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Wächter, wie lange noch dauert die Nacht (Jes 21,11)?

11. Februar 2019 in Kommentar, 13 Lesermeinungen
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"Nicht mehr meine Kirche. Die Bischöfe müßten einschreiten. Leider irren aber viele von ihnen selbst als Zeitgeistsegner durch die Tage, machen sich Liebkind mit den Kaisern der Gegenwart" - Ein Gastkommentar von Hubert Windisch


Regensburg (kath.net)
* Es wird immer wieder kolportiert, Johannes XXIII. habe mit der Einberufung des II. Vatikanischen Konzils die Fenster der Kirche bzw. des Vatikans weit geöffnet, um für Frischluft zu sorgen. Es mag schon sein, daß zum Ende der pianischen Ära hin (Pius X., Pius XI., Pius XII.) in den Kirchenräumen die Luft etwas stickig geworden war und die Kirche einer Gefahr zu erliegen drohte, die Karl Barth in einer seiner Spätschriften als die Gefahr beschreibt, daß sich die Kirche abschottet, einigelt, sich gleichsam hinter festen und unüberwindbaren Mauern verschanzt: eine „Kirche im Exzeߓ als feste Burg in der Zeit. Woran man das in damaligen Zeiten festmachen könnte, dazu müßte man einen speziellen Kirchengeschichtler fragen. Sicher muß man eine Wohnung immer wieder lüften, um darin wohnen zu können. Aber das Bild der festen Burg ist nicht ganz unsympathisch, wird doch in den Psalmen an vielen Stellen Gott selbst so bezeichnet (vgl. Ps 18). Auch waren damals trotz bisweilen schlechter Luft die Kirchen voll (heute ist der sonntägliche Gottesdienstbesuch in Deutschland trotz aller möglichen Freiluftveranstaltungen auf unter 10% gesunken) und die Jugend war zu Hauf kirchlich bewegt. Und man darf nicht übersehen, daß bei geöffneten Fenstern auch schlechte Luft von außen nach innen dringen kann.
* So ist ohne Zweifel bei diesen geöffneten Fenstern viel Weltluft in die Kirche eingedrungen, schön abgepackt in den sog. „Geist des Konzils“, mit dem sich jede kirchliche, ja sogar antikirchliche Privatisiererei als katholisch legitimieren läßt. Diese Attitüde wurde begünstigt durch die Selbsterklärung des Konzils als eines nicht dogmatischen, sondern pastoralen Konzils, was dazu führte und noch führt, daß man je nach Gusto Texte des Konzils auswählt und paradoxerweise für die eigene theologische Sicht dogmatisiert.

Viel katholisches Tafelsilber ist aus den geöffneten Fenstern geworfen worden, man denke nur an die teils auch amtlichen Verlautbarungen zu Ehe und Sexualität, die eher einer Trendsegnung als katholischen Einstellungen gleichen, oder an die nicht so seltenen liturgischen Wildwüchse. Hier greift der Hinweis von Karl Barth auf eine andere kirchliche Gefahr: In derselben Spätschrift beschreibt er auch eine „Kirche im Defekt“, eine Kirche des Boulevards, die sich, stotternd und schielend, an die Zeitläufte verkauft. Man hört förmlich die bissige Bemerkung von Kurt Tucholsky, die er schon 1930 in seinem berühmten Braut- und Sportunterricht machte: „Was an der Haltung beider Landeskirchen auffällt, ist ihre heraushängende Zunge. Atemlos jappend laufen sie hinter der Zeit her, auf daß ihnen niemand entwische. ‚Wir auch, wir auch!‘, nicht mehr, wie vor Jahrhunderten: ‚Wir.‘ … Diese Kirchen schaffen nichts, sie wandeln das von andern Geschaffene, das bei andern Entwickelte in Elemente um, die ihnen nutzbar sein können. … die Kirche hat nachgegeben; sie hat sich nicht gewandelt, sie ist gewandelt worden.“ Ziemlich zerfleddert und zerrupft bietet sie sich im Augenblick den Zeitgenossen dar.


Vor dem Hintergrund des erschütternden Viganó-Berichts vom Sommer 2018 schreibt Hedwig von Beverfoerde (vgl. Tagespost vom 28. 8. 2018 „Der Rauch Satans“) desillusioniert und kirchlich tief enttäuscht: „Die Fassade der nachkonziliaren Kirche ist zusammengebrochen.“

* Diesbezüglich spielt auch die eng mit Karl Rahner und seinem Schrifttum verbundene sog. anthropologische Wende in der Theologie seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts im theoretischen und praktischen Selbstverständnis der Kirche eine Rolle. Ob ein Fehler in diesem theologischen Denkansatz oder in der eifrigen und oft auch dilettantischen Umsetzung in der pastoralen Praxis (vor allem in der Verkündigung und in der Liturgie) vorliegt, soll an dieser Stelle nicht näher beleuchtet werden.

