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"Hier ist der Kompass verloren gegangen"

12. Mai 2020 in Kommentar, 9 Lesermeinungen
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Die Covid-19-Massnahmen seien "von schweigender Mehrheit hingenommen worden, ohne dass ein gründliches Hinterfragen stattgefunden habe. Doch die Freiheit ist eine Tochter des Christentums." Gastkommentar von Martin Grichting/Neue Zürcher Zeitung


Zürich (kath.net/Neue Zürcher Zeitung) Obwohl die epidemiologische Lagebeurteilung weiterhin strittig ist, erstaunt, dass es in europäischen Ländern so wenig Opposition gegen die drastischen Corona-Massnahmen der Regierungen gibt.

Einige fragen sich schon besorgt, ob die Covid-19-Pandemie die Demokratie beschädige, wenn die Bürger so schnell dazu bereit seien, ihre Rechte preiszugeben. Wer so fragt, scheint vorauszusetzen, dass die Menschen, die in einer Demokratie lebten, natürlicherweise ihre Freiheit verteidigen und in geistiger Unabhängigkeit ihr Leben gestalten wollten.

Das ist ein Irrtum, und die Corona-Krise macht ihn sichtbar. In Anlehnung an das bekannte Böckenförde-Diktum, der freiheitliche, säkularisierte Staat lebe von Voraussetzungen, die er selber nicht zu garantieren vermöge, lässt sich sagen: Der Freiheitswille des Menschen lebt von Voraussetzungen, die eine säkulare Gesellschaft nicht garantieren kann.

Schon im 19. Jahrhundert hat sich Alexis de Tocqueville Gedanken gemacht zur Rolle von Religion in einer Gesellschaft von Freien und Gleichen. Er sah Religion als wesentlichen Faktor dafür an, dass Demokratien Bestand haben, und war überzeugt: Wenn die Menschen nicht mehr an Gott glauben, der Freiheit durch Transzendenz schenkt, wenn sie nicht mehr auf weite Sicht an ein ewiges Leben glauben, sucht sich die überforderte Vernunft eine weltliche Autorität.


Sie findet sie in der öffentlichen Meinung, in populistischen oder gar despotischen Mächten. Denn aufgrund des metaphysischen Vakuums dominieren die Kräfte des Unmittelbaren, Praktischen und Pragmatischen – ohne Kompass durch einen Sinn, der über die Welt und das vergängliche Materielle hinausweist: «Es kommt dann nicht nur vor, dass die Bürger sich ihre Freiheit rauben lassen, sondern sie geben sie oft selbst preis». Und so «schaffen sie sich einen Herrn an», resümiert Tocqueville. Denn wenn über die grossen Fragen des Menschseins Verwirrung besteht, soll wenigstens vor der eigenen Haustür, im Nahbereich, Ordnung herrschen. So wachse ein fürsorglicher Staat heran, der die Gesellschaft «mit einem Netz kleiner, verwickelter, enger und einheitlicher Regeln» bedecke.

Dieser Staat tyrannisiert gemäss Tocqueville zwar nicht, aber er bringe jede Nation dahin, «dass sie nur noch eine Herde furchtsamer und geschäftiger Tiere ist, deren Hirte die Regierung» bilde.

Wenn heute die in der Regel parlamentarisch nicht beschlossenen Covid-19-Massnahmen von einer schweigenden Mehrheit schicksalsergeben hingenommen werden, ohne dass ein gründliches Hinterfragen stattfindet, bestätigt dies Tocquevilles Analyse. Und angesichts der auch von den meisten Medien geteilten Alternativlosigkeit laufen vereinzelte Kritiker, die es gleichwohl gibt, Gefahr, als unsolidarische Verschwörungstheoretiker und Gefährder der Volksgesundheit aus dem gesellschaftlichen Diskurs exkommuniziert zu werden.

Der zu erwartende natürliche Drang nach Freiheit und der Sinn für die Notwendigkeit der Einschränkung der Staatsmacht manifestieren sich deshalb kaum. Eine säkularisierte Gesellschaft ohne religiösen Transzendenzbezug ist offensichtlich zu wenig in der Lage, freiheitshungrige und daher freiheitsfähige Menschen hervorzubringen.

