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Wegbereiter der Erneuerung der Kirche – John H. Newman – Leseprobe 2

14. Oktober 2019 in Buchtipp, 1 Lesermeinung
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John Henry Kardinal Newman gehört zu den bedeutendsten Theologen der Moderne und wird von vielen auch als „Kirchenvater der Neuzeit“ bezeichnet. Ein neues Buch von Charles Stephen Dessain. 4 Leseproben im Oktober.


Linz (kath.net)

Leseprobe 2

Dennoch waren viele Menschen in Oxford und anderswo bereit, dem biblischen Ideal der Heiligkeit, wie es in Newmans Predigten und Schriften aufleuchtete, zu folgen. William Lockhart, der 1838 nach Oxford kam, verglich die außerordentliche Reinheit, die in jenen Tagen die jungen Frauen der Ober- und Mittelschicht auszeichnete, mit der Haltung ihrer Brüder, die man von zu Hause fort auf die public schools schickte. Diese jungen Männer waren es, auf die – wenn sie nach Oxford kamen – Newmans Predigten wie eine Offenbarung wirkten.

„Er hatte die wunderbare, die übernatürliche Gabe, die Herzen zu Gott zu erheben und in uns eine tiefe persönliche Überzeugung von Gott und ein Gespür für seine Gegenwart einzupflanzen. Er prägte uns eine intuitive Erkenntnis unserer moralischen Pflicht ein – jenes Naturgesetzes dessen, was recht ist, das einem jeden durch das Wort und die Weisheit Gottes ins Herz geschrieben ist.“

Im Jahr 1867 wurde John Duke Coleridge, der 1839 sein Studium in Oxford aufgenommen hatte, vom Unterhaus zu dem von ihm vorgelegten Gesetzentwurf gehört, der es Angehörigen der Freikirchen ermöglichen sollte, Fellows der Colleges in Oxford zu werden. Denen, die ihm entgegenhielten, dies würde die von der Staatskirche vertretene Lehre untergraben, erwiderte er, dass seit vielen Jahren »die vorherrschende Einstellung der Verantwortlichen in Oxford einem gläubigen Ernst stets entgegengerichtet« gewesen sei, und verwies dabei auf Newman, der von den Behörden nur kalte Ablehnung und ständige Entmutigung erfahren habe.

„Zu meiner Zeit gab es einen Mann von bewundernswertem Genius, seltener Beredsamkeit, heiligmäßigem Wandel, einzigartiger Demut und Selbstentsagung, der uns nicht irgendein spezifisches Dogma, sondern die einfache Wahrheit des Glaubens lehrte. Er stellte uns ein hohes Vorbild vor Augen; durch sein Leben und seine Verkündigung richtete er unser Sinnen auf das, ›was liebenswürdig ist und dem guten Ruf dient‹ (Phil 4,8). Ihm verdanken viele in Kirche und Staat, dass in ihnen der Sinn für Verantwortung geweckt und sie nun ihrerseits – wenn auch kümmerlich und unvollkommen – ihre Pflicht gegenüber Gott und den Menschen erfüllen.“


Was Ms Parker, die Vorsteherin eines Schülerwohnheims in Eton, schrieb, steht für das, was viele dachten: „Oft habe ich Ihnen aufmerksam zugehört. ... Mit Ihrem geschriebenen Wort sind Sie seit Jahren mein Lehrer.“

Ein besonders deutlicher Hinweis auf die Wirkung der Predigten Newmans in Oxford ist die Tatsache, dass er es für notwendig hielt, dort am 30. Oktober 1842 über die „Gefahren für den Büßer“ zu predigen und reuige Sünder vor Ungeduld zu warnen. Häufig wollten sie irgendeine bescheidene Stellung im Leben auf sich nehmen, ohne abzuwarten, wie Gott sie in Dienst nehmen würde. Oder es war ihr Wunsch, sich mit Gebet und Buße zu überbürden. Andere wieder wollten übereilte Enthaltsamkeitsgelübde ablegen. Newman jedoch drängte sie dazu, den Preis zu berechnen, mit kleinen Demutsübungen zu beginnen und sich raten zu lassen. Die Bußwilligen standen nicht so sehr in der Gefahr, in ihrem äußeren Leben ungemessenen Eifer zu bekunden, sondern sich in einem verborgenen Leben von Opfer und Verzicht abzuschließen. Das war die »Gefahr«, die Newmans Predigten hervorriefen. Schon eine frühere Predigt vom Mai des gleichen Jahres zeigte, dass er den Wandel bemerkt hatte:

„Zurzeit begegnet man einem wachsenden Verständnis für die Schönheit der Religion, einer wachsenden Ehrfurcht vor den Gnaden des Evangeliums und einer zunehmenden Einsicht in sie. Weit besser als früher beginnt man zu verstehen, dass das Christentum nicht ein bloßes Gesetz ist, ein jüdi¬sches Joch, sondern ein neues Gesetz, ein Dienst in Freiheit, eine Norm für Geist und Wahrheit, die uns anzieht und zugleich gebietet, die uns beeinflusst, während sie droht.

Bis jetzt hatte es den Anschein, als besäßen nur jene das volle Verständnis für die Vorrechte und Freuden der Religion, die falsche Lehranschauungen vertreten, ... doch das alles ist vorbei. Unter den Anhängern der orthodoxen Wahrheit herrscht ein einfacherer, ein mehr katholischer, frommer und glühender Geist. Von vielen werden die eindringlich begeisternden, entflammenden und hinreißenden Herrlichkeiten des Reiches Christi wieder mehr oder minder stark empfunden. Die Menschen beginnen, jene Macht zu verstehen, die in der Frühzeit Philosophen der eigenen Schule entfremdete, Soldaten dazu bewog, ihre Speere in Sicheln umzuschmieden.“

Newmans Hauptanliegen war es, die Offenbarungsreligion wieder zu beleben, aber dies erweiterte seinen Gesichtskreis eher noch, statt ihn zu verengen. James Anthony Froude schrieb über ihn während der Zeit, zu der er selbst in Oxford weilte: „Newmans Denken war weltumspannend. Er interessierte sich für alles, was in Naturwissenschaft, Politik und Literatur vor sich ging. Nichts war ihm zu groß und nichts zu trivial, wenn es nur Licht auf die zentrale Frage warf, was der Mensch und seine Bestimmung wirklich ist ... Er vermochte jede Größe in Tat und Charakter begeistert zu bewundern, wie weit sie auch von seinem eigenen Lebenskreis entfernt sein mochte.“

kath.net Buchtipp
John Henry Newmann – Wegbereiter der Erneuerung der Kirche
Von Charles Stephen Dessain
Media Maria Verlag 2019
ISBN: 978-3-9479310-8-8
Gebunden, 352 Seiten
Preis: Euro 20,50

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Lesermeinungen

 girsberg74 14. Oktober 2019 
 

Newman ist im Gespräch, hoffentlich nicht nur aus aktuellem Anlass.

Ohne auf neue Bücher einzugehen, sie gar zu bewerten, möchte ich nachdrücklich auf die „Tagespost“ vom 10. Oktober hinweisen.
Dort findet sich auf Seite 9 der Beitrag „Leistern im Glauben“, eine Werbung / Begründung für den Zölibat, wie er tiefer und entschiedener nicht begründet sein könnte, eine Orientierung für den Synodalen Prozess, so die Kräfte dort nicht schon einseitig festgelegt sind.


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