Jedenfalls läßt der seit damals einsetzende Verlust des kerygmatischen Kirchenbewußtseins auf Defizite schließen – gemäß dem alten Axiom „bonum ex integra causa, falsum ex defectu“. Die Tradition kam immer öfter auf die Anklagebank, denn das Neue als Neues hatte den Vorrang. Die Kirche hat sich seitdem mit ihrer Botschaft verstärkt vor der Welt bzw. den jeweiligen Zeitläuften zu rechtfertigen anstatt ihrem Auftrag nachzukommen, die Welt bzw. die jeweiligen Zeitläufte vor die Rechtfertigung Gottes in Jesus Christus zu bringen. Das „Extra nos“ unseres Heiles wurde zunehmend in ein „Intra nos“ aufgelöst (ganz deutlich bei Eugen Drewermann), was nach Fulbert Steffensky letztlich einer Verhaustierung Gottes gleichkommt. So aber wird die Kirche in ihren Grundvollzügen (Martyria, Leiturgia, Diakonia) säkular, und d. h. flach und banal.

In radikaler Schärfe hatte Harvey Cox schon 1965 mit seiner „Stadt ohne Gott?“ das Programm der Säkularisierung von Glaube und Kirche vorgegeben. Fridolin Stier, der ehemalige Alttestamentler aus Tübingen ahnt und beklagt in seinem Tagebuch „Vielleicht ist irgendwo Tag“, daß sich solcherart von Theologie Theothanatologie nennen müßte.

* Zwei Konsequenzen der letzten Jahrzehnte, befördert auch durch den jetzigen Papst, bestimmen weithin die gegenwärtige Praxis der Kirche und ihre theologische Unterfütterung: 1. Macht, was ihr wollt. 2. Was ihr macht, ist richtig. Es gibt ja keinen kritischen Bezugspunkt mehr extra nos, weder in doctrina noch in moralibus, schon gar nicht in pastoralibus. Das Ganze wird vielmehr, kirchlich legitimiert, zusammengehalten von dem, was man Gewissen nennt.

Das traurige Ergebnis dieser Entwicklung gipfelt in der nüchternen Erkenntnis, die viele führende Kirchenleute und Theologen nicht haben bzw. nicht haben können oder haben wollen, daß man Theologie und Kirche in der Welt von heute als Größen braucht, die man eigentlich nicht mehr braucht.

* Auf bedrückende Weise belegt diese Tatsache der Offene Brief von 8 (+1) Theologen und Theologinnen an Kardinal Marx, der in der FAS vom 3. Februar 2019 abgedruckt ist. Die in diesem Text durchschimmernde Kirche wäre keine erneuerte Kirche, es wäre eine neue Kirche, die sich von ihrem Ursprung lösen, aber auch keinen Einsatz mehr für sie auslösen würde. Viele würden sagen: Nicht mehr meine Kirche! Denn hier ist der Weg der Kirche in die institutionalisierte Belanglosigkeit (so Gerhard Ebeling einmal in bezug auf die Predigt) vorgezeichnet. Die Bischöfe müßten einschreiten. Leider irren aber viele von ihnen selbst als Zeitgeistsegner durch die Tage, machen sich Liebkind mit den Kaisern der Gegenwart und verraten dabei nicht nur die ihnen anvertraute Herde, sondern auch ihren Herrn. Woher kommt uns Hilfe? fragen viele Christen. Warum kommt sie nicht mehr von unseren Hirten – von einigen Ausnahmen wie z. B. dem Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer abgesehen? Wann platzt die glaubensferne Blase, in der viele Kirchenfunktionäre und Theologen sich bewegen und agieren? Wie können die weltlichen Komfortzonen, in denen sich die Kirche eingerichtet hat, im Sinne der Konzerthausrede von Papst Benedikt XVI. am 25. September 2011 in Freiburg wieder zu missionarischen Lebenswelten werden? „Wächter, wie lange noch dauert die Nacht“ (Jes 21,11)?

Prof. Dr. Hubert Windisch ist emeritierter Professor für Pastoraltheologie der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg.


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