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Der Nicht-Ort einer zu anderen Zwecken idealisierten Indio-Welt

19. August 2019 in Aktuelles, 1 Lesermeinung
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Kurze Überlegungen und Randbemerkungen zu dem, was aus dem ‚Instrumentum laboris’ für die kommende Amazonassynode hervorgeht. Von Mythen, Ideologien und ‚Kosmovisionen’. Ein Argonaut der Westlichen Inseln


Rom (kath.net/as) kath.net setzt die Veröffentlichung des sehr breit angelegten, ausführlichen und präzisen Aufsatz zum problematischen Charakter des „Instrumentum laboris“ (IL) fort. Teil drei: die verschiedensten Mythen, die schamlos verbreitet werden“.

Ist das anthropologische Problem im Vergleich zu den Einheimischen der verschiedenen Regionen Amazoniens erst einmal umrissen, muss das sozioökonomische Problem entworfen werden, das ebenso nicht in einer einzigen Kategorie zusammengefasst werden kann. Wie bereits erwähnt, sind einige Eingeborene Teil kleiner, isolierter Gemeinschaften nomadischer Jäger und Sammler, andere leben in Schutzgebieten und erhalten sich dank des Tourismus, andere wieder leben in ländlichen Gebieten und betreiben eine ausschließlich auf das Überleben ausgerichtete Landwirtschaft, andere wieder leben als Bettler, schmutzig und hungrig an den Ecken der Straßen der lateinamerikanischen Metropolen. Schließlich werden nach Kriterien, die oft nicht ganz klar sind, einige „Indigene“ in die Programme der „indigenistischen“ Institute oder einer Universitätsabteilung aufgenommen, um dann auf den Fotos und in den Propagandaspots derselben Büros oder Abteilungen ausgestellt zu werden, dies mit dem Ziel, staatliche Gelder „zu jagen und zusammeln“, um die Gehälter einer großen Anzahl von Forschern, Mitarbeitern und Funktionären zu sichern.

Zusätzlich zu Annäherung und Reduktionismus ist das IL mit richtiggehenden „Mythen“ übersät, die als entgschichtlichtes Narrativ gedacht sind. Wir könnten mit dem Mythos der Harmonie zwischen den Indigenen und der Umwelt beginnen. Nun, die Realität zeigt uns, dass die ökologische Nachhaltigkeit der Umweltpraktiken der Ureinwohner des tropischen amerikanischen Regenwaldes oft mit der Vorstellungskraft der Synodenspezialisten in Konflikt gerät. Beispielsweise wenden viele einheimische Gemeinden im Amazonasgebiet sowie in Mittelamerika die traditionelle landwirtschaftliche Methode „roza, tumba y quema“ an. Zur Vereinfachung: die Ureinwohner entwalden (roza y tumba), um dann die gefällte Vegetation (quema) zu verbrennen. Die zurückbleibende Asche düngt den Boden des Regenwalds, der sonst sehr nährstoffarm ist, und ermöglicht es ihnen, einige Ernsten zu produzieren. Wenn das Land sein knappes landwirtschaftliches Potenzial erschöpft, roden die Indigenen ein anderes Gebiet und so weiter.


Solange die Demographie begrenzt ist, überleben die Gemeinschaften und der Regenwald, aber mit der ungeregelte, durch Elend bedingte Einwanderung anderer Bevölkerungsgruppen, die den Amazonas erobern, Waldgebiete besetzen und durch Nachahmung der Eingeborenen kultivieren, wird eine verheerende Auswirkung der Wüstenbildung ausgelöst. Diese kommt auf dramatische Weise zu den Problemen hinzu, die sich durch die Einführung von Rindern, die Ausbeutung von Holz und Minen und den Bau von Kommunikationswegen und Wasserkraftbecken stellen. Darüber hinaus hat die Unterentwicklung eine enorme Auswirkung auf die so sehr „vergötterte“ Natur, was dazu führt, dass Einheimische und Siedler täglich schädliche Entscheidungen treffen, beispielsweise dass Abfall in die Wasserläufe geschüttet wird; geschützte Arten zu jagen, um sich zu ernähren oder um Fleisch und Häute zu verkaufen; verbotene Düngemittel und nicht-ökologische Materialien wie Plastik und Asbest für ihre Unterkünfte zu benutzen.

Gleiches gilt für den Mythus vom „guten Leben“ der Eingeborenen „in Gemeinschaft“ mit den anderen. Jeder Anthropologe, der vor Ort arbeitet, weiß, dass in den indigenen Gemeinschaften (auf dem Land oder in der Stadt) wie in jeder anderen sozialen Realität der Zustand der Unwissenheit, der extremen Armut und der Ausgrenzung Soziopathien wie Alkoholismus, Drogensucht, Gewalt und Ausbeutung gegenüber Frauen und Kindern hervorbringt. Die Ureinwohner sind nicht immun gegen diesen kritischen Situationen, die durch Umweltzerstörung verstärkt wird und so zu Unterernährung, Kindersterblichkeit, einer Lebenserwartung von etwa 20 Jahren, die unter dem Durchschnitt des eigenen Landes liegt, und in einigen Gebieten zu einer hohen Neigung zum Selbstmord führt.

Ebenso wie es Vereinigungen und Bewegungen von Einheimischen gibt, die zur Verteidigung ihres Landes und ihrer Autonomie mobilisiert wurden, gibt es seit langem interethnische Rivalitäten und Konflikte, die häufig mit Stammes-, Religions-, Territorial- oder Wettbewerbsgründen verbunden sind, um die Gunst ihrer Regierungen oder anderer verwandter Gegebenheiten sicherzustellen, die mit den Guerilla-Bewegungen oder den Drogenhändlern zusammenhängen.