Nicht umsonst hat Paulus den Christen zugerufen: «Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!» Ohne Glaube an eine übergeordnete Macht, von der alle Freiheit kommt und vor der alle, die Macht ausüben, sich dereinst werden rechtfertigen müssen, ohne einen Gott, der frei macht und zugleich allen Machtspielen des Menschen entzogen ist, schrumpft das Individuum zum Herdentier.

Auch das Auftreten der kleinen Schwester des Despotismus, der Willkür, muss stutzig machen. Denn auf der einen Seite sperren die Regierungen ganze Gesellschaften weg und legen die Wirtschaft lahm. Sie schränken die Grundrechte aller bis in den Kernbereich hinein ein. Dadurch schützen sie ältere und vulnerable Menschen, durchaus auch vor sich selbst, indem sie diese, gerade wenn sie in staatlichen Institutionen leben, faktisch unter Quarantäne stellen und ihnen Kontaktverbot erteilen.

Auf der anderen Seite schützen dieselben Staaten die Alten und Verletzlichen in einem anderen Bereich, in dem es auch um Leben und Tod geht, kein bisschen vor sich selbst. Diese Staaten lassen ihnen den Giftbecher sogar in ihren eigenen Institutionen reichen, etwa in Altersheimen. Das Sterben durch Corona ist offensichtlich so schlecht, dass der Kampf dagegen nahezu alle Freiheiten kosten darf. Das Sterben à la Exit ist aber offensichtlich so gut, dass man es im Namen der Freiheit gutheisst – und damit einen Akt, der gerade jede Freiheit vernichtet.

Hier ist der Kompass verloren gegangen. Vielleicht sollte man angesichts des bescheidenen westlichen Freiheitsdurstes ein Wort Tocquevilles neu bedenken: «Die Freiheit ist eine Tochter des Christentums. Der Despotismus kann auf Religion verzichten, die Freiheit nicht.»

Dieser Beitrag erschien zuerst in der "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ). Martin Grichting ist römisch-katholischer Geistlicher, Kirchenrechtler und Generalvikar des Bistums Chur.

 


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Lesermeinungen

 O sancta simplicitas 16. Mai 2020 
 

Oh Herr bewahre uns !!

Oh Herr bewahre uns vor maskentragenden Nachfolger Christi!

Oh Herr bewahre uns vor Nachfolger Christi, deren Glauben an
die moderne Medizin / Wissenschaft höher ist als an deine natürliche Heilskraft!

Oh Herr bewahre uns vor christlichen Gutmenschen,
die aus reiner "Fürsorge" den langen Tod unserer alten Menschen in steriler Isolierhaft für gut heissen als in christlichen warmen Händen.

DANKE OH HERR,

FÜR JESUS DER SICH MENSCHEN MIT HOCHANSTECKENDEN
KRANKHEITEN OHNE SOZIALER DISTANCE UND MUNDSCHUTZ
NÄHERTE.

DANKE OH HERR FÜR ALLE HEILIGEN UND MENSCHEN
DENEN DAS REICH CHRISTI MEHR BEDEUTETE/BEDEUTET
ALS EINE GESELLSCHAFT VOLLER ANGST VOR DEM IRDISCHEN TOD

[email protected]


4
 
 KatzeLisa 13. Mai 2020 
 

NZZ

Man muß der NZZ dankbar sein, daß sie solche Artikel (natürlich nicht von einem Journalisten) herausbringt. Im Allgemeinen verbreiten Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen in deutscher Sprache nur Mainstream und jede Kritik gilt - wie von Martin Grichting beschrieben - als Verschwörungstheorie oder Populismus.


7
 
 Winrod 13. Mai 2020 
 

Danke für diesen sehr eindrücklichen Text!

Das Bedenklichste ist aber in der Tat, dass Menschen, die sich echte Sorgen um die Zukunft der Freiheit machen, als "Verschwörungstheoretiker" diffamiert werden. Das ist einer Demokratie eigentlich unwürdig und erinnert schon sehr stark an Gesinnungsterror.
Roland Bader sagte einmal: Die Freiheit hat nur wenige Freunde , aber viele Schmarotzer.


4
 
 Hausfrau und Mutter 13. Mai 2020 
 

offizielle Berichte werden nicht als solche dargestellt

Guten Tag,

zunächst Lob meinerseits: die Umstellung der Homepage ist wirklich gut gelungen!

und jetzt zum Thema: wir werden durch unermüdlichem Einsatz der Medien dermaßen unter Druck gesetzt, dass Viele das eigenen Denken ausgeschaltet haben.

