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'Hass im Netz' und die Meinungsfreiheit: Plädoyer für eine Debattenkultur

21. August 2020 in Kommentar, 7 Lesermeinungen
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Je mehr man Meinungsäußerung unter Strafe stellt, desto vorsichtiger werden die Menschen. Zur Sicherheit sagt man lieber nichts - Ein Gastkommentar von Gudrun Kugler


Wien (kath.net)

Facebook löschte seit April mehr als sieben Millionen Corona-kritische Beiträge, die dem Online-Netzwerk zufolge die Gesundheit von Menschen gefährden könnten. Gleichzeitig geht Facebook stärker gegen „Rassismus und Hassrede“ sowie „Weltverschwörungstheorien“ vor. In diesem Anliegen löschte Facebook im 2. Quartal 2020 22,5 Millionen Beiträge, darunter traditionelle Faschingsbilder mit schwarz geschminkten Menschen in Belgien und Holland. Ich halte diese Vorgänge für bedenklich. Denn aufgrund ihrer Monopolstellung sind solche Unternehmen nicht wie Private, die nach eigenen Gutdünken unternehmerisch frei handeln können, sondern wie „Orte der Öffentlichkeit“ zu behandeln, in denen Einschränkungen von Gesetzen gedeckt sein müssen. 

 

Neue „Hass im Netz“ – Gesetze in Österreich

 

In Österreich arbeitet man an neuen Gesetzen gegen „Hass im Netz“. Ich meine nicht, dass wir neue Strafgesetze brauchen. Tatbestände wie Üble Nachrede und Verhetzung bzw. Ehrenbeleidigung im ABGB. gibt es bereits. Und was nicht strafbar ist – Widerspruch oder eine gegenteilige Meinung – muss man aushalten können. Insoferne wäre es besser, statt „hate speech“ oder „Hassrede“ einfach die dafür vorgesehenen rechtlich definierten Begriffe zu verwenden.

 

Wer definiert, ob ein Posting gegen das Gesetz verstößt?

 

Die Frage ist also, wer interpretiert, ob ein Posting rechtswidrig ist? Private Firmen, wo uns unbekannte Personen ohne demokratische Legitimierung Einträge von Usern löschen, ohne von der Allgemeinheit beschlossene Regeln, ohne ihre Motive prüfen zu können, ohne für uns zugängliche Transparenz? Für die betroffenen Unternehmen sind die Anreize, Bedenkliches zu löschen größer, als die Beiträge im Sinne der Meinungsfreiheit stehenzulassen. Wir dürfen Plattformbetreiber nicht dazu verpflichten, Entscheidungen zu treffen, die eigentlich von Gerichten zu behandeln sind.


 

Schlechtes Beispiel Deutschland

 

In Deutschland gibt es bereits ein solches „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“: Anbieter müssen „offensichtlich rechtswidrige“(!) Inhalte entfernen. Damit werden Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Beiträgen privatisiert, kritisiert unter anderen Reporter ohne Grenzen. Die NGO Epicenter Works sieht darin auch keine Lösung für „Trolle“, die aus Jux und Tollerei Beschwerden tätigen. Außerdem wird kritisiert, dass die Strafen hoch sind und dass es für fälschlich gesperrte Inhalte keine Dokumentation gibt.  Ausgenommen sind kleine Plattformen mit weniger als 2 Millionen Usern und journalistisch-redaktionelle Foren – für den User schafft das Rechtsunsicherheit. Der Grundtenor der Kritik: eine überbordende Einschränkung der Meinungsfreiheit. So etwas wollen wir in Österreich nicht.

 

„Chilling Effect“

 

Je mehr man Meinungsäußerung unter Strafe stellt, desto vorsichtiger werden die Menschen. Zur Sicherheit sagt man lieber nichts. Auf Englisch nennt man das einen „chilling effect“ – die abschreckende Wirkung. Vor solchen Entwicklungen kann man nur früh genug warnen: Das wollen wir in Österreich nicht!

 

Die Amerikaner sagen übrigens: „The best remedy against hate speech is more speech“ (die beste Abhilfe gegen Hassrede ist mehr Rede) und sind sehr zurückhaltend mit Redeeinschränkungen. Selbst wenn das, was gesagt wird, unerwünscht ist, muss es gesagt werden dürfen. „Der Versuch, den Himmel auf Erden zu verwirklichen, produziert stets die Hölle,“ sagte Sir Karl Popper. Und Voltaire ist zugeschrieben: „Ich mag verdammen was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzten, dass du es sagen darfst.“ Sehr klug finde ich einen Passus im allerersten Programm der Europäischen Volkspartei, das 1992 in Athen verfasst wurde: “We acknowledge that it is impossible for anyone to conceive of … a perfect society, free of all pain or conflict. We reject any form of totalitarianism based on such an aspiration” (Nr. 105).

