folglich ist die vom Autor genannte Grundlage für ein Ende der Grabenkämpfe gar nicht gegeben; folglich können und werden sie nicht enden, wenigstens nicht so, wie sich der Autor das vorstellt.

Aber ansonsten hat er natürlich recht.


3
 
 Raspunatz 12. September 2018 
 

eine Frage der Sicht

Was ist mit diesem Gedanken:

Die Wahrheit muss offenbar werden.
Wenn aber jetzt alles gleichzeitig offenbar wird bleibt aber vielleicht nicht soviel von der Kath. Kirche übrig. Deswegen wird im Moment das Thema " Homosexualität" vielleicht vom Vatikan totgeschwiegen, weil das zumindest für die Welt kein Problem darstellt.
Ich glaube es ist nicht gut, alles Übel nun alleine Papst Franziskus in die Schuhe zu schieben. Der Missbrauch von Macht ( eben auch die Pflicht zum Gehorsam) bestand bei den Vorgängerpäpsten genau so. In der Beziehung könnte zwischen Papst Benedikt XVl und Papst Franziskus keine Zeitung passen. Der Gehorsam zum Schweigen und letztlich zum vertuschen lag auf beiden.


3
 
 chriseeb74 12. September 2018 
 

Fakt ist...

es muss jetzt endlich tabula rasa gemacht werden, selbst wenn danach 50 Kardinäle zurücktreten müssen (egal ob progressiv oder traditionell)...sonst wird sich die Kirche selbst zerfleischen bzw. spalten...
Also liebe Päpste (B XVI. und F), liebe Kardinäle, liebe Bischöfe, liebe Vatikanmitarbeiter: Wollt ihr endlich aufklären und zur Erneuerung der Kirche beitragen oder vor Gott als Totengräber der Kirche Rechenschaft leisten??
Wer von Euch wirklich Jesus im Herzen trägt, der hat wohl nur eine Wahl, oder?


14
 
 Ihr Priester lasst uns nicht allein! 12. September 2018 
 

Vertrauen

Lieber Herr Menke,
die Hoffnung stirbt nie.
Maria ist die Siegerin!
Nur Mut!!!

Liebe Grüße


9
 
 Raspunatz 12. September 2018 
 

eine Frage

könnte es sein, dass Papst Franziskus nicht primär das Problem in dieser Krise ist? Sondern das diese Vertuschung von Missbrauch eine lange Tradition in der Kath. Kirche hat? Und zwar vor allem deswegen, weil von den Leuten Gehorsam zum Vorgesetzten (einem Menschen) gefordert wird. Du siehst den Missbrauch, aber die Anweisung heißt von oben "nichts darf nach Außen dringen" (Kirche soll geschützt werden) und gleichzeitig erkennst du, das da ein Fehler begangen wird. Kann wahre Aufklärung nicht nur da vollzogen werden, wo man nur vor Gott gehorsam ist? Aber ist in der Kath. Kirche nicht der Gehorsam zu einem Oberen ein fester Bestandteil? Was ist wenn der nun auch mit fällt? Fällt dann nicht auch die Kath. Kirche- die eine Kirche?


5
 
 griasdigott 12. September 2018 

Schweigen

Lk 14,3
Jesus fragte, ob es am Sabbat erlaubt sei, zu heilen oder nicht.

Die Gesetzesgelehrten und Pharisäer schwiegen!

Wie könnten wir die Frage heute formulieren?

Darf man vertuschen, darf man Opfer verhöhnen, darf man Staftäter schützen oder
ist es erlaubt zu heilen?

Wie könnte Heilung beginnen?
Wie Dr Hähne schreibt:Öffentliches Eingeständnis der Fehler, tiefste Reue und Umkehr, transparente und juristische Verfolgung der Straftaten, psychozoziale Ursachenforschung.

Wie gesagt, die Gesetzeslehrer und Pharisäer schwiegen!

Jesus war der Kranke wichtig, ihn heilte Er. Die Opfer brauchen Heilung für ihre tiefen Wunden, ja die ganze Kirche braucht Heilung !

Dieses Schweigen heute hat somit etwas phariäerhaftes!


15
 
 Josef Menke 12. September 2018 
 

Lieber Gott, deine Prüfungen haben es in sich.

Franziskus hinterlässt einen Scherbenhaufen. Die Kath. Kirche befindet sich in einer schweren Krise. Es wenden sich immer mehr von der Kath. Kirche ab, die Austritte werden Rekordwerte erreichen und der Teufel lacht sich eins ins Fäustchen. Unsere beste Waffe in diesem Kampf ist das Gebet - zur Gottesmutter, dem Vater, Sohn und heiligen Geist. Ich hoffe, das wir die Oberhand behalten werden und am Ende als Sieger dastehen werden, auch wenn es im Moment sehr schwer fällt, daran zu glauben. Die Hoffnung stirbt zuletzt.


18
 

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