Das Panorama der zeitgenössischen indigenen Realität in Lateinamerika wird durch die Regierungsprogramme der einzelnen Länder kompliziert. Sogar die mit den besten Absichten entstandenen indigenen Entwicklungspläne basieren auf dem eindrucksvollen Interessenkonflikt derer, die diese Projekte professionell planen und dafür bezahlt werden.

Wenn diese Interventionen einerseits einige ernste Schwierigkeiten lindern, verurteilen sie andererseits Millionen von Eingeborenen dazu, in einer Vielzahl von speziellen Sozialplänen gefangen zu leben, die eigens für sie geschaffen wurden und parallel zu den nationalen sind, was dabei endet, die Gemeinschaften in einer „eigenen Welt“ getrennt zu halten. Solche Mechanismen machen in der Praxis die tatsächliche Aufnahme dieser Bürger in das soziale Gefüge unmöglich und schaffen einen wirklichen Zustand unausgesprochener Zustand der Apartheid, dem die Rhetorik des abstrakten oder „erfundenen“ Idigenen gegenübersteht. In diesem Zusammenhang wird die Treue der Eingeborenen zu einer externen Ikonographie gefördert, die eine kulturelle Identität hervorhebt, die als folkloristisch-choreographisch definiert weren könnte. Wie dies Kardinal Ratzinger 1996 bei der Begegnung mit der Kommission fpür die Lehre in Guadalajara (Mexiko) sagte, werden Ureinwohner Amerikas häufig in „Museumsstücke“ und „Touristenattraktionen“ verwandelt.

Die Summe dieser Phänomene, verteilt auf neun verschiedene Nationen und in einer Region, die so groß wie ein ganzer Kontinent ist, bietet uns das plastische Bild der Kluft zwischen dem vom IL erzählten imaginären Park und der realen, kolossalen und kaleidoskopischen Dimension der Themen, die auf dem Spiel stehen. Andererseits ist es ja so: die Vernunft ermüdet, der Mythos vereinfacht; die Wahrheit ist oft unbequem, der Mythus beruhigt; die Vernunft bringt Ideen hervor, der Mythus Gemütszustände. In diesem Sinne ist der Hauptmythus des IL sicherlich jener der „indigenen Kosmovision“. Erneut stehen wir vor einem vagen Begriff. Es bleibt die Vorstellung einer Art Schachtel, die wie eine Matrjoschka-Puppe ist, aus der eine andere Schachtel hervorgeht, die „Indio-Theologie", aus der ihrerseits ein weitere Schachtel hervorlugt, die sogenannte „integrale Ökologie“.

Maßgebliche Theologen haben bereits entschieden darauf hingewiesen: absolut inakzeptabel ist dieses künstliche und körperlose mythologische Schloss, das in der klaren Leugnung von Jahrtausenden an Geschichte, Lehre, Tradition des Glaubens und der europäischen katholischen Identität errichtet wurde, die offensichtlich in der Synodendebatte bedeutend weniger wiegst als die amazonisch-indigene.

Ebenso schwierig ist für den Anthropologen der Versuch, den Ausklügelungen des IL zu folgen, ohne dabei zusammen zu zucken. Wie lässt sich nach 500 Jahren systematischem physischen und kulturellen Völkermord die „Kosmovision“ nomadischer Jäger- und Sammelkulturen bestimmen, deren Wissen durch eine Kultur der mündlichen Überlieferung weitergegeben wird? Oder wie ist die Kosmovision der Amazonas-Ureinwohner zu betrachten, die seit Generationen in der „westlichen“ Volkskultur leben, einschließlich Telenovelas, Konsumismus und unendlichen Formen des religiösen Synkretismus? Aber vor allem: woher kommen diese Behauptungen?

Das IL erwähnt nicht ausführlicher spezifizierte Schriften indigener Autoren, es deklamiert die wiederkehrenden Themen einer veralteten pseudoanthropologischen Literatur und begleitet alles mit der alt gewordenen Befreiungstheologie. Es ist fundamental zu betonen, dass die Erfinder dieser Subkulturen keine indigenen Amazonasbewohner sind, sondern „Eingeborene“ des Alten Kontinents, deren Ideen von Mitgliedern der lateinamerikanischen Elite, die durch ihre unvermeidlichen europäischen Studien kontaminiert wurden, in Übersee verbreitet wurden.

In den letzten sechzig Jahren haben verschiedene Persönlichkeiten in Lateinamerika ideologische Bewegungen hervorgebracht, die das Ergebnis von theo-sozio-philosophischen Hybridisierungen sind, an denen sie Enteignete und einheimische Völker beteiligt und sie zu Interpreten ihrer visionären sozialen Experimente und oft zu Opfern brutaler Unterdrückung ihrer Regierungen gemacht haben. Der Zweifel, dass ein bedeutender Teil bestimmter „indigener Kosmovisionen“, über die im IL berichtet wird, in Wirklichkeit von diesen „Maître à penser“ angedacht worden ist, ist mehr als begründet.


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Lesermeinungen

 myschkin 19. August 2019 
 

Aufklärung tut not.

Es ist wichtig, auf die Abscheulichkeit bspw. der aztekischen Religion hinzuweisen.

Menschenopfer und Menschenfresserei waren dort, wie die Anthropologie inzwischen erwiesen hat, an der Tagesordnung. Chilly con Carne kann man erst seit der Christianisierung in diesem Landstrich in der Gewissheit essen, nicht ein Menschenkind sich einverleibt zu haben.

Die Brutalität von Cortez und co. ist damit ja nicht in Abrede gestellt.

Wenn es also wenigstens ein Positivum gegeben hat, das durch die spanische, bzw. die portugiesische Kolonisation herbeigeführt wurde, dann die Verkündigung des Evangeliums in der Neuen Welt.


6
 

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