 

Achtung vor #cancelculture!

 

Was im angelsächischen Raum vor sich geht, ist dramatisch: In der Augsburger Allgemeinen lasen wir am 19. Juli, über die Kündigung der New York Times – Kolumnistin Bari Weiss. Sie „verband ihre Kündigung mit schweren Vorwürfen, die sich in etwa so zusammenfassen lassen: In den Redaktionsstuben der renommierten, liberalen Tageszeitung herrsche so etwas wie linker Gesinnungsterror, sie sei deswegen diffamiert, gar als „Nazi“ beschimpft worden.…. Sie hat mit ihrem Abgang und den Reaktionen darauf (un)freiwillig gezeigt, woran es derzeit in der Debatte krankt: Vertritt jemand eine unliebsame Position zu Fragen von Geschlecht, Rasse oder Religion – und zwar egal von welcher Seite aus – geht es heutzutage kaum mehr sachlich zu.“

 

Ein Bespiel für #cancelculture: Die Bücher der Harry-Potter Autorin JK Rowling’s Bücher solle man wegwerfen, hieß es, nachdem sie auf einen Artikel antwortete, in dem statt Frauen der Begriff „Menschen, die menstruieren“ verwendet wurde: „Ich bin sicher, es gab früher ein Wort für diese Leute. Hilft mir jemand? Wumben? Wimpund? Woomud?“ Um zu erklären twitterte Rowling: „Wenn das Geschlecht nicht real ist, gibt es keine gleichgeschlechtliche Anziehungskraft. Wenn das Geschlecht nicht real ist, wird die gelebte Realität von Frauen weltweit gelöscht. Ich kenne und liebe Transmenschen, aber durch das Löschen des Geschlechterkonzepts wird vielen die Fähigkeit genommen, ihr Leben sinnvoll zu diskutieren. Es ist kein Hass, die Wahrheit zu sagen!“ Aber Erklärungen helfen nichts. Rowling ist also ein „TERF“ – ein „Trans-Exclusionary Radical Feminist“ – also eine Feministin, die Transmenschen diskriminiert. Die Bücher müssen weg.

 

In einem offenen Brief plädieren 153 teils weltberühmte Intellektuelle für mehr Toleranz und Liberalismus in den Debatten und wenden sich gegen die sogenannte #cancelculture: „Der freie Austausch von Informationen und Ideen, der Lebensnerv einer liberalen Gesellschaft, wird von Tag zu Tag mehr eingeengt. Während wir dies von der radikalen Rechten nicht anders erwarten, breitet sich auch in unserer Kultur zunehmend eine Atmosphäre von Zensur aus: Intoleranz gegenüber Andersdenkenden, öffentliche Anprangerung und Ausgrenzung sowie die Tendenz, komplexe politische Fragen in moralische Gewissheiten zu überführen. Uns gilt eine kernige, mitunter bissige Gegenrede viel. Aber allzu oft werden heute als Reaktion auf vermeintliche sprachliche oder gedankliche Entgleisungen schwere Vergeltungsmaßnahmen gefordert. … Redakteur_innen werden entlassen, weil sie umstrittene Beiträge gebracht haben; Bücher werden wegen angeblicher mangelnder Authentizität zurückgezogen; Journalist_innen dürfen über bestimmte Themen nicht schreiben; gegen Professor_innen wird ermittelt, weil sie im Unterricht gewisse literarische Werke zitiert haben; einem Forscher wird gekündigt, weil er eine einschlägig begutachtete akademische Studie in Umlauf gebracht hat; … Diese stickige Atmosphäre wird den existenziellen Anliegen unserer Zeit schaden. …“

 

Diese Entwicklungen sind auch für Österreich relevant. Jahrhundertelang haben wir für Meinungsfreiheit gekämpft, inklusive unliebsame Meinungen. Lassen wir sie nun nicht von einem falsch verstandenen Minderheitenschutz oder unter dem Deckmantel einer „richtigen Gesinnung“ wieder wegnehmen!

 

„Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist.
Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat.
Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Gewerkschafter.
Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“

 

Gudrun Kugler ist österreichische Nationalratsabgeordnete und Mitglied der Österreichischen Volkspartei

 


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