Unten ein Link eines französischen Epidemiolog über die Auswertung der Daten und darüber, dass die Pandemie fast vorbei ist... nicht desto trotz befürchtet man eine zweite Welle (auch ich übrigens....)… scheinbar sollte man sich doch von dieser Befürchtung verabschieden. Leider ist der Link in Französisch.

H&M

youtu.be/an41RRMdEIM


3
 
 lesa 12. Mai 2020 

Ohne Kompass keine Sicherheit

Danke für diesen großartigen Artikel! Selbständiges Denken und Zivilcourage sind gerade in Zeiten der Gefährdung "Kompass".


8
 
 ottokar 12. Mai 2020 
 

Ich bin da geteilter Meinung

Dem hochverehrten Generalvikar möchte ich antworten: "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist". Wie hätte man denn anders ,als es unser Staat tat,schnell reagieren sollen,der ja mit solchen Problemen keinerlei Erfahrung hat und hatte, der aber Verantwortung für seine Bürger trägt. Es war höchste Eile geboten , die es nicht zuliess, dass wir in CH ersteinmal , wie üblich in wichtigen Dingen,eine Volksabstimmung über die geplanten Massnahmen abhielten.Natürlich ist einiges undemokratisch und überzogen gelaufen. Schlussendlich sind wir Gesunden und Genesenen aber wieder die gleichen freien Menschen ,wie vor Corona,allerdings erst dann, wenn alle Massnahmen aufgehoben sind. Allein darin liegt die Gefahr für die Demokratie.Paulus`Ausruf "Zur Freiheit hat uns Christus befreit, lasst euch nicht das alte Joch auflegen.." bezieht sich meines Erachtens nicht auf physische Freiheit, sondern auf geistige,nämlich auf Glaubensfreiheit. Lasse mich aber gerne belehren.


1
 
 Robensl 12. Mai 2020 
 

Danke! Die Freiheit ist eine Tochter des Christentums.

Dieser Satz scheint sehr wahr, denn mich wundert es erst mal auch, dass eine Gesellschaft, die angeblich soviel auf Freiheit hält, diese mir nichts ,dir nichts, aufgibt.
Ich hoffe darauf, dass endlich allgemein den Christen ihre ungemeine Freiheit bewußt wird und der Kirche ihre Aufgabe als Wächterin der Freiheit. Nicht verantwortungslose Beliebigkeit, das ist klar. Sondern Bezeugen des Geists, der frei macht.
Unser Glaube wurzelt ja in DER Freiheitsgeschichte schlecht hin: Pascha/Exodus.
Dagegen lassen sich m.E. viele unserer Hirten in Todesangst versklaven (und geben dem Wort "Gesundheitsapostel" eine neue Bedeutung).


5
 
 Herbstlicht 12. Mai 2020 
 

Danke, Herr Grichting!
Ein ungemein notweniger Aufsatz, dem ich eine weite Verbreitung wünsche.
Er drückt genau das aus, was auch mich umtreibt und was auch sehr meine beiden erwachsenen Söhne beschäftigt.
Warum wird jemand, der staatliche Anordnungen hinterfragt, sofort reflexhaft in die rechte Ecke gestellt und als Verschwörungstheoretiker abqualifiziert?
Die Freiheit ist ein sehr hohes Gut, die chinesischen Katholiken im Untergrund können ein Lied davon singen.
Freiheit bedeutet ja nicht, sich ohne Rücksicht auf andere Menschen, auf Alte und Kranke und Hilfsbedürftige auszuleben.
Freiheit beinhaltet u.a. sich eigene Gedanken machen zu dürfen und aus bestimmten Entwicklungen persönliche Schlüsse zu ziehen, ohne deshalb ins Abseits gestellt zu werden.
Freiheit bedeutet auch Austausch der Argumente!


9
 
 volontaire 12. Mai 2020 
 

ganz allgemein

Ich versende so manchen Artikel an Freunde. Wie wäre es, wenn Sie in der Druckversion anstatt des schönen Bildes über dem Artikel eine Balken mit Ihrem Logo anbringen würden? Einfach kath.net.
Dann würde mein Empfänger wissen, woher das stammt und auf kath.net aufmerksam werden (was ich im Hintegrund will).

heil bleiben


5